Titel: | Die Wassermesser für Hausleitungen. |
Autor: | L. Sell |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 25 |
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Die Wassermesser für
Hausleitungen.
Von Dr. L.
Sell.
(Fortsetzung des Berichtes S. I d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die Wassermesser für Hausleitungen.
Messer mit in Richtung der Achse beweglichem Messrad.
Wenn nicht um eine veränderliche Einströmungs-, so doch
um eine veränderliche Durchströmungsöffnung handelt es
sich bei denjenigen Messern, bei welchen das Messrad als Ventil ausgebildet ist. Es
war bereits früher bemerkt, dass bei diesen Messern das Wasser aus dem im
Ruhezustande von dem Radventil verschlossenen Raume stets unter gleichem Druck – dem
durch das Gewicht des Rades bedingten – und daher auch mit constanter
Geschwindigkeit austritt.
Wird daher das Rad durch dieses Wasser von constanter Geschwindigkeit angetrieben, so
muss, wenn trotz der constanten Geschwindigkeit des antreibenden Wassers eine
richtige Registrirung bewirkt werden soll, die Angriffsfläche, welche dem Wasser
durch das Messrad dargeboten wird, mit wachsendem Wasserdurchfluss wachsen, um
dadurch eine Erhöhung der Umdrehungsgeschwindigkeit zu bewirken. Ein anderes Mittel
zur Erzielung richtiger Messergebnisse bestände darin, die Umdrehungsgeschwindigkeit
des Messrades im Wesentlichen constant zu erhalten – was keine besondere
Schwierigkeit hat, da dasselbe von Wasser von constanter Geschwindigkeit angetrieben
wird –, dagegen die Geschwindigkeit des Zählwerkes entsprechend der Höhenlage des
Ventilrades veränderlich zu gestalten.
Eine weitere Ausbildung dieses Princips würde zu einer Messerconstruction führen, bei
welcher das rotirende Messrad gänzlich fortgefallen ist und das Zählwerk durch ein
Uhrwerk entsprechend der Höhenlage eines lediglich in senkrechter Richtung
beweglichen Ventils mit grösserer oder geringerer Geschwindigkeit fortgeschaltet
wird, in welchem Falle jedoch das Princip der Flügelradmesser bereits gänzlich
aufgegeben wäre.
Bei dem Messer von James E. Boyle in Brooklyn
(Amerikanisches Patent Nr. 148026 aus dem Jahre 1874) ist dem Körper des Messrades
durchaus die Form eines Kegelventils gegeben, welches freilich auf seiner Fläche mit
spiralig angeordneten Flügeln ausgerüstet ist, um dem durchströmenden Wasser
Angriffsflächen zu bieten. Ventilkörper und Flügel werden vollständig von einem
Ventilgehäuse umschlossen, auf dessen oberem Rand das Messrad aufliegt. Soll nun der
Leitung Wasser entnommen werden, so kann das nicht anders geschehen als dadurch,
dass das Ventil von seinem Sitz abgehoben wird. Das aus dem Ventilgehäuse
hervorströmende Wasser setzt das Messrad in Bewegung. Es erscheint jedoch
zweifelhaft, ob die Schnelligkeit dieser Bewegung mit dem wachsenden
Wasserdurchfluss bezieh. mit der Erhebung des Ventils von seinem Sitze gleichen
Schritt halten wird.
Anstatt innerhalb des Ventilgehäuses ordnet John C.
Guerrant in Danville bei seinen unter Nr. 171665 und Nr. 174671 (Fig. 72) in Amerika patentirten Messern die Flügel des
Messrades ausserhalb desselben an. Das ausströmende Wasser greift somit, wenn bei
geringem Durchfluss das Ventil nur ein wenig gelüftet wird, nur an den oberen Theil
der Flügel an, während der unterhalb der Ausströmungsöffnung gelegene Theil
derselben sich in im Wesentlichen ruhigem Wasser bewegt und daher eine hemmende
Wirkung ausübt. Die Hemmung wird um so geringer, je mehr das Rad angehoben wird,
während gleichzeitig die früher hemmenden Theile der Flügel die Angriffsfläche des
Wassers vermehren. Was den hier abgebildeten späteren Messer von dem früheren
unterscheidet, ist der Deflector a am Ende des
Zuflussrohres, welcher das Wasser in nahezu wagerechter Richtung gegen die Flügel
des Rades leitet, an dessen Stelle die ältere Construction lediglich eine in das
Zuflussrohr hineinragende, mit dem Rade fest verbundene Kegelfläche aufwies.
Textabbildung Bd. 302, S. 25
Fig. 72.Wassermesser von Guerrant.
Auch bei dem Messer von W. Park in Norwich
(Amerikanisches Patent Nr. 187233) kann das Wasser nur nach Hebung eines auf der das
Zählwerk treibenden Achse sitzenden, kegelförmigen Ventilkörpers hindurchströmen.
Doch ist hier der mit geneigten Antriebsflächen ausgerüstete Ventilkörper nicht das
eigentliche Messrad, vielmehr ist derselbe im Wesentlichen nur dazu bestimmt, die
Registrirung sehr geringer Durchflussmengen zu vermitteln, während bei stärkerem
Durchfluss ein gewöhnliches Flügelrad in Function tritt.
Von wesentlich anderer Form wie bei den letztgenannten Messern ist das Messrad bei
einem Messer von Ernst Lompert in Buckau-Magdeburg (D.
R. P. Nr. 7953 vom 25. Mai 1879; 1880 237 Taf. 31 Fig. 6
und 7); zu gleicher Zeit besitzt dasselbe besondere Einrichtungen, um das Zählwerk
entsprechend der Hubhöhe des Messrades verschieden schnell in Bewegung zu setzen.
Bei diesem Messer wird das Ventilgehäuse bezieh. der Einlasstutzen ringsum von einem
oben geschlossenen Cylinder mit schlitzförmigen Oeffnungen umgeben. Sobald eine
Druckverminderung oberhalb des Messrades durch Oeffnung des Auslasshahnes eintritt,
wird das Rad gehoben, das Wasser tritt durch die schlitzförmigen Oeffnungen aus und
versetzt das Rad durch den Rückstoss in Umdrehung. Die Zunahme der Radgeschwindigkeit hält nun
aber mit der Steigerung der Durchflussmenge nicht gleichen Schritt. Um das
Missverhältniss auszugleichen, trägt die Deckplatte des Radcylinders eine
kegelförmige Erhebung, welche sich gegen ein aufschwingender Achse sitzendes
Frictionsrad des Zählwerks anlehnt. Im Ruhezustande des Apparates berührt das
Frictionsrad die Spitze des Kegels, während es sich bei steigender Erhebung des
Rades der Grundfläche desselben nähert.
Textabbildung Bd. 302, S. 26
Fig. 73.Messer von Claret.
In anderer Weise ist das Missverhältniss zwischen der Erhebung des Rades und der
Umdrehungsgeschwindigkeit desselben bei dem unter Nr. 426919 in Amerika patentirten
Messer von Claret ausgeglichen (Fig. 73). Hier sind von dem Gewinde der
Schraubenspindel, welche die Bewegung des Messrades auf das Zählwerk überträgt,
einzelne Theile fortgeschnitten, so dass das Zählwerk, je nach der Höhenlage des
Messrades, nur während eines grösseren oder geringeren Theiles der Umdrehung der
Schraubenspindel fortgeschaltet wird. Diese Einrichtung stellt eine weitere
Ausbildung der unter Nr. 2243 im Jahre 1888 in England patentirten Form des Messers
dar, die mit Rücksicht darauf getroffen worden ist, dass bei der letztgenannten
Messerform bei geringer Durchflussgeschwindigkeit die Angaben relativ zu hoch, bei
grosser Durchflussgeschwindigkeit dagegen zu niedrig ausfielen. Auch im Uebrigen
besitzt der Messer bemerkenswerthe Eigenschaften, unter welchen an erster Stelle die
Regulirung der Einströmungsöffnungen, d.h. derjenigen Oeffnungen, durch welche sich
das Wasser gegen das Flügelrad ergiesst, zu nennen ist. Diese Regulirung geschieht
durch einen in dem Cylinder I gleitenden Kolben L, der durch ein Gewicht N
belastet ist. Durch den Druck des Wassers wird dieser Kolben angehoben und legt
dabei die Oeffnungen K mehr oder weniger frei. Auf der
Spitze der Kolbenstange läuft das Messrad, welches somit gleichzeitig in die Höhe
gehoben wird, wodurch die Flügel D dem aus den
Oeffnungen K ausströmenden Wasser eine grössere
Angriffsfläche bieten und eine grössere Geschwindigkeit erlangen.
Hinsichtlich der allgemeinen constructiven Verhältnisse besitzt dieser Claret'sche Messer eine grosse Verwandtschaft mit dem
älteren Messer von Robt. Creuzbaur in Brooklyn
(Amerikanisches Patent Nr. 350619). Auch hier hebt das von unten einströmende Wasser
ein Ventil, an dessen Spindel das Messrad hängt. Die Angriffsfläche, welche das
letztere dem aus den Oeffnungen austretenden Wasser bietet, wächst daher in
derselben Weise wie bei dem Claret'schen Messer mit der
Hubhöhe des Ventils. Um Uebereinstimmung zwischen den Umdrehungszahlen des
Flügelrades und der Menge des geförderten Wassers zu erzielen, ist den Oeffnungen
eine unregelmässige Gestalt gegeben, in der Weise, dass die Breite der Oeffnungen
von unten nach oben oder von oben nach unten wächst. Zu weiterer Regulirung dienen
Stauflügel auf dem Ventilgehäuse und an der Flügelraddecke. Die Einrichtung dieses
Messers zur Reinhaltung des Deckglases wurde bereits früher erwähnt.
An dieser Stelle mag auch der unter Nr. 8313 vom 7. März 1879 ab patentirte Messer
von Julius Schülke in Berlin (Fig. 74) Erwähnung finden, bei welchem das Messrad im Ruhezustände zwar
nicht wie ein Ventil den Einlasstutzen verschliesst – da es durch einen Schwimmer so
leicht gemacht ist, dass es auf dem Wasser schwimmt –, aber doch von dem
durchfliessenden Wasser angehoben wird. Das Wasser strömt übrigens vom Einlasstutzen
durch die gekrümmten Schaufeln der Turbine zum Ausgang und setzt die Turbine durch
Rückstoss in Umdrehung.
Textabbildung Bd. 302, S. 26
Fig. 74.Messer von Schülke.
Bei den Messern von Edward Marsland in Sing Sing, N. Y.
(Amerikanische Patente Nr. 126974, Nr. 164852 und Nr. 186014), kommt das von unten
in den Messer einströmende Wasser nur am Rande des Messrades zur Wirkung. Das
letztere liegt im Ruhezustande mit seiner ganzen Fläche auf einem Einsatz, dessen
seitliche Auslassöffnungen es mit seinem umgebogenen Rande verschliesst. Strömt nun
Wasser in den Einsatz ein, so sucht dasselbe durch die seitlichen, schrägen
Oeffnungen zu entweichen und hebt dabei das diese Oeffnungen verschliessende Rad an,
indem es dasselbe, da es ihm in Folge von Einkerbungen bezieh. einer Zahnung die
nöthige Angriffsfläche bietet, gleichzeitig in Umdrehung versetzt. Zur Regulirung
dienen einerseits auf dem Messrade angeordnete, also bewegliche, und andererseits
fest mit dem Gehäuse verbundene Stauflügel. Von den beiden späteren Constructionen
zeichnet sich die eine (Nr. 164852) insbesondere durch eine von der mittleren
Vertiefung der Einsatzdecke in den äusseren Gehäuseraum führende Röhre zur Ableitung
etwa sich ansammelnden Schlammes und durch eine Entlüftungsvorrichtung aus, während
bei der weiteren Umgestaltung des Messers der Einsatz nicht mehr von dem
Einlasstutzen getragen wird, sondern glockenförmig die Einlassöffnung umschliesst
und die freie Verbindung zwischen Gehäuseinnerem und Auslassöffnung aufgegeben ist,
derart, dass das aus dem Einsatz austretende Wasser zunächst in eine an ihrem
unteren Ende mit dem Gehäuseinneren verbundene Ringkammer treten muss, bevor es den
Messer verlassen kann. Diese Ringkammer soll zum Schütze des Messermechanismus gegen
Rückstösse dienen.
Auch bei dem Messer von Edmund Anthony in Albany, N. Y.
(Amerikanisches Patent Nr. 199397 vom Jahre 1877),. wirkt das Wasser nur auf den
Rand des Messrades, indem es aus einem Ringkanal durch schräge Oeffnungen gegen den
auf seiner Unterseite mit einer Zahnung versehenen wagerechten Radrand strömt und
dabei das Rad gleichzeitig anhebt und in Umdrehung versetzt. Nach ausgeübter Wirkung strömt das Wasser
entweder direct nach der Messermitte oder gelangt dahin durch Oeffnungen in der
Raddecke, um darauf nach unten abzufliessen.
Bei den Marsland'schen Messern und bei dem Messer von
Anthony liegen die Antriebsflächen zur Bewegung des
Rades nicht jenseits des Ventilschlusses (von der Einströmungsstelle aus gerechnet),
sondern diesseits bezieh. fallen damit zusammen. Bei diesen Messern wird daher, ganz
wie bei den Messern mit fester Radachse, das Messrad durch Wasserströme von
veränderlicher Geschwindigkeit, je nach der Stärke der Wasserentnahme, angetrieben.
Das Rad wird sich daher auch ohne weitere Vorrichtungen bei stärkerem Durchfluss
schneller bewegen als bei schwächerem. Da ferner die Kraft des Wasserstosses bei
starkem Durchfluss durch die Entfernung des Rades von der Angriffsstelle vermindert
wird, so kann durch passende Wahl der Dimensionen der Radzahnung und des Gewichtes
u. dgl. innerhalb gewisser Grenzen auch ohne weitere Regulirvorrichtungen ein
richtiger Gang der Messer erreicht werden. Bei sehr
starkem Wasserdurchfluss, bei dem das Rad ungewöhnlich stark gehoben wird, wird
freilich ein Zurückbleiben des Messers nicht zu vermeiden sein.
Diese allgemeinen Erwägungen über die Messer von Marsland und Anthony gelten auch für den
unter Nr. 3098 vom 12, März 1878 ab patentirten Messer von Schäffer und Budenberg in Buckau-Magdeburg (1880 237 Taf. 18). Im Querschnitt hat dieser Messer vollkommen das Aussehen
eines gewöhnlichen Flügelradmessers; aber der Verticalschnitt lässt erkennen, dass
das Schaufelrad an seinem oberen Ende durch eine Ventilplatte abgeschlossen ist,
welche im Ruhezustande des Messers ringsum auf die Oberkante des mit symmetrisch
liegenden Einlassöffnungen versehenen Einsatzes aufliegt. Hier wird bei starkem
Wasserdurchfluss die Kraft der durch die Einlassöffnungen eintretenden
Wasserstrahlen zwar nicht dadurch abgeschwächt, dass sich die Radschaufeln von der
Eintrittsstelle des Wassers entfernen, aber es wird doch dieselbe Wirkung wie bei
den früheren Messern erreicht, dadurch, dass die wirksame Schaufellänge durch
Heraustreten des Rades aus dem Einsatz vermindert wird.
Im Anschlusse hieran mögen zwei Messer erwähnt werden,
welche mit den zuletzt genannten das gemein haben, dass auch bei ihnen zwischen Ein-
und Auslass ein Ventil angeordnet ist. Dieses Ventil hat den Zweck, das Wasser nur
dann zum Messrad gelangen zu lassen, wenn es eine gewisse Spannung besitzt, so dass
das Rad stets unter denselben Bedingungen arbeitet. Bei den Messern mit Druckregler
und bei einigen Messern der zuletzt behandelten Art mit als Ventil ausgebildetem
Messrade tritt das Wasser zwar auch mit constanter Spannung in den Messradraum ein;
diese constante Spannung wurde hier jedoch durch Veränderung der Durchflussöffnung
erreicht, so dass trotz derselben von einem Arbeiten des Rades unter
gleichbleibenden Bedingungen nicht die Rede war.
Die nothwendige Folge davon, dass das Messrad unter stets gleichbleibenden
Bedingungen arbeitet, ist die, dass es nur bei maximaler Wasserentnahme ohne
Unterbrechung in Bewegung ist, während seine Bewegung bei geringerer Wasserentnahme
aus der Leitung eine intermittirende sein muss.
Bei dem Flüssigkeitsmesser von Henry Rostagnat fils
in Lyon (D. R. P. Nr. 68923), Fig. 75 und 76, wird die
Bewegung des zwischen Einlassöffnung und Messrad angeordneten Ventils durch einen im
Messergehäuse frei beweglichen, federbelasteten Kolben in Verbindung mit einer
darüber angeordneten Feder bewirkt, welche letztere die das Ventil tragende Stange
mit einer an ihr befestigten Platte umfasst. Für gewöhnlich wird das Ventil S durch den Druck des bei T einströmenden Wassers gegen seinen Sitz gedrückt. Durch eben dieselbe
Kraft des einströmenden Wassers wird der Kolben P,
entgegen dem Druck der Feder R, niedergedrückt. Die
über dem Kolben angeordnete Feder r folgt der
Abwärtsbewegung, bis die Platte m gegen einen Ansatz
der Ventilstange M stösst. Bei weiterer Abwärtsbewegung
des Kolbens wird durch die Feder r ein Zug auf die
Ventilstange ausgeübt und dadurch das Ventil schliesslich von seinem Sitz
losgerissen. Das Wasser vermag nun durch die Ventilöffnung zum Messrad – einem
Reactionsrad – zu gelangen und dasselbe in Bewegung zu setzen. Nachdem das Wasser
das Messrad verlassen, gelangt es zum Theil nach dem Auslasstutzen O, zum Theil durch Kanäle e unterhalb des Kolbens und entlastet den letzteren auf diese Weise. Da
nun das Messrad mehr Wasser fördert, als durch den Einlasstutzen einzuströmen
vermag, so beginnt der Kolben P sich alsbald zu heben,
das Ventil wird geschlossen und das Rad steht still, bis der Druck wieder so stark
geworden ist, dass das Ventil von seinem Sitz abgerissen werden und das Spiel von
Neuem beginnen kann. Die Trennung zwischen Ein- und Auslass wird durch eine
Kautschukmembran R bewirkt, welche mit ihrem einen
Rande an dem Kolben, mit dem anderen am Gehäuse befestigt ist, so dass der Kolben
ohne alle Reibung auf und ab gleiten kann.
Textabbildung Bd. 302, S. 27
Flüssigkeitsmesser von Rostagnat.
Der zweite hier zu erwähnende Messer, bei dem das Messrad von dem Wasser unter stets
gleichbleibenden Bedingungen durchströmt wird, ist ein unter Nr. 82929 in
Deutschland patentirter Messer von Paulino Casals y
Buch in Barcelona (Fig. 77 und 78). Auch bei
diesem Messer wird das Oeffnen und Schliessen des zwischen der Einlassöffnung und
dem Reactionsmessrade angeordneten Ventils durch einen auf und ab gleitenden Kolben
bewirkt, der hier zugleich Träger des Messrades und des Zählwerkes ist.
Im Ruhezustande befindet sich der Kolben A in seiner
tiefsten Stellung; dabei stehen die Schrauben B auf der
Platte C und das Ventil ist durch die Platte B gegen seinen Sitz gedrückt. Wird nun ein Hahn
geöffnet und der Leitung Wasser entnommen, so steigt der Kolben in Folge der
Druckverminderung über demselben in die Höhe und treibt das Wasser vor sich her aus dem Messer
heraus. Bei fortgesetztem Ansteigen des Kolbens werden die die Platte C tragenden Ketten allmählich gespannt, bis das Gewicht
der Platte schliesslich zur Geltung kommt und die Hebel E dreht, worauf die Platte D niedersinkt und
das Ventil V öffnet. Nun strömt das Wasser durch den
Kanal F und setzt das Reactionsrad in Bewegung, welches
übrigens auf dem Wasser schwimmt und nur durch einen die Verlängerung des Kanals F bildenden Rohrstutzen geführt wird.
Steigt der Druck über denjenigen hinaus, unter dem das Rad zu arbeiten bestimmt ist,
so wird dasselbe gehoben und dadurch der Ausfluss aus dem Reactionsrade gehemmt. Die
Folge davon ist ein weiteres Ansteigen des Kolbens und ein theilweiser Verschluss
der Ausströmungsöffnung durch Anheben des Rohres q und
des Kegels p. Ist auf diese Weise der Druck auf
denjenigen zurückgeführt, für den der Messer bestimmt ist, so sinkt das Reactionsrad
und tritt wieder in Thätigkeit.
Textabbildung Bd. 302, S. 28
Messer von Casals y Duch.
Geht andererseits der Druck unter denjenigen zurück, bei dem der Messer arbeiten
soll, so sinkt der Kolben vermöge seines Gewichtes, die Schrauben B setzen sich auf die Platte C auf, worauf der Kolben wieder in Berührung mit dem Ventil kommt, die
Hebel E durch die Oeffnungen der Platte D treten und nach aussen schwingen. Damit ist wiederum
der Ausgangszustand erreicht und das Messrad tritt erst dann von Neuem in
Thätigkeit, wenn die Differenz der Drucke oberhalb und unterhalb des Kolbens einen
entsprechenden Werth besitzt. Als Gehäuse, in welchem der Kolben arbeitet, dient
übrigens ein Glascylinder, so dass das Spiel des Apparates von aussen beobachtet
werden kann.
Combinirte Messer. Die Empfindlichkeit eines Messers
steht naturgemäss in Zusammenhang mit der normalen (oder auch maximalen)
Fördermenge, für welche derselbe bestimmt ist. Ein sehr grosser Messer wird kleine
Durchflussmengen nicht so genau anzeigen können, als man es von einem kleinen Messer
würde verlangen müssen. Nun werden aber auch einer Leitung von beträchtlichem
Querschnitt nicht immer Wassermengen entnommen, die der Leistungsfähigkeit der
Leitung entsprechen. Diese geringen Wasserentnahmen würden durch einen grossen
Messer nicht wohl genau registrirt werden können. Zur Beseitigung dieses
Uebelstandes hat schon Ch. William Siemens
vorgeschlagen, statt eines einzigen (grossen) Messers zwei Messer, einen grossen und
einen kleinen, zu verwenden und dieselben so zu combiniren, dass bei geringer
Durchflussmenge nur der kleine Messer in Thätigkeit ist und der grosse Messer erst
dann in Wirksamkeit tritt, wenn die zu fördernde Wassermenge einen angemessenen
Betrag erreicht hat. Siemens ordnet zu diesem Zweck vor
den beiden Messern einen Schmutzkasten mit Ventil an, in welchen das Wasser zunächst
hineingeleitet wird. Aus dem Schmutzkasten zweigt ein Umlaufrohr ab, welches nach
dem kleinen Messer führt, während der Zugang zur Hauptleitung, in welche der grosse
Messer eingebaut ist, für gewöhnlich durch ein auf dem Schmutzkasten ruhendes Ventil
abgesperrt ist. Bei geringem Wasserdurchfluss wird nun das Wasser, da es das Ventil
nicht zu heben vermag, seinen Weg durch den kleinen Messer nehmen und von diesem
registrirt werden, während der grosse Messer in Ruhe bleibt; bei steigendem
Wasserdurchfluss wird dagegen das Ventil angehoben werden und somit auch der grosse
Messer in Wirksamkeit treten. Im Wesentlichen mit der Siemens'schen Anordnung übereinstimmend ist die in Fig. 79 dargestellte Meinecke'sche Combination zweier Messer; nur ist das durch eine Feder auf
seinen Sitz niedergezogene Siemens'sche Ventil von Meinecke zweckmässiger durch ein Ventil ersetzt, das
lediglich durch sein Gewicht auf seinem Sitz lastet, und das Umlaufrohr, welches Siemens mit der Hauptleitung jenseits des grossen
Messers vereinigt, führt Meinecke in den grossen Messer
A oberhalb des Flügelradraumes selbst ein.
Textabbildung Bd. 302, S. 28
Fig. 79.Meinecke's Messer.
An Stelle der Siemens'schen Anordnung ist, ohne
ersichtlichen Vortheil, von A. Villeret in Mühlhausen
ein anderes, in der Schweiz unter Nr. 2527 patentirtes Verfahren zur Combinirung
zweier Messer angegeben. Bei der Villeret'schen
Anordnung befindet sich das Ventil, welches die dem grossen Messer zugeordnete
Leitung sperrt, hinter dem letzteren. Jenseits des
Ventils mündet die Nebenschlussleitung, in welche der kleine Messer eingebaut ist,
in die Hauptleitung. Bei geringen Durchflussmengen wird das Ventil durch das aus der
Nebenschlussleitung kommende Wasser gegen seinen Sitz gedrückt, zu welchem Zweck –
nämlich zur Erhöhung des Druckes auf das Ventil – in die Hauptleitung ein Cylinder
eingebaut ist, in welchem sich ein Kolben bewegt, der durch das Wasser gegen das
Ventil gedrückt wird. Steigt der Wasserdruck von der Einlasseite her, so überwiegt
er den Gegendruck auf der hinteren Seite des Ventils und drängt das Ventil von
seinem Sitz ab, so dass auch der grosse Messer in Wirksamkeit treten kann.
Von diesen beiden Anordnungen unterscheidet sich die Ventilanordnung von Adolf Thiem in Leipzig (D. R. P. Nr. 77398), Fig. 80, wesentlich dadurch, dass bei derselben immer
nur ein Messer in Thätigkeit ist. Auch hier ist ebenso,
wie bei Villeret, das Ventil, welches die Hauptleitung,
in die der grosse Messer eingebaut ist, verschliesst, hinter dem grossen Messer angeordnet. Dieses Ventil E bildet nach oben bin einen Hohlcylinder F, der sich über den Einlasstutzen schiebt, welcher das
Wasser aus dem kleinen Messer von G her zuführt und in
die Hauptleitung durch seitliche Oeffnungen H ergiesst.
Bei geringem Wasserdruck bleibt nun das Ventil geschlossen und das Wasser geht
ausschliesslich durch den kleinen Messer, da es auf diesem Wege keinen Widerstand zu
überwinden hat. Steigt jedoch der Wasserdruck hinter dem Ventil, d.h. wird der
Leitung mehr Wasser entnommen, so wird das Ventil angehoben und die Oeffnungen H durch den Hohlcylinder F
verschlossen.
Textabbildung Bd. 302, S. 29
Fig. 80.Ventilanordnung von Thiem.
Diese Ventilanordnungen sind nichts, was sich auf die Flügelradmesser als solche
bezöge, vielmehr besitzen sie ganz allgemeine Bedeutung für beliebige Kategorien von
Wassermessern. Dieselben mögen daher auch diese Erörterungen über Flügelradmesser
beschliessen und den Uebergang zu den Scheibenmessern bilden, jener zweiten Klasse
von Wassermessern, die bei Hausleitungen eine weitere Verbreitung, wenn auch vorerst
nur in Amerika, gefunden haben.
(Fortsetzung folgt.)