Titel: | Verwendung der Elektricität auf Schiffen. |
Fundstelle: | Band 301, Jahrgang 1896, S. 282 |
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Verwendung der Elektricität auf
Schiffen.
Verwendung der Elektricität auf Schiffen.
In der Sitzung der „Institution of Naval-Architects“ zu Berlin am 13. Juni
1896 hielt der kaiserl. Marinemaschinenbauinspector Eickenrodt einen Vortrag, aus dem wir nach Glaser's Annetten Nachstehendes auszüglich
wiedergeben.
Abgesehen von einzelnen Fällen untergeordneter Bedeutung hat die Elektricität erst in
letzter Zeit eine umfangreichere Verwendung an Bord von Schiffen gefunden.
Vom Standpunkt des Schiffsbautechnikers aus handelt es sich um die Frage, ob der
Elektricität besondere Vorzüge gegenüber der bisher allgemein zur Verwendung
gelangenden Dampf kraft zugestanden werden kann. Diese Frage muss für viele Fälle
unbedingt mit „ja“ beantwortet werden, schon aus dem Grunde, weil eine
Dampfleitung eine lästige Erwärmung der Räume hervorbringt und leicht Havarien
veranlasst. Die Undichtigkeit eines einzigen Flansches kann den Aufenthalt selbst in
grösseren Räumen schon zu einer Unzuträglichkeit gestalten. Diese Uebelstände werden
vermieden, wenn die Kraftübertragung nach den verschiedenen Gebrauchsstellen durch
einen Draht erfolgt, der bei richtiger Dimensionirung und Isolirung keine Wirkung
nach aussen hat.
Während eine Dampfmaschine an jedem Ort im Schiffe unangenehm ist, ist der
elektrische Motor sehr einfach zu bedienen und ist reinlicher als eine
Dampfmaschine.
Der Vortragende entwarf alsdann die Beleuchtungs-, Ventilations- und Heizungsanlagen,
die Schiffswinden, die Munitionsaufzüge, die Geschützschwenkwerke und die
Steuerapparate einer besonderen Betrachtung.
a) Beleuchtungsanlagen.
Die Vortheile der elektrischen Beleuchtung sind heute für Schiffe so allgemein
anerkannt, dass selbst auf kleinen Frachtdampfern mit einer geringen Anzahl von
Lampen eine kleine Dynamomaschine für Beleuchtungszwecke installirt wird. Das
zuverlässige Functioniren der elektrischen Beleuchtung ist bei den heute in Gebrauch
befindlichen Dynamomaschinen vollständig gesichert, und ist jegliche Feuersgefahr
ausgeschlossen, wenn die Anlage sachgemäss ausgeführt ist. Die elektrischen
Beleuchtungsanlagen zählen zu den sanitären Schiffseinrichtungen, und werden wir bei
der Erwähnung derselben zu der Frage gedrängt, ob in dieser Beziehung noch weitere
Verbesserungen durch die Anwendung der Elektricität erzielt werden können. In
Beantwortung dieser Frage kommen gleichfalls die Ventilations- und Heizanlagen in
Betracht.
b) Ventilationsanlagen.
Eine gute Schiffs Ventilation sowohl für die Wohnräume als für die Laderäume ist
allgemein als eine Nothwendigkeit anerkannt. Jedem Schiffsbautechniker sind aber die
Schwierigkeiten bekannt, welche die Ausführung einer derartigen Anlage bei
natürlicher Ventilation bietet, und ist daher die künstliche Ventilation an Bord
bereits allgemein zur Einführung gelangt. Eine Centralanlage mit Kanälen, welche
sich in alle Abtheilungen des Schiffes erstreckt, erscheint am vortheilhaftesten,
jedoch ist die Ausführung einer solchen, mit Rücksicht auf die Bordverhältnisse und
auf die Bedingungen, welche bei einer guten Anlage erfüllt sein müssen, doch mit
ungemeinen Schwierigkeiten verknüpft, besonders unter Wahrung des Zwecks der
wasserdichten Schotte, welche ein Durchbrechen derselben durch Luftkanäle
ausschliessen. Aus diesem Grunde ist der Schiffsbautechniker gezwungen, die ganze
Ventilationsanlage unter Berücksichtigung der Eintheilung des Schiffes durch
wasserdichte Schotte in mehrere von einander unabhängige Abtheilungen zu zerlegen.
Für den Antrieb dieser Ventilatoren eignet sich der Elektromotor ausgezeichnet. Die
hierbei in Frage kommenden Motoren sind von sehr einfacher Construction und laufen
dauernd ohne jede Aufsicht.
Wenn hierbei nicht viele Ventilatoren von grösseren Dimensionen zu betreiben sind, so
kann von der Verlegung eines besonderen Stromkreises Abstand genommen und können die
Ventilatoren an das Leitungsnetz der Beleuchtungsanlage angeschlossen werden,
wodurch dieses dann nur eine unwesentliche Gewichtsvermehrung erfährt; sind aber
mehrere Ventilatoren mit Kreiselrädern von 800 bis 1200 mm Durchmesser und einem
Energieverbrauch von je 2000 bis 4000 Watt vorhanden, so empfiehlt sich die
Verlegung eines besonderen Stromkreises für dieselben.
Mit Rücksicht auf die Vorzüge der Elektromotoren für diese Zwecke steht die
allgemeine Verwendung derselben zum Betriebe der Ventilatoren zu erwarten und
dadurch dann wieder eine Vervollkommnung der Ventilationseinrichtungen selbst und
eine Ausdehnung derselben auf Räume, die bisher davon ausgeschlossen waren.
Auch selbst die Ventilatoren für die Heizräume mit forcirtem Kesselbetrieb und einem
Energieverbrauch von etwa je 15000 bis 20000 Watt und die Ventilatoren für die
Maschinenräume mit einem Energieverbrauch von etwa 6000 bis 10000 Watt werden
vortheilhaft mittels Elektromotoren betrieben, da in diesen an sich schon sehr
warmen Räumen alle unnöthigen Wärmequellen vermieden werden sollten, und da die
Installation der Ventilatoren in den Heizräumen häufig eine derartige ist, dass
dabei die Bedienung eines Dampfmotors sehr erschwert wird. In Räumen wie den
vorgenannten, wo die Elektromotoren besonders stark dem Kohlenstaub und der Wärme
ausgesetzt sind, ist es zur Erhaltung des Elektromotors ferner vortheilhaft,
denselben in den Saugkanal der Ventilatoren einzubauen, was sich bei dem
Centrifugalventilator leicht einrichten lässt; bei dieser Anordnung ist der Motor
sehr gut geschützt und stets einer guten Abkühlung unterworfen.
c) Elektrische Heizung.
Für elektrische Heizanlagen stehen bisher sehr wenig Erfahrungen zur Verfügung, und
sind meines Wissens erst in allerneuester Zeit Versuche in dieser Richtung
eingeleitet. Ein grosser Vortheil würde mit der elektrischen Schiffsheizung
verbunden sein durch den Fortfall der sehr verzweigten Rohrleitungen der
Dampfheizanlagen mit ihren unzähligen Flanschen, Hähnen, Ventilen und
Condensleitungen, welche Details sämmtlich zu häufigen Unbequemlichkeiten
Veranlassung geben. Alle diese Uebelstände fallen bei einer elektrischen Heizanlage
fort, deren Zuleitungsdrähte zweckmässig mit der Beleuchtungsanlage zu vereinigen
sind im Interesse einer möglichsten Gewichtsersparung und Beschränkung der Zahl der
Leitungen im Allgemeinen. Der Uebelstand einer solchen Anlage besteht aber darin,
dass eine verhältnissmässig grosse Primärmaschine für die Stromerzeugung aufgestellt
werden muss, welche nur während der eigentlichen Heizperiode zur Ausnutzung kommt.
Bei der Annahme, dass eine Dampfheizungsanlage mit Heizkörpern aus kupfernen
Rohrschlangen mit einer gesammten Heizfläche von etwa 75 qm eine stündliche
Wärmeabgabe von 60000 Calorien bewirkt, würde für eine gleichwerthige elektrische
Heizanlage eine Primärmaschine von etwa 75000 Watt, also eine etwa 100pferdige
Maschine vorzusehen sein. Die Aufstellung einer so starken Maschine lediglich für
diese Zwecke dürfte für Bordverhältnisse in den seltensten Fällen zulässig sein;
wird aber beispielsweise ein elektrischer Antrieb für grössere Bootheissmaschinen
u.s.w. in Aussicht genommen, welche nur selten und ferner nur für kurze Zeit
gebraucht werden, so liesse sich die hierfür erforderliche Maschine sehr gut weiter
ausnutzen durch die gleichzeitige Heranziehung derselben zum Speisen einer
Heizanlage. Wenn also vorläufig eine allgemeine elektrische Heizung der Schiffsräume
auch noch nicht in Betracht gezogen werden kann, so dürfte eine solche doch
vortheilhaft sein für manche Räume, deren Anschluss an eine Dampfheizung
anderweitige Schwierigkeiten bietet. Nicht unerwähnt lassen kann ich hierbei, dass
der den vorstehenden Angaben zu Grunde gelegte Transmissionscoëfficient von 800
Calorien für 1 qm Kupferrohr der Heizkörper eine unbedingte Zuverlässigkeit nicht
beanspruchen kann. Auch die Transmissionscoëfficienten für die Wände und Decks der
Schiffe sind bis jetzt noch nicht mit einer genügenden Genauigkeit bestimmt. Die
Einführung der elektrischen Heizung, welche eine genaue vorherige Berechnung der
Heizkörper und Dynamomaschinen bedingt, macht daher noch die Ermittelung der
vorgenannten Coëfficienten an ausgeführten Dampfheizungsanlagen erforderlich.
d) Schiffswinden.
Die Herstellung elektrischer Schiffswinden bildet bereits einen besonderen
Arbeitszweig für elektrotechnische Firmen. Diese Winden sind bereits so vollkommen
durchgearbeitet, dass der baldigen allgemeinen Einführung derselben für Bordzwecke
entgegen gesehen werden kann. Die vorzüglichen Resultate, welche auch deutsche
Firmen in dieser Hinsicht bereits verzeichnen können, haben dieselben auch schon
veranlasst, von den verhältnissmässig einfachen Winden für Lasten bis zu 2000 und
3000 k Tragfähigkeit überzugehen zu der Herstellung von elektrischen Winden für
Bootaussetzvorrichtungen mit einer Tragfähigkeit von 10 bis 15 t. Derartige Anlagen,
welche eine Arbeitsleistung von 90 bis 100 entwickeln müssen, dürfen für
Bordzwecke nur als zweckmässig angesehen werden, wenn elektromotorischer Betrieb
gleichzeitig für die sämmtlichen Hilfsmaschinen eines Schiffes in Aussicht genommen
wird. Bei einer derartigen Anlage ist es nicht erforderlich, dass die
Arbeitsleistung der Primärmaschinen gleich der Summe der Arbeitsleistungen der
sämmtlichen Hilfsmaschinen ist, vielmehr ist bei der Projectirung einer derartigen
Anlage eine sorgfältige Kalkulirung der gleichzeitig erforderlichen Leistungen
nothwendig. Soll beispielsweise eine 50pferdige Bootaussetzvorrichtung benutzt
werden, so wird diese Kraft gewonnen werden können durch die gleichzeitige
Einschränkung des Betriebes von Ventilatoren oder elektrisch betriebenen
Circulationspumpen u.s.w.
e) Munitionsaufzüge.
Unumgänglich erscheint heute bereits die Einführung des elektromotorischen Betriebes
für viele Motoren auf Kriegsschiffen. Der Antrieb der vielen Munitionsaufzüge,
welche durch die starke moderne Armirung bedingt werden, würde eine grosse Anzahl
kleiner Dampfmaschinen erfordern. Die Verwendung von Elektromotoren, welche von
einer Centralstelle aus gespeist werden und die keiner besonderen Wartung und
Bedienung bedürfen, erscheint daher zweckmässig, um so mehr, als sie in einzelnen
Fällen so kleine Ausführung gestatten, bei welcher eine Dampfmaschine nicht mehr gut
ausführbar ist. Wenn die Munition nicht durch Paternosterwerke, sondern durch
Aufzüge mit Fahrstühlen gehoben wird, dann sind die Motoren zwar nicht mehr so
einfach wie diejenigen für die Paternosterwerke. Bei den Aufzügen mit Fahrstühlen
müssen die letzteren in der Weise mit dem Motor verbunden sein, dass derselbe
automatisch gestoppt bezieh. in Bewegung gesetzt wird, wenn der Fahrstuhl seine
Endstellungen erreicht hat. Ausserdem muss eine elektrische Bremse vorgesehen
werden, und muss durch besondere Vorrichtungen noch ein sanftes Anheben des
Fahrstuhles gesichert werden. Es liegen in dieser Beziehung bereits mancherlei
Ausführungen vor, so dass die Anwendung des elektrischen Betriebes der
Munitionsaufzüge für die Zukunft als gesichert anzusehen ist.
f) Geschützschwenkwerke.
Die Herstellung der elektrischen Geschützschwenkwerke hat in neuerer Zeit einen
harten Wettkampf hervorgerufen, jedoch kann bis jetzt noch nicht mit Bestimmtheit
vorausgesehen werden, ob der elektrische Betrieb den bisher erprobten hydraulischen
Betrieb vollständig ersetzen wird. Bei der Wichtigkeit derartiger Einrichtungen für
ein Kriegsschiff erscheint nicht allein die Thatsache ausschlaggebend, dass dieselbe
technisch möglichst vollkommen gelöst ist, sondern es muss jedes Versagen der
Einrichtung ausgeschlossen und das Bedienungspersonal mit der Anlage so vertraut
sein, dass es nicht nur eine sachgemässe Bedienung und Conservirung bewirken,
sondern gegebenenfalls auch bei einer Havarie den Schaden ausbessern kann. Der
Stromlauf bei derartigen Apparaten mit seinen Nebeneinrichtungen ist aber so
complicirt, dass die schnelle Auffindung einer plötzlich aufgetretenen Beschädigung
jedenfalls schon bedeutende Fachkenntniss verlangt, besonders mit Rücksicht darauf,
dass die Fehler bei derartigen elektrischen Einrichtungen nicht wie bei den
mechanischen Apparaten offen hervortreten, sondern versteckt im Leitungsnetz
liegen.
g) Steuerapparat.
Besondere Schwierigkeiten bietet der elektrische Antrieb bei den Steuerapparaten,
wodurch derselbe aber andererseits auch zu den interessantesten Aufgaben gehört,
welche für Bordverhältnisse in Betracht kommen. – Vor einem näheren Eingehen auf
diese Frage möchte ich zunächst noch den bisher üblichen Dampfsteuerapparat einer
kurzen Betrachtung unterwerfen, soweit solches für das Verständniss des elektrischen
Betriebes erforderlich erscheint.
Der Steuerapparat mit seinen Nebeneinrichtungen lässt sich in drei Unterabtheilungen
zerlegen, in den eigentlichen Ruderapparat, in die Anlassvorrichtung, durch die
der Ruderapparat von Deck aus in Bewegung gesetzt wird, und in die Vorrichtung zum
Stoppen des Ruderapparates, nachdem das Ruder die gewünschte Lage eingenommen
hat.
Bei dem Dampfsteuerapparat mit mechanischer Anlassvorrichtung ist diese häufig in der
Weise eingerichtet, dass ein Handrad auf der Commandobrücke nach einer
Ruderwinkelscala auf die gewünschte Ruderlage eingestellt wird. Durch die Drehung
dieses Handrades wird gleichzeitig eine durch das ganze Schiff verlegte
Transmissionswelle gedreht und dabei wieder durch ein am Ende der Transmissionswelle
befindliches Gewinde eine Mutter verschoben, welche mit dem Absperrventil des
Steuerapparates verbunden ist und dieses öffnet. Hierdurch wird der eigentliche
Dampfsteuerapparat in Thätigkeit gesetzt, wobei durch die Drehung der Welle
desselben wieder eine selbsthätige Rückwärtsbewegung der Mutter bewirkt und das
Dampfzulassventil geschlossen wird, sobald das Handrad auf Deck und damit die
Transmission in Ruhe versetzt wird. Jedem Schiffsbautechniker sind die grossen
Schwierigkeiten, welche mit der Verlegung einer so langen Transmission durch das
ganze Schiff verbunden sind, und deren Bewegung mit der Hand erfolgen soll,
bekannt.
Bei der Einführung des elektrischen Betriebes für den Steuerapparat fragt es sich
nun, ob der Motor allein oder die Anlass- und Stoppvorrichtung allein oder die
gesammte Anlage elektrisch betrieben werden soll. Ein elektrischer Betrieb einer
solchen Gesammtanlage ist bisher noch nicht zur Ausführung gelangt, und haben sich
die Bestrebungen meistens auf die Vermeidung der lästigen Transmissionsanlage zur
Bethätigung des eigentlichen Motors erstreckt. Eine Combinirung der
Anlassvorrichtung mit einer von der Ruderpinne aus und mit Hilfe des elektrischen
Stromes betriebenen selbsthätigen Ausschaltvorrichtung der Anlasscontacte auf Deck
hat sich aber bisher als ungemein schwierig erwiesen; nach den bisherigen Arbeiten
ist die vorgenannte Combinirung vorläufig noch nicht als ausführbar anzusehen, und
erübrigt deshalb zunächst nur die alleinige Ausführung einer elektrischen
Anlassvorrichtung für den Motor. Diese Einrichtung besteht im Allgemeinen darin,
dass durch eine verhältnissmässig einfache elektrisch bethätigte Vorrichtung das
Absperrventil des Steuerapparates geöffnet oder geschlossen wird. Das Schliessen des
Absperrventils erfolgt durch Unterbrechung des Stromes mittels eines Ausschalters,
wobei die Ruderlage an einem besonderen, auf Deck aufgestellten Apparat abgelesen
wird, welcher seinerseits direct von der Ruderpinne aus betrieben wird und die
wirkliche Ruderlage in Graden anzeigt. Dieser Apparat, sogen. Ruderzeiger, kann
entweder ein mechanischer oder ein elektrischer sein, und sind auch bereits
verschiedene solche elektrische Ruderzeiger mit Erfolg in Betrieb.
Als ein sehr interessantes Beispiel erwähnte der Vortragende die Einrichtung auf dem
französischen Kreuzer Bouvines. Hier wird der
Vertheilungsschieber der Dampfmaschine durch einen kleinen, von dem Steuerapparat
unabhängigen elektrischen Motor bewirkt. Das Anlassen des Motors erfolgt von Deck
aus, jedoch wird dabei der Strom nicht direct in den Motor geleitet, sondern
zunächst zu einem Relais, welches seinerseits dann wieder den Hauptstrom für den
Motor schaltet. Der Schaltapparat an Deck wird nach einem elektrischen Ruderzeiger
bedient, welcher die Lage der Ruderpinne durch Lampensignalements anzeigt. Diese
Lampensignale, welche auch bei französischen Maschinentelegraphen Anwendung gefunden
haben, besitzen aber den Nachtheil, dass die durch das Entzünden verschiedener
Lampen angezeigten Signale bei hellem Sonnenschein schlecht sichtbar sind, und wird
das Ablesen der eingestellten Signale auch häufig erschwert durch das
ungleichmassige Brennen der Lampen.
Wenn die Construction des eigentlichen Steuermotors mit elektrischem Antrieb auf den
ersten Blick auch keine besonderen Schwierigkeiten zu bieten scheint, so sind solche
doch in vielfacher Hinsicht vorhanden. Ein Reversirmotor erfordert einen schweren
Anlassapparat, dessen Construction eine durchaus solide sein muss, wenn nicht eine
baldige Abnutzung desselben oder Beschädigung der Contacte durch Ueberhitzung bei
einem täglich mindestens 1000maligen Gebrauch eintreten soll. Ein mit gleicher
Drehrichtung ständig durchlaufender Motor erfordert zur Einleitung der Links- und
Rechtsdrehung des Steuerapparates wiederum elektrische Kuppelungen, deren dauernde
Brauchbarkeit bei der bedeutenden Kraftleistung und dem häufigen Gebrauch aber
mindestens noch erst nachgewiesen werden soll. Die Anwendung von zwei ständig mit
gleicher Drehrichtung laufenden Motoren, welche durch ein Differentialrädergetriebe
auf den Steuerapparat wirken, erfordert sehr zuverlässig hergestellte Räder, wenn
der Apparat nicht zu geräuschvoll arbeiten soll. Diese letztere Einrichtung befindet
sich augenblicklich in Deutschland in Ausführung, und wird der Erprobung derselben mit
grossem Interesse entgegengesehen. Bei allen diesen Einrichtungen muss aber
hervorgehoben werden, dass dieselben ein sehr gut geschultes Personal für die
Bedienung und Conservirung erfordern, und wird daher durch die ausgedehntere
Anwendung der Elektricität an Bord die Nothwendigkeit der Ausbildung eines
besonderen Personals für diese Zwecke bedingt.
Zum Schluss zog der Vortragende noch eine allgemeine Frage in den Kreis seiner
Betrachtungen, welche für die elektrischen Anlagen an Bord von Wichtigkeit ist. Bei
der immer mehr zunehmenden Verwendung der Elektricität an Bord ist die Entscheidung
der Frage wichtig, ob für derartige Installationen Gleichstrom oder Drehstrom zu
wählen ist. Bei allen bisherigen Installationen ist ausschliesslich Gleichstrom zur
Anwendung gelangt, und hat sich derselbe bei den bisherigen Anlagen auch gut
bewährt, und lag keine Veranlassung vor, von demselben abzugehen, so lange es sich
nur um den Betrieb der Innenbeleuchtung und der Scheinwerfer handelte. Die letzteren
können nur mit Gleichstrom betrieben werden, da bei Einführung von Wechselstrom die
Leistungsfähigkeit derselben eine Einbusse von etwa 40 Proc. erleiden würde. Mit
Rücksicht darauf, dass an Bord der Kriegsschiffe für die Scheinwerfer allein bereits
eine Energie von 20000 bis 70000 Watt erforderlich ist, erscheint es
selbstverständlich, dass auch für den Betrieb der Innenbeleuchtung und für wenige
kleinere Motoren ohne weiteres der Gleichstrom gewählt wird. Der nachtheilige
Einfluss des Gleichstroms auf die Compasse kann aufgehoben werden durch eine
sorgfältige Verlegung der Leitungsdrähte und sachgemässe Construction und
Aufstellung der Dynamomaschinen. Wenn aber zu einem allgemeinen elektromotorischen
Betriebe der vielen Hilfsmaschinen übergegangen wird und für diese Zwecke eine
Centralstation, wie solche für deutsche Schiffe bereits mit einer Leistung von
300000 Watt in Ausführung begriffen, errichtet wird, dann lassen sich die Compasse
an Bord nicht mehr so aufstellen, dass sie überall gegen den Einfluss der
Gleichstrommotoren und Leitungen genügend geschützt sind. Besonders kommen hierbei
die auf Deck installirten Motoren für Geschützschwenkwerke und Deckswinden in
Betracht, deren Aufstellung in bedenklicher Nähe der Compasse nicht zu umgehen ist.
Für den Betrieb dieser Maschinen wird voraussichtlich die Einführung des Drehstromes
nicht zu umgehen sein, da dieser, sowie die damit betriebenen Motoren keinen
Einfluss auf den Compass haben. Mit der Einführung des Drehstromes für vorgenannte
Zwecke ist aber wiederum die Nothwendigkeit der Errichtung von zwei Centralstationen
verbunden, die eine für die Scheinwerfer und Beleuchtung mit Gleichstrom und die
zweite mit Drehstrom zum Betrieb der Hilfsmaschinen. Leider ist mit einer solchen
Anordnung wiederum der Nachtheil verbunden, dass die Maschinen der einen Station
nicht gegen die der anderen ausgetauscht werden können, und wird durch diesen
Umstand die ganze Anlage complicirter und verlangt wiederum höhere Leistungen und
Ausbildung des Personals, welches aber nicht zu umgehen sein wird, wenn die
Vortheile des elektrischen Betriebes für Bordzwecke nutzbar gemacht werden
sollen.