Titel: | Ueber Hebung und Bergung gesunkener Schiffe. |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 29 |
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Ueber Hebung und Bergung gesunkener
Schiffe.
Mit Abbildungen.
Ueber Hebung und Bergung gesunkener Schiffe.
Es ist eine unbestreitbare Thatsache, dass die Bergung gestrandeter, die Hebung
gesunkener Fahrzeuge zumeist Geschick, Ausdauer und Muth der Rettungsmannschaften in
ausgiebigstem Maasse in Anspruch nehmen. Wohl jeder einzelne Fall bedarf einer
individuellen Behandlung, macht entsprechend seiner Eigenart vorherige Disposition
des Verfahrens und Auswahl der zu verwendenden Mittel erforderlich, schliesst
aber auch die Möglichkeit nicht aus, dass während der Arbeit rasch zu
unvorhergesehenen Maassregeln gegriffen werden muss. Die Witterung hat hier eine
entscheidende Rolle. Vergessen darf auch nicht werden, dass Hebungen nur aus
verhältnissmässig geringen Tiefen stattfinden können, denn es machen sich jederzeit
Taucherarbeiten erforderlich, für welche die praktische Erfahrung eine äusserste
Grenze von 50 m festsetzt; doch sind schon Tiefen von 40 m gewagte Tauchstücke, wenn
Verrichtungen unter Wasser nothwendig sind.
In früheren Zeiten hat man die Taucherglocke dem in Rede stehenden Zwecke oft
dienlich gemacht; freilich erfordert die Anwendung derselben, dass die Zugänge von
der Wasseroberfläche aus vollkommen frei liegen, da nur eine senkrechte Aufhängung
des Apparates in Frage kommen kann. Erfolgreich ist die Taucherglocke beispielsweise
bei Bergung des Wracks des Linienschiffes Christian
VIII. gewesen, welches am 5. April 1849 bei Eckernförde nach langem Gefecht
in die Luft flog – man hat nicht erfahren, ob durch Unglück oder durch absichtliche
Sprengung. Es handelte sich um Hebungen aus 8 bis 10 m Tiefe, wozu eine für
Hamburger Verhältnisse (Elbmündung) berechnet gewesene Glocke als geeignet befunden
worden war. Soweit die Aufzeichnungen erkennen lassen, scheint diese von Smeaton ausgeführte Construction die erste für die
Bergungszwecke brauchbare Taucherglocke gewesen zu sein. Sie bestand aus einem
gusseisernen, unten offenen, oben mit flach gewölbtem Deckel abgeschlossenen Kasten
von rechteckigem Querschnitt (2,063 × 1,80 m licht) und 2,20 m lichter Höhe, einer
zwischen 39 und 78 mm starken Wandung und 6500 k Gewicht mit einer Wasserverdrängung
von 4500 k, so dass das Eigengewicht zum Herablassen genügte. An der Decke waren
acht Glasfenster von etwa 200 mm Durchmesser eingesetzt; im Innern befanden sich
Sitzbänke und konnten Arbeitsgeräthe aufgehängt werden. Die zur Verdrängung des
Wassers aus der Glocke benöthigte Druckluft wurde von einer Luftpumpe mittels eines
ledernen und mit Kautschukfirniss gedichteten, 30 mm weiten Schlauches eingeführt,
welcher zur Verhinderung von Knickungen u.s.w. eine Einlage aus spiralförmig
gewundenem federndem Draht besass und auf ein mitten in der Decke der Glocke
luftdicht eingesetztes Messingrohr gezogen war. Der Apparat wurde mit Ketten am
Krahnausleger über Wasser gehängt und die Mannschaft kletterte von unten ein, worauf
das Senken unter fortwährendem Lufteinpumpen vor sich ging. Die Verständigung
zwischen den Tauchern und den Bootsleuten erfolgte durch Schläge an die Kammerwand
bezieh. die Kette, da der Schall gut fortgeleitet wurde. Die Taucher hatten die
Aufgabe, Ausrüstungsstücke des Linienschiffes an die Ketten von Krahnen zu
befestigen, so dass nach Versetzung der Glocke das Aufwinden der Theile erfolgen
konnte. Die zwei die Besatzung der Kammer bildenden Taucher vermochten 2½ bis 4
Stunden hinter einander, täglich aber 9½ Stunden unter Wasser zu arbeiten. Im
Allgemeinen bleibt aber die Verwendung der Taucherglocke eine beschränkte. Auch die
Versuche, vollkommen geschlossene Kammern, deren Innendruck also unabhängig von der
Wassertiefe gehalten werden konnte, haben zu brauchbaren Resultaten nicht geführt.
Die Talpa marina des Italieners Toselli, ein aus Eisen
und Bronze hergestellter 4 m langer Cylinder, sollte zwei Personen 50 Stunden unter
Wasser halten und bis 150 m tauchen können. Am 26. August 1871 hat die Talpa in
der Neapel-Bai bis zum Grund getaucht; irgend welche von ihr ausgeführte Arbeiten
sind jedoch nicht verlautbart.
Sam. Williams hatte 1827 zum Auffinden von Körpern im
Wasser 10 bis 15 m lange Ketten von etwa 50 k Tragkraft benutzt, an welche Haken
angehängt waren; beim Schleppen der Ketten fassten die Haken den gesuchten
Gegenstand. Dem Erfinder wurden damals die silberne Vulcan-Medaille und 5 Guineen
zuerkannt. Noch jetzt ist das Absuchen nach gesunkenen Objecten, deren genaue Lage
man nicht kennt und ohne weiteres nicht ersehen kann, mittels Schleppseilen u. dgl.
üblich.
Die schwerste Aufgabe fällt jedoch offenbar den Tauchern zu, welche, mit den
bekannten Taucherapparaten ausgerüstet, die genaue Lage des gesunkenen Schiffes und
dessen Zustand festzustellen haben, bevor über die Art und Weise der Bergung
disponirt werden kann. Abgesehen davon, dass der Anzug und die Verbindungsorgane die
Bewegungen sehr behindern, stellt die zumeist vorhandene Dunkelheit unter Wasser
grosse Anforderungen an das Tastgefühl. Werden Arbeiten unter Deck des gestrandeten
Fahrzeuges erforderlich, so ist beim Herabsteigen der im Zickzack verlaufenden
Treppen und Gänge die grösste Vorsicht zu beobachten, namentlich aber auch der
zurückgelegte Weg genau zu merken, da ein Rückzug auf anderem Wege die Verwickelung
der Seile und Luftrohre und damit den sicheren Untergang des Tauchers ergeben
würde.
Man hat nun allerdings dahin gestrebt, die Taucheranzüge, insbesondere die Helme, so
einzurichten, dass die Taucher unabhängig von der äusseren Atmosphäre unter Wasser
manöveriren können. Die dahin zielenden Bestrebungen gipfelten sinngemäss in der
Beschaffung bequemer Einrichtungen, welche die Athmungsluft liefern. Aehnlich wie es
seiner Zeit der Pariser Professor der Medizin Paul Bert
für die Luftschiffer in höheren Regionen vorgeschlagen hatte, dürfte, um ein
Beispiel herauszugreifen, der Taucherapparat eingerichtet gewesen sein, mit dem der
Taucher Fleuss 1880 im Westminster Aquarium mitunter
länger als 5 Stunden währende und den verschiedenartigsten Arbeiten gewidmete
Tauchungen anstandslos ausführte. Die Verbindung mit der Oberwelt war dadurch
entbehrlich gemacht worden, dass besondere Mittel die Athmungsluft immer wieder
gebrauchsfähig gestalteten.
Ein mit Wechselklappen versehener elastischer, vor dem Gesicht des Tauchers
befestigter Luftbeutel besorgte die Luft-Zu- und -Abführung in der Weise, dass die
Einathmung durch die Nase, die Ausathmung jedoch durch den Mund erfolgen musste. Die
ausgestossene Luft gelangte nach einander durch zwei aus Stahlblech hergestellte
kastenförmige Luftreiniger, welche Schwämme enthielten, die mit einer Lösung
kaustischer Alkalien getränkt und auf Brust und Rücken vertheilt waren. Aus dem
zweiten Luftreiniger wurde die gereinigte, jedoch sauerstoffarme Luft in den
Taucherhelm übergeführt, wo sich ihr mit jedem Athemzuge aus einem Behälter mit
comprimirtem Sauerstoff die erforderliche Menge dieses Gases beimischte. Indessen
ist man weder der Verwerthung dieser Einrichtung näher getreten, noch hat man andere
gleichwerthige Vorschläge in die Praxis übersetzt, sondern man hält noch heutigen
Tages an den von über Tag zu bedienenden Helmen fest.
Der Mittel zum Heben selbst gibt es viele, wenngleich sie allesammt darauf
hinauslaufen, dem untergesunkenen Object das mangelnde bezieh. verloren gegangene
Mehr an Auftrieb zu verleihen. Gummiluftsäcke, welche in Grössen von 10 bis 30 t an
die Schiffe angehängt und von oben mit Luft gefüllt werden, sind oft in Benutzung
gewesen. Doch ist ihre Abnutzung zu gross und das Verfahren umständlich und nicht
überall anzuwenden. Auch Luftgefässe aus festem Material (Holz, Eisen) in gleicher
Verwendung haben sich nicht bewährt. Auf die Ausfüllung der Schiffsräume mit
tragfähigen Mitteln greift man heute, wenn auch zumeist, um den Bootsrumpf stabil zu
machen bezieh. ihn in geeignete Lage zu bringen. Der Engländer Kyle hatte 1881 den Versuch gemacht, am gesunkenen
Schiff Netzwerke zu befestigen, in welche er von oben durch Rohre Ballons aus
Kautschuk einführte; einen Erfolg hatte er freilich nicht zu verzeichnen gehabt.
Anscheinend nach dem Vorgange Brown's (1881) sind auch
Vorschläge verlautbart, die Ballons anstatt mit Luft mit Verbrennungsgasen zu
füllen. Es sollten Patronen mit entzündlicher Ladung eingesetzt werden, deren
Entzündung mittels elektrischen Funkens zu erfolgen gehabt hätte. Des Ferneren hat
man Stoffe, welche in Berührung mit Wasser Gase, wie Kohlensäure, entwickeln, in
nach unten offene Tragekörper eingelegt, aus denen nach erfolgtem Versenken die sich
entwickelnden Gase das Wasser verdrängten. Whiteside
Cook machte 1889 der englischen Admiralität den Vorschlag, den bei Malta
gesunkenen Panzer Sultan in der Weise zu heben, dass
der Schiffsrumpf abgedichtet und in sein Inneres eine entsprechende Menge Zink und
Verdünnter Schwefelsäure. eingeführt würde, welche Medien Wasserstoffgas entwickeln.
Bei 10,36 m Wassertiefe, in welcher der Panzer lag, hätte man allerdings für je 1000
t des zu hebenden Schiffsgewichtes 10 t Schwefelsäure und 7 t Zink gebraucht.
Textabbildung Bd. 302, S. 30
Hebevorrichtung von Clark und Stanfield.
Clark und Stanfield's „Kameele“ werden in der
erforderlichen Anzahl quer über das Schiff gelegt, welches sie mit ihrer Steigkraft
heben sollen. Der Rücken a (Fig. 1) wird von einem
Ponton gebildet, an den mit Scharnieren c die
kastenförmigen Backen d angelenkt sind; diese drücken
bei b mittels Holzfutters gegen den Ponton. Die aus
mehreren Lagen starker Segelleinwand und Kautschuk mit einem starken Taunetzüberzug
gebildeten Säcke e befinden sich für gewöhnlich in
Einbuchtungen der Backen d; f sind am Ponton feste,
schiffsseitig rauh gemachte Stahlgriffnetze. Der Dom g
ist so bemessen, dass er die ganze Vorrichtung senkrecht schwimmend erhalten kann.
Das „Kameel“ wird mit unter den Ponton geklappten Backen, wie Fig. 2 zeigt, von dem mit
Luftpumpen u.s.w. ausgerüsteten Dampfer zum Ort der Verwendung geschleppt. In Folge
Einleitens von Wasser in die Backen d klappen diese
nach unten; sie werden mit Bolzen in dieser Stellung festgemacht. Werden nun auch
die Zellen des Pontons a mit Wasser gefüllt, so erhält
der Apparat die Tendenz zu sinken, so dass er an dem Krahnausleger des Dampfers hängt und
genau über das zu hebende Schiff niedergelassen werden kann. 'Nachdem auf diese
Weise die entsprechende Anzahl „Kameele“ placirt worden ist, werden die Säcke
e durch Wasser, allenfalls auch zu ½ ihres Volumens
mit Luft aufgebläht und wird das Wasser aus den Pontons und den Backen ausgepumpt,
worauf die Hebung beginnt. Geeignete Sicherheitsventile besorgen den Ausgleich des
Ueberdruckes in den Säcken während des Steigens der Apparate. Liegt das Schiff
schief, so kann man auch das „Kameel“ mittels einer Neigungskette schräg
legen; ebenso würde man in der Lage sein, durch einseitiges Aufblähen der
Backentaschen das Schiff aufzurichten. Um die Backen in Schlammboden einzuführen,
müsste man sich unter Umständen kräftiger Wasserstrahlen bedienen, welche aus den
unteren Enden der Backen ausgelassen werden. Von der Hilfe eines Tauchers könnte
aber kaum Abstand genommen werden, wie es der Constructeur gern möchte.
Textabbildung Bd. 302, S. 31
Hebeprahme.
Am 2. Juni 1892 war der mit 570 t Gütern beladene Handelsdampfer Celte an der Mündung des Kanals von Brest auf einen
Felsen gelaufen, hatte aber noch mit forcirter Maschinenkraft das erste Hafenbassin
erreichen können, wo er in 30 m Wassertiefe 16 Monate lag. Erst nach dieser Zeit
liess man durch Taucher unter dem Kiel des im Sande eingebetteten Schiffes zwölf
schwere Ketten durchholen, welche an Pontons straff gesetzt wurden. Unter Ausnutzung
des grossen Unterschiedes von Ebbe und Fluth konnte so das Schiff nach und nach
gehoben und mit Hilfe dreier Schlepper an eine seichte, bei Ebbe trockene Stelle der
Rhede geschafft werden.
Kameele oder Pontons, welche mit Hilfe von Zugorganen und Hebezeugen die Schiffe
heben und halten, leisten auch heute ihre Dienste, wenngleich sie mehr als
Hilfsmittel zweiter Ordnung auftreten. Auch Schwimmdocks lassen sich dem
vorliegenden Zwecke nutzbar machen. In Fig. 3 und 4 sind zwei
Prahme A mit einander gekuppelt. Sie sollen durch die
Krahne das am Boden liegende Schiff so weit heben, dass es auf den Dockboden D aufsitzen kann. Dieser Boden wird von Trägern L auf und ab bewegt, welche nach Art von Nürnberger
Scheren gekürzt und verlängert werden. f, d, c sind
wasserdichte Kasten. Beim Senken des Bodens D sind die
Kasten c voll Wasser, die Kasten df dagegen leer; beim Heben dreht sich das Verhältniss
um, so dass die Kasten df auf die Scheren
zusammenschiebend wirken. Um die Prahme zu verankern, sind Scheren B vorgesehen, welche durch Anziehen der Spannwerke S gestreckt und gegen das Erdreich gestemmt werden.
Diese Hebevorrichtung macht wohl kaum einen Anspruch auf grosse Bedeutung. Wenn sie
überhaupt zur Verwendung gelangen wird, so dürfte dies nur bei glatter See, geringer
Tiefe und für kleine Fahrzeuge geschehen.
Das Nämliche gilt von der Kategorie jener Hebewerke, von denen die Fig. 5 bis 7 ein
Ausführungsbeispiel zeigen. Die Vorrichtung besteht aus einem zweitheiligen Schiff
A, dessen Theile durch Träger fest mit einander
verbunden sind. An den Ketten E der Krahne B hängen Greifzangen Z,
deren Backen dadurch geöffnet gehalten werden, dass in Führungen gleitende und an
den Armen F angelenkte Stangen H von Vorsteckern G in der in Fig. 7 gezeichneten Weise
festgehalten werden. Die Vorstecker G sind an einem
Anschlage K befestigt. Befindet sich das Schiff A mit dem freien Theil über dem zu hebenden Object, so
werden die Zangen heruntergelassen; beim Aufstossen der Anschläge K werden die Vorstecker aus den Stangen H herausgezogen, so dass die schweren Arme der Zange
sich gegen einander bewegen und das Fahrzeug umfassen können. Um diesen Moment über
Wasser bemerkbar zu machen, sind Schwimmblasen 1 an den
Armen H so befestigt, dass die hochgehenden Anschläge
K die Verbindung durchreissen.
Das wichtigste Rettungsmaterial liefern die Pumpenschiffe. Es sind dies Dampfer mit sehr leistungsfähigen Pumpanlagen,
welche aus unter Wasser gedichteten Schiffen das eingedrungene bezieh. das noch
eindringende Wasser austreiben. Sie werden zu diesem Zwecke entweder direct mit dem
zu lenzenden Raum verbunden, oder man stellt, wenn die Annäherung dem Pumpenschiffe
selbst nicht möglich ist, mitgeführte, mit Dampfmaschinen gekuppelte Pumpen an Bord
von Prahmen, geeigneten Falles auch an Bord der zu lenzenden Schiffe auf. Ein
vorzügliches Pumpenschiff besitzt die österreichische Marine in dem am 18. September
1889 in Triest vom Stapel gelassenen Gigant von 36,5 m
Länge, 6,4 m Breite, 3,2 m grösstem Tiefgang und 265 t Deplacement. Seine
Dreifach-Expansionsmaschine indicirt 400 und genügt für 11,8 Knoten
mittlere Geschwindigkeit. In die wasserdichten Abtheilungen können 12,6 t
Wasserballast eingelassen werden. Die Pumpanlage besteht in einer Centrifugalpumpe
und einer Dampffeuerspritze. Die erstere saugt aus 4,45 m Tiefe je nach dem
Widerstände der Saugrohrleitung 684 bis 1026 t stündlich. Mit Ausnahme einer grossen
und einer engeren Leitung zur Herstellung der Verbindung Bord an Bord liegender
Fahrzeuge ist noch ein Satz Kupferrohre mit Korkbekleidung vorhanden, welche
schwimmfähig sind und das Legen der Leitung in Wasser gestatten. Indessen hat sich
das Zusammenbauen der grossen 300-mm-Leitung als zu langwierig (etwa 3½ Stunden) und
nur bei ruhiger See möglich erwiesen, so dass man sie durch vier Stränge von 155 mm
Durchmesser ersetzt hat. Die zweicylindrige Dampffeuerspritze wirft stündlich 240 t
Wasser 49 m hoch; sie lenzt dann, wenn der Gigant am zu
bergenden Object fest anlenken kann.
Textabbildung Bd. 302, S. 32
Schiffshebewerke.
Von typischen Bergungsfällen mögen die folgenden Aufnahme finden: Dem am 11. Juli
1894 zwischen zwei, 3 m unter Wasser gelegenen Riffen festgefahrenen italienischen
Torpedoboote 69 S war der Bug unter den Geschützrohren zertrümmert worden, während
der Bug selbst sich in einer Länge von 7 m nach und nach gänzlich vom Rumpf
loslöste. Man hob diesen mittels unter den Kiel geholter Stahldrahttaue und Ketten,
von denen jedoch nur die ersteren sich voll bewährten. Das Boot wurde erleichtert
und in dem Kesselraume brachten Taucher Querstangen an, an deren durch die Lecke
gesteckten Enden dicke, mit Brettern versteifte Pilzschichten aufgesteckt wurden;
diese legte man mittels Schraubenmuttern am Schiffsrumpfe fest. Zur vollkommenen
Dichtung des Abschlusses zog man noch auf Oelleinwand angebrachte gespickte Matten
über die Filzschichten. Um weitere Lecke zu stopfen, führte man in dem Kesselraume
mittels eines Leinwandtrichters in den Sodraum hydraulischen Cement ein, welcher
sofort erhärtete. Luftsäcke hielten dann das Wasser vom Eindringen ab. Unter solchen
Schutzmaassregeln und fortwährendem Pumpen liess sich das Boot, dessen Bug
nachträglich gehoben wurde, vom Strandungsorte, dem Golf von Policastro, nach Neapel
selbst bei schwerem Wetter schleppen.
Eine merkwürdige Lage hatte die am 6. Juni 1892 im Kanal von Oriole (südlich der
Insel Lussin) gesunkene hölzerne Brigg Resi angenommen.
Sie kenterte in Folge einer plötzlichen Böe, wobei der durch Anker u.s.w. beschwerte
Bug zuerst untertauchte; die 50 t Schotterladung ging hiernach nach vorn über, so
dass das Heck erleichtert wurde. Die Brigg sass nunmehr mit dem Bug in 44 m
Wassertiefe auf, während das Heck bis auf 8 bis 10 m Tiefe hochstand. Das Gewicht
des leeren Schiffes wurde zu 200 bis 230 t, dasjenige der nicht schwimmfähigen
Objecte zu etwa 70 t ermittelt; nach Abzug des Auftriebes musste für die zu hebende
Last 40 t angenommen werden. Die Schiffe Gigant und Triton vollzogen die Hebung der Brigg, indem sie bei
geeigneter Vertheilung von Lichterfahrzeugen zwecks Abhebens vom Grund unter dem Bug
eine 300-mm-Stahltrosse holten und diese am Krahnponton festlegten, andererseits
aber von der Brigg zu einem 300 m davon landwärts vertäuten Ponton eine
280-mm-Stahltrosse legten, mittels deren die Brigg an Land gezogen werden sollte. Es
gelang auch nach und nach, das gesunkene Schiff in Richtung der 470 m von der
Strandungsstelle entfernten Südwestspitze des Eilands Oriole grande so weit zu
schleppen, dass die Luken geschlossen und die Verbindungen der Pumpen mit den
überflutheten Räumen hergestellt werden konnten. Die Wirkung der Pumpen äusserte
sich dann in dem entsprechenden Auftauchen der Brigg.
Andere Bedingungen waren für die Bergung des am 13. December 1893 gestrandeten
900-t-Dampfers Glenbervie, welcher mit 9 Knoten Fahrt
auf das Eiland Reverol (südlich von Orsera) aufgelaufen war und hier, mit dem Bug
stark aus dem Wasser, auf einem Felsen festsass. In dieser Lage wurde er von dem
Pumpen schiff Gigant angetroffen. Durch das Auflaufen
hatte der Felsen vorwiegend nach Backbord die 18 Spanten von dem Collisionsschott
bis zum Fockmast, sowie den Kiel durchbrochen und ragte in den Schiffsraum hinein.
Man suchte vor dem Auspumpen das Schiff dadurch schwimmfähig zu machen, dass man
direct hinter der Leckstelle vom Kiel zum Oberdeck ein hölzernes Querschott
einbaute, dieses mit Kautschuk und Cement abdichtete und in den vorderen Raum 280 leere,
wasserdichte Fässer von je 700 1 Inhalt einstaute. Weder dem vereinten Pumpen der
Bergungsdampfer Gigant und Pluto, noch dem Einbau von weiteren 400 Fässern zu je 600 l Inhalt, noch
endlich den Abschleppversuchen unter Beihilfe von Lloyddampfern gelang das Abbringen
des Schiffes vom Felsen. Der letztere musste vielmehr mit mehr als 35 k Dynamit
gesprengt werden, wonach es dem Gigant im Verein mit
drei Dampfern und Lichterfahrzeugen glückte, den Glenbervie ins Fahrwasser und damit in Sicherheit zu bringen. Es war das
Ergebniss einer 3monatigen, schweren Arbeit.
Wie schon eine Tiefe von 50 m Hebungsarbeiten unmöglich macht, so übt auch der
Meeresboden auf das Gelingen derselben einen erheblichen Einfluss aus. In Triebsand
versunkene Schiffe sind nach längerem Liegen meist verloren. So hatte man im J. 1866
vergebliche Versuche gemacht, die in der Schlacht bei Lissa gesunkenen Fahrzeuge zu
heben. Im J. 1872 wurden die Versuche von dalmatischen Rhedern wiederholt; man fand
die Re d'Italia vollständig eingewühlt und überwuchert,
andere Schiffe waren überhaupt nicht mehr zu erkennen gewesen.