Titel: | Neuerungen in der Tiefbohrtechnik. |
Autor: | E. Gad |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 152 |
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Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
Von E. Gad.
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Tiefbohrtechnik.
War schon stets das Erscheinen eines neuen Bandes der Tecklenburg'schen Tiefbohrkunde für alle Interessenten der Tiefbohrtechnik
ein wichtiges Ereigniss, so trifft dies in erhöhtem Maasse bei dem jetzt
vorliegenden Schlussbande, betreffend das Schachtbohren (besprochen D. p. J. 1891 279 183) zu.
Durch den Abschluss des Gesammtwerkes ist nunmehr ein fester Grund gelegt, auf dem
Techniker und Laien ihre Kenntnisse und Erfahrungen weiter ausbauen können. Mit
Tecklenburg werfen wir von der ereignissreichen
Gegenwart einen sehr hoffnungsvollen Blick auf die Zukunft des Tiefbohrwesens, das
wohl bald den bewährten Verfasser zur Ergänzung seines Werkes drängen wird.
Eine der wichtigsten Neuerungen im Tiefbohrwesen ist die Einführung des federnden
Bohrschwengels von Raky im Elsass. Der federnde
Bohrschwengel löst den alten Streit zwischen Rutschschere und Freifall dadurch, dass
er beide streitige Apparate ganz beseitigt und selbst an ihre Stelle tritt. In
seiner Gesammtheit hat der Raky'sche Bohrkrahn folgende
Einrichtung (Fig. 1).
Der Bohrmeissel a ist fest an die Schwerstange b geschraubt, welche hohl oder massiv ein hohes Gewicht
hat und wiederum mit dem hohlen oder massiven Gestänge c fest verbunden ist. Diese starr verbundenen Theile erhalten stossende
Bewegung durch den Bohrschwengel d, dessen Achse die
Federn e tragen. Diese Federn lassen sich mit
Verlängerung des Gestänges, also mit Vergrösserung des Gewichts, verstärken und
ausserdem darauf hin einrichten, dass sie das Gewicht von Meissel und Schwerstange
abfangen können.
Textabbildung Bd. 301, S. 152
Fig. 1.Bohrschwengel von Raky.
Der Bohrschwengel wird mittels der Zugstange f, der
Kurbel g und des Kurbelrades h bewegt; letzteres erhält in der Richtung des Pfeilstriches Antrieb durch
den Treibriemen i von der Treibscheibe k her. Der rückkehrende Riemen führt über die
bewegliche Spannrolle l, die an einem bei m drehbaren Arme lagert und durch das Gegengewicht n gegen den Riemen gedrückt wird. Das verstellbare
Segment o rückt bei jeder Umdrehung einmal die
Spannrolle aus ihrer Lage und zwar immer dann, wenn der niedergehende Schwengel die
grösste Geschwindigkeit erreicht hat. Sobald die Spannrolle den Riemen freigibt,
reisst das nun frei fallende Bohrzeug die Kurbel mit
sich fort, wobei das zugleich eintretende Gleiten des Riemens kräftig mitwirkt. In
seiner tiefsten Ruhelage berührt indessen der Meissel die Bohrsohle noch nicht; es
bedarf noch des Federns des Bohrschwengels, damit der Stoss auf das Gestein trifft.
In Folge dessen wird zweckmässiger Weise das Gestänge nur durch Zug, nie durch Druck
in Anspruch genommen, wodurch Gestängebrüchen im Wesentlichen vorgebeugt wird. Nach
dem Stoss schnellt das Gestänge federnd hoch und zwar je stärker, je härter das
Gestein ist, was der Aufwärtsbewegung zu gute kommt. Das Auslösen der Spannrolle
kann übrigens auch auf andere als die dargestellte Weise geschehen, von denen Raky selbst noch einige Beispiele gegeben hat.
Jedenfalls kommt es darauf an, durch Regulirung des Motorlaufes, sowie durch mehr
oder weniger reichliches Abdrücken der Spannrolle vom Riemen, die Energie des
Schlages den örtlichen Verhältnissen anzupassen. Durch starke Verkürzung der Kurbel
lassen sich 90 bis 100 Schläge in der Minute ohne Verringerung der Schlagkraft
erreichen, während bei grösseren Hubhöhen für die Rutschschere 50 bis 60 Schläge und
für den Freifall 30 Schläge in der Minute die Regel bilden. Die Raky'sche Nachlassvorrichtung p lässt Abbohren von 5 m in einem Zuge zu, während die
Nachlassvorrichtungen bei Freifall und Rutschschere gemeinhin nach Abbohren von 1
bis 2 m umgestellt werden müssen.
Der Raky'sche Bohrkrahn bedarf zu seinem guten
Functioniren zweifellos einer geringeren Geschicklichkeit in der Krückelführung, als
dies bei Rutschscher- und Freifallapparaten der Fall ist; was aber noch mehr in
Betracht kommt, ist, dass die Anwendung der Wasserspülung eine leichtere und
sicherere ist, als bei den beiden letzteren Systemen. Beim kanadischen und
Seilbohren ist Spülung überhaupt ausgeschlossen, und alle für Spülung eingerichteten
Rutschscheren und Freifallapparate leiden an Complicirtheit und Gebrechlichkeit.
Selbst die neue Fauck'sche Mantelschere (D. p. J. 1895 298 160) ist
ihrer auf und ab gleitenden Liderung wegen nicht ohne Bedenken. Bei Raky strömt das Wasser frei durch Hohlgestänge und
Hohlschwerstange bis zum Meissel an der Bohrsohle, ohne in seinem Lauf durch
umständliche Geräthe aufgehalten zu werden.
Für das Raky'sche Geräth spricht noch der Umstand, dass
es einen leichten Wechsel von Wasserspül-, Diamant- und Trockenbohrung gestattet. Im
Elsass ist dieses Geräth seit vorigem Jahr bei Erdölbohrungen häufig im Gebrauch,
wobei nachweislich der Bohrregister Bohrfortschritte von 40 bis 60 m in 24 Stunden
keine Seltenheit sind. Neuerdings soll Raky mit seinem
Apparat bei einer Concurrenzbohrung auf Salz in Württemberg die Diamantbohrung des
dortigen Bergfiscus in empfindlicher Weise geschlagen haben.
Bei aller Brauchbarkeit der Raky'schen Neuerung wird man
nicht daran denken dürfen, sie überall einführen zu wollen. Beispielsweise wird man
in Nordamerika schwerlich von der dort bewährten pennsylvanischen Seilbohrmethode
für die Oelgewinnung abgehen, und ebenso wenig bei Baku von dem nunmehr daselbst
erprobten Naphtabohrsystem. Wohlbemerkt sind diese verschiedenen Systeme, in
Pennsylvanien wie bei Baku, jedes an die ungemein gleichartigen Gebirge in den
entsprechenden Oelgebieten gebunden, und versagen, wenn man sie anderenorts unter
anderweitigen Bedingungen anwenden will. Schon der äussere Anblick eines
schwerfälligen, aus starken Balken mit Bretterverschalung gefügten russischen
Bohrthurmes, verglichen mit dem leicht gezimmerten luftigen amerikanischen
„Derrick“, zeigt, dass dort eine schwierigere Arbeit zu leisten bleibt,
als hier. Die russische Bohrmethode gleicht vielmehr dem Schachtbohren im
schwimmenden Gebirge.
Ein schwerer eiserner Bohrtäucher von 60 bis 80 cm Durchmesser wird in den weichen
Sand eingesetzt und unter Aufnietung neuer Stücke bei Ausschöpfung des Inneren
möglichst tief niedergetrieben. Lässt die äussere Reibung die Rohrsäule nicht
tiefer senken, so lässt man sie stehen und setzt innerhalb derselben eine verjüngte
Rohrsäule ein. So fährt man fort, bis man mit möglichst grossem Durchmesser die
jetzt oft erforderliche Tiefe von 700 bis 1000 m erreicht hat. Eine solche Bohrung
dauert Jahr und Tag und kostet 40000 bis 100000 M., wofür sie aber auch reichlich
den zehnfachen Ertrag von dem eines engen pennsylvanischen Bohrloches liefert,
dessen Herstellung den zehnten Theil kostet.
Ueber eine wichtige Neuerung im Schachtbohren berichtet Prof. W. Schulz im Glückauf.Das Verfahren von F.
Honigmann zum Abbohren von Schächten in jüngerem Gebirge. W. Schulz,
Glückauf, Essen 1895 Nr. 70 und 71. Es handelt sich um
das (D. p. J. 1895 298 162)
erwähnte Verfahren von Honigmann, das berufen scheint,
ein Schachtbohrsystem für Schächte mit nicht standfesten Wänden abzugeben, wie wir
im Kind-Chaudron'schen Verfahren bereits ein
Schachtbohrsystem für standfeste Wände besitzen.
Schon 1894 hat Honigmann im Concessionsfelde
Oranje-Nassau bei Heerlen in Holland einen Schacht von 2,8 m lichter Weite 68 m tief
durch weiche Sande bis in den festen Mergel auf seine Wasserdruckmanier
niedergebracht und war Frühjahr 1896 beim Senken eines zweiten Schachtes von 3,36 m
lichter Weite über 50 m tief gekommen, wobei bei letzterer Arbeit ein verbesserter
Bohrer und eine vereinfachte Vorrichtung zur Entfernung des Bohrschmandes in
Thätigkeit waren.
Textabbildung Bd. 301, S. 153
Fig. 2.Honigmann's Schachtbokrervorrichtung.
Die schematische Abbildung (Fig. 2) bringt die
Entfernung des Bohrschmandes, sowie die Drehung des Bohrgestänges zur Darstellung.
Der Schacht a von 3,8 m lichter Weite ist bis auf 18,2
m Tiefe mit einem schmiedeeisernen Senkschacht b von 15
mm Wandstärke bekleidet; der ganze übrige Schachttheil steht unverkleidet unter dem
Druck des mit Thon vermischten „Füllwassers“.
Der Schuh des Senkschachtes ragt 8 m unter den natürlichen Wasserspiegel d. Der Bohrrahmen c trägt
je nach Bedarf Sackbohrer oder Stahlmesser. Bei Schacht II waren für den festen
Kreidemergel mit Scheiben artigen Schneiden versehene Walzen angebracht, deren
Mittelachsen zu den Sehnen des Kreises der Schachtscheibe parallel standen. Solche
Schneidescheiben besitzt die Brunton'sche
Tunnelbohrmaschine.
Der Bohrer sitzt am Hohlgestänge, in welches der Drehkopf e eingeschaltet ist, und das von der quadratischen eisernen Bohrspindel
f getragen wird. Diese hängt am Wirbel g. Die Reibung beim Drehen verringern die vier
Frictionsscheiben h. Die Bohrspindel geht durch das
Stirnrad i, das mittels der Zahnräder k, l und m angetrieben
wird. Das konische Getriebe m erhält durch die feste
Riemenscheibe n die Bewegung von einer Locomobile in
der Bohrhütte
her. Die Antriebsräder i, k und l ruhen auf dem Bohrwagen o, der zum Aufholen
des Bohrgestänges bei Seite geschoben werden kann. Für Heben und Senken des
Bohrgestänges ist ein Dampfhaspel vorhanden.
Während bei Schacht I der Bohrschmand durch den Drehkopf ausgepumpt wurde, trat bei
Schacht II das von Werner Siemens schon 1885 benutzte
Verfahren ein, durch das Gasrohr p Druckluft in das
Hohlgestänge zu pressen. Die Druckluft vermindert auf ihrem durch einfache
Pfeilstriche bezeichneten Wege das Gewicht der Schmandsäule, und der Ueberdruck des
Füllwassers hebt in dem durch Pfeilstriche mit Punkt bezeichneten Wege den
Bohrschmand bis zum Drehkopf. Dort fliesst die Trübe in das Gefäss q, das mit Klärgefässen zum Absetzen des festen
Materials in Verbindung steht. Das Füllwasser, nachdem ihm etwa fehlender Thon
zugesetzt ist, läuft dann durch die Rinne r in den
Schacht zurück.
Das Füllwasser wird auf 1,2 spec. Gew. erhalten und drückt dann mit 6,36 at von unten
auf die Schmandsäule, deren specifisches Gewicht unter 1,2 betragen muss, um das
Heben zu gestatten.
Die Ursache, die das Hereinbrechen der Stösse bei dem Honigmann'schen Verfahren verhütet, ist nach Schulz die durch den Ueberdruck des Füllwassers erzeugte Strömung vom
Schachtinneren nach aussen hin. Ob die Beimengung des Thones zum Füllwasser
wesentlich ist, will Schulz erst durch weitere Versuche
ergründen. Es ist nicht zu verhehlen, dass bei Heerlen
der Ueberdruck des Füllwassers schon dadurch gegeben war, dass der natürliche
Wasserspiegel erst 10 m unter dem Rasen stand, und hierdurch bei sonst glatter
Arbeit ein Bohrfortschritt bis zu 2 m in der 12stündigen Schicht erreicht werden
konnte. Ob die Gewinnung des nothwendigen Ueberdruckes unter anderen Verhältnissen
auch so leicht sein wird, ist noch die Frage.
Zu bemerken bleibt noch, dass für Schacht II nach Erreichung des festen Mergels eine
theilweise Cuvelage nach Art der von Chaudron (D. R. P.
Nr. 28915 vom 4. April 1884 und Nr. 32761 vom 11. September 1884) zuerst 1885 bei
Schacht I der Steinkohlenzeche Gneisenau bei Dortmund
angewandten beabsichtigt war.
Das Honigmann'sche Verfahren erinnert etwas an die
spülende Bohrung des holländischen Ingenieurs ter
Meulen (D. p. J. 1889 272 258), der mittels Spülstroms in den Meeressand in Schachtweite
niedergedrungen ist und während der Taucherarbeit die Schachtwände durch denselben
Spülstrom standfest erhalten hat.
Tecklenburg sieht in der Uebertragung der Spülung auf
das Schachtbohren eine grosse Zukunft für diese Technik. Max
Wachholder in Oberhausen macht einen derartigen Vorschlag, der Beachtung
verdient.
Die wirksamste Methode für Abteufungen im schwimmenden Gebirge wird wohl fürs erste
noch das Poetsch'sche Gefrierverfahren bleiben; nur
wird man in jedem Einzelfalle zu ermitteln haben, ob nicht etwa eine weniger
kostspielige Methode den gleichen Erfolg verspricht. Ueber die Kosten und sonstigen
Arbeitsverhältnisse der Gefrierschächte von Vicq (D. p. J. 1895 297 37) liegt
jetzt ein vorzüglicher Bericht der leitenden französischen Ingenieure vor.M. Saclier et M.
Waymel, Fonçage des puits de Vicq par le procédé Poetsch. – Extrait
du Bull. de la Soc. de l'ind. min.,
1895. Danach betrugen die Gesammtkosten der beiden Schächte
567880,31 M. oder 2413,44 M. für das laufende Meter.
Die französischen Berichterstatter nehmen für ihre Arbeiten den Ruhm einer besonders
grossen Sorgfalt in Anspruch und erklären dadurch ihre besonders guten Erfolge. Eine
gleiche Sorgfalt wird auch beim Venus-Tiefbau bei Brüx (D.
p. J. 1895 298 162) zu gleich gutem Erfolge
geführt haben. Es waren dort zwei Schwimmsandlager von 22 bezieh. 7 m Mächtigkeit,
letzteres bis auf 80 m Tiefe hinabreichend, und unter 7 bis 8 at Druck stehend, zu
durchsinken. In einem Durchmesser von 8 m wurden 24 Gefrierröhren in früher
abgebohrte und verrohrte Bohrlöcher auf 85 m Tiefe eingesenkt und der Gefrierprocess
mittels 25procentiger, auf – 18° gekühlter Chlorcalciumlauge vom 1. Juni 1895 an in
6 Monaten bis zur vollständigen Erstarrung durchgeführt. Die am 2. December 1895
begonnene Ausschachtung sollte nach ihrer Beendigung eine Verkleidung durch
achttheilige Tübbings von 4,1 m lichter Weite erhalten.
Neuerdings weiss man auch aus Frankreich von erheblichen Tiefbohrungen zu berichten,
die durch Wärmemessungen eine noch höhere Bedeutung gewinnen. Im Kohlenbecken von
Blanzy wurde 1179 m tief bis zum Granit gebohrt. In der Tiefe betrug die Wärme
53,7°; sie stieg daher auf je 27,43 m um 1°. Eine Tiefbohrung bei Riom auf Erdöl –
die solches auf 985 m Tiefe in nur unbedeutender Sickerung traf – wurde bis 1160 m
Tiefe gefördert und zeigte in der Tiefe 79°, oder Steigerung auf 14 m um 1°. Wenn
man bisher 31 m für das Steigen der Temperatur um 1° angenommen hat, so ist zu
bedenken, dass Wärmemessungen in engen, zumal in nassen Bohrlöchern leicht durch
Gebirgs- und Wasserverhältnisse in ihrer Zuverlässigkeit beeinträchtigt werden
können.
Betreffs des Begriffs von „artesischen Brunnen“
stellt das Organ des Vereins der Bohrtechniker zu Wien
in Nr. 4 vom Jahr 1896 folgende akademische Frage auf:
„Wenn ein Brunnentechniker einen Contract für Lieferung eines gebohrten
Tiefbrunnens abschliesst mit der Verbindlichkeit, in der Stunde eine bestimmte
Anzahl (?) artesisches Wasser zu liefern, ist das Wort artesisches so aufzufassen, dass das garantirte Quantum Wasser unter
natürlichem Druck selbsthätig ohne Benutzung einer
Pumpe zu Tage gefördert wird?“
Die Nr. 6 und 7 des genannten Blattes bringen nun eine Reihe von Beantwortungen
obiger Frage, in denen von Gelehrten der Begriff „artesisch“ zumeist dahin erläutert wird, dass das Kriterium im
hydrostatischen Druck gesucht werden müsse,
gleichgültig ob das Wasser überlaufe oder nicht, während sich die Brunnentechniker
in der Mehrzahl zu der Ansicht bekennen, dass es darauf ankomme, dass das Wasser von selbst übersprudele, aber nicht erst durch neue
technische Mittel noch gehoben werden müsse. Wie die Frage im Organ gestellt ist,
möchten wir der Auffassung der praktischen Techniker beipflichten.
Das genannte Organ bringt in den Nr. 5 und 6 dieses Jahres noch Köbrich's für den vorjährigen Bohrtechnikertag zu Halle
angesagten Vortrag: „Ueber die verschiedenen Methoden zur Bestimmung des
Streichens der Gebirgsschichten im Tiefsten eines Bohrloches.“ Bei der
Wichtigkeit des Gegenstandes seien die sechs verschiedenen besprochenen Methoden
hier charakterisirt:
1) Kind. Mit dem Kind'schen. Kernbohrer a (Fig. 3) wird ein Kern gebohrt, dieser mit dem Kind'schen Kernbrecher b
abgebrochen, und dann Kern mit Kernbrecher am festen Gestänge möglichst ohne
Verdrehung aufgehölt. Es ist aber fast unmöglich, jede Verdrehung zu vermeiden.
Textabbildung Bd. 301, S. 155
Fig. 3.Kind's Kernbohrer.
Textabbildung Bd. 301, S. 155
Fig. 4.Lubisch's Diamantbohrkrone.
2) Lubisch. Eine Diamantbohrkrone ohne Feder bohrt auf
der möglichst gereinigten Bohrsohle einen Kern ab, der beim Aufholen der Krone
stehen bleibt. Alsdann wird am Hohlgestänge die Krone (Fig.
4) mit dem federnden Stift a unter
möglichster Vermeidung jeder Drehung niedergelassen und die Aussenseite des Kernes
senkrecht eingeritzt. Der darauf gehobene Kern wird über Tage auf die Stellung des
Stiftes a orientirt. Wenn auch das Hohlgestänge den
Verdrehungen nicht so ausgesetzt ist wie das feste Gestänge von Kind, so kommt hier noch in Betracht, dass das
Verfahren in engen Bohrlöchern schwer ausführbar ist.
3) Vivian. Auf der Bohrsohle (Fig. 5) wird ein engeres Bohrloch gebohrt und in dieses der Compass a mit dem Zapfen b
gesteckt. Die Arretirvorrichtung wird durch Fallgewicht festgestellt. Der um den
Compass herum abgebohrte und aufgeholte Kern soll dann über Tage wieder orientirt
werden. In der Praxis möchte die Ausführung der sinnreichen Idee, besonders in
nassen Bohrlöchern, recht schwer sein.
4) Kendall. Dieser in D. p.
J. 1888 270 164 beschriebene interessante
Compassapparat leidet wie der vorige an der schwierigen Verwendung.
5) Wolf. Auf der uneben
gemachten Sohle wird ein kurzer Kern angebohrt und stehen gelassen. Dann senkt man
am Hanfseil a (Fig. 6)
den Apparat aus unmagnetischem Metall, bestehend aus Führungsrohr b, Drahtgestell c mit
plastischer Masse, Kapsel d mit Compass und Uhr, sowie
Gewicht e herab und lässt die plastische Masse auf die
Kernoberfläche drücken. Die Schlitze f lassen das
Bohrlochwasser entweichen, so dass die plastische Masse centrisch auf den Kern
trifft. Die Uhr arretirt den Compass auf dem Kern zu einer vorher tempirten Zeit.
Wird nun über Tage der abgebohrte Kern wieder in die erhärtete plastische Masse
eingepasst und der Apparat mit dem Kern so gedreht, bis die frei schwebende Nadel
auf die vorher notirte Stunde einspielt, so ist der Kern orientirt.
Textabbildung Bd. 301, S. 155
Fig. 5.Bohrloch von Vivian.
Textabbildung Bd. 301, S. 155
Fig. 6.Kernbohrloch von Wolf.
Dieser Apparat hat die Vortheile, ohne Eisen zu sein, und am Seil abgelassen zu
werden.
6) Köbrich. Die Belastungsstange a (Fig. 7) mit Führung b trägt unten den Bohrmeissel c mit Aussparung d, oben die Rutschschere e, alle drei Theile durch Keilverschluss verbunden. Auf
der Rutschschere ist gleichfalls mittels Keilverschlusses der Rothgusskörper
f angeschlossen. Letzterer nimmt den Compass g und die Uhr h auf. Der
eingeschliffene Verschlusskonus i und der Kapseltheil
k schützen wasserdicht Compass und Uhr vor jedem
Wasserdruck.
Zum Functioniren wird der Apparat am Gestänge in das Bohrloch gelassen und der
Meissel auf etwa ¾ Hub von der geebneten Sohle entfernt gehalten, bis die gestellte
Uhr nach etwa 15 Minuten den Compass arretirt hat. Darauf wird der kräftige Schlag
auf die Bohrsohle ertheilt, wobei, der Rutschschere wegen, der Compass unbetheiligt
bleibt. Nach Hebung des Geräthes und des abgebohrten Kerns lässt sich über Tage die
Orientirung sicher herstellen, zumal die Meisselaussparung d mit der Nordseite des Compasses stimmt.
Köbrich hat dieses Instrument selbst in zahllosen Fällen
mit Erfolg angewandt.
Der Vollständigkeit wegen sei noch erwähnt, dass Tecklenburg in der Tiefbohrkunde, Bd. 3 S.
20, noch ein Compassgeräth von G. Nolten beschreibt,
welches sich dem von Köbrich nähert, nur dass es mehr
dazu bestimmt ist, das Maass des Schiefseins eines schiefgerathenen Bohrloches
festzustellen.
Textabbildung Bd. 301, S. 155
Fig. 7.Köbrich's Bohrmeissel.
Ein ähnlicher Gedanke wie dem federnden Bohrschwengel von Raky liegt auch der Federvorrichtung an dem neuen amerikanischen
Brunnenbohrgeräth von Albert C. Liebendorfer in Ottawa,
III. (Amerikanisches Patent Nr. 554940 vom 18. Februar 1896), zu Grunde. Der
Bohrschwengel a (Fig. 8)
trägt am Kopf das pennsylvanische Bohrgeräth b, während
der Schwanz mittels der Zugstange c in gewöhnlicher
Weise durch ein Getriebe bewegt wird. An die Zugstange greifen die Verbindungsstücke
d an, die nach dem Joch e mit den Federn f führen. Die
Verbindungsstücke sind in der Oese g der Länge nach
verstellbar, so dass die Federn je nach dem Bedürfniss stärker oder schwächer in
Anspruch genommen werden können.
Textabbildung Bd. 301, S. 155
Fig. 8.Brunnenbohrgeräth von Liebendorfer.
Neue vollständige Brunnenbohrapparate sind ausserdem in Amerika von Eli Catlin, Postoak, Tex. (Amerikanisches Patent Nr.
553899 vom 4. Februar 1896), und von William M. Schenck
und James F. Helton, Kansas City, Mo. (Amerikanisches
Patent Nr. 554315 vom 11. Februar 1896), in sinnreichen Combinationen, aber ohne
charakteristische Eigenthümlichkeiten aufgestellt. Von neuen Bohrgeräthstheilen sind
zu erwähnen: Bohrer und Aufräumer zu pennsylvanischen Bohrapparaten von Stephen A. Horton, Clarksville (Amerikanische Patente
Nr. 551824 vom 24. December 1895 und Nr. 554820 vom 18. Februar 1896); ferner zwei
Bohrköpfe für Erdbohrer von Joseph B. King,
Philadelphia, Pa. (Amerikanisches Patent Nr. 552065 vom 24. December 1895), und
von Hans Pederson, Coupland, Tex. (Amerikanisches
Patent Nr. 553660 vom 28. Januar 1896); schliesslich drei Vorrichtungen für
Pumpbetrieb von Wasser-, Oel- bezieh. Gasbrunnen von William
Moore, Kokomo, Ind. (Amerikanisches Patent Nr. 554076 vom 4. Februar 1896),
von Joseph K. Johnston und William B. Johnston, Anderson, Ind. (Amerikanisches Patent Nr. 554188
vom 4. Februar 1896), und von Lawrence Stephens,
Macksburg, Ohio (Amerikanisches Patent Nr. 554548 vom 11. Februar 1896).
Textabbildung Bd. 301, S. 156
Fig. 9.Tiefbohrvorrichtungen von Siemens und Halske.
Textabbildung Bd. 301, S. 156
Fig. 10.Tiefbohrvorrichtungen von Siemens und Halske.
Textabbildung Bd. 301, S. 156
Fig. 11.Tiefbohrvorrichtungen von Siemens und Halske.
Wenn auf dem Gebiet der Lochtiefbohrung die Elektricität
nur sehr langsam Terrain gewinnt, so ist dies in bei weitem höherem Maasse auf dem
Gebiet der Gesteinsbohrung der Fall. Dazu kommt, dass
nicht allein die Gewinnung des Minerals in Bergwerken
vor Ort elektrisch betrieben wird, sondern dass ein und dieselbe elektrische Anlage
über Tage alle anderweitigen bergbautechnischen Arbeiten, wie Förderung der Mineralien, Bewetterung der Gruben, Wasserhaltung in
denselben, Aufbereitung der Materialien über Tage, bei
Beleuchtung sämmtlicher Arbeitsräume über und unter
Tage leisten kann. Ueber die vollendetsten Einrichtungen dieser Art gibt eine neue
Druckschrift von Siemens und HalskeSiemens und
Halske, Berlin, Elektrische
Kraftübertragung im Bergbau. Februar 1896. (Druckschrift
23.) vortrefflichen Aufschluss. Wir erfahren daraus, welche theilweisen elektrischen Anlagen für elektrischen
Betrieb die berühmte Firma bereits in den Bergwerken: Kaliwerke Aschersleben zu Aschersleben; Blattnitzer Steinkohlengewerkschaft
Zieglerschacht zu Nürschau bei Pilsen; Fürstin
Pauline-Schacht bei Kattowitz, O.-S.; Hohenlohe-Hütte;
Ferdinands-Grube der Kattowitzer Actiengesellschaft für Bergbau und Hüttenbetrieb
bei Kattowitz, Grube Ilse,
Nieder-Lausitz; Ashio-Mine bei Tokio in Japan,
eingerichtet hat, sowie dass zur Zeit eine grossartige Bergwerksanlage für alleinigen Elektricitätsbetrieb in den Goldfeldern von
Transvaal in Arbeit steht. Dort wird auf einer
Kohlengrube des Reviers eine elektrische Primäranlage, zunächst aus vier
Drehstrommaschinen mit zusammen 4000 Leistung errichtet, deren 10000 Volt
betragende Fernleitungsspannung ermöglichen wird, den einzelnen Goldminen am Witwatersrand bis auf 45 km Entfernung elektrische
Energie zuzuführen.
Textabbildung Bd. 301, S. 157
Fig. 12.Tiefbohrvorrichtungen von Siemens und Halske.
Von der Arbeitsstelle einer elektrischen Drehbohrmaschine von Siemens und Halske (D. p. J. 1894 286 78. 1895
297 9) vor Ort gibt die Abbildung (Fig. 9) eine Anschauung. Um das Bohren der Firstlöcher
zu ermöglichen, ist hier der Bohrapparat auf eine Unterlage von Hölzern, der
Motorkasten auf einen Wagen gestellt. Die Abbildung (Fig.
10) zeigt eine entsprechende Stossbohrmaschine (D. p. J. 1894 293 102) vor Ort beim Auffahren einer Strecke. Der
Apparat ist an einer hydraulischen Spannsäule befestigt, zu deren besserem Halt
unten und oben untergelegte Holzklötze dienen.
Wie aus der Abbildung Fig. 11 ersichtlich ist, endigt
die festverlegte Leitung in einem Wandanschlusskasten, von dem ein kurzes
Verbindungskabel nach einer Kabeltrommel führt, die etwa 60 m biegsames Kabel trägt.
Hier ist das Kabel abgewickelt, woraus sich auf einen Abstand des Bohrapparates von
etwa 60 m schliessen lässt. Beim Schiessen kann das Kabel durch Aufrollen
zurückgezogen werden. Mit dem Vorschreiten der Arbeit vor Ort werden entsprechend
feste Leitung, Anschlusskasten und Kabeltrommel mit vorgerückt. Von den zahlreichen
Abbildungen elektrischer Förder-, Ventilations-,
Wasserhaltungs- u.s.w. Maschinen, wie sie Siemens
und Halske geben, sei hier noch als Beispiel ein kleiner Haspel (Fig. 12) dargestellt, der, auf einem Balkenrost
montirt, mit elektrischem Antriebe aus einer einfallenden Strecke fördert.
Textabbildung Bd. 301, S. 157
Fig. 13.Tiefbohrvorrichtungen von Siemens und Halske.
Das Beispiel einer elektrischen Primärstation (Fig.
13), wie solche für jede Gesammtanlage an centraler Stelle erforderlich ist,
ist der Ashio-Mine zu Tokio, Japan, entnommen. Jede der fünf Gleichstromdynamomaschinen erhält
Antrieb mittels Riemenübertragung von je einem grossen Pelton-Rade her,
zu deren Bewegung eine Wasserkraft von grosser Druckhöhe nutzbar gemacht wird. Jede
dieser Dynamomaschinen leistet 150 bei 625 Volt Spannung. An der hinteren
Wand ist das Schaltbrett für die Anlage zu erkennen. Zu bemerken bleibt noch, dass
Siemens und Halske auch gleich werthige Drehstrommaschinen bauen.
Textabbildung Bd. 301, S. 158
Fig. 14.McKinlay's Bohrvorrichtung.
Es seien hieran die neuesten amerikanischen Gesteinsbohrer und Schrämmaschinen
angeschlossen, die in den Vereinigten Staaten, besonders in Kohlenwerken, eine
erhebliche Rolle spielen, wenn sie auch nicht mit Elektricität betrieben werden. Edward S. McKinlay, Denver, Colo., bringt allein vier
Apparate, von denen der erste (Amerikanisches Patent Nr. 550895 vom 3. December
1895) der eigenthümlichste ist. Dieser trägt auf dem Rahmen a (Fig. 14) das vom Cylinder b bewegte Gleitstück c, an
dem sich drehbar das Meisselblatt d mit verschiedenen
durch kleine besondere Kolbencylinder betriebene Meissel e befindet. Der zweite ähnliche Apparat (Amerikanisches Patent Nr. 551140
vom 10. December 1895) führt ein gewöhnliches Messerrad statt des vorigen
Meisselblattes, sowie der dritte (Amerikanisches Patent Nr. 551508 vom 17. December
1895) eine gewöhnliche Messerkette. Der vierte Apparat (Amerikanisches Patent Nr.
551139 vom 10. December 1895) ist ein drehender Gesteins- oder Kohlenbohrer ohne
wesentliche Eigenthümlichkeit.
Textabbildung Bd. 301, S. 158
Fig. 15.Kohlenbohrung von Elliot.
Die Kohlenschneidemaschine von William J. E. Curr,
Leavenworth, Kans. (Amerikanisches Patent Nr. 550944 vom 10. December 1895), bewegt
ein Messerrad, die von George W. Lutes, Lisbon, Ohio
(Amerikanisches Patent Nr. 553248 vom 11. Januar 1896), mehrere stufenweise über
einander angeordnete Meisselstangen. Die senkrecht wirkende Gesteinsbohrmaschine von
James M. van Horn und George H. Hayes, Lockwood, Mo. (Amerikanisches Patent Nr. 552556 vom 7.
Januar 1896), bohrt nicht nur ein centrales Loch, sondern schrämt zugleich durch
seitwärts von der centralen Drehwelle an einem mit dieser Welle drehbaren Rahmen
angebrachte, senkrecht wirkende Stossbohrer einen Ring aus. Die Gesteins- bezieh.
Kohlenbohrer von Benjamin A. Legg, Columbus, Ohio
(Amerikanisches Patent Nr. 550892 vom 3. December 1895), und von Adam Scheid, Harrison, N. J. (Amerikanisches Patent Nr.
555128 vom 15. Februar 1896), weisen keine wesentlichen Neuerungen auf.
Hervorzuheben bleiben aber Vorschläge von Robert H.
Elliot, Birmingham, Ala. (Amerikanische Patente Nr. 551464 und Nr. 551465
vom 17. December 1896), zur Abfangung des bei der Kohlenbohrung entstehenden, oft
gefährlichen Kohlenstaubes. Der erste Vorschlag, unter Verwendung eines Sackes an
der Bohröffnung, ist in Fig. 15 dargestellt.
Textabbildung Bd. 301, S. 158
Fig. 16.Goldminenapparat von Roach.
Schliesslich mögen noch zwei Goldminenapparate Erwähnung finden, wie solche in den
Goldstaaten von Nordamerika eine wichtige Rolle spielen. Der Apparat von Robert C. Roach, Hutchinson, Kans. (Amerikanisches
Patent Nr. 552856 vom 7. Januar 1896) hebt durch ein Rohr nach Art des von Smith (D. p. J. 1896 300 4)
verwandten, vom Fluss- oder Seegrund durch den Boden eines Flosses hindurch den
Goldsand auf das Deck des Flosses, woselbst die Spülung vor sich geht; die Anlage
von Edward D. Bronson, Denver, Colo. (Amerikanisches
Patent Nr. 553775 vom 28. Januar 1896), Fig. 16,
pumpt Wasser mit Goldsand vermischt von den Ufern des Goldgewässers in ein auf
Holzgerüst gefügtes Holzbassin, von dem das Schlammwasser unter Klärung stufenweis
durch schleusbare Kästen nach unten läuft.