Titel: | Ueber Walzen und Walzwerke. |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 273 |
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Ueber Walzen und Walzwerke.
(Schluss des Berichtes S. 248 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber Walzen und Walzwerke.
Walzen verschiedener Anordnung und verschiedener
Systeme.
Ein Verfahren nebst zugehöriger Walzwerkseinrichtung zur Herstellung von endlosem
Walzgut ist Otto Klatte in Neuwied durch D. R. P. Nr.
81290 vom 26. October 1894 geschützt. Ein geschlossener Ring a (Fig. 42 und 43) wird zwischen zwei Walzen zu einem Bande von dem beabsichtigten
Querschnitt ausgewalzt, dann durchgeschnitten und von den Walzen abgenommen. Die
Verkleinerung des Kalibers erfolgt durch Näherung der Walzen. Zur Unterstützung des
Werkringes dient ein schräger Tisch e und bei grösseren
Längen und kleineren Profilen auch noch eine Spannwalze f. Das Kaliber wird von einem Bund g (Fig. 44 und 45) der Oberwalze und
zwei Ringen hi der Unterwalze gebildet. Hierbei ist i mit der Unterwalze fest verbunden, während h gegen den Druck von Federn nach links sich
verschieben kann. Es kann demnach der Bund g der
Oberwalze vollständig zwischen die Ringe hi
eintreten.
Textabbildung Bd. 301, S. 273
Fig. 42.Walzwerk von Klatte.
Fig. 46 und 47 zeigen die Anordnung
des Gerüstes dieses Walzwerkes. Die obere Walze wird durch Stellvorrichtungen p und q gleichmässig
angestellt. Das Auflager der unteren Walze kann ohne Schwierigkeit gesenkt werden,
so dass der auszuwalzende Ring durch die Aussparung im Ständer über die untere Walze
eingeschoben werden kann. Als Mittel zum Anpressen wird Presswasser benutzt. Fig. 48 zeigt eine Anordnung, bei der die Walzen je
als Kopfwalzen construirt sind.
Textabbildung Bd. 301, S. 273
Fig. 43.Walzwerk von Klatte.
Bei Triowalzen wird der Werkring a (Fig. 49) um die
Mittelwalze gelegt und nun von den sich dieser nähernden Ober- und Unterwalze derart
bearbeitet, dass eine Streckung nach beiden Seiten eintritt, welcher durch Anordnung
von Spannrollen f auf jeder Seite des Walzwerks
Rechnung getragen wird. Beim letzten Durchgang wird die obere Walze gelichtet, so
dass nur mittlere und untere Walze zusammen Walzwerk von Klatte. arbeiten.
Textabbildung Bd. 301, S. 273
Walzwerk von Klatte.
Eine andere Anordnung ist in Fig. 50 dargestellt, die in ihrer Wirkung einem Universal walz werk
ähnlich arbeitet, die Wirkung wird durch die eingezeichneten Pfeile angedeutet.
Diese Anordnung soll sich für Quadrateisen besonders eignen.
Durch das D. R. P. Nr. 73918 vom 7. März 1893 ist Gouvy und
Co. in Oberhomburg ein Verfahren nebst Vorrichtung geschützt,
plattenartige, ungleich dicke Körper zu walzen. Auf der zwischen die Walzen ab (Fig. 51)
hindurchgeführten Platte c liegt um den Zapfen i drehbar dieMatrize e, auf welche
das glühende Werkstück gelegt wird. Dieses wird dann mit der Matrize e und der Platte c
zwischen den Walzen ab hin und her gewalzt, wobei die
Matrize e um den Zapfen i
gedreht wird, um eine Streckung des Werkstücks nach allen Seiten zu bewirken.
Textabbildung Bd. 301, S. 274
Walzwerk von Klatte.
Bemerkenswerth wegen seiner raschen Wirkungsweise ist das Walzwerk (Fig. 52 und 53) zur Anfertigung von
Blechen, Band-, Façoneisen u. dgl. (D. R. P. Nr. 77931 vom 25. Februar 1894),
ertheilt an Paul Hesse in Iserlohn.
Das Werkstück geht in einem einzigen Stich durch mehrere in einer Kreislinie liegende
Kaliber, die je durch zwei Walzen gebildet werden. Die inneren, d.h. Arbeitswalzen
haben in der Bewegungsrichtung des Werkstückes steigende Durchmesser, um der
Streckung des Werkstückes Rechnung zu tragen.
Eine ähnliche Einrichtung zeigt das Walzwerk von Julius
Raffloer in Iserlohn (D. R. P. Nr. 85580 vom 10. März 1895) zum Walzen von
plattenartigen unsymmetrischen Körpern in Matrizen.
Um die Walze a (Fig. 54)
herum sind im Kreise kleinere Walzen b derart
angeordnet, dass ihr Abstand von a im Sinne der Drehung
stetig abnimmt. Zwischen den kleinen Walzen b sind
Führungsstücke c angeordnet, so dass das bei d eingeführte Walzgut mitgenommen und von der
auswechselbaren Matrize e bearbeitet wird.
Textabbildung Bd. 301, S. 274
Fig. 48.Walzwerk von Klatte.
Durch D. R. P. Nr. 86162 vom 9. November 1892 ist Reinhard
Mannesmann in Remscheid-Bliedinghausen ein Verfahren nebst Vorrichtung
für schrittweises Walzen geschützt.
Die pilgerschrittförmige Relativbewegung der Arbeitsflächen der Walzen gegen das
Werkstück wird zum Theil durch Verschiebung der Walzen bewirkt, wobei das Werkstück
stillstehen oder sich bewegen kann. Nach Fig. 55 und 56 ruht das Walzengerüst
a auf einem Schlitten b und wird von der Kurbel e hin und her
geschoben. Hierbei rollen auf den Walzen befestigte Zahnräder i an feststehenden Zahnstangen o, so dass bei der Verschiebung des Gerüstes a die Walzen sich drehen.
Textabbildung Bd. 301, S. 274
Triowalzen.
Textabbildung Bd. 301, S. 274
Fig. 51.Walzverfahren von Gouvy und Co.
Die Vorrichtung ist in der Patentschrift in zahlreichen Abarten dargestellt und
eingehend erläutert.
Roesky's Röhrenwalzverfahren scheint (nach Metallarbeiter) berufen, dem Mannesmann-Verfahren
Concurrenz zu machen. Dass die Mannesmann-Röhren an Güte nichts zu wünschen übrig
lassen, ist eine nicht bestreitbare Thatsache. Das Material wird bei der Bearbeitung
bis in das Innerste umgearbeitet und seine Fasern werden von dem vollen Block zu einem Rohr
gewunden, so dass die Bearbeitung an sich nicht nur das beste Material voraussetzt,
sondern auch für dieses die schärfste Prüfung ist. Der geringste Fehler im
Eisenblock wird aber Ausschuss veranlassen, weil die Bearbeitung derart ist, dass
Fehler nicht beseitigt werden, sich vielmehr erhöhen.
Bei dem neuen Verfahren von Ed. Roesky in Frankfurt a.
M. werden auch schräggestellte Walzen benutzt, aber nicht diese werden angetrieben,
sondern der Dorn, der durch die Rohre hindurchgeht. Die Walzen dienen nur dazu, ein
vorher hergestelltes Rohr weiter zu bearbeiten. Der auszuwalzende Hohlkörper wird
vor dem Walzen über einem Dorn ausgeschmiedet, bis er die zum Walzen geeigneten
Abmessungen hat. Das Wesentliche des dann folgenden Arbeitsvorganges besteht darin,
dass im Innern des Rohrs in Folge des Andrucks der äusseren Walzen, wie die
Abbildungen zeigen werden, eine grössere Reibung entsteht als aussen; dadurch wird
das Material in schraubenförmigen Windungen um den Dorn herumgezogen bezieh. gewalzt
und hierdurch ergeben sich ähnliche hervorragende Eigenschaften der Röhren wie beim
Mannesmann-Verfahren, ohne dass auch nur entfernt so viel Ausschuss zu befürchten
ist.
Textabbildung Bd. 301, S. 275
Walzwerk von Hesse.
Wie wir erfahren, hat die Frankfurter Metallgesellschaft
die Ausbeutung des neuen Verfahrens übernommen.
Das Verfahren besteht darin, dass die Röhren zwischen Walzen eingeführt werden, deren
Achsen zur Achse des Werkstückes derart geschränkt liegen, dass, wenn auf das Rohr
eine Drehung übertragen wird, diese auch eine Drehung der Walzen mit der Wirkung
herbeiführt, dass das Rohr zwischen den Walzen sich hindurchwindet und in
Schraubenwindungen ausgewalzt wird. Das Verfahren lässt sich in verschiedener Art
ausführen.
Textabbildung Bd. 301, S. 275
Fig. 54.Walzwerk von Raffloer.
Bei der in Fig. 57 und
58 dargestellten,
allerdings etwas untechnischen Darstellung sind vier Walzen vorhanden, die paarweise
zusammengehören. Zur Ausübung des Verfahrens wird das über einen Dorn a geschobene Rohr b
zwischen die Walzen g eingeführt und durch Drehen des
Dornes a in Drehung versetzt. Durch die Reibung
zwischen der inneren Rohrfläche und dem Dorn a wird
eine Drehung der Walzenpaare vermittelt, wobei sich das Rohr zwischen den Walzen
hindurchwindet und in Schraubenwindungen ausgewalzt wird. Die beiden Walzen sind
hier cylindrisch. Um das Hindurch winden der Rohre zu ermöglichen, müssen die Achsen
der Walzen g im oberen Paar nach entgegengesetzter
Richtung geschränkt liegen als im unteren Paare. Es lassen sich auch kegelförmige
Walzen, wie aus Fig. 59
erkennbar, benutzen, oder ein unteres Walzenpaar mit einer oberen Einzelwalze, wie
Fig. 60 und 61 zeigen. Fig. 62 und 63 veranschaulichen ein
Walzwerk mit zwei Paaren Walzenkegeln. Die beiden Walzenstühle c sind im Ständer um Zapfen d drehbar, die in eine senkrechte Linie x-x
fallen, welche zur Achse y-y des Werkstückes in einem
rechten Winkel steht.
Textabbildung Bd. 301, S. 275
Vorrichtung für schrittweises Walzen von Mannesmann.
Die Durchführung des Dornes mit dem Rohr durch die Walzen kann in mehrfacher Weise
bewirkt werden; entweder ordnet man den Walzen Ständer fest an und sorgt dafür, dass
sich der Dorn während der Drehung in der Richtung seiner Längsachse verschieben
kann; oder aber der Dorn wird gegen Verschiebung in der Längsachse gehindert und der
ganze Walzenständer auf Rollen e angeordnet, welche auf
Schienen laufen, so dass in Folge der Drehung der verschränkten Walzen der Ständer sich in
der Richtung der Längsachse des Dornes bewegen kann.
Die beiden Walzenstühle c mit den Walzenpaaren sind an
Supporten s angebracht, welche mittels Zahnrädern f und
Schraubenspindeln i einander genähert oder von einander
entfernt werden können. Diese Einrichtung hat den Zweck, die Walzenpaare derart
gegen das Rohr zu pressen, dass dieses sich fest an den Dorn a legt und in Folge der vergrösserten Reibung die Walzen in gleicher
Richtung in Drehung versetzt werden. Je nachdem man dem Dorn eine Rechts- oder
Linksdrehung mittheilt, wird das Werkstück bezieh. der Walzenständer sich vorwärts
oder rückwärts bewegen. Um die um die Zapfen d
drehbaren Walzenstühle c in jeder beliebigen Stellung
festhalten zu können, sind in denselben zu den Zapfen d
concentrische Schlitze angebracht, durch welche Klemmschrauben c1 zum Feststellen der
Stühle hindurchreichen (Fig.
63). Das Reversiren des Werkstückes kann in der Weise bewirkt werden, dass
man den Dorn a durch ein Reversirvorgelege antreibt und
mittels desselben die Umdrehungsrichtung ändert. Es kann aber auch der Dorn stets in
derselben Richtung gedreht werden, während das Reversiren des Werkstückes durch
Umstellung der Walzen vor sich geht.
Textabbildung Bd. 301, S. 276
Roesky's Röhrenwalzverfahren.
Auf einem eigenthümlichen Verfahren beruht das Auswalzen von Metallkörpern mittels
Kugeln von Eugen Polte in Magdeburg-Sudenburg (D. R. P.
Nr. 72281 vom 17. September 1892) nach Metallarbeiter.
Die Kugeln dienen als Druckorgane, und die bekannten Ziehverfahren zwischen Dorn und
Matrize sind ersetzt durch allmählich über das Werkstück fortschreitende
Walzvorgänge.
Die zur Durchführung des Verfahrens nöthigen Vorrichtungen bestehen nach Fig. 64 beispielsweise in zwei gleichachsig
eingestellten Spindeln, welche in den zugehörigen Lagerungen entweder beiderseitig
drehbar und längs verschiebbar gelagert (mittels Riemen und Schraube u.s.w.) oder
nur für je eine dieser Bewegungen bestimmt sind. Eine der Spindeln trägt einen Ring,
den Kugelhalter, worin eine ringförmige Ausdrehung zur Aufnahme einer Anzahl Kugeln
vorhanden ist. Die Kugeln laufen entweder frei in dem Ringfutter oder sind darin
durch einen Einsatzring in gegenseitiger gleicher Entfernung geführt.
Der Arbeitsvorgang bei der Bildung von Hohlcylindern aus runden Platten entwickelt
sich derartig, dass gegen die Werkplatte unter Drehung des Kugelfutters ein Dorn
entweder geradlinig fortschreitend oder zugleich in entgegengesetztem Sinne zu dem
Ringfutter bezieh. langsamer als dasselbe drehend mittels einer Schraube geführt
wird. Transport und Drehbewegung können auch in dem Ringfutter vereinigt werden,
wenn der Dorn ruhen soll. Das Werkstück geht hierdurch unter Annahme der in schwarz
gezeichneten Uebergangsform in den punktirt gezeichneten Hohlcylinder über. Soll der
Rand dieser Uebergangsform ausgestreckt werden, so erhält der Dorn eine
dementsprechende konoidische Form. Eine etwa gewünschte Verlängerung des
erstentstandenen Hohlcylinders geschieht nach demselben Verfahren durch Wiederholung
des ersten Vorganges in verengertem Ringfutter.
Textabbildung Bd. 301, S. 276
Fig. 64.Auswalzen von Metallkörpern von Polte.
Die Bildung von Wülsten an der Bodenkante der Cylinder lässt sich durch umgekehrte
Anwendung des ersten Verfahrens unter Zuhilfenahme eines in den Hohlcylinder
eingesetzten Dornes bewerkstelligen, welcher unter Druck gegen den ersten Dorn
sämmtlichen Bewegungen desselben folgt.
Die Bildung von Rändern, sowie das Ausstrecken und Profiliren von Platten
geschieht durch ähnliche Vorrichtungen, wobei aber an die Stelle des Dornes eine
gehärtete Platte mit ebener oder profilirter Stirnfläche tritt.