Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 88 |
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Ueber Fortschritte in der
Bierbrauerei.
(Letzter Bericht Bd. 299 S. 280.)
Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
III. Gährung, Hefe.
Ueber die Gährung und Lagerung des Bieres schreibt Schwackhöfer in dem offiziellen Bericht über die amerikanische Brauindustrie auf der Weltausstellung in
Chicago, S. 39: Die Refrigeratoren, d.h. die
Gähr- und Lagerräume sind in Amerika oberirdisch. Im obersten Raume mit den Settling Tubs, den Anstellbottichen, herrscht eine
Temperatur von 4 bis 6°; im Gährraume beträgt der Wärmegrad 3,5 bis 4°, im
Ruhekeller 1° und im Spankeller 1,5 bis 2° R. Die Kühlung ist eine künstliche; es
ist manchmal, um die Bottiche gegen das Herabtropfen des Wassers zu schützen, die
Anordnung getroffen, dass die kalte Luft durch Schläuche aus einem eigenen Kühlnetzraume in den Gähr- und Ruhekeller gelangt. Die
Gährbottiche sind aus Eichenholz, californischem Rothholz oder aus Cedernholz
hergestellt und fassen 100 bis 150 Brls. Die vollständig geschlossenen Ruhebütten
sind aus dem gleichen Material, sie fassen 200 bis 450 Brls. Die Spanfässer werden
aus starkem Material (aus Weisseichenholz) hergestellt; sie haben eine Capacität von
50 bis 500 Brls. Bottiche und Fässer sind innen und aussen lackirt; gepicht werden
nur die Transportfässer. Anstelltemperatur 4 bis 5° R., Hefegabe: 1 Pfund für 1 Brl.
(0,4 k für 1 hl). Die Hefe ist in den grösseren Brauereien Reinzucht. Das Aufziehen
erfolgt mittels Injectoren (1894 294 261). Die
Bottichkühler sind für Süss- oder Salzwasser, häufig auch für directe Expansion
eingerichtet. Die Decke wird mehrmals abgenommen. Gährdauer meist 10 bis 12 Tage;
scheinbarer Vergährungsgrad 60 bis 70. Das Bier kommt mit 3° ziemlich grün in grosse
Ruheständer, wo es 2 bis 4 Wochen (wohl aber auch 2 bis 4 Monate) lagert. Die Hefe
von der mittleren Schicht wird gesiebt, 12 Stunden abgewässert und dann bei 2° R.
mit nur wenig darüber stehendem Wasser aufbewahrt. Jene Brauereien, welche keine
Reinhefe verwenden und einen Stamm längere Zeit fortführen wollen, waschen die Hefe
alle 2 bis 3 Monate mit alkoholischen Lösungen von Salicylsäure und Benzoësäure (160
g Säure auf 1 l 98procentigen Alkohol). Es bleiben 50 k Hefe mit 50 l Wasser, 58 g
Benzoësäurelösung und 140 g Salicylsäurelösung 12 Stunden lang stehen. Nach dem
Abziehen der Flüssigkeit und dem einmaligen Waschen mit Condenswasser wird die Hefe
behufs Kräftigung
bei 12° R. mit 18- bis 19gradiger Würze hergeführt. Um Hefe zu kräftigen, die aus
Maiswürzen stammt, pflegt man 10 k Hefe mit 20 l abzukochen, das Hefedecoct vom
Absatz zu trennen, hierauf zu kühlen und mit 10 k frischer Hefe vermischt in Vorder
würze aufzuziehen.
Das nach Bedarf in die Spanfässer abgezogene Bier wird durch Kräusenzusatz
(durchschnittlich 8 bis 12 Proc.) aufgefrischt. Man lässt 3 bis 4 Tage ausstossen,
sodann wird mindestens einmal, nicht selten aber zweimal mit Hausenblase (Amur's Isinglas) geschönt (gewöhnlich 1 Pfund
Hausenblase für 100 Brls. Bier), worauf sofort das Fass mit dem Spundapparat
verbunden wird. Da man in Amerika stark moussirende Biere verlangt, so ist der
Spundapparat unentbehrlich. Die meiste Verbreitung hat das Eureka-Spundventil gefunden. Es ist dies ein Federventil. Durch Anziehen
einer Feder lässt sich der Druck nach Wunsch reguliren. Ein feststehender Index
zeigt an einer beweglichen Scheibe den herrschenden Druck in Pfunden für den
Quadratfuss an (in der Regel 4 bis 5 Pfund). Die überschüssige Kohlensäure entweicht
durch einen Wasserverschluss, der es gestattet, die Function des Apparates zu
ersehen. Ein Spundapparat genügt für alle Fässer; er wird zweckentsprechend mit dem
Wasserverschluss im Braumeisterzimmer aufgestellt. Ueber den Spundapparat von Zwietusch mit Druckkessel
siehe 1894 294 263. Die Behandlung im Lagerfass bis zum
Abfüllen des fertigen Bieres nimmt etwa 14 Tage in Anspruch.
Der Carbonisirungsapparat von Schneible wurde schon 1894 294 263 beschrieben;
beim Apparat von Strobaeus und Wackenhuth findet sich eine eigenthümlich construirte Mischkammer. Beim
Apparat von Feigenspan (siehe ebenfalls 1894 294 263) wird die Imprägnirung bis zu einem Druck von 10
Pfund für den Quadratzoll getrieben und geht sehr rasch von statten, so dass der
Inhalt eines Fasses von 250 Brls. in etwa 15 bis 20 Minuten imprägnirt ist.
Die Vacuumgährung ist in Schwackhöfer's Werk ebenfalls behandelt. In der Tafel 17 findet sich eine
Abbildung der Vacuumsgähranlage der Phönix-Brauerei in
Pittsburg. Das Bier wird in den Absetzbottichen bei 7 bis 7,5° mit Hefe (1 bis 1,5
Pfund für 1 Brl.) angestellt und nach 30 bis 36 Stunden in die Vacuumständer
abgelassen; es wird vacuirt und filtrirte Luft unten eingelassen. Wenn die
Saccharometeranzeige auf 4,5 bis 5 Proc. gesunken, stellt man die Luft ab und
comprimirt die sich jetzt entwickelnde Kohlensäure, welche dann nach dem Abkühlen
dazu benutzt wird, das vergohrene Bier zu carbonisiren. Die ganze Procedur vom
Einbrauen bis zum Ausstoss des fertigen Bieres dauert 20 bis 26 Tage.
In einer kritischen Uebersicht der seither erschienenen Arbeiten über, die Beziehungen des Sauerstoffs zur Hefe (Wochenschrift für Brauerei, 1894 S. 353) hält H. van Laer folgende Schlussfolgerungen für
erwiesen:
Es gibt eine alkoholische Gährung mit und ohne Hefenneubildung.
A. Alkoholische Gährung mit Hefenneubildung:
1) Wenn eine Hefe in einer geeigneten zuckerhaltigen Flüssigkeit wächst, so ist ihre
Gährkraft (d.h. das Verhältniss \frac{Z}{H} des zersetzten
Zuckers zur gebildeten Hefe) um so höher, unter je vollkommeneren
Lüftungsbedingungen die Hefe wächst.
2) Die Intensität der Zuckerzersetzung innerhalb einer bestimmten Zeit
(Gährthätigkeit oder Gährungsenergie) ist grösser, wenn die Hefe mit reichlicher
Luft in Berührung ist, als wenn sie unter Ausschluss der Luft lebt.
3) Unter sonst gleichen Bedingungen besitzt die bei Gegenwart von Luft gewachsene
Hefe eine höhere Gährkraft als die unter Ausschluss des Luftsauerstoffs
gebildete.
Schlussfolgerungen aus 1, 2 und 3: Wenn eine zuckerhaltige Flüssigkeit während der
Gährung gelüftet wird, so verläuft diese rascher und vollkommener, und es bildet
sich im Allgemeinen eine grössere Hefenmenge.
4) Die Hefenmenge, die sich in einer geeigneten Gährflüssigkeit bilden kann, kann
auch unter den günstigsten Lüftungs-, Temperatur-, Aussaat- und
Gährdauerverhältnissen ein bestimmtes Maximum nicht überschreiten.
B. Alkoholische Gährung ohne Hefenneubildung.
Wenn eine Hefe, die sich nicht mehr vermehren kann, sich in einer geeigneten
Nährflüssigkeit befindet, wächst sowohl das Gährungsvermögen als auch die
Gährthätigkeit der Zellen, wenn die Flüssigkeit während der Gährung gelüftet
wird.
Folgende Probleme haben dagegen eine neue experimentelle Untersuchung nöthig:
1) Hängt bei der alkoholischen Gährung mit Hefenneubildung die Bildung des Alkohols
mit der Zellenneubildung zusammen, oder ist sie das Werk der bereits gebildeten,
sich nicht mehr vermehrenden Zellen?
2) Würde bei der alkoholischen Gährung mit und ohne Hefenneubildung Alkohol gebildet
werden, wenn alle Hefenzellen während der Zuckerzersetzung dem Einfluss des
atmosphärischen Sauerstoffs ausgesetzt wären?
3) Wie verhalten sich bei Gegenwart von Luft die Hefen, die unter normalen
Existenzbedingungen die grösste Zellenvermehrung aufweisen?
4) Welches sind die Ursachen, die die Hefenneubildung in zuckerhaltigen Flüssigkeiten
und besonders in Bierwürzen innerhalb gewisser Grenzen halten?
5) Können gewisse Hefenrassen in Bierwürze bei Gegenwart von Luft gleichzeitig mehr
Alkohol und Hefe produciren als unter gewöhnlichen Bedingungen?
Ueber den Einfluss des Sauerstoffs auf die alkoholische
Gährung berichtet D. Iwanowsky in den Arbeiten des botanischen Laboratoriums der Akademie St.
Petersburg, 1893 Nr. 4 S. 28. Iwanowsky drückt
die Gährungsenergie in Grammen Zucker aus, welche durch 1 g trockene Hefe in 24
Stunden zersetzt werden. Der Sauerstoff ist ohne Einfluss auf die Gährungsenergie.
Einige Versuche des Verfassers zeigen, dass die Anhäufung von Alkohol von
bedeutendem Einfluss ist auf die Minderung der Energie. Werden aerobe und anaerobe
Culturen in einem Strom von Nährlösung gehalten, so fällt die Gährungsenergie beider
gleich aus. Das unzweideutige Gesammtergebniss ist, dass die Hefenzellen vollkommen
daran angepasst sind, ihre Energie nicht durch Oxydation, sondern durch Spaltung des
Zuckers zu gewinnen, dermaassen, dass ihre Gährungsenergie durch Sauerstoff gar
nicht beeinflusst wird und dass sie durch keinen noch so reichlichen Luftzutritt
dazu gebracht werden können, so wie aerobe Organismen zu athmen. Hier ist ein
wesentlicher Unterschied zwischen der alkoholischen Gührung der Hefe und der
intramolekularen Athmung der höheren Pflanzen gegeben.
H. H. Mann erhielt bei seinen Versuchen über dieWirkung gewisser
antiseptischer Stoffe auf die Hefe (Annales de
l'Institut Pasteur, 1894 S. 786) folgende Ergebnisse:
1) Bei gewissen Metallsalzen, die antiseptische Eigenschaften besitzen, wächst die
zur Tödtung der Hefe nöthige Menge des Antisepticums mit der Menge der Hefe. Bei der
Carbolsäure konnte eine ähnliche Wirkungsweise nicht beobachtet werden.
2) Die Kupfer-, Blei-, Eisen- und Quecksilbersalze verdanken ihre antiseptischen
Eigenschaften einer Fixirung des Metalls durch die Hefe. Die Menge des fixirten
Metalls ist nicht bei allen Salzen die gleiche und wechselt für jedes Metall mit der
Einwirkungsdauer, der Concentration der Lösung und der Beschaffenheit der Hefe.
3) Diese Fixirung des Metalls ist, wenigstens theilweise, auf die Bildung eines
unlöslichen Phosphats zurückzuführen. Gleichzeitig schlägt sich das Metall in
dichter Anlagerung auf die Zellwandung nieder; ausserdem können auch noch gewisse
organische Stoffe der Zellen gefällt werden.
Die Sterilisirung von Kellern, Tennen, Fässern u.s.w. mittels
Dämpfen von Formaldehyd, sowie das Verhalten von Formaldehyd gegen Hefen und
Bakterien bespricht W. Windisch in der Wochenschrift für Brauerei, 1894 S. 1531. Er weist auf
die Untersuchungen Trillat's (Comptes rendus, 119 S. 563) hin und muntert die Brauer auf, sich die
günstige Wirkung des gasförmigen Formaldehyds zu Nutzen zu machen. Es würde sich
Formaldehyd, wenn man es durch Verbrennung des Methylalkohols in dem zu
sterilisirenden Raum nach Bedarf herstellen kann, nicht zu theuer stellen. Da
Formaldehyd die Bakterien rascher tödtet als die Hefe, so hat es Windisch im Laboratorium mit Erfolg dazu benutzt, um
verunreinigte Hefen im Laboratorium von beigemischten Bakterien zu befreien.
Die Tröpfchencultur und die Bedeutung des Mikroskops in der
Brauerei ist der Titel einer Abhandlung von P.
Lindner (Wochenschrift für Brauerei, 1894 S.
697), in welcher derselbe zunächst erwähnt, dass ihm keine Brauerei bekannt sei, wo
neben der mikroskopischen Hefeuntersuchung consequent auch die Sporencultur benutzt
wird. Die Sporencultur sei für den Praktiker unbequem; sie lässt ausserdem nicht die
Bestimmung des quantitativen Verhältnisses der einzelnen Arten eines Gemisches zu.
Lindner übergibt den Praktikern eine einfache
Methode, welche die sichere Unterscheidung von wilder Hefe und Culturhefe mit Hilfe
des Mikroskops ohne weitere complicirte Apparate ermöglicht: es ist die Tröpfchenmethode. Sie ist der Lindner'schen Tropfencultur (1894 293 305) nachgebildet und kann als Tropfencultur en
miniature bezeichnet werden. Sie eignet sich ohne weiteres zur Untersuchung der
gährenden Würze oder des Bieres, bei Untersuchungen von Betriebshefen ist aber ein
Vermischen der letzteren mit Würze erforderlich. Mit geputzten und sterilisirten
Federn, die man in das betreffende Bier taucht, werden kleine Tröpfchen in Form von
Strichen auf sterile Deckgläschen gemacht; die Deckgläschen befestigt man sodann mit
Hilfe von Vaselin auf hohlgeschliffenen Objectträgern. Es ist darauf zu achten, dass
die Tröpfchen nicht austrocknen. Die Zellen vermehren sich in den Tröpfchen ohne
durch einander gemischt zu werden; dabei ordnen sie sich in der Fläche an, so dass
mit dem Mikroskop fast jede Zelle kenntlich bleibt. Charakteristisch ist nun, dass
die Culturhefenzellen Flecken bilden, die auffällig von denen der wilden Hefe
sich unterscheiden. Die Unterschiede treten am schärfsten sogar bei ganz schwachen
Vergrösserungen (etwa 100fach) hervor. Das Gesammtbild aller Zellen bedingt den
specifischen Charakter der Flecke. Wo in einem kleinen Tröpfchen sich keine
Organismen entwickeln, hat man steriles Bier vor sich.
Zwei neue Hefenarten aus Danziger Jopenbier, Saccharomyces
farinosus und Saccharomyces Bailii, beschreibt
P. Lindner in der Wochenschrift für Brauerei, 1894 S. 153. Zur Herstellung des Jopenbieres
wird die Würze so stark eingedickt, bis sie 53 bis 54 Proc. am Saccharometer zeigt,
dann auf dem Kühlschiff 24 Stunden lang gehalten und darauf mit einer Temperatur von
8 bis 12° R. gefasst. Die Brauperiode für dieses Bier dauert von November bis März.
Die Selbstgährung beginnt gewöhnlich Anfang Juni und ist in ungefähr 6 Wochen
beendet. Das Bier ist Mitte September versandtfähig, nachdem es noch durch
Filtration von Hefe und Geläger befreit worden. Ueber dem Biere befindet sich nach
beendeter Gährung eine schwarzbraune Decke. P. Lindner
fand in einer mit sterilem Wasser verdünnten Probe, abgesehen von Pilzhyphen und den
Sporen von Penicillium, dünne Zellen einer fremdartigen Hefe, aber auch solche von
dem Aussehen der Torula und der gewöhnlichen Hefe, daneben dünne Stäbchenbakterien.
Mittels Weissbierwürzegelatine wurden zwei Hefearten isolirt, die wegen ihrer
Fähigkeit, in hochprocentiger Würze vegetiren zu können, besonderes Interesse
verdienen. Die eine nennt Lindner Saccharomyces
farinosus wegen des puder- bezieh. mehlartigen Aussehens der Decke, welche
sie auf der Würze oder festem Nährboden entwickelt. Eine Decke bildet sich auf der
Würze sehr rasch; in den Zellen derselben stellt sich schon nach Verlauf einiger
Tage eine überaus reiche Sporenbildung ein; allerdings verliert die Hefe durch
andauernde Cultur auf Gelatine das Vermögen, Sporen zu bilden. Besonders hübsch ist
das Aussehen der Riesenculturen dieser Hefenart; auf den flachen Randpartien der
Colonie erscheint die Oberfläche meist wie mit kleinen, runden Schüppchen bedeckt.
Im mikroskopischen Bild der Hefenzellen selbst fällt vor allem die schmächtige Form
auf. In Culturen im hängenden Würzetröpfchen beobachtete Lindner öfter, dass an einzelnen Stellen sich Lufthyphen bildeten. Die
Hefe gehört zu den Kahmhefen und verursacht in Würze keine Gährung. Die zweite aus
Jopenbier isolirte Art nennt Lindner zu Ehren des
Danziger Forschers Bail Saccharomyces Bailii. Sie
bildet grosse, kräftige, ziemlich derbwandige Zellen von etwas langgestreckter Form.
In Würze ruft sie nur spärliche Gährungserscheinungen hervor, da sie nur Dextrose
und Rohrzucker vergähren kann. Hautbildung tritt langsam ein. Auf Würzegelatine
wächst die Hefe langsam, die Colonie ist glänzend und grauweiss. In alten
Impfstrichculturen finden sich amöbenförmige, zum Theil sporenhaltige Zellen.
Charakteristisch für die Hefe ist auch die reichliche Bildung von Glykogen.
Die sogen. hoch und niedrig vergährenden Hefen der
Praxis behalten, wie Windisch an mehreren
Beispielen in der Wochenschrift für Brauerei, 1894 S.
1565, erläutert, ihre Charaktereigenschaften durchaus nicht immer bei, wenn sie in
andere Brauereien versetzt werden. Der Vergährungsgrad ist da Schwankungen
unterworfen, die sich nicht etwa mit einem verschiedenen Zuckergehalt allein
erklären lassen. Die Eigenthümlichkeit, Bruch zu bilden oder nicht, welche ja auch
mit dem Vergährungsgrad zusammenhängt, ist nicht eine Charaktereigenthümlichkeit der
Hefe, denn sonst müsste eine bruchbildende Hefe stets Bruch bilden und eine nicht
bruchbildende stets lehmige Gährungen liefern. Es spielen hier offenbar Körper und
Verhältnisse eine Rolle, die der chemischen Untersuchung bisher entgangen sind.
Die Resultate von 99 Gährversuchen in tabellarischer
Darstellung mit dazu gehörigen Erläuterungen (Wochenschrift für Brauerei, 1894 S. 381) geben P.
Lindner zu der Aeusserung Veranlassung, dass nur mit Vorsicht allgemeine
Regeln über das Verhalten der Hefen aufgestellt werden dürfen. Jede Hefenrasse
müsste eigentlich für sich studirt werden und je nach den Resultaten solcher
Einzeluntersuchungen wären dann die Hefen in Gruppen zu ordnen und für diese Gruppen
Regeln aufzustellen. Zu den Versuchen wurden ober- und untergährige Hefen verwendet,
Hefen aus Brauereien, Brennereien und Presshefefabriken. Anstellmenge,
Gährtemperatur, das Bild der Gährung selbst, die Oberflächengestaltung der neu
gebildeten Hefe, der Vergährungsgrad, die staubige oder flockige Beschaffenheit der
geernteten Hefe, die Menge des während der Gährung entzogenen Stickstoffs, die
Säuremenge u.s.w. wurden beobachtet. Die obergährigen Hefen standen in der
Hefenerzeugung obenan; die nicht zu den Culturhefen gehörigen Rassen gaben im
Allgemeinen die geringsten Hefenernten; die untergährigen Hefen vertheilten sich
ziemlich gleichmässig in der nach Hefenausbeute geordneten Reihe. Die untergährigen
Hefen zeichneten sich aus durch compacten Bodensatz, schnellere Klärung und Krausen
mit wenig Hefengehalt. Die wilden Hefen gaben dünne Bodensätze, schlechte Klärung,
schwächere Krausen. Wellig geformte Bodensätze, heftige Krausen waren der
obergährigen Hefe eigen; die Klärung erfolgte langsamer als bei der untergährigen
Hefe.
Die Bedeutung des Rohr Zuckergehaltes für den
Vergährungsgrad erläutert Prior (Bayerisches Brauerjournal, 1894 Nr. 5). Die
Untersuchung von 13 Malzen ergab, dass der Gehalt des Würzeextractes an Rohrzucker
zwischen 5,59 und 8,69 Proc. schwankte. Zwei der untersuchten Malze gaben
reducirenden Zucker im Extract 64,97 bezieh. 64,27 Proc. Von den beiden Malzen
sollte man daher annehmen, dass ihre Würzen den gleichen Vergährungsgrad ergeben
würden. Das war nicht der Fall. Das eine Malz, welches zwar ganz den Charakter eines
guten bayerischen Malzes hatte, besass 2 Proc. Rohrzucker und lieferte deshalb einen
zu hohen Vergährungsgrad. Die Bestimmung des Rohrzuckers im Malz ist daher wichtig.
Es gibt jedoch die Methode von Jais nicht ganz richtige
Resultate, da, wie schon Ehrich (Der Bierbrauer, 1894 Nr. 4 und 5) hervorhebt, in
Malzauszügen eine Substanz enthalten ist, die nicht Rohrzucker ist und doch nach dem
Behandeln mit Säure reducirend wirkt. Prior meint, dass
diese Substanz wohl zu den Hefenährstoffen gehört und sich vielleicht unter den
Stickstoffsubstanzen der Würze befindet.
E. Fischer und Thierfelder
schreiben in den Berichten der deutschen chemischen
Gesellschaft, XXVII S. 2985, über den Einfluss der
Configuration auf die Wirkung der Enzyme. Es ist ihnen gelungen, für zwei
glukosidspaltende Enzyme, das Invertin und das Emulsin, nachzuweisen, dass dieselben
nur in diejenigen Glukoside (zu denen man auch Polysaccharide als die Glukoside der
Zucker selbst rechnen kann) eingreifen, mit denen sie eine verwandte
Configuration besitzen. Eine frisch bereitete Lösung von Invertin (Fischer lässt dabei allerdings unentschieden, ob
demselben nicht ein glukaseähnliches Ferment beigemengt ist) spaltet nicht nur
Rohrzucker leicht, sondern im Gegensatz zu der bisherigen Annahme auch Maltose, was
allerdings mit dem käuflichen Invertin nicht gelingt. Diese Beobachtung scheint
dafür zu sprechen, dass die Maltose nicht, wie man bisher annahm, von der Hefe
direct vergohren wird, sondern zunächst ähnlich dem Rohrzucker in Hexose verwandelt
wird.
Zwischen Saccharomyces cerevisiae, Typus Frohberg und Typus Saaz, konnte kein
Unterschied im Spaltungsvermögen nachgewiesen werden, dagegen darf man erwarten,
dass die Saccharomyceten, welche Maltose nicht vergähren, wie Saccharomyces exiguus,
Saccharomyces Ludwigii, auch kein glukosidspaltendes Enzym bereiten; für
Milchzuckerhefe ist dies jetzt schon erwiesen. Der Wirkungsunterschied zwischen
Invertin und Emulsin ergibt sich in folgenden Hauptpunkten: α-Methylglukosid wird durch Invertinlösung zur Hälfte in Traubenzucker
verwandelt, β-Methylglukosid dagegen nicht. Umgekehrt
spaltet Emulsin α-Methylglukosid nicht, dagegen wohl
β-Methylglukosid. Invertin invertirt Maltose und
Rohrzucker, aber nicht den Milchzucker; Emulsin dagegen lässt Maltose und Rohrzucker
unverändert und spaltet den Milchzucker. Es muss Enzym und Glukosid wie Schloss und
Schlüssel zu einander passen, um eine chemische Wirkung auf einander ausüben zu
können.
Im Anschluss an Fischer's Arbeit schreibt C. J. Lintner in der Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1894 S. 414, dass seine schon
früher über die Invertirung von Maltose und Isomaltose durch
Hefe angestellten Versuche ergaben:
1) dass bei Anwendung von Hefepulver direct die intensivste Glykosebildung
stattfand,
2) dass ein wässeriger Auszug schwach und
3) der Invertinniederschlag am schwächsten wirkte,
4) dass Isomaltose leichter angegriffen zu werden scheint als Maltose.
Lintner ist der Ansicht, dass das Maltose und Isomaltose
hydrolisirende Ferment nicht identisch ist mit dem Invertin. Es scheint aus den
Versuchen hervorzugehen, dass dasselbe schwerer löslich ist als Invertin. Es
erscheint wahrscheinlich, dass es der Glykase nahe steht.
Wie die von Hiepe in der Country
Brewer's Gazette, Nr. 434 (Referat in der Wochenschrift für Brauerei, 1894 S. 87), veröffentlichten Versuche
darthun, kann man behaupten: Die Isomaltose ist durch Hefe
Saaz praktisch unvergährbar. Es folgt dies aus Gährversuchen, die mit
Gemischen von Isomaltose mit anderen Zuckerarten angestellt wurden. Wurde eine
10procentige Isomaltoselösung (Wochenschrift für
Brauerei, 1894 S. 3) unter Zusatz von Hefewasser geprüft, so zeigte sich
aber, dass Hefe Saaz 24 Proc. der Isomaltose vergohr, Hefe Frohberg 57,1 Proc.,
Saccharomyces cerevisiae (obergährig) 50 Proc., Saccharomyces apiculatus 0 Proc. Um
dieses eigenthümliche Verhalten der Hefen gegen Isomaltose zu erklären, kann man
entweder annehmen, dass die Fermente der verschiedenen Hefenrassen verschieden und
die Isomaltose in verschiedene Verzuckerungsproducte überzuführen im Stande sind
(siehe Studien über die Isomaltose und die
„Amyloïne“, Referat von W., Wochenschrift für Brauerei, 1894 S. 28), oder, dass die Isomaltose doch
kein einheitlicher Körper ist. Die Amyloïne des Handels, welche nach einem Brown, Moritz und Morris
patentirten Verfahren im Grossen hergestellt werden, bestehen nach Hiepe's Untersuchungen aus Gemischen von Dextrose,
Maltose, Isomaltose, Dextrin und anderen Substanzen.
Der Sammelbegriff Saccharomyces cerevisiae umfasst nach
A. Bau (Wochenschrift für
Brauerei, 1894 S. 1366) vier Arten:
1)
Saccharomyces
cerevisiae,
Typus Frohberg, ober-gährig (OF),
2)
„
„
Typus Saaz, obergährig(OS),
3)
„
„
Typus Frohberg, unter-gährig (UF),
4)
„
„
Typus Saaz, untergährig(US).
Der Eintheilung liegt das physiologische Verhalten der Hefen gegen Zuckerarten
bezieh. andere Kohlenhydrate zu Grunde. Man hat dabei zwischen Gährwirkung und
Wachsthum der Hefen in Bezug auf Kohlenhydrate scharf zu unterscheiden. Nach den
Untersuchungen von Bokorny z.B. dienen Dextrine der
Hefe Saccharomyces cerevisiae sehr wohl zur Ernährung, doch können dieselben nicht
vergohren werden, wie andere unzweifelhafte Versuche erweisen. Die physiologische
Eigenschaft der Gährwirkung ist eine unveränderliche und kann als Artmerkmal
Verwendung finden. So besitzen die Hefen OS und OF unter den verschiedensten Bedingungen die
Eigenthümlichkeit, Melibiose nicht zu vergähren, die Melitriose aber in Fructose
(vergährbar) und Melibiose zu zerlegen (siehe auch die Arbeit von Bau über das Verhalten von Oberhefe gegenüber der Isomaltose
und Raffinose, Wochenschrift für Brauerei, 1894 S. 113). Die Hefen US und UF dagegen
vergähren Melitriose und Melibiose vollständig. Bei der wiederholten Prüfung des
Verhaltens der Hefen US und UF gegenüber Isomaltose fand Bau in der
Mehrzahl der Fälle, dass Isomaltose mit S zum grössten
Theil, mit F dagegen bis auf geringe Spuren von Dextrin
stets vollständig vergohr; nur einmal erhielt er aus Gerstenmalzstärke ein Product,
welches durch S unvergährbar war, durch F vergohren wurde. Bau
nennt die beiden Modificationen der Isomaltose α-Isomaltose und β-Isomaltose; die erstere ist
durch US und OS
vergährbar, die letztere unvergährbar; beide Isomaltosen werden aber durch OF und UF vollständig
vergohren. Sie sind sich in chemischer Beziehung sehr ähnlich und bilden nur ein
Osazon, das Isomaltosazon. Die Frage, ob es einen zwischen US und UF stehenden Rassentypus als
Mittelglied gibt, wie es von van Laer angenommen wird,
lässt A. Bau noch offen.
Im 6. Heft der Mittheilungen der österreichischen
Versuchsstation für Brauerei und Mälzerei in Wien berichtet H. Wichmann über neuere
Hefenreinzuchtapparate. Um dem Princip des continuirlichen Betriebes zu
genügen, kann man ein besonderes Hefegefäss benutzen, welches zugleich als
Anstellapparat dienen kann. Einen solchen, den Wiener
Anstellapparat, beschreibt Wichmann näher.
Derselbe ist im Wesentlichen nach demselben Princip gebaut wie ein Gährcylinder Hansen's, hat jedoch kleinere Dimensionen und dient nur
zur Aufnahme von 25 l Würze, die man mit Hilfe eines Pasteur-Kolbens, der 2 l
gährende Würze enthält, anstellen kann. Der Apparat kann entweder in Verbindung
mit einem Hansen-Kühle'schen Cylinder oder in
Verbindung mit einem kleinen Anstellbottich von 2 hl Inhalt benutzt werden. Es
bezweckt der Apparat in erster Linie die Umgehung der sogen. Carlsberg-Kolben. Durch
ihn werden viele Impfungen (es sind deren mindestens 17) umgangen, welche nach dem
alten Verfahren nothwendig sind, um die nöthige Menge zum Anstellen eines
Reinzuchtapparates zu erlangen. Es wird demnach an Material und Zeit gespart und die
Infectionsgefahr, welche bei jedesmaligem Oeffnen eines Pasteur-Kolbens vorhanden
ist, auf ⅛ reducirt. Ausserdem mag erwähnt werden, dass bei Einführung von
verschiedenen Hefesätzen der Gebrauch von zwei Anstellapparaten eine wesentliche
Zeitersparniss bedingt. Die ersten Gährungen werden bei verhältnissmässig hohen
Temperaturen, nämlich bei 22 bis 25° C, geführt. Im grossen Gährcylinder hält man in
Wien die ersten Stunden eine Anstelltemperatur von 20° C. ein, kühlt aber dann auf
18° C., den zweiten Tag auf 15 bis 16° C. herab und sucht während des folgenden
Gährverlaufs 15° C. zu halten. Die ersten drei Tage lüftet man auch entsprechend, am
vierten unterbricht man die Lüftung ganz, damit sich die Hefe absetzen kann. In
derselben Abhandlung findet sich das Project einer grossen Hefenreinzuchtanlage für
die an der Wiener Station zu errichtende Versuchsbrauerei. Der Sterilisator, der
auch zum Vermehren der Hefe dienen soll, fasst 15 hl; mit diesem steht ein
gewöhnlicher Gährcylinder von 2 hl Inhalt in Verbindung. Man gewinnt durch
Vermehrung der Hefe im grossen Cylinder so viel Zeug, um damit auf einmal zwei
Bottiche von 24 bis 30 hl anstellen zu können.
Van Laer veröffentlicht in den Transactions of the Institute of Brewing, VII S. 55 (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1894 S. 182),
Beobachtungen über Nachgährungen überhaupt und über zu
starke Nachgährungen („frets“) im Besonderen. Bei manchen
obergährigen Bieren, welche beim Fassen noch zu wenig vergohren sind, tritt allzu
rasch Nachgährung ein. Es bilden sich im Gegensatz zu den Formen der Hauptgährung
Zellen, welche elliptische und verlängerte Form haben und sich in der Regel nicht
zusammenballen. Die fehlerhafte Nachgährung ist nicht immer stürmisch, sie geht
bisweilen langsam vor sich und die Krankheit (fret genannt) beschränkt sich auf eine
Trübung durch wilde Hefe. Um secundäre Hefen aus gewöhnlicher Hefe zu züchten,
befreit van Laer solche Producte der Stürkeumwandelung,
welche vergohren worden waren, nach Zusatz einer geringen Menge Maltose vom Alkohol,
versetzt sie nach dem Abkühlen mit gewöhnlicher Hefe und lässt dann mehrere Wochen
im Brüteofen stehen. Der hierauf gebildete Bodensatz wird zur weiteren Cultur in
Würzegelatine verwendet. Auch auf einem anderen Wege erhielt er secundäre Hefen. Er
stellte gewöhnliche Hefe auf sterilisirtem Filtrirpapier in den Exsiccator und gab
sie dann in ein Bier, welches über 1 Jahr alt und nach Zusatz von etwas Maltose
pasteurisirt worden war. In der trockenen Atmosphäre vermehren sich die secundären
Formen rascher als der Saccharomyces cerevisiae, und in einer für den letzteren
schlechten Nährlösung werden jene Formen schneller zur Vegetation gebracht. Mittels
der beiden Methoden erhielt van Laer ausser
Saccharomyces cerevisiae, Mycoderma- und Torulaarten ohne starke Gährkraft ungefähr
zehn Culturen, welche in ihren physiologischen Eigenschaften grosse Unterschiede zeigten. Zu ihrer
Charakterisirung zieht er die Beschaffenheit des Bodensatzes heran (käsige oder
pulverige Hefen; erstere geben Bruch, letztere bestehen aus isolirten Zellen),
ferner die Höhe des Vergährungsgrades und drittens die Fermentkraft oder
Gährungsenergie, d.h. die relative Schnelligkeit der Vergährung der Kohlenhydrate in
der nämlichen Flüssigkeit bei möglichst gleicher Zahl und gleichem Zustand der
Hefen, bei gleicher Temperatur und Lüftung.
Aus englischen Oberhefen züchtete van Laer folgende
Kassen: E1, E2 und E3 (Saccharomyces
cerevisiae); E4 und E5 (Saccharomyces
pastorianus); E6
(Saccharomyces ellipsoideus); E7 bis E10 (Saccharomyces pastorianus). Die aus belgischer
Oberhefe isolirten Arten bezeichnete er mit B1 und B2 (Saccharomyces cerevisiae), B3 und B4 (Saccharomyces
ellipsoideus), B5 und
B6 (Saccharomyces
pastorianus).
Während Saccharomyces cerevisiae in der ganzen Gährzeit unverändert bleibt, haben
Saccharomyces ellipsoideus und pastorianus die Neigung, wenn man sie wiederholt
züchtet und dabei das Altwerden der Culturen vermeidet, immer mehr die elliptische
und sogar die runde Form anzunehmen. Besonders auffallend war diese Veränderlichkeit
bei E7. Van Laer stellte mit seinen Hefen Versuche an, welche
über das Wesen der Nachgährung Aufschluss geben sollten. Bei einer Versuchsreihe
wurden fünf Proben steriler Würze mit Hefe E1 in ganz gleicher Weise angestellt. Vier von diesen
Proben erhielten aber ausserdem eine Spur von einer der Hefen E4, E5, E7 und E8. Die bei 20° C.
vergohrenen Biere wurden in hermetisch verschliessbare Flaschen übergeführt und dazu
trockener Hopfen mit eigener diastatischer Kraft, je 1 g auf 360 cc Bier, gegeben.
Die Versuche ergaben:
1) Dass stets unter den angeführten Verhältnissen nach einer längeren oder kürzeren
Zeit Nachgährung eintrat und zwar unabhängig von der Zahl und der Art der
zugesetzten Hefenzellen.
2) Wenn man die Haupthefe mit einer nur ganz geringen Menge anderer Hefe mischt,
welche im Geläger eines ganz vergohrenen Bieres enthalten sind, so erscheinen die
letzteren immer schneller und mit grösserer Intensität, als wenn das Bier mit der
Haupthefe allein vergohren wird.
3) Die Stärke der Nachgährung hängt von den Arten der Hefen ab, welche mit der
Haupthefe gemengt sind. Einige secundäre Hefen, wie z.B. E7 und E8, verursachen eine
sehr heftige Nachgährung, wobei sehr lichte Zellen entstehen, die lange im Biere
schwebend bleiben, während andere, wie E5 und E6, eine mehr massige Nachgährung veranlassen, wobei
die Hefenzellen nur schwer in die Höhe steigen.
Wenn in den Bodensätzen der Biere, welche die Nachgährung durchgemacht haben, die
gestreckten Zellen vorherrschen, so kann das auf zweierlei Weise erklärt werden:
entweder ist das Bier, welches durch die Hauptgährung von den stickstoffhaltigen
Verbindungen, die assimilirt wurden, befreit worden ist, nach Zusatz von Maltose für
die secundären Arten in Folge von deren Polymorphismus eine bessere Nährlösung, oder
die Anzahl der erzeugten Zellen L ist im Verhältniss
zur Menge des zersetzten Extractes E bei den secundären
Arten grösser als bei Saccharomyces cerevisiae. Das Verhältniss L : E nennt van Laer den Reproductionscoëfficienten. Wie in Bezug auf die normale Hauptgährung mit
gemischten Rassen die Kenntniss des Reproductionscoëfficienten, so ist unter
den Verhältnissen der Nachgährung das Studium des
Kohlensäureentwickelungscoëfficienten (CO2 : E) von grosser
Wichtigkeit.
Bei Besprechung einer zweiten Versuchsreihe, bei welcher kein Hopfen dem Bier während
des Fassens zugegeben wurde, erörtert van Laer zunächst
allerlei Umstände, welche bei der Herstellung gemischter Reinhefen zu
Betriebszwecken zu berücksichtigen sind. Einzelne Hefen, wie E8, entwickeln einen ganz bestimmten
eigenartigen Geruch und Geschmack, andere Rassen besitzen auf die Ausscheidung der
Hefe Einfluss; so liefert beispielsweise ein Gemenge von B1 und wenig B4 viel mehr Oberhefe, als B1 allein. Biere aus
käsigen Hefen, z.B. B1, lassen sich leicht klären und schönen,
gehen jedoch in Folge ihres specifischen Gewichtes schwerer nach oben, während
pulverige Hefen, z.B. B4, schwer aus dem Bier entfernt werden können, aber reichliche Ernten an
Oberhefe liefern. Gewisse Hefen bringen den Gerbstoff der Würzen vollständig zum
Verschwinden, während andere ihn überhaupt nicht alteriren. Dann stellt van Laer folgende Sätze auf:
1) Gewisse Hefen, wie B3
(nach seiner Bezeichnungsweise zum Typus Saaz-Frohberg gehörig), vergähren Maltose
rasch, aber nur langsam jene Kohlenhydrate, welche die Hefen des Frohberg-Typus
leicht zerlegen. Nach der Hauptgährung ist das Bier nur wenig vergohren, die
Nachgährung verläuft zu heftig.
2) Jede Hefe, die aus einer oder mehreren Rassen ähnlicher Hefen und aus kleinen
Mengen einer höher vergährenden Hefe besteht, ist im Stande, die Nachgährung
hervorzurufen (z.B. Gemisch von E2 und E5, E2 und E8, E1 und E10, B1 und B5). Ist die zugesetzte Menge der secundären Hefen
gross (25 Proc.), so wird schon in der Hauptgährung die Grenzattenuation des
niedrigsten Typus erreicht, weshalb eine Nachgährung nicht mehr eintritt. Der
Grenzvergährungsgrad, den ein Hefengemisch hervorbringt, entspricht dem
Vergährungsgrad der am höchsten vergährenden Hefe.
3) Die Gegenwart von Hefenarten mit schwacher Gährkraft neben einer anderen oder
neben mehreren Hefen verursacht eine jenen Arten entsprechende Verzögerung der
Vergährung. Man verhindert durch solche Gemische, dass das Bier in der Hauptgährung
den der Haupthefe entsprechenden Vergährungsgrad erreicht. Die Nachgährung verläuft
also in diesem Fall auf Kosten des Unterschiedes zwischen dem Vergährungsgrad beim
Fassen und dem der Anstellhefe eigenthümlichen Endvergährungsgrad (Versuche mit B1 und B3).
Bezüglich der Immunität gegen wilde Hefen von Bieren, die mit bestimmten
symbiotischen Mischungen von Saccharomycesarten hergestellt sind, erwähnt van Laer eine in der Praxis gemachte Beobachtung: In
einer Brauerei wurden neben einander zwei Bottiche angestellt, der eine mit einer
einheitlichen Reinzucht, der zweite mit einer Mischhefe, aus der die einheitliche
Reinzucht entnommen war. Die Luft des Gährkellers enthielt sehr viele wilde Hefen.
Nach dem Fassen verhielt sich das Bier der gewöhnlichen Mischhefe ganz normal,
während die Biere aus der absoluten Reinzucht zunächst 14 Tage ganz todt blieben,
dann aber plötzlich in eine ausserordentlich starke Nachgährung geriethen und dabei
eine grosse Menge von Hefenzellen producirten, die sich von dem Saccharomyces
cerevisiae der Anstellhefe unterschied. Es müssen in der gewöhnlichen Hefe Rassen gewesen sein,
die bereits in der Hauptgährung einen Theil der Arbeit verrichteten, die den wilden
Hefen während der Nachgährung oblag. Es ist der Schluss nahe gelegt, dass in
gewissen Mischhefen Saccharomycesarten enthalten sind, welche die Wirkung der wilden
Hefen abschwächen. Nach des Verfassers Ansicht kann eine Reinhefe, die nur aus einer
einzigen Zelle stammt, nicht ungestraft in einer so leicht veränderlichen
Flüssigkeit arbeiten unter den augenblicklich herrschenden, wenig aseptischen
Bedingungen, unter denen der Kühl-, Gährungs- und Aufbewahrungsprocess gehandhabt
wird.
Wie gewisse Biere gegen die Wirkungen wilder Hefen unempfänglich sind, so können
manche derselben eine Immunität besitzen, welche sie gegen Bakterien schützt.
In einer Arbeit über die Verwendung der Reinhefe zur
Obergährung wenden sich Alex. K. Miller und
C. F. Hyde (Zeitschrift für
das gesammte Brauwesen, 1894 S. 217) gegen van
Laer und gegen die Ansicht, es müssen, um eine normale Nachgährung zu
erhalten, wilde Hefen anwesend sein. Sie geben zu, dass es eine Anzahl von Hefen
gibt, durch welche keine befriedigende Fass- und Nachgährung bewirkt wird, weisen
aber für eine von ihnen mit C bezeichnete Hefe nach,
dass sie Nachgährung allein bewirkt. Ein mit dieser Hefe erzeugtes Bier wurde der
Forcirung unterworfen. Die Nachgährung schritt rasch fort und wurde beständig
beobachtet. Das Bier enthielt anfangs gesunde, runde Zellen, die erst nach
beendigter Nachgährung körnig und geschrumpft wurden. Erst nach dieser Periode
wurden einzelne wilde Hefen beobachtet.
Die von den Verfassern nach 2jähriger Anwendung reiner Hefe gemachten Beobachtungen
rechtfertigen nach ihnen folgende Schlüsse:
1) Die Stellung, welche van Laer bezüglich der Reinzucht
einer einzigen Art von Hefe eingenommen hat, ist nicht haltbar. Einige seiner
Beweise richten sich ebenso gegen die zusammengesetzte Reinzucht, wie gegen die
einfache, während andere durch die thatsächlichen Erfolge nicht unterstützt
werden.
2) Es gibt reine Hefen von nur einer Pilzart, welche sowohl die Haupt- wie die
Nachgährung bewirken. Das mit ihnen erzeugte Bier hat bessere Eigenschaften und ist
gleichmässiger als dasjenige, welches mittels zusammengesetzter Reinzucht bereitet
worden ist.
3) Es ist zur Erzielung einer befriedigenden Nachgährung nicht nöthig, ein
diastatisches Agens (Hopfen) beim Fassen zuzusetzen.
Auch Alfred Jörgensen greift in einer Abhandlung – Hansen's System der Hefenreinzucht in der englischen
Obergährung betitelt – van Laer an (Transactions of the Institute of Brewing, VII S. 227,
durch Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1894 S.
249). Er hat sich eine Originalhefenmischung verschafft, so wie dieselbe von Burton aus versendet wird. Die Mischung bestand aus
zwei Hefen A und B. Wurde
das Hefengemisch übergeimpft in Obergährungswürze, so erwies sich A als die kräftigere; sie unterdrückte die Hefe B mehr oder weniger schon im Verlauf einer einzigen
Gährung. Es ergibt sich hieraus, dass die nach van Laer
bereitete Mischung von Hefenarten nicht im Stande ist, das numerische Verhältniss
unverändert zu erhalten. Wurden die Biere nach der Hauptgährung in sterile Flaschen
übergefüllt, so erfolgte regelmässige Nachgährung, welche aber von der Hefe A bewirkt wurde, während von B keine Spur gefunden ward. Nach van Laer hätte gerade B,
die Hefe des niedrigeren Typus, die Nachgährungen verursachen sollen. Das Resultat
seiner Untersuchungen fasst Jörgensen kurz zusammen:
Wie sich Hansen's System in seiner Einfachheit
innerhalb 10 Jahren in allen Zweigen der Gährungsindustrie des Festlandes Eingang
verschafft und überall glänzende Ergebnisse geliefert hat, ebenso hat es sich, wie
nun festgestellt ist, für englische Brauereien als nützlich erwiesen, indem mit
demselben ein gleichmässigeres und vollkommeneres Product, als früher erhalten
worden ist, und es ist sowohl wissenschaftlich, als auch durch die Praxis bewiesen,
dass mit Hefen, die aus einer einzigen Hefenrasse reingezüchtet wurden, diese
Resultate erzielt worden sind. Demnach ist nicht der mindeste Grund vorhanden, das
System verwickelter zu gestalten, und zwar um so weniger, als eine sorgfältige
Untersuchung ergeben hat, dass die zusammengesetzte Hefe von Dr. van Laer, welche die Burton
Company in den Handel bringt, die Unveränderlichkeit des Verhältnisses
zwischen den Arten, welche alle hervorragenden englischen Brauereitechniker als
Hauptbedingung ihrer Anwendung fordern, nicht zu bewahren vermag.
Die braungefärbten Ausscheidungen (Hopfenharzausscheidungen),
welche der Bierhefe beigemengt sind, deren Bau im normalen und abnormalen
Zustand, sowie deren Beschaffenheit schildert H.
Will in der Zeitschrift für das gesammte
Brauwesen, 1894 S. 315; sie bestehen im Wesentlichen aus eiweissartiger
Substanz. Ihre Structur tritt häufig besser bei der Quellung mit sehr verdünnter
Essigsäure und Nachfärben mit Anilinfarben hervor. Die braunen Ausscheidungen
bestehen bei normaler Hefe aus klümpchenförmigen Anhäufungen, welche wie marmorirt
erscheinen, indem unregelmässig gestaltete hellere gelbbraune Partien von dunkleren
unregelmässig breiten Linien umgrenzt werden. Die helleren Partien selbst zeigen
vielfach gewundene Linien und Streifungen, hervorgerufen durch Faltungen der
Substanz; hier und da sind in der Mitte der helleren Partien oder dem grösseren
Durchmesser derselben folgend regelmässigere, scharf umschriebene, rundliche bis
elliptische oder zu einem schmalen Spalt ausgezogene Stellen wahrnehmbar. Bei
vorsichtiger Präparation zerfallen die Klumpen zu feinhäutigen, mit runder oder
elliptischer Oeffnung versehenen Bläschen, die vielfach durch eine grosse Anzahl
radiär verlaufender Flächen eingeschnürt erscheinen. Zuweilen ist zwischen diesen
Bläschen Hefe eingeschlossen. Unter Umständen kommen braune Ausscheidungen bei der
Hefe in grösserer Menge (bis zu 4 Proc. der Gesammthefe) vor. In diesem abnormalen
Falle, wo ein auffällig niedriger Vergährungsgrad beobachtet wird, bestehen die
Ausscheidungen aus schaumig poröser Masse, welche ohne Ausnahme eine ungemein grosse
Anzahl von Hefenzellen einschliesst oder, falls die letzteren herausgefallen sind,
viele Löcher zeigt. Mit concentrirter Essigsäure lösen sich diese Klümpchen bei
gewöhnlicher Temperatur nicht wie die aus Bläschen zusammengesetzten Klümpchen auf,
sondern sie quellen nur stark. Bei längerer Berührung mit Wasser geben die
abgeschlämmten braunen Ausscheidungen einen rothbraunen bezieh. gelbbraunen
Farbstoff an dasselbe ab. Die Ausscheidungen stammen wahrscheinlich, von der
Deckender beobachtete niedere Vergährungsgrad rührt davon her, dass von ihnen
Hefenzellen eingeschlossen und erstickt werden.
Bei den von Hayduck angestellten neuen Untersuchungen über die Vorgänge heim
Hopfenkochen (Wochenschrift für Brauerei, 1894
S. 733) betrug die Verminderung des Stickstoffgehaltes, also die Aufnahme des
Stickstoffs durch die Hefe während der Gährung 26,5, 30 und 35 Proc. von dem
Gesammtstickstoffgehalt der Würze, je nachdem 1 l Würze mit 2, 4 oder 6 g Hopfen
gekocht worden war; also mit steigendem Gehalt an gelösten stickstoffhaltigen
Körpern aus dem Hopfen war die Stickstoffmenge, die von der Hefe aus der Würze
herausgenommen wurde, grösser geworden.
Delbrück spricht in einem Vortrag, den er über den Einfluss der Gährungsführung auf die Haltbarkeit des
Bieres hielt (Wochenschrift für Brauerei, 1894
S. 756), die Ansicht aus, das Recept, wie man schnell ein haltbares Bier ohne
Künstlichkeiten herstellen könne, sei in zwei Grundsätzen gefunden, nämlich in dem,
dass die Endvergährung für ein Bier erreicht sein muss, wenn es haltbar sein soll,
und dass diese Endvergährung womöglich schon auf dem Bottich erzielt werde. Delbrück weist dabei auf Amerika hin, wo die
Hauptgährung namentlich bei Anwendung des Vacuumverfahrens schnell bis zum
Endvergährungsgrad geht, so dass in den Ruhebütten kaum eine nennenswerthe
Nachgährung sich einstellt. Es muss nun allerdings dem Bier die in Folge dessen zu
stark zu Verlust gehende Kohlensäure wieder durch Aufkräusen oder durch die Methode
der Carbonisirung ersetzt werden. Bei uns erreicht man die Endvergährung im
Lagerfass. 1, auch 1,5 und 2 Proc. Saccharometeranzeige sind durch Nachgährung zu
beseitigen. Darin liegt nun die Schwierigkeit, weil bei der langsamen Nachgährung
leicht wilde Hefen sich einstellen. Von Lindner und Schönfeld unternommene zahlreiche Untersuchungen
ergaben übrigens das Resultat, dass in der That Brauereien vorhanden sind, welche
trotz der langen Nachgährung eine absolut reine Nachgährung haben, wo
ausschliesslich die Hauptgährungshefe das Geschäft weiter besorgt. Das günstige
Resultat schreibt Delbrück der besonderen Reinlichkeit,
überhaupt einer vollkommen ausgebildeten Technik zu.
Biere Münchner Charakters, die „Süssbiere“, sind meist nicht so haltbar, wie
die höher vergohrenen Biere. Man kann jedoch auch haltbare süsse Biere herstellen,
wenn man darauf sieht, dass reinlich gearbeitet wird, dass das Bier mit wenig Hefe,
aber viel Kohlensäure auf Flaschen kommt.
Im Anschluss an seinen Vortrag stellte der Vortragende noch die Frage auf: Gibt es
besondere Momente, die wir nicht kennen, die ein Bier immun, d.h. gefeit machen gegen gewisse Krankheiten? Nicht bloss Alkohol und
Kohlensäure sind Stoffe, die Immunität bedingen, unzweifelhaft haben alle
Umsetzungsstoffe der Hefe, wie Glycerin u.s.w., diese Eigenschaft, vor allen Dingen
aber auch gewisse Eiweissumsetzungsstoffe, die von der Hefe ausgeschieden werden.
Vielleicht gibt es Hefen, die etwa Ameisensäure oder Aldehyde, diese starken
Pilzgifte, ausscheiden.
(Fortsetzung folgt.)