Titel: | Fahrräder. |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 195 |
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Fahrräder.
(Schluss des Berichtes S. 175 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Fahrräder.
II. Antrieb.
Bei der Antriebvorrichtung von Ch. Mansfeld in Leipzig
(D. R. P. Nr. 85857) kann die vom Motor getriebene Hinterradachse auch durch Pedale
und Kette angetrieben werden. Dem Misstande, dass das Fahren mittels der Tretkurbeln
allein durch den Compressionswiderstand im Motorcylinder gehemmt würde, ist dadurch
entgegengetreten, dass durch ein Steuerungsorgan, welches zur Regelung der Zufuhr
des treibenden Mittels in den Motorcylinder dient, also ohnehin schon vom Fahrenden
bedient werden muss, der Cylinderinnenraum mit der Aussenluft in Verbindung gesetzt
werden kann.
Der Motor A (Fig. 31), als welcher
ein Erdöl- oder Benzinmotor dient, ist zwischen den winklig gebogenen Gestellröhren
aa1 eingebaut. Der
Motor ist eine Viertactmaschine. Seine Steuerwelle g
(Fig. 32 und 34), die als lose Muffe
auf der mit ihr concentrisch angeordneten Tretkurbelachse g1 sitzt, hat nicht allein den Zweck,
mittels Nocken i (Fig. 31) die
Ausströmventile behufs Ausblasens der verbrannten Gase zu öffnen, sondern sie
bewirkt auch die Entzündung des in den Motorcylindern befindlichen Gemisches durch
Bethätigung eines auf dem Motor montirten Magnetapparates B (Fig. 31).
Durch den auf der Steuerwellenmuffe sitzenden Nocken i1 erhält der mit der Kurbel des
Magnetapparates B (Fig. 31 und 32) durch eine federnde
Zugstange k verbundene doppelarmige Hebel h eine oscillirende Bewegung und mit ihm der Collector
des Magnetapparates durch Vermittelung der Kurbel, wodurch der Strom erzeugt wird,
welcher dann durch eine isolirte Leitung in den Cylinder geführt wird, um hier das
Gemisch zu entzünden.
Das Kettenrad l ist mit der Steuermuffe g aus einem Stück gegossen, kann sich also mit dieser
auf der Tretkurbelachse g1 drehen (Fig.
31 bis 34).
Die Steuermuffe g ist an der einen Stirn mit
Klauenkuppelungszähnen versehen und kann durch Eingreifen einer auf der
Tretkurbelachse g1
verschiebbaren, aber nicht drehbaren Klauenkuppelungsmuffe m mit der Tretkurbelachse verkuppelt werden. Eine gegen die Muffe m wirkende Feder β ist bestrebt, diese
Kuppelung zu bewirken. Wenn jedoch die Kuppelungsmuffe m in der Ausrückungslage zurückgeschoben ist, so greift ein Zahn einer
Arretirfeder n in eine entsprechende Kerbe der Muffe
m ein und sperrt sie in der Ausrückungslage. Zur
bequemen und schnellen Auslösung der Arretirfeder n
(also Einrückung der beschriebenen Klauenkuppelung) dient ein als doppelarmiger
Hebel ausgebildeter Fussraster p (Fig. 33 und 34). Drückt man z.B. mit
dem Absatze des Fusses auf den unteren Arm dieses Hebels p, so wird ein längerer Hebelarm o, der auf
der Drehachse des Fussrasters befestigt ist und dessen freies Ende auf der
Arretirfeder ruht, abwärts geschwungen, wobei er die Arretirfeder so ausbiegt, dass
ihr Zahn ausser Eingriff mit der Muffe m kommt, diese
selbst also zum Eingriffe mit der Steuermuffe g
vorschnellen kann, wodurch die Kuppelung letzterer und des Kettenrades l mit der Tretkurbelwelle bewirkt wird.
Textabbildung Bd. 301, S. 196
Antrieb an Motorfahrrädern von Mansfeld.
Auf der Hinterradachse, welche vom Motor getrieben wird, sitzt das zweite Kettenrad
des die Bewegungsübertragung zwischen dieser Achse und der Steuermuffe g vermittelnden Kettengetriebes. Entsprechend den
Bewegungsverhältnissen zwischen der Steuerwelle des Viertactmotors und der sie
treibenden Welle besitzt dieses zweite Kettenrad nur halb so viel Zähne als das
Kettenrad l auf der Steuermuffe.
Durch diese Anordnung ist ein langsames, ruhiges Anfahren des Fahrrades ermöglicht,
und zwar in folgender Weise: Indem durch einen leichten Druck auf den Raster p die Arretirfeder n nach
unten gedrückt wird, kommt die Klauenkuppelung m in
Eingriff mit der Steuermuffe, wodurch die Tretkurbelachse des Fahrrades bethätigt
wird. Werden nun die Tretkurbeln getreten, so überträgt sich die Bewegung durch
Vermittelung der Klauenkuppelung m, der Steuermuffe g, des Kettenrades l und
der Kette auf das kleine Kettenrad und damit auf das Hinterrad (Treibrad).
Erreicht jetzt der Motor eine grössere Geschwindigkeit, als diejenige ist, mit
welcher die Tretkurbeln getreten werden, so löst sich die Kuppelung m in Folge entsprechend schräger Klauen selbsthätig
aus, und die Tretkurbelachse tritt ausser Thätigkeit. Treten grosse Steigungen des
Weges ein, so kann während der Fahrt die Tretkurbelachse durch einen kleinen Druck
auf den Fussraster p wieder eingerückt und so durch die
Tretkurbeln die motorische Kraft unterstützt werden.
An der mit dem Bremshebel q verbundenen Bremsstange r sitzt der Bolzen r1, welcher an dem Winkelhebel s angreift, der einerseits durch die Druckstange t mit dem Drehschieber u
(Fig. 31, 35, 36 und 37) verbunden ist.
Letzterer vermittelt je nach der Stellung einerseits durch Kanalschlitze v die Verbindung des Motorinneren mit dem in bekannter
Weise mit selbsthätigen Saugventilen versehenen Saugkanal, durch welchen die
Zuführung des explosiblen Gasgemisches erfolgt; andererseits vermittelt der
Drehschieber u durch einen Kanalschlitz w die unmittelbare Verbindung des Cylinderinneren mit
der Aussenluft. Die beiden Kanalschlitze v und w sind so angeordnet, dass sie nicht beide zugleich
offen sein können (Fig.
36 und 37,
von welchen erstere den Kanal w, letztere die Kanäle
v geöffnet zeigt).
Die in Fig. 36 gegebene
Stellung bildet die Ausgangs- oder Ruhestellung des Drehschiebers und wird von
diesem eingenommen, wenn der zu seiner Beeinflussung dienende Bremshebel q losgelassen ist. Bei dieser Stellung des
Drehschiebers kann das Anfahren des Fahrrades mittels der Tretkurbeln erfolgen, ohne
dass im Cylinder- inneren Compressionswiderstände, welche das Fahren erschweren oder
unmöglich machen würden, entstehen können, da die Luft frei durch den Kanalschlitz
w entweichen kann.
Wird nach dem Anfahren der Bremshebel q gegen die
Lenkstange gezogen, so nimmt der an der Bremsstange sitzende Bolzen r1 den Winkelhebel s mit, dieser dreht durch die Druckstange t den Drehschieber u (Fig. 37) und schliesst
dadurch zunächst den Entluftungskanal w ab.
Nach Schluss dieses Kanales erfolgt bei weiterer Drehung Eröffnung des Saugkanales.
Jetzt wird durch die Rohrleitung D aus dem Benzin-
bezieh. Erdölbehälter E, wie bei einem gewöhnlichen
Gasmotor, das Gemisch angesaugt und es erfolgen nun schwache Zündungen. Wird der
Bremshebel q noch weiter angezogen, so werden die
Kanäle v noch mehr geöffnet, es kann mehr Gemisch
eintreten (Fig. 37) und
es treten in Folge dessen stärkere Zündungen ein, wodurch die Fahrgeschwindigkeit
erhöht wird.
Bei noch weiterem Anziehen des Bremshebels erfolgt allmählich der Schluss der Kanäle;
die Betriebsmaschine kann kein Gemisch mehr nehmen und hört auf zu arbeiten.
Ist nun der Bremshebel vollständig angezogen, so treten die Bremsen in Thätigkeit,
und zwar einerseits die am Fusse der Stange r sitzende,
andererseits auch eine am hinteren Rad wirkende, indem der Winkelhebel s an eine Nase x der
Zugstange y drückt, welche dann einen Bremshebel z an das hintere Rad presst. Durch diese Anordnung ist
es unmöglich gemacht, das Fahrrad zu bremsen, bevor der Betriebsmotor abgestellt
wurde.
Bei der Antriebsvorrichtung (Fig. 38 bis 41) von E. Bütikofer in Biel (Schweiz), D.
R. P. Nr. 87071 und Schweizer Patent Nr. 9092, ist auf der hinteren Seite einer
jeden der lose drehbar auf der Tretkurbelachse f
angeordneten Tretkurbeln v eine verschiebbare Stange
p befestigt, an der sich ein Stift p1 befindet, der in
eine an dem Zahnrad e bezieh. Kettenrad d befestigte Nuthenscheibe q eingreift. So lange sich dieser Stift p1 innerhalb der Ringnuth q1 befindet, bleibt die betreffende
Tretkurbel stille stehen, während sich die Tretkurbelachse f dreht. Sobald jedoch die Stange p so
verschoben wird, dass der Stift p1 in den Schlitz q2 der Nuthenscheibe q
kommt, so wird die Stange p und mit ihr die Tretkurbel
v von der sich drehenden Nuthenscheibe
mitgenommen.
Textabbildung Bd. 301, S. 197
Antrieb an Motorfahrrädern von Bütikofer.
Will nun der Fahrer den Motor b, der die Kraft von der
Motorkurbelwelle a aus mittels der Räder c und e auf die
Tretkurbelachse f überträgt, allein arbeiten lassen, so
braucht er nur mit den Füssen auf die über die Tretkurbeln vorstehenden Enden der
Stangen p zu drücken, worauf sich letztere so
verschieben, dass die Stifte p1 in die Ringnuth q1 zu liegen kommen, wodurch die Tretkurbeln aufhören
sich zu drehen und so als Fusstütze benutzt werden können. Umgekehrt wird durch das
Aufdrücken der Füsse auf die Stifte p2 das Einrücken der Tretkurbeln v bewirkt.
Der Benzin- bezieh. Erdölbehälter, sowie das Wassergefäss sind über dem Vorderrad
angebracht und durch Röhren mit dem Motor, der zwischen den beiden Rahmenrohren
liegt, verbunden.
Vorrichtung zum Einschalten eines Hilfsmotors bei Fahrrädern mit Kettenantrieb von
E. Redenbacher und
J. Mend in München (D. R. P. Nr. 84677). Dem
gebräuchlichen Fahrrad ist ein kleiner abnehmbarer Erdölmotor (Fig. 42) beigegeben, der auf einer Fundamentplatte p befestigt ist. Letztere ist mittels schellen artiger
Oesen o und Verschraubungen v in den Fahrradrahmen eingesetzt. Die durch eine Kurbel mit der
Pleuelstange des Cylinders a verbundene Welle w (Fig. 43), die an
einer senkrechten Stange c gelagert ist, greift durch
einen Schlitz der Platte p und trägt auf dieser Seite
das mit dem Cylinder b verbundene Doppelkettenrad z mit der Pleuelstange i.
Durch Drehen des Winkelhebels h (Fig. 42) in der Pfeilrichtung wird das Doppelkettenrad
z in die Höhe gehoben und so mit der Kette n des Fahrrades ausser Eingriff gebracht und in dieser
Stellung durch Haken d nebst Stift e festgestellt, wodurch gleichzeitig auch der Motor
abgestellt ist. Die Regulirung des Tempos geschieht mittels der Regulirschraube r. Der Motor kann bis zu 1/10 construirt werden, was
einerseits zur nöthigen Krafterzeugung genügt, andererseits aber eine so geringe
Gewichtsvermehrung erfordert, dass der Motor auch ausser Wirkung mitgeführt werden
kann.
Textabbildung Bd. 301, S. 197
Fig. 42.Antrieb an Motorfahrrädern von Redenbacher und Mend.
Um dem Lockerwerden des Kettenrades auf der Tretkurbelachse vorzubeugen, versehen Gebr. Nevoigt in Chemnitz-Reichenbrand die Tretkurbel
a (Fig. 44) mit
einer Hülse b, mit der eine Strebe c fest verbunden ist. Auf diese Hülse wird nun das
Kettenrad d entweder aufgekeilt oder geschraubt, und
zur Sicherung mit der Strebe c bei e verschraubt, so dass Tretkurbel und Kettenrad ein
Stück bilden. Sodann werden Kurbel sammt Kettenrad durch den Kurbelkeil mit der
Tretkurbelachse verbunden.
Textabbildung Bd. 301, S. 197
Fig. 43.Antrieb an Motorfahrrädern von Redenbacher und Mend.
Durch die weite Construction des modernen Tretkurbellagers, welches dadurch einen
grossen Innenraum für die Lagertheile hat, ist es ermöglicht, die Tretkurbeln mit der Achse aus
einem Stück herzustellen. Ein derartiges Getriebe (Fig.
45) liess sich W. H. Jordan in Indianapolis
patentiren (Amerikanisches Patent Nr. 552376), dessen Vortheil darin besteht, dass
ein Brechen trotz des leichten Gewichtes ausgeschlossen ist, da hartgezogener Stahl
an Stelle des geschmiedeten verwendet wird. Um nun die Achse im Kurbelgehäuse aus-
und einbringen zu können, ist dieselbe bei a
abgekröpft.
Textabbildung Bd. 301, S. 198
Fig. 44.Kettenradverbindung von Nevoigt.
Textabbildung Bd. 301, S. 198
Fig. 45.Tretkurbellager von Jordan.
Um ein schmales und leichtes Tretkurbellager zu erzielen, machen F. P. Burnham und J. D.
Alsup in Chicago nach ihrem amerikanischen Patent Nr. 550587 die Achse a (Fig. 46) zweitheilig.
Die Tretkurbeln b, welche zugleich als Lagergehäuse c ausgebildet sind, bestehen mit den Achsentheilen aus
einem Stücke. Zum Zwecke der Verbindung der Achsentheile sind dieselben hohl und
werden durch Schraube d und Mutter e gegen einander gezogen, auf welche Weise auch das
Lager nachgestellt wird.
Textabbildung Bd. 301, S. 198
Fig. 46.Tretkurbellager von Burnham.
J. Dressler und Co. in Breslau erzielen mit ihrem D. R.
G. M. Nr. 56080 durch die Aussparung der Kettenradnabe a (Fig. 47), die über das Tretkurbelgehäuse
b ragt, eine möglichst kurze, den jetzigen
Anforderungen entsprechende Tretkurbelachse, ohne das Kurbelgehäuse bis ins Extreme
zu verkürzen, wodurch die Kugellager zu nahe an einander kommen, was die Stabilität
derselben beeinträchtigen würde. Dieses wird dadurch erreicht, dass der innere Kern
der Nabe a mit der Tretkurbel c ein Stück bildet.
Textabbildung Bd. 301, S. 198
Fig. 47.Tretkurbellager von Dressler.
A. C. Field, Director der Czar
Cycle Co. in Chicago, construirte ein von den bisherigen Systemen gänzlich
abweichendes Tretkurbellager (Fig. 48 bis 49). Dasselbe hat mehr als den doppelten Durchmesser des gewöhnlich
gebräuchlichen Kurbellagers, ist dabei aber um die Hälfte schmäler als ein solches;
die Kurbeln sind auf 7 ½ cm zusammengerückt. Fig. 49 zeigt ein
solches Tretkurbellager mit zwei Kugelreihen.
In Rücksicht auf schmale Tretkurbellager befestigt J.
Neuber in München die Pedale mit den Tretkurbeln dadurch, dass er das Ende
der Kurbel in eine Querbohrung des Pedalkopfes einsetzt und mittels Mutter, die
auf dem Ende der Kurbel sitzt, anzieht.
Textabbildung Bd. 301, S. 198
Tretkurbellager von Field.
Die Fahrradfabrik „La Métropole“ von Marié und Co. in Paris verfertigt einen
Antriebsmechanismus mittels konischer Zahnräder (Fig.
50). Der Antrieb erfolgt wie gewöhnlich mittels Tretkurbeln, auf deren
Achse das bewegende Zahnrad A befestigt ist. Dieses Rad
A bildet mit Rad B,
welches mit der Hülse C fest verbunden ist, ein
Winkelgetriebe und versetzt somit das Rad F, welches
auf derselben Hülse sitzt, in Drehung. Die Hülse C ist,
um einerseits mehr Stabilität zu erlangen, andererseits um ein möglichst enges
Tretkurbellager zu erzielen, auf dem Gestellrohr D
mittels Kugeln und Regulirungskonus gelagert. Das Rad F
bildet wiederum mit Rad G, welches an der Hinterradnabe
sitzt und dieselbe antreibt, ein Winkelgetriebe. Sollten sich nun im Laufe der Zeit
die Zähne doch etwas auslaufen, so können die Räder FG
durch die Konus KK1
nachgestellt werden. Um den Mechanismus gegen Staub zu sichern, läuft derselbe in
Schutzkästen, die für selbsthätige Schmierung sorgen.
Das Getriebe mit veränderlicher Uebersetzung von F. E.
Hentschel in Dresden (D. R. P. Nr. 85725) besteht im Wesentlichen aus dem
hinteren und vorderen Kettenrad, von denen jedes den zwei Uebersetzungsverhältnissen
entsprechend abgestuft und mit doppelten Zahnreihen versehen ist. Die Kette wird von
der betreffenden Zahnreihe auf die andere Zahnreihe desselben Rades dadurch
geleitet, dass eine eingestellte Zinke die Kette auf Uebergangszähne führt, die
sodann die Kette auf die andere Zahnreihe zum Auflaufen bringen. Das Einstellen der
Zinken beider Räder geschieht während der Fahrt mittels einer vom Sattel
ausgehenden, bequem zu handhabenden Vorrichtung.
Textabbildung Bd. 301, S. 198
Fig. 50.Zahnradantriebsmechanismus von Marié und Co.
Die übersetzungen können beliebig hoch und die Zwischenstufen zwischen den
Uebersetzungen beliebig weit von einander gewählt werden. Das Gewicht eines mit
diesem Getriebe ausgerüsteten Rades wird um etwa 1 k erhöht.
Denselben Zweck erreicht A. Grüner in Chemnitz dadurch,
dass er auf der Tretkurbelachse zwei lose auf Kugeln gelagerte Kettenräder von
verschiedenen Durchmessern anbringt (D. R. G. M. Nr. 55407), von denen je eines abwechselnd
in feste Verbindung mit der Tretkurbelachse eingeschaltet werden kann.
Eine doppelseitige Zahnradübersetzung von der Kurbelachse aus liess sich M. Buysman in Middelburg (Holland) unter D. R. G. M.
Nr. 51654 schützen. Diese Neuerung bezweckt eine Vermehrung der Umdrehungszahl des
Hinterrades, um damit eine höhere Fahrgeschwindigkeit zu erzielen.
Zu diesem Zwecke sitzt auf der Tretkurbelachse an Stelle des Kettenrades ein Zahnrad,
während das Kettenrad, welches das Hinterrad in der gewöhnlichen Weise antreibt, auf
einer besonderen Achse, die hinter der Tretkurbelachse liegt, gelagert ist. Auf
dieser Achse sitzt nun, neben dem Kettenrad, ein kleines Zahnrad, in welches das auf
der Tretkurbelachse sitzende grosse Zahnrad eingreift und dieses sammt dem Kettenrad
in rasche Drehung versetzt.
Textabbildung Bd. 301, S. 199
Ausschalten der Tretkurbeln.
Das „Bi-Gear“ zeigt nach Fig. 51 bis 53, die wir The Engineer entnehmen, eine Anordnung zum Aus- und
Einschalten der Treibkette während der Fahrt, wodurch die Füsse des Fahrers bei
Bergabfahrt auf den Pedalen, die ausser Eingriff sind, ruhen können, ohne die
Tretbewegung mitzumachen. Dieses wird dadurch erreicht, dass ein an seinem unteren
Ende gezahnter Hebel D (Fig. 53), der vom Sattel
aus bethätigt wird, in ein auf der Nabe des Hinterrades sitzendes Zahnrädchen
eingreift. Da nun dieses Zahnrädchen mit dem auf der Achse a drehbar gelagerten Zwischengetriebe AB,
welches den Nabenkettenkranz C trägt, fest verbunden
ist, so wird durch entsprechende Bethätigung des Hebels D das Getriebe entweder wie in Fig. 51 eingeschaltet,
oder wie in Fig. 52
ausgeschaltet.
a) Nabe.
Durch die Anwendung der weiten Naben ist die gebräuchliche Oelung der Lager eine
unvollkommene, indem das Oel nicht in dem erforderlichen Maasse die Kugeln
erreicht, sondern in der Mitte der Nabe, wo das Schmierloch sich befindet,
stehen bleibt und zum Theil aus demselben wieder herausfliesst. Diesen
Uebelstand beseitigen Gormully and Jeffery in Chicago dadurch, dass sie die Achse mit
spiralförmigen Zügen aus flachen Metallbändern versehen, die sich von der Mitte
aus nach rechts und links bis nahe an die Kugelebene winden. Durch diese
Anordnung wird das Oel nach beiden Seiten getrieben.
b) Kette und
Kettenräder.
Eine neue Fahrradkette (D. R. G. M. Nr. 53851 und Nr. 53852) bringt die Firma Boes und Co. in Köln in den Handel.
Textabbildung Bd. 301, S. 199
Kette von Boes und Co.
Wie Fig. 54 bis 56 zeigen, sind die
Kettenglieder von den bisher üblichen grundverschieden und bestehen je aus einem
Stück. Die Gelenke werden durch einen Hohlzapfen einerseits und eine Oese
andererseits derart gebildet, dass ersterer in letztere eingreift und durch
einen kleinen Stift zusammengehalten werden, welch letzterer von dem Zuge der
Kette aber vollständig unabhängig ist.
Diese Kette ist dergestalt gehärtet, dass sowohl ein Dehnen, sowie Brechen
unmöglich ist. In der Mitte jeden Gliedes ist weiterhin eine konische Bohrung
a, welche zum Eingriff der entsprechend
geformten Kettenradzähne b dient. Diese
Construction veranlasst ein exactes Eingreifen der Zähne auch dann, wenn die
Kettenräder etwas versetzt sein sollten, und vermindert zudem die Kettenreibung
erheblich. Die Fahrleistung wird demnach erhöht, ebenso die Dauerhaftigkeit der
Kette, während jedes störende Geräusch der letzteren dauernd verschwindet. Das
Gewicht der Kette ist noch etwas unter dem der bisher gebrauchten Blockketten,
ebenso lässt sich die neue Kette mit ganz minimalen Kosten auch auf jedes
Fahrrad anbringen.
Textabbildung Bd. 301, S. 199
Fig. 57.Leitringe am Kettenrad von Hiller.
Die zu Rennmaschinen hauptsächlich verwendete Blockkette besitzt den Uebelstand,
dass, sobald sich zwischen die Zähne des Kettenrades etwas Strassenkoth setzt
und die Kette nicht straff gespannt ist, dieselbe über das Kettenrad
hinausspringt.
Diesen Uebelstand beseitigt die Firma G. Hiller
in Zittau (Sachsen) dadurch, dass sie am Treibkettenrad an beiden Seiten
Leitringe (D. R. G. M. Nr. 33601) anordnet, welche, wie Fig. 57 zeigt, die Kette zwischen sich aufnehmen und genau auf den
Zahnkranz leiten, so dass ein seitliches Aufsetzen derselben unmöglich ist.
Durch diese präcise Führung der Kette wird der Gang der Maschine ruhiger und
zugleich leichter, da die Kette locker (hängend) gefahren werden kann.
Die Leitringe sind durch Schrauben mit dem Kettenrade verbunden, können also zum
Zwecke der Reinigung abgenommen werden. Es muss hierbei bemerkt werden, dass die
Leitringe so weit von dem Kettenrade abstehen, dass sich weder Staub noch nasser
Schmutz in den Zwischenräumen festsetzen und die Kette in ihren Bewegungen
hindern kann.
Textabbildung Bd. 301, S. 200
Fig. 58.Kettenspannvorrichtung von Raab.
Durch D. R. G. M. Nr. 58177 ordnet G. R. Raab in
Weissenburg a. Sand zum Zweck der Kettenspannung die Hinterradachse auf einem
nach vorn und hinten verstellbaren Lagerzapfen A
(Fig. 58) an. Dieser ruht in dem unteren Ende
eines einarmigen Hebels B, der in dem Auge C der Rahmenrohre D
und F drehbar gelagert ist. Die Verstellung
geschieht mittels Stellschraube G, die in der am
Gestellrohr F befestigten Mutter H geführt wird und auf der Verstärkung I der Hebelkante ihren Angriffspunkt hat. Je
nachdem die Schraube G gedreht wird, wird die Kette
gelockert oder gespannt, ohne dass die Achsmuttern zu öffnen sind, wodurch ein
Verstellen der Kugellagerkonus und deren üble Folgen vermieden werden. Ebenso
ist das Hinterrad durch Lösen der Achsmuttern C
bequem abzunehmen, ohne die Kette zu zerlegen.
c) Kugellager.
Durch sein D. R. G. M. Nr. 55649 sucht W. Jürgens in
Langen (Hannover) die Reibung der Kugellager möglichst zu verringern. Wie Fig. 59 und 60 zeigen, berühren
die Kugeln K die Lagerschale C nur an einem, und die beiden Wulste W die Kugeln nur an zwei Punkten, wodurch ein
grosser Theil der Reibung wegfällt. Die Wulste W
haben ausserdem noch den Zweck, ein Berühren der Achse A durch die Kugeln auszuschliessen, wodurch die Bildung einer Rille in
der Achse fortfällt. Zum Zweck der Reinigung oder zum Nachstellen der Lager ist
die Lagerschale C verstellbar.
Textabbildung Bd. 301, S. 200
Kugellager von Jürgens.
III. Steuerung.
Die Lenkstange (Fig. 61)
von Mosier in Philadelphia kann, wie Fig. 62 zeigt, auf
einfache Weise, mittels Schnappfeder, abgenommen werden. Zum Zweck der Höher- oder
Tieferstellung ist die Lenkstange am unteren Theile geriffelt. Ueber diesen Riffeln
ist das T-Stück a drehbar befestigt, das die Lenkstange
in der gewünschten Lage, nachdem diese eingestellt ist, festhält.
Textabbildung Bd. 301, S. 200
Lenkstange von Mosier.
IV. Pneumatikreifen.
Um dem Uebelstand abzuhelfen, dass während der Fahrt bei Verletzungen des
Luftschlauches der Fahrer genöthigt ist, abzusteigen, um den Schlauch zu repariren,
liess sich H. Akroyd Stuart, Bletchley, Bucks, einen
aus einzelnen Zellen bestehenden Reifen patentiren. Diese runden Gummizellen a liegen, wie Fig. 63 bis 65 zeigen, die wir Engineering vom 17. Juli 1896 entnehmen, zwischen
Mantel b und Luftschlauch c; jede dieser Zellen ist für sich abgeschlossen und mit Luft gefüllt. Der
Luftschlauch wird wie gewöhnlich aufgepumpt, wodurch sich derselbe gegen die Zellen
a drückt und diesen dadurch, wie Fig. 63 und 64 zeigen, die nöthige
Spannung gibt. In Fig.
65 sehen wir den Reifen in entlüftetem Zustande.
Textabbildung Bd. 301, S. 200
Pneumatikreifen von Akroyd Stuart.
Sollten nun während der Fahrt eine oder mehrere Zellen verletzt werden, so kann man,
ohne abzusteigen, weiter fahren und die Zellen gelegentlich ersetzen.