Titel: | Die Gas- und Erdölmaschinen der Elektricitäts- und Kunstgewerbeausstellung in Stuttgart 1896. |
Autor: | C. Schmitthenner |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 200 |
Download: | XML |
Die Gas- und Erdölmaschinen der Elektricitäts-
und Kunstgewerbeausstellung in Stuttgart 1896.
Von C. Schmitthenner,
Stuttgart.
Mit Abbildungen.
Die Gas- und Erdölmaschinen der Elektricitäts- und
Kunstgewerbeausstellung in Stuttgart 1896.
Die Stuttgarter Ausstellung trägt das Gepräge einer württembergischen
Landesausstellung. Die verschiedensten Industriezweige haben ihre modernen Producte
zur Stelle gebracht, um von der hohen Entwickelung württembergischer Technik
Zeugniss abzulegen. Um so mehr ist es zu verwundern, dass der einheimische
Gasmotoren- und Erdölmotorenbau so wenig vertreten ist. Nur eine württembergische
Firma, die Daimler-Motoren-Gesellschaft in Cannstatt, hat eine recht
reichhaltige Ausstellungsgruppe ihrer weltbekannten Erdölmotoren zur Schau gestellt.
Von ausserwürttembergischen Firmen ist nur denjenigen die Beschickung der
Ausstellung gestattet, welche im württembergischen Handelsregister eingetragen
waren. Zwar ist dadurch die Zahl der Aussteller eine geringe geworden, jedoch die
Mannigfaltigkeit und Grösse der ausgestellten Motoren keineswegs klein ausgefallen,
sondern dieselben nehmen unter den Kraftmaschinen der Ausstellung einen ganz
hervorragenden Platz ein. Nicht vergessen darf dabei werden, dass zu gleicher Zeit
die Industrie- und Gewerbeausstellungen in Berlin und Nürnberg und die
landwirthschaftliche Ausstellung in Cannstatt die Aussteller sehr zersplittert
haben.
Der Gasmotorenbau ist durch die Firmen Gebr. Körting in
Körtingsdorf bei Hannover, Gasmotorenfabrik Deutz in
Cöln-Deutz und Berlin-Anhaltische-Maschinenbau-Actien-Gesellschaft Dessau vertreten und
sind namentlich grosse Motoren bis zu 60 auf der Ausstellung zu sehen.
Besondere Aufmerksamkeit erregt die Gruppe erstgenannter Firma, welche eine
vollständige Kraftgasanlage zum Betriebe ihrer Gasmaschinen aufgestellt hat.
Textabbildung Bd. 301, S. 201
Fig. 1.Körting's Tandem-Gasmaschine.
Gasmaschinen.
Im Allgemeinen lässt sich constatiren, dass die Bauart der Gasmaschinen sich in
letzter Zeit wenig geändert hat, nur zeigt sie stabilere und kräftigere Formen. Die
Zwillingsmaschine mit neben einander liegenden Cylindern ist verschwunden, dagegen
ist an deren Stelle als neue Anordnung die Tandemmaschine von Gebr. Körting getreten. Der Viertakt ist noch immer
ausschliesslich vorherrschend. Aenderung betreffen deshalb hauptsächlich die
Steuerung und lassen den Zweck erkennen, geringeren Gasverbrauch, ruhigen Gang und
grössere Betriebssicherheit mit einfacher Construction und gefälligem Aussehen zu
vereinigen. Die Compression ist erhöht, Einströmventil und Zündung werden
meistens gesteuert. Die grossen Motoren sind mit Anlassvorrichtungen versehen, die
recht zuverlässig functioniren und leicht zu handhaben sind.
Gasmaschinen von Gebr. Körting in Körtingsdorf bei
Hannover.
Die grösseren Gasmaschinen von 35 bis 60 werden neuerdings von der Firma
in etwas abgeänderter Construction als Klasse T zur
Ausführung gebracht. Jede eincylindrige Maschine dieser Grösse ist derartig
eingerichtet, dass ein zweiter Arbeitscylinder nach dem Tandemsystem mit ihr
direct gekuppelt werden kann, wodurch Tandemmaschinen (Fig. 1) von 70 bis 120 entstehen (vgl. 1894 296 301). Zu diesem Zweck ist der Cylinderkopf mit
einer centralen Bohrung und Stopfbüchse für die durchgehende Kolbenstange, die
Steuerwelle mit einem Kuppelungsende und der Cylinder mit zwei Augen für die
Verbindungsstangen versehen.
Die Befürchtung, die nothwendig gewordene Stopfbüchse könnte Anlass zu
Betriebsstörungen geben, hat sich nicht bestätigt, sondern sind die zweijährigen
Erfahrungen, die man bis jetzt mit solchen Stopfbüchsen mit Metallpackung
gemacht hat, vollständig zufriedenstellend gewesen.
Die Zweckmässigkeit dieser Cylinderanordnung ist ohne weiteres ins Auge
springend, denn bei jeder in Betrieb befindlichen Eincylindermaschine kann mit
verhältnissmässig geringen Kosten durch Anhängen eines zweiten Cylinders die
Stärke der Maschine verdoppelt werden.
Da beide Cylinder abwechslungsweise arbeiten, wird das Gestänge nicht höher
beansprucht und der Gleichförmigkeitsgrad bleibt auch derselbe. Man hat also
Zwillingsmaschinen mit hinter einander liegenden Cylindern, wodurch ein
verbreiterter Lagerbock, eine Kurbelkröpfung, Kurbelstange, Steuerwellenantrieb
und man kann auch sagen ein Schwungrad gespart wird.
Von dieser Klasse sind zwei Maschinen ausgestellt, von denen aber nur je der
eine Cylinder vorhanden ist. Die eine Maschine leistet, mit Kraftgas betrieben,
30 , die zweite bei 450 mm Cylinderdurchmesser, 760 mm Hub und 140
Umdrehungen 50 . Beide Maschinen dienen zum Antrieb von Dynamomaschinen
für directe Beleuchtung und sind daher mit je einem schweren Schwungrad und
Präcisionssteuerung ausgerüstet. Damit der Kurbelzapfen möglichst schwach
gehalten werden kann, sind beide Maschinenlager dicht an die Kurbel gerückt und
ein Aussenlager angeordnet worden, um den auf die Kurbelwelle direct
aufgekeilten Dynamoanker und das schwere Schwungrad zutragen. Letzteres hat bei
der 50--Maschine 3600 mm Durchmesser und ein Kranzgewicht von etwa 6500
k.
Textabbildung Bd. 301, S. 202
Fig. 2.Ventilanordnung von Körting's Präcisionsmaschine.
Das Princip und die Vortheile der Körting'schen
Präcisionssteuerung sind 1894 291 179 gebührend
hervorgehoben worden. Bekanntlich besteht die Regulirung darin, dass der
Regulator bei veränderlicher Belastung der Maschine das Einströmventil früher
oder später während des Ansaugehubes schliesst, wodurch eine kleinere oder
grössere Menge Gasgemisch von stets gleicher Zusammensetzung angesaugt wird. Bei
voller Belastung bleibt das Einströmventil bis fast zum Hubende geöffnet, wie es
sonst bei den Gasmaschinen üblich ist. Abgesehen von der gleichen Menge
Verbrennungsrückstände, die im Cylinder zurückbleiben, besteht die Ladung immer
aus gleich gut brennbarem Gemisch. Die Körting'sche
Präcisionsmaschine hat daher selbst bei geringer Belastung verhältnissmässig
scharfe Zündungen und einen günstigen Gasverbrauch. Auf die verlängerte
Expansion scheint es dabei weniger anzukommen.
Fig. 2 zeigt die Ventilanordnung im Schnitt, d und e sind die
gesteuerten Auspuff- und Einströmventile, f das
selbsthätige Mischventil. Letzteres ist als Doppelsitzventil ausgebildet und
schliesst gleichzeitig den von g her kommenden
Gasstrom und den von h herkommenden Luftstrom ab.
Dadurch, dass sich beide Ventilsitzflächen um gleich viel heben, wird stets ein
gleichartiges Gasgemisch erzielt. Durch die Grösse der Schlitze i im Ventilkörper wird das richtige
Mischungsverhältniss zwischen Gas und Luft festgestellt. Um ruhiges
Arbeiten des Ventils zu erreichen, ist dieses in Verbindung gebracht mit einem
Luftteller k, der als Luftbremse wirkt.
Bei der ausgedehnten Verwendung von Kraftgas für den Betrieb von Motoren sind die
Gaszuführungsquerschnitte von vorneherein für Kraftgas bemessen. Soll der Motor
mit Leuchtgas betrieben werden, so ist nur ein anderes Mischventil mit
entsprechend engeren Gasschlitzen i
einzusetzen.
Beide Motoren sind mit Anlassvorrichtungen versehen, die ihrer Zuverlässigkeit
und einfachen Handhabung wegen das Interesse erregen. Durch eine kleine stehende
Gasluftpumpe wird Luft bis auf 6 bis 7 at in einen Behälter comprimirt, von
welchem eine Rohrleitung nach dem an der rechten Seite des Cylinderkopfes
angebrachten Anlassventil (Fig. 1) führt. Durch
Nocken und Doppelhebel wird dieses derart gesteuert, dass während des dem
Arbeitshube entsprechenden Vorgangs des Kolbens die Druckluft hinter denselben
tritt und die Maschine in Umdrehung versetzt. Vor dem Anlassen wird die Kurbel
etwas über den Explosionstodtpunkt hinausgedreht und der Gashahn geöffnet. Wird
jetzt auch das Absperrventil der Druckluftleitung geöffnet, so dass die Luft
überströmen kann, so setzt sich die Maschine in Bewegung. Nach Beendigung des
ersten Hubes ist nur noch der Anlasshebel durch seitliches Verschieben
auszurücken, sonst aber läuft die Maschine von selbst an, indem sie beim
Rückgang des Kolbens die Luft ausstösst, dann Gasgemisch ansaugt, comprimirt
u.s.w.
Textabbildung Bd. 301, S. 202
Fig. 3.Körting's Gasdynamo.
Ferner hat die Firma eine Gasdynamo, Klasse N, von 12 , mit Leuchtgas betrieben,
ausgestellt, deren Construction aus den Fig. 3
bis 6 hervorgeht.
Lagerbock und Cylindermantel sind wie bei allen Körting'schen Motoren zusammengegossen, der Arbeitscylinder a dagegen eingesetzt, so dass derselbe gegebenen
Falles ausgewechselt werden kann. Der Cylinderkopf b trägt das Ausströmventil c und das
gemeinschaftliche Ventilgehäuse d für das
Einströmventil e, Mischventil f und Zündventil g.
Zur Vermeidung eines besonderen Luftansaugetopfes wird die Luft durch Rohr h dem hohlgegossenen Lagerbock entnommen. Uebrigens
stimmt die Arbeitsweise dieses Motors genau mit den oben besprochenen überein,
so dass hier nicht näher darauf eingegangen zu werden braucht. Motoren der
Klasse N werden bis 30 ausgeführt und
können durch Auswechselung des Mischventiles auch mit Benzin betrieben werden.
Sie werden sowohl durch Aussetzen ganzer Ladungen als auch continuirlich
regulirt. Im ersten Fall geschieht dies durch Offenhalten des Ausströmventils,
im zweiten, wie es hier für Lichtbetrieb der Fall ist, durch eine
Präcisionssteuerung.
Textabbildung Bd. 301, S. 203
Körting's Gasdynamo Klasse N.
Die Anordnung derselben geht aus Fig. 7 der der
Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1895 S. 288, entnommenen Skizze hervor. Die mit einem geraden Nocken l versehene Regulirhülse m lässt sich axial auf der Steuer wellen verschieben, ist aber dabei
durch die in eine schraubenförmige Nuth o der
Steuerwelle eingreifende Feder p gezwungen, sich
relativ zur Welle zu drehen. Das durch Nocken l
bethätigte Einströmventil wird dadurch früher oder später geschlossen.
Zur Bewegung der Regulirhülse dient bei der T-Klasse
ein stehender Regulator, während derselbe q hier
direct auf die Steuerwelle gesetzt ist. Durch die in die Steuerwelle
eingelassene Zugstange r wird die Bewegung der
Regulatorhülse s direct auf die Regulirhülse m übertragen. Diese Regulirung arbeitet sehr
gleichmässig, doch ist sie nicht ohne Rückwirkung auf den Regulator.
Die Zündung hat eine wesentliche Verbesserung erfahren. Der Zündventilstift g (Fig. 6) besitzt einen
Verdränger, der bei geschlossenem Ventil den Innenraum des trichterförmigen
Porzellanglührohres i ganz ausfüllt. Da keine
Verbrennungsrückstände im Röhrchen zurückbleiben, so muss beim Oeffnen des
Zündventils das brennbare Gemisch die Glühzone sicher erreichen.
Für das Entfernen verbrauchten Oeles aus dem Cylinder ist ein Ablasshahn k vorgesehen.
Nach den officiell ausgeführten Bremsversuchen der letzten Jahre beträgt der
Leuchtgasverbrauch der kleineren Motoren 0,6 bis 0,7 cbm für 1 effect.
und Stunde und geht bei grösseren Motoren herunter bis auf 0,48 cbm. Dabei ist
der Gasverbrauch auf 0° Gastemperatur, 760 mm Barometerstand und 5000 W.-E.
Heizwerth für 1 cbm reducirt gedacht.
Textabbildung Bd. 301, S. 204
Fig. 7.Körting's Präcisionssteuerung.
Bei geringer Belastung geht der Gasverbrauch selbst bei den Motoren mit der
continuirlich regulirenden Präcisionssteuerung langsam in die Höhe und nimmt
beispielsweise für halbe Belastung nur um 21 bis 22 Proc. gegenüber voller
Maschinenleistung zu.
Die Kraftgasanlage.
Wie eingangs erwähnt, hat die Firma Gebr. Körting
eine eigene Kraftgasanlage aufgestellt, die das zum Betriebe ihrer Motoren
erforderliche Kraftgas zu liefern hat. Die Anlage, deren Anordnung in Fig. 8 schematisch dargestellt ist, hat unter
normalen Verhältnissen das Gas für 50 zu erzeugen, wurde aber zeitweise
bis auf 80 beansprucht.
Der im Dampfkessel D entwickelte und überhitzte
Wasserdampf strömt nach dem Dampfstrahlgebläse U
und bläst die zur Unterhaltung der Verbrennung erforderliche Luft unter den Rost
des Generators G. Demselben wird durch den
Einfülltrichter E das Brennmaterial zugeführt. Zwei
luftdicht abschliessende, konische Verschlüsse verhindern, dass dabei
übelriechende Gase entweichen können. Als Brennmaterial wird von der Firma
englischer Anthracit oder Gaskoks der einfacheren Gasreinigung wegen empfohlen.
Rippenrohre V und C
leiten das Gas nach den halb mit Wasser gefüllten Waschern w1, w2 und w3. Dreimal wird
das Gas durch Rohre geführt, die unter Wasser münden, um so eine gründliche
Reinigung zu erzielen. Bei unreiner Kohle wird noch ein Sägespähnereiniger
eingeschaltet. Den Waschern wird ständig frisches Wasser zugeführt, das zuerst
in den Wascher w3
gelangt und dann von dort nach w2 und w1 überfliesst. Durch diesen Gegenstrom wird
erzielt, dass das reinste Gas zuletzt mit dem reinsten Wasser in Berührung
kommt. Der Gasbehälter B, welcher im vorliegenden
Fall nur 15 cbm Inhalt besitzt, hat mehr den Zweck, den Gasdruck zu reguliren,
als einen Vorrath von Gas aufzuspeichern.
Das Rippenrohr V ist von einem Blechmantel umgeben,
durch welchen das Dampfstrahlgebläse die Generatorluft ansaugt. Es wird dadurch
sowohl eine Abkühlung des Generatorgases als auch eine Vorwärmung der
Verbrennungsluft erzielt, wodurch ein Theil der sonst verlorenen Wärme
wieder gewonnen wird. Der Generator arbeitete vollständig geruchlos, so dass der
Ausstellungsbesucher nicht die Empfindung hatte, sich in unmittelbarer Nähe
einer Gasanstalt zu befinden.
Das erzeugte Gas hat durchschnittlich dem Volumen nach folgende
Zusammensetzung:
Wasserstoff
18
Proc.
Kohlenoxyd
26
„
Kohlenwasserstoff
2
„
Kohlensäure
7
„
Stickstoff
47
„
1 cbm des Gases liefert im Mittel 1350 W.-E.
Nach Angaben der Firma beträgt die Ausbeute des Brennwerthes des verarbeiteten
Brennstoffes 80 bis 82 Proc. Bei Gasmotorenbetrieb stellt sich der Verbrauch an
Anthracit auf 0,7 bis 0,8 k für 1 eff. und Stunde und sinkt bei
grösseren Motoren herab auf 0,5 k.
Bei Gaskoks beträgt der Verbrauch 0,7 bis 1 k je nach der Grösse der Motoren und
Beschaffenheit des Koks.
Gasmaschinen der Gasmotorenfabrik Deutz in
Cöln-Deutz.
Es sind ausgestellt:
ein Otto'scher neuer Motor
liegender Anordnung Modell G-4 von 60 zum Betriebe einer Dynamo der Maschinenfabrik Esslingen in Esslingen,
ein Otto'scher neuer Motor
stehender Anordnung Modell H-2 von 6 , direct gekuppelt mit einer Dynamo
der Elektricitäts-Actiengesellschaft vormals Schuckert
und Co. in Nürnberg,
ein Otto'scher neuer Motor
liegender Anordnung Modell K-2 von 6 ,
ein Otto'scher neuer Motor
liegender Anordnung Modell E-3 von 4 .
Textabbildung Bd. 301, S. 204
Fig. 8.Kraftgasanlage von Gebr. Körting.
Die Arbeitsweise und das Ladeverfahren der Deutzer Motoren haben keine Aenderung
erfahren, doch zeigen die ausgestellten neuen Modelle, dass die Firma stets
bemüht ist, ihre Motoren nach Möglichkeit zu vervollkommnen. Bei den liegenden
Motoren werden die Einströmventile, die zu gleicher Zeit Mischventile sind,
gesteuert und während des ganzen Langhubes offen gehalten. Die Regulirung
erfolgt in bekannter Weise bei den Motoren für Gewerbebetrieb durch Auslassen
von Ladungen, bei Lichtbetrieb durch Verringerung des Gasreichthums.
Die bei den Ausstellungsmaschinen angewandte elektrische Zündung wird durch einen
kräftigen magnet-elektrischen Inductionsapparat bewirkt. Uebrigens werden die
Motoren auch mit Glührohrzündung ausgeführt. Bei dem stehenden Motor H-2 ist an
die Stelle der früheren Excentersteuerung eine kurze wagerechte Steuerwelle
getreten. Die Zündung, die bei diesem Motor durch Glührohr erfolgt, ist ebenso
wie das Einströmventil ungesteuert, die Regulirung ähnlich wie bei den liegenden
Motoren gesteuert. Trotz ihrer 330 Umdrehungen in der Minute lief die Maschine
sehr ruhig.
Textabbildung Bd. 301, S. 205
Fig. 9.Gasmaschine der Gasmotorenfabrik Deutz.
Das für Grössen von 25 bis 120 als Eincylindermaschine ausgeführte
G-4-Modell (Fig. 9) zeigt neue Construction. Die
Kurbellager sind weiter aus einander gerückt worden, wodurch ein Aussenlager
entbehrlich ist; die Steuerwelle ist tief gelegt und hat Schraubenradantrieb
bekommen. Das Einströmventil sitzt oben, das Ausströmventil unten am
Cylinderkopf, wodurch die frühere leichte Zugänglichkeit dieser Ventile etwas
beeinträchtigt sein dürfte. An der Stirnseite des Cylinderkopfes ist die
elektrische oder Glührohrzündung angebracht. Letztere wird durch ein patentirtes
Doppelsitzventil gesteuert, das kurz vor der Zündung die Verbrennungsrückstände
aus dem Zündkanal entweichen lässt.
Der Motor war mit einer Anlassvorrichtung versehen, bestehend in einer Handpumpe,
welche ein Gemenge aus Gas und Luft in den Cylinder comprimiren kann. Der Kolben
wird etwas über den Explosionstodtpunkt eingestellt und das Schwungrad durch ein
federndes Klemmgesperre mit einer bestimmten Kraft festgehalten. Die Feder des
Funkeninductors ist durch einen Hebel zu spannen, der bei geringstem
Vorwärtsgang der Maschine den Inductor abschnappen lässt. Nach etwa 25 Hüben der
Gemischpumpe ist der Druck auf den Kolben so gross geworden, dass sich die
Maschine unter Ueberwindung des Klemmgesperres in Bewegung setzt. Sofort wird
der Funkeninductor ausgelöst, es erfolgt eine Explosion und die Maschine läuft
von selbst weiter.
Durch Bremsversuch, ausgeführt von Prof. K.
Teichmann in Stuttgart, hat sich bei diesem Motor für die
Maximalbelastung von 70,5 ein Gasverbrauch von 0,475 cbm für 1 Stunde
und Brems-, bezogen auf 0° und 760 mm Barometerstand, herausgestellt.
Der Heizwerth des Gases betrug dabei 5410 W.-E. für 1 cbm. Nach weiteren
vorliegenden officiellen Untersuchungen ist selbst bei einem Motor von 4
ein Gasverbrauch von 0,55 cbm erzielt worden, bezogen auf 5000 W.-E.,
0° Gastemperatur und 760 mm Barometerstand.
Gasmaschine der Berlin-Anhaltischen
Maschinenbau-Actien-Gesellschaft Dessau.
Die Firma hatte einen „neuesten Dessauer Gasmotor“ Modell H-3 von 12
, mit Leuchtgas betrieben, ausgestellt, der in den Fig. 10 bis 13 wiedergegeben ist
und verschiedene Verbesserungen aufweist. Da die Maschine aus dem Otto'schen Motor entstanden ist, darf ihre
Arbeitsweise als bekannt vorausgesetzt werden. Sie besitzt 240 mm
Cylinderdurchmesser, 350 mm Hub und leistet bei 200 minutlichen Umdrehungen
maximal 15,8 .
Das gesetzlich geschützte Einströmventil a ist
zwangläufig gesteuert und dient zu gleicher Zeit als Mischventil, in welches
dicht unter dem Ventilteller der Gaskanal b als
schmaler ringförmiger Schlitz c mündet. Luft und
Gasstrom durchdringen sich gegenseitig, wodurch eine innige Mischung erzielt
wird, was nicht unwesentlich zu dem geringen Gasverbrauch dieser Maschine
beitragen mag. Direct am Einströmventil ist das Gasregulirventil d angebracht, das in bekannter Weise durch den
Schwungkugelregulator e mit Regulirnocken f und Gestänge gg
beeinflusst wird. In Folge schräger Lage des Regulirnockens arbeitet die
Maschine, weil für Lichtbetrieb, mit veränderlichen Gasladungen. Die Zündung
erfolgt durch Porzellanglührohr h, das durch
Schrauben angepresst und von unten durch einen Bunsen-Brenner i in Hellrothglut versetzt wird. Der ganze
Zündapparat befindet sich an der Stirnfläche des Cylinderkopfes, während das
durch den Zündnocken k und Hebel l gesteuerte Zündventil m an der rechten Maschinenseite angebracht ist und durch seinen
Ventilstift n die Zündbohrung o öffnet und schliesst. Das einströmende Gemenge
wird bis zur Mündung der Zündbohrung alle Rückstände entfernen, wodurch sichere
Zündungen erzielt werden.
Neu und beachtenswerth ist die Verwendung des Dessauer Sparlagers (D. R. G. M.
Nr. 36494) für alle Kurbel- und Steuerwellenlager. Die Construction geht aus
Fig. 10 und
12 hervor und
zeigt ein Ringschmierlager mit Oelkammer. Damit nun das von den Ringen
hochgehobene Oel nicht durch die Lagerfugen nach aussen gelangen kann, ist die
obere Lagerhälfte mit Abtropfkanten versehen und zeigte die ausgestellte
Maschine vollständiges Trockenbleiben der Aussenseiten der Lager. Oeler sind
daher nicht vorhanden, sondern es ist nur die Oelfüllung nach mehrmonatlichem
Betriebe zu erneuern, wodurch der Oelverbrauch auf Aeusserste beschränkt wird.
Die Anordnung ist für Gasmotoren gesetzlich geschützt. Die Kühlwasserführung hat
auch eine Aenderung erfahren, indem das Wasser ganz vorn am Cylinder zu- und am
Cylinderkopf abfliesst. Es wird dadurch eine gute Kühlung des Cylinders, was für
die Schmierung des Kolbens erforderlich ist, erreicht, ohne dass das Wasser mit
zu niedriger Temperatur abzieht und der Cylinderkopf zu kalt gehalten werden
braucht.
Textabbildung Bd. 301, S. 206
Gasmaschine der Berlin-Anhaltischen
Maschinenbau-Actien-Gesellschaft.
Die Maschine hat eine Gleichstromdynamo von O. L.
Kummer in Dresden zum Zweck directer Beleuchtung zu betreiben und
erzielte vollständig ruhiges Licht. Der gleichmässige Gang wurde durch zwei
schwere, fliegend angeordnete Schwungräder bewirkt, die ohne Anwendung von
Aussenlagern ruhig liefen.
In Fig. 14 ist das Diagramm wiedergegeben, welches
einer Maximalleistung der Maschine von 15,8 entspricht und die
Arbeitsweise erkennen lässt.
Textabbildung Bd. 301, S. 206
Fig. 14.Diagramm einer Gasmaschine.
Nach Versuchen, die mit diesem Motor kurz vor der Ausstellung von Privatdocent
E. Meyer in Zürich angestellt wurden, hat sich
folgendes Resultat ergeben:
Effective Leistung
15,8
14,9
10,0
Gasverbrauch, umgerechnet auf 0° 760 mm Bst. 5000
W.-E. für die effective und Stunde
0,506
0,507
0,643
cbm
Kühlwasser für die und Stunde
14,3
15,4
27,2
l
Bei grösseren Motoren geht der Gasverbrauch nach Angaben der Firma herunter bis
auf 0,485 cbm und beträgt bei den kleinsten Motoren nicht über 0,65 cbm.
Die Erdöl-, Benzin- und Gasmaschinen der
Daimler-Motoren-Gesellschaft in Cannstatt. Die Firma zeigte die
vielseitige Verwendbarkeit ihrer leichten, wesentlich verbesserten Motoren für
mobile und stationäre Anlagen durch die Ausstellung folgender Objecte: eines
Daimler-Motorboots, eines Daimler-Motorwagens, eines Benzin-Zwillingsmotors von
10 , direct mit einer Dynamomaschine gekuppelt, eines Erdölmotors von 1
, eines Gasmotors von 1 .
Sämmtliche Maschinen haben stehende Bauart mit obenliegendem Cylinder.
Das Motorboot hat eine Länge von 6 m und eine Breite
von 1,4 m. Betrieben wird es durch einen Zwillings-Benzinmotor, der bei 600
minutlichen Umdrehungen 2 leistet und dem Boot eine Geschwindigkeit von
12 km in der Stunde ertheilt. In den Fig. 15 und 16 ist die kleine
Schiffsmaschine im Quer- und Längsschnitt dargestellt.
Die Construction der Daimler-Motoren dürfte hinlänglich bekannt sein, dagegen ist
neu und interessant die Anordnung des Benzin- oder Erdölbehälters und die Art
und Weise, wie der Brennstoff zur Maschine gefördert wird.
Der für 10 bis 12 Stunden Fahrzeit ausreichende Benzinbehälter befindet sich
unter dem Sitz des Steuermanns.Es war
dem Verfasser leider nur möglich, eine Maschinenzeichnung zu bekommen,
bei welcher der Benzinapparat A noch neben
den Cylindern angeordnet war, welche Construction kürzlich von der Firma
verlassen worden ist.
Textabbildung Bd. 301, S. 207
Daimler's Schiffsmotor.
Die Hebung des Benzins nach dem Ansaugeventil der Maschine wird durch einen
besonderen in Fig.
17 und 18
schematisch dargestellten Druckapparat (D. R. G. M. Nr. 27525) bewirkt. A ist das Auspuffventil des Motors, B die Auspuffleitung, C eine Düse, welche entweder, wie in Fig. 17 gezeichnet,
dem Strom der auspuffenden Gase gegenüber gestellt ist, oder auch, wie in Fig. 18, in
denselben hineinragen kann. Durch die lebendige Kraft der mit grosser
Geschwindigkeit ausströmenden Gase gelangt ein kleiner Theil der letzteren unter
Anheben des Rückschlagventils F durch die
Rohrleitung E nach dem Benzinbehälter D und erzeugt über dem Flüssigkeitsspiegel einen
gewissen Ueberdruck. Ein Sicherheitsventil G, das
durch Feder und Schraube genau eingestellt werden kann, lässt bei etwa ½ at
Ueberdruck Gase entweichen, so dass derselbe constant auf dieser Höhe erhalten
bleibt. Am Ende der Rohrleitung E, bevor sie in den
Benzinbehälter D einmündet, ist ein Gefäss H angebracht, welches sowohl als Windkessel als
auch als Abscheider für Wasser und Schmutz dient. Durch Hahn i wird letzteres abgelassen und der Behälter
entlüftet. Im Gefäss H befindet sich ein
durchbrochenes Rohr K, welches mit mehreren Lagen
Metalltuch umwickelt ist und so als Sicherheitsnetz gegen Durchschlagen von
Feuer in den Behälter wirkt. Durch Rohr L wird das
Benzin, nachdem es noch einen Wasserabscheider und Filter passirt hat, der
Maschine zugeführt. Zunächst gelangt es nach einem kleinen in der Höhe des
Ansaugeventils angebrachten Gefässe, in welchem durch Schwimmer und
Reducirventil das Benzin wieder unter Atmosphärendruck kommt und constant auf
dem Niveau der in den Luftansaugekanal mündenden Benzindüse gehalten wird. Beim
Ansaugehub wird nun das Benzin selbsthätig angesaugt, gelangt, von der
eintretenden Luft mitgerissen, in das gemeinschaftliche Gehäuse für
Auspuff- und Einströmventil, wo es durch die Maschinenwärme vollends verdampft
wird. Durch diese Art der Gemischbildung in der Maschine selbst, und nicht, wie
es sonst bei Benzinmaschinen geschieht, in einem besonderen Apparat, ist
jegliche Feuers- und Explosionsgefahr beseitigt. Für das Anlassen des Motors
wird der im Benzinbehälter erforderliche Druck durch eine kleine Handpumpe
erzeugt. Die Zündung erfolgt durch eine ungesteuerte Glührohrzündung. Der
Sicherheit und Dauerhaftigkeit wegen ist das Glührohr aus Platin; geheizt wird
es von einer aus der Benzindruckleitung gespeisten Lampe L.
Textabbildung Bd. 301, S. 207
Vorrichtung zur Hebung des Benzins.
Das einzigste gesteuerte Organ ist das Auspuffventil. Durch Offenhalten desselben
wird regulirt, indem dann statt brennbaren Gasgemisches die
Verbrennungsproducte zurückgesaugt werden und dadurch Explosionen
ausbleiben.
Bei voller Fahrt des Bootes wird nicht regulirt. Soll dagegen mit geringerer
Geschwindigkeit gefahren werden, so wird die Federspannung des
Schwungkugelregulators derart verändert, dass derselbe durch Vorschieben einer
Klinke das Auspuffventil offen hält.
Die Maschine arbeitet stets in derselben Umdrehungsrichtung und wird durch eine
Schwungscheibe S (Fig. 16) in gleich
massiger Bewegung erhalten. Für Vorwärtsgang des Bootes wird durch Handhebel K die Reibungskuppelung C zwischen Motor und Schrauben welle geschlossen. Ein weiteres
Anpressen ist nicht erforderlich, da der axiale Druck der Schiffsschraube
genügt, um ein Lösen der Kuppelung zu verhindern. Durch Zurücklegen des Hebels
K werden die beiden Reibungsscheiben R an T und S angepresst, wodurch umgekehrte Drehrichtung der
Schraube erfolgt. Zum Schütze der Maschine ist dieselbe von einem Gehäuse
umgeben, das bei seiner geringen Dimension weder störend für das Auge noch
hinderlich für den Verkehr auf dem Boote ist.
Textabbildung Bd. 301, S. 208
Fig. 19.Daimler's eincylindriger Motor.
Durch Einfachheit und ruhigen Gang erregte insbesondere der stationäre eincylindrige Motor (Fig. 19) Modell N Interesse. Als Betriebsmittel
diente gewöhnliches Lampenerdöl, das genau in der oben beschriebenen Weise aus
einem tiefliegenden Behälter der Maschine und den Brennern zugeführt wurde. Die
Regulirung erfolgt ebenfalls durch Offenhalten des Auspuffventils. Neu ist die
Verwendung des Schwungrads zur Kühlung des Cylinderkühlwassers (D. R. P. Nr.
70260). Von einem in der Nähe der Maschine angebrachten kleinen
Wasserbehälter fliesst das Kühlwasser in die hohle Schwungradscheibe und macht
die Kreisbewegung mit. In Folge des hierbei herrschenden Luftzuges in Verbindung
mit der grossen Verdampfungsoberfläche des Wassers kühlt sich dasselbe kräftig
ab. Eine als Schöpfrohr ausgebildete, scharfkantige Düse fängt das Wasser ohne
zu spritzen auf.
Durch die grosse Wassergeschwindigkeit wird eine derartige Druckhöhe gewonnen,
dass das Wasser in den Kühlraum des Cylinders gehoben wird und in den
Wasserbehälter zurückfliessen kann. Die Schwungradkühlung ergibt etwa 15°
Temperaturdifferenz und verbraucht nur 2 bis 3 l Wasser für 1 Stunde und
Die Bauart der Maschine ist sehr gedrungen. Das Kurbelgehäuse ist
vollständig geschlossen, so dass übelriechende Gase nach aussen nicht entweichen
können. Auch die Glührohrerdölbrenner (D. R. G. M. Nr. 38827) sind bezüglich der
Geruchlosigkeit auf das sorgfältigste ausprobirt. Der ausgestellte Motor leistet
bei 540 Umdrehungen 2,64 . Dabei beträgt der Erdölverbrauch incl.
Brenner nach Angabe der Firma nur 0,35 k für 1 Stunde und . Der Brenner
allein braucht stündlich 56 g.
Der viersitzige Motorwagen hat eine stehende
Benzin-Zwillingsmaschine derselben Construction, deren Gewicht 100 k beträgt.
Bei 720 Umdrehungen leistet die Maschine 3,7 und ertheilt dem Wagen
eine Geschwindigkeit von 28 km/Std. Die Kühlung ist ebenfalls durch das
Schwungrad bewirkt.