Titel: | Gegenwärtige und in Aussicht stehende Vervollkommnung an elektrischen Strassenbahnen. |
Autor: | C. J. Field |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 110 |
Download: | XML |
Gegenwärtige und in Aussicht stehende
Vervollkommnung an elektrischen Strassenbahnen.
Nach einem Vortrag von C. J.
Field, New York City.
Gegenwärtige und in Aussicht stehende Vervollkommnung an
elektrischen Strassenbahnen.
Es dürfte kaum nöthig sein, über die in den letzten Jahren erfolgte Vervollkommnung
der elektrischen Strassenbahnen ein Wort zu verlieren. Wohl Niemand von uns hat sich
der Wahrnehmung dieser Thatsache entziehen können, seit im J. 1887 die damalige Sprague Company zum ersten Male elektrische Wagen im
grossen Maasstabe in den Strassen von Richmond, Va., laufen liess. Sie war die erste
Gesellschaft, welche an Stelle der Pferde elektrische Motoren für Strassenbahnen auf
längeren Strecken verwendete. Die Bedingungen, unter denen die Gesellschaft die
Concession erhielt, sowie die Schwierigkeiten, welche das Terrain bot, waren die
denkbar grössten, und es gehörte Beharrlichkeit und Muth dazu, den Bau dennoch zu
unternehmen. Steigungen von 10 bis 12 Proc., scharfe Curven, schlechter Zustand der
vorhandenen Bahnlinie, Mangel jeglicher Erfahrungen, die einen Anhalt hätten bieten
können, waren einige von den Schwierigkeiten, denen man begegnete. Das System,
welches bei der Anlage dieser ersten elektrischen Bahn befolgt wurde, war in seinen
Grundzügen dasselbe, welches noch jetzt angewendet wird: Auf das Radgestell werden
unabhängig vom Wagenkasten zwei Motoren montirt, welche durch ein Triebwerk auf die
Radachse wirken. Trotz aller Abänderungen und Verbesserungen, welche in den letzten
Jahren eingeführt worden sind, stellt dieses System in seinen Grundzügen noch
denselben Anblick wie 1887 dar, als Sprague es zum
ersten Male anwandte.
Die ersten Motoren, welche auf dieser Bahn Verwendung fanden, hatten je 7,5 .
Später ging man zu 10 und nach 1 oder 2 Jahren zu 15 über. Noch
später wurden solche von 20 construirt und gegenwärtig sind zwei Motoren
von 25 die normale Ausstattung, welche man einem elektrischen Wagen
gibt.
Die günstigen Resultate, welche die elektrische Bahn in Richmond lieferte, erregten
bald die Aufmerksamkeit von Strassenbahndirectoren, und Witney's West End Railroad in Boston war die nächste, auf welcher der
elektrische Betrieb eingeführt wurde. Die Thomson-Houston
Company, welcher der Bau und die Einrichtung der Bahn übertragen wurde,
hatte hier gute Gelegenheit, gestützt auf die in Richmond gemachten Erfahrungen, das
System weiter zu vervollkommnen und zu verbessern, um auch noch grösseren als den
bisher an dasselbe gestellten Anforderungen genügen zu können. In Folge hiervon gibt
es, abgesehen von einzelnen Drahtseilbahnen, gegenwärtig in den Vereinigten Staaten
kaum irgend eine grössere Strassenbahn, welche entweder nicht schon mit Elektricität
betrieben wird oder bei welcher man nicht im Begriffe ist, diese Betriebskraft
einzuführen. Ungeheure Kapitalien sind für den Umbau und die elektrische
Einrichtung erforderlich. Schon ehe man mit dem Bau von elektrischen Bahnen vorging,
war immer und immer wieder das Verlangen nach rascherer Beförderung in den grösseren
Städten von Seiten des Publicums erhoben worden, so dass sich schliesslich die
Bahndirectoren veranlasst sahen, der Erfüllung dieser Forderung näher zu treten. In
einigen Fällen führte man Drahtseilbahnen ein. Doch ist diese Art von Bahnen nur auf
wenige Städte beschränkt geblieben, da einmal die Beschaffung des Drahtseiles sehr
kostspielig ist und dann auch seine Leistungsfähigkeit nur unter besonderen
Bedingungen und Verhältnissen zufriedenstellend ist. Auch ist sehr starker Verkehr
ein unbedingtes Erforderniss, soll finanzieller Erfolg mit dem Unternehmen verbunden
sein.
Der Vortheil der elektrischen Betriebskraft war, dass man sie ebenso gut bei der
kleinsten Pferdebahn, welche zwei Dörfer mit einander verband, als auch bei der
längsten Linie in den grossen Städten, welche einen ungeheuren Verkehr unter den
schwierigsten Bedingungen zu bewältigen haben, einführen konnte. Eines der ersten
günstigen Resultate, welches durch ihre Einführung erreicht wurde, war die erzielte
raschere Beförderung. Zugleich zeigte sich eine bedeutende Zunahme in der Brutto-
und Nettoeinnahme und eine Ermässigung der Betriebskosten, besonders in Bezug auf
die Betriebskraft. Die ersten elektrischen Bahnen wurden hauptsächlich zur besseren
und rascheren Verbindung zwischen kleinen Städten oder Vorstädten mit grossen
Städten gebaut, so zum Beispiel die Bahn, welche Minneapolis und St. Paul mit
einander verbindet. Der Bau dieser Bahn hatte zur Folge, dass sechs dieselbe Strecke
befahrende Dampfeisenbahnen so gut wie ganz auf Einnahmen aus der Beförderung von
Passagieren zwischen den beiden Städten zu verzichten hatten.
Bei der Weltausstellung in Chicago war die innerhalb der äusseren Umzäunung in
verschiedener Höhe über dem Erdboden fahrende Bahn (Intramural Road) auch durch
Elektricität betrieben, und man denkt jetzt auch daran, diese Betriebskraft bei den
bis 120 Fuss über der Strassenbahn auf eisernen Gitterträgern ruhenden
Dampfeisenbahnen (Elevated Railroad) einzuführen. Ein oder zwei grosse
Dampfeisenbahnen sind gerade dabei, für besondere Zwecke den elektrischen Betrieb
einzuführen, so zum Beispiel soll der ganze Fracht- und Personenverkehr durch den
Tunnel der Baltimore and Ohio Railroad bei Baltimore durch grosse elektrische
Locomotiven von 1000 bis 1200 besorgt werden.
Das Vertrauen, welches Kapitalisten den elektrischen Strassenbahnen entgegengebracht
haben, ist geradezu wunderbar zu nennen, wenn man die kurze Zeit, seitdem sie
überhaupt erst bekannt sind, in Erwägung zieht. Wennschon einige wenige in Folge von
schlechter Verwaltung, Ueberkapitalisirung oder anderer nachweisbarer Ursachen
Bankerott gemacht haben, so können wir doch im Grossen und Ganzen eine grosse Reihe
von finanziellen Erfolgen verzeichnen.
Ich werde nun versuchen, einen kurzen allgemeinen Ueberblick über die verschiedenen
Theile des elektrischen Strassenbahnbetriebes und die Vervollkommnung desselben in
den letzten Jahren zu geben.
Der Unterbau. Als man mit der Einführung des Drahtseiles
oder der Elektricität als Betriebskraft vorging, gab es wohl keinen anderen Theil
einer Bahn in den Vereinigten Staaten, welcher noch nach so veralteten Grundsätzen hergestellt
war, wie gerade der Unterbau, und man musste erst wiederholt sehr trübe Erfahrungen
machen, ehe man die Notwendigkeit eines gut construirten Unterbaues einsehen lernte.
Die Construction der alten Pferdebahn war ungefähr dieselbe wie die der alten
Dampfeisenbahn von vor 50 Jahren. Sie bestand aus Längsschwellen, welche alle 4 oder
5 Fuss durch Querschwellen verbunden waren; eine flache Schiene, welche 30 bis 60
Pfund pro laufendes Yard wog, war oben auf die Längsschwelle aufgenagelt. Das
Resultat, welches man naturgemässer Weise erzielte, als man auf solcher Fahrbahn die
schweren elektrischen Wagen mit den durch ihre Selbstfortbewegung veranlassten
heftigen Erschütterungen laufen liess, war ein completer Ruin des Unterbaues. Auf
gepflasterten Strassen musste man die Querschwelle genügend tief legen, um die
Pflastersteine über sie setzen zu können. Aus demselben Grunde musste man, als man
die Tragschiene (mit hohem Steg) und ⊤-Schiene von anfangs 4 und später 5 Zoll Höhe
einzuführen begann, diese Schienen auf einen guss- oder schmiedeeisernen Stuhl oder
Längsschwelle legen. Der Erfolg zeigte, dass bei den höher gestellten Anforderungen
diese Schiene nur sehr wenig besser als die alte flache Schiene war. Besonders
zeigte sich dieses beim Schienenstoss, und es dauerte nicht lange, bis
Bauunternehmer und Eisenbahningenieure herausfanden, dass die Verwendung einer
möglichst schweren Schiene am vortheilhaftesten sei. Die Schienenwalzwerke wurden
bestimmt, schwerere und höhere Trag- und ⊤-Schienen zu fabriciren, und jetzt,
nachdem die mannigfachen sich entgegenstellenden Schwierigkeiten überkommen sind,
können wir berechtigter Weise sagen, dass mit den jetzt verwendeten Schienen unser
Unterbau dem irgend einer Dampfeisenbahn gleich steht. Die Normalschiene für
elektrischen Strassenbahnunterbau ist die 70- bis 80pfündige ⊤- oder die 70- bis
98pfündige Tragschiene. Die Höhe ist bei beiden 7 bis 9 Zoll.
90pfündige Schienen von 7 bis 9 Zoll Höhe können direct auf die Querschwellen
genagelt werden und lassen genügenden Raum für das Einsetzen der Pflastersteine.
Diese schweren Schienen mit 8- bis 12bolzigen Laschen genügen jeder Anforderung. Man
nimmt gewöhnlich die Tragschiene in gepflasterten Strassen, während man von
⊤-Schienen besonders in macadamisirten und asphaltirten Strassen Gebrauch macht.
Jedoch hat man in einzelnen Fällen auch ⊤-Schienen in gepflasterten Strassen
angewandt. Die verwendeten Schwellen sollten Normaleisenbahnschwellen sein.
Auch in der Herstellung von Kunstbauten, als Kreuzungen, Weichen, Curven u.s.w., ist
ein grosser Fortschritt zu verzeichnen. Anfangs waren diese Gegenstände in Eisenguss
hergestellt, dessen Unterwerthigkeit aber unter den neuen Verhältnissen bald erkannt
wurde. Die nächste Neuerung war, die Schienen in der jedesmal verlangten Form zu
schneiden und dann zusammenzubolzen. Sie nutzten sich aber rasch ab, wurden locker
am Stoss u.s.w. Die jetzigen Normalschienen für Kunstbauten sind aus Stahl, welche
durch Biegen in die gewünschte Form gebracht und durch Gusseisen fest- und
zusammengehalten wurden. Eine Firma verwendet auch Gusstahl und schweisst die
einzelnen Theile zusammen. Eine andere schweisst die für Gleise bestimmten Schienen
durch Elektricität zu einer Schiene ohne Ende zusammen. Eine Strecke Gleise ist
in dieser Weise in Cambridge, Boston und in Johnstown gelegt worden, und im
laufenden Jahre soll dasselbe Verfahren bei der elektrischen Strassenbahn in
Brooklyn, N. Y., die für ihre ganze Länge, über 50 Meilen, 90pfündige Schienen
gebraucht, angewendet werden. Der Versuch ist kühn und man kann ihm nur Erfolg
wünschen. Wir müssen aber erst einen strengen Winter abwarten, um dessen Einfluss
auf die so verbundenen Schienen beobachten zu können. Das Zusammenschweissen
geschieht in folgender Weise: Man schweisst zwei Schienenstösse zusammen und
überschlägt den dritten; in der Nacht, nachdem alles kalt geworden ist, schweisst
man den dritten Stoss zusammen. Hierdurch hofft man den Uebelstand zu vermeiden, den
man im vorigen Winter beobachtete, während dessen 6 Proc. der geschweissten
Verbindungen aus einander rissen.
Die Verbindungsdrähte und die Elektrolyse. Wir hören
gegenwärtig viel über Elektrolyse und elektrolytische Wirkung des elektrischen
Stromes auf der Rückleitung. Als man zuerst die Einführung elektrischer
Strassenbahnen begann und Schienen mit geringem Querschnitt verwandte, verfuhr man
gewöhnlich in der Weise, dass man die Schienen durch Verbindungsdrähte unter
einander und mit dem die Rückleitung besorgenden mehr oder weniger dicken Kupfer-
oder Eisendraht, welcher zwischen den Schienen lag, verband. Erst nahm man Draht Nr.
4 und 6, später Nr. 0 und 00. Mit der Einführung der 70- und 90pfündigen Schiene war
dem Verlangen nach genügender Leitungsfähigkeit der Schiene Genüge geleistet, und
gegenwärtig verbindet man die Schienen in solcher Weise, dass man eine fortlaufende
Verbindung von allen Gleisen erzielt und so den Weg für die Rückleitung nach der
Centralstation erhält. Wir halten es nach den bis jetzt gemachten Erfahrungen für am
besten, alle Schienenstösse durch doppelte, möglichst kurze Verbindungsdrähte zu
verbinden, ausserdem die beiden Seiten der einzelnen Schiene und die beiden Gleise
durch Kreuzverbindungsdrähte zu verbinden. Hierdurch wird Gleichheit des Potentials
in den Schienen erzielt. Wenn wir dann dieses Gleise durch Oberleitung, welche
ungefähr alle halbe Meile mit demselben in Verbindung steht, in ähnlicher Weise wie
bei den mit Oberleitung betriebenen elektrischen Bahnen verbinden, so haben wir nach
unserem Dafürhalten eine praktische Lösung aller der Schwierigkeiten gefunden,
welche sich bis jetzt einer sicheren Rückleitung des elektrischen Stromes
entgegenstellten, und zugleich alle die Uebelstände beseitigt, welche durch diesen
Mangel verursacht wurden, indem in diesem Falle der elektrische Strom auf die
Wasser- und Gasröhren übersprang und dort Störungen und Schaden verursachte.
Bau der Leitungen. Wenn wir einige der alten Leitungen,
wie sie in Richmond und anderen Städten waren, mit dem jetzigen Stand des
Leitungsbaues vergleichen, so gibt dieses uns eine Vorstellung von dem Fortschritte
und den Verbesserungen, welche in den letzten Jahren gemacht worden sind. Zu jener
Zeit benutzte man zur Isolirung alte Glas- und Porzellanscherben und kleine
Holzklötze, welche sowohl in technischer als elektrischer Beziehung nur sehr
unvollständig den Anforderungen genügten und zahllose Störungen veranlassten.
Der Normaloberleitungsdraht war damals Nr. 4, während er jetzt Nr. 0 oder 00 ist. Die
Masten, welche man damals gebrauchte, waren einfache Telegraphenstangen, ungefähr 6 Zoll am
oberen Ende und 8 Zoll am unteren Ende dick, welche bei der starken Inanspruchnahme
rasch unbrauchbar wurden. Gegenwärtig ist der Leitungsbau in jeder Beziehung den
Ansprüchen gewachsen. Die Masten sind aus Holz oder Eisen mit verschiedenem
Querschnitt. In den meisten Fällen haben übrigens die städtischen Behörden den
Gebrauch von eisernen Masten vorgeschrieben. Die Schwierigkeit beim Gebrauche der
letzteren Sorte von Masten liegt darin, eine gute Isolirung zwischen Oberleitung und
Erdboden herzustellen.
Die für den Leitungsbau nöthigen Gegenstände, als Isolirungen für Oberleitung,
Zuleitungsdrähte, Masten u.s.w., werden jetzt alle in vorzüglicher Qualität
hergestellt. In den Städten wird die Oberleitung gewöhnlich von Aufhängedrähten,
welche an den auf beiden Seiten der Strasse stehenden Masten befestigt sind,
getragen.
Der Zuleitungsdraht. Den Zuleitungsdrähten hat man mehr
und mehr Aufmerksamkeit zugewendet, so dass jetzt bei den bestconstruirten
elektrischen Bahnen selbst unter den denkbar schwierigsten Bedingungen und bei
schlechtestem Wetter das über die ganze Anlage vertheilte Potential um nicht mehr
als 5 oder 8 Proc. schwankt. Man bringt die Zuleitungsdrähte gewöhnlich als
Oberleitung an, wir aber glauben, auf Bahnen von grosser Länge durch Legen der
Hauptzuleitungsdrähte in unterirdische Ausschachtungen bessere Resultate zu
erzielen, wie es ja auch in mehreren Städten geschieht. Bei richtiger Anordnung der
Zuleitungsdrähte, der Umschalter u.s.w. und bei richtiger Vertheilung der
Zuleitungsdrähte auf dem Commutatorbrette haben wir eine vollkommene Controle über
die ganze Bahnanlage und können, wenn eine Störung eintritt, den Ort derselben
bestimmen und rasche Abhilfe bringen.
Unterirdische Leitungen. Diese Art von Leitungen, bei
denen die Arbeitsleitung und alle Zuleitungsdrähte unter die Oberfläche der Strasse
zu liegen kommen, ist das zu erstrebende Ideal für Strassenbahnen mit elektrischer
Betriebskraft, soweit grössere Städte in Frage kommen, und allem Anscheine nach
dürfte es nicht lange dauern, bis die städtischen Behörden nur unter dieser
Bedingung die Concession ertheilen werden. Der erste Versuch, eine unterirdische
Leitung anzulegen, wurde 1889 oder 1890 gemacht. Ungenügende Erfahrung, Mangel an
Tüchtigkeit beim leitenden Ingenieur oder ungenügende Geldmittel, dann aber
besonders der Umstand, dass es im Interesse der zur Anlage der unterirdischen
Leitung verpflichteten Gesellschaft lag, den Behörden das Unzweckmässige einer
solchen Anlage ad oculos zu demonstriren – alles dieses trug dazu bei, dass diese
Bestrebungen nicht mit Erfolg gekrönt waren.
Die erste wirklich leistungsfähige unterirdische Leitung wurde in Budapest gebaut und
in Betrieb gesetzt. Dieselbe war anfangs nur 7 bis 8 Meilen lang, ist aber jetzt auf
über 30 Meilen verlängert. Die örtlichen Verhältnisse waren dort sehr günstig, doch
könnte man die dortige Weite der Schlitzöffnung wegen der Breite der Radkränze in
den Vereinigten Staaten nicht gebrauchen. Vergangenes Jahr wurden in Chicago und
Washington ein oder zwei ähnliche unterirdische Anlagen von nur geringer Länge
gebaut und innerhalb der nächsten Monate werden in ein oder zwei grösseren Städten
einige von grösseren Dimensionen folgen. Die am meisten angewandte Form der
Ausschachtung wird der für eine Drahtseilbahn ähnlich sein. Die Leiter für die
Arbeitsleitung, welche an der Seite in Form von Winkeleisen oder von eisernen oder
kupfernen Stäben angebracht sind, sind in Abtheilungen getheilt und werden durch
unterirdische Zuleitungsdrähte mit Elektricität versorgt. Die Ueberführung des
Stromes von der Arbeitsleitung auf den Wagenmotor kann durch die verschiedenen Arten
von Bürsten geschehen. Nach unserem Dafürhalten wird eine Bahn mit unterirdischem
Betriebe nur dann ein befriedigendes Resultat liefern, wenn sie mit einer doppelten
Leitung ausgestattet ist und man sich in Bezug auf die Rückleitung des Stromes nicht
auf das Gleise verlässt.
Unsere Ansicht ist, dass für eine geraume Anzahl von Jahren man in den weitaus
meisten Fällen die Oberleitung anwenden wird, da diese am sichersten und
praktischsten die Ueberführung des elektrischen Stromes auf den Motor gewährleistet.
Die Kosten für eine unterirdische elektrische Bahnanlage werden auf gerader Strecke
in den meisten Fällen die für eine Drahtseilbahn übersteigen, aber in den Curven und
für Kunstbauten geringer sein.
Die Wagen und ihre Ausstattung. Bei den Pferdebahnen war
die normale Länge des Wagenkastens 14 bis 16 Fuss, die offenen Wagen hatten 7 bis 8
Bänke. Da beim elektrischen Betriebe die Anzahl der beförderten Personen bedeutend
zunahm, so fing man an, die Wagen, und zwar besonders die geschlossenen, länger zu
machen, bis man schliesslich Wagen von 26 bis 28 Fuss Länge mit doppeltem Radgestell
baute. Von dieser übertriebenen Länge ist man jetzt aber wieder zurückgekommen. Die
nach meiner Ansicht den Anforderungen am besten entsprechenden Wagenkasten haben
eine Länge von 21 bis 22 Fuss, Plattformen von 4 bis 4,5 Fuss Breite und sind auf
doppeltes Untergestell montirt. Solche Wagen sind geeignet, auch den stärksten
Personenverkehr zu bewältigen, sie nutzen den Unterbau verhältnissmässig wenig ab
und gestatten, auf den Bahnlinien in den Vorstädten mit grösserer Geschwindigkeit zu
fahren. Allgemein ist die Abneigung gegen den Bau von 19 bis 20 Fuss langen
Wagenkasten, montirt auf ein einziges Radgestell, mit 6,5 bis 7 Fuss Radstand, und
in der That ist eine schnelle Zerstörung des Wagenkastens und der Gleise das
Einzige, was man beim Gebrauche dieser Construction erzielt. Sehr viel hat hierzu
das grosse Gewicht der gusseisernen Motoren, welche starr auf der Wagenachse montirt
waren, beigetragen. Durch die Einführung von Stahlmotoren von ungefähr halb so
grossem Gewicht und durch Montirung derselben auf Federn ist diesem Uebelstande
bedeutend abgeholfen worden.
Offene Wagen haben gewöhnlich nur ein Radgestell; sind
sie aber sehr lang, so sollten sie auch auf doppeltem Radgestell montirt sein. Ein
vierräderiges Radgestell, der Radstand so gross, als es die zu durchfahrenden Curven
erlauben, aber nicht kleiner als 6,5 bis 7 Fuss, der Durchmesser der Räder 33 Zoll,
dürfte als Normalgestell für Wagenkasten von 17 bis 18 Fuss Länge anzusehen sein.
Die äusserst dauerhaft gebauten Gestelle werden in den verschiedensten Formen in
Eisen und Stahl construirt und sind mit allen nur denkbaren federnden Vorrichtungen
versehen, um die Tendenz des Wagenkastens, bei nur theil weiser und ungleich massig
vertheilter Besetzung durch Passagiere auf und ab zu wippen, zu verringern.
Die Ausstattung der Motoren. Die Vervollkommnung
der Motoren in den letzten 7 Jahren ist geradezu staunenswerth zu nennen. Der alte
Motor von 7,5 oder 10 bot einen traurigen Anblick. Seine Construction,
sowohl vom maschinentechnischen als vom elektrischen Standpunkte aus betrachtet,
liess sehr viel zu wünschen übrig; sein Betrieb war mit allen möglichen
Schwierigkeiten verknüpft; die magnetischen Felder und die Armaturen brannten jeden
Tag aus, und die Reparaturkosten beliefen sich auf 3 bis 6 Cents für den Betrieb
einer Wagen-Meile. Sehen wir uns dagegen die jetzigen Schlitzarmaturen und
wasserdichten Motoren an, die gewöhnlich mit einer Leistungsfähigkeit von 25
pro Motor oder 50 pro Wagen für jede gewünschte Geschwindigkeit
gebaut werden und dabei eine geringere Materialabnutzung als wohl irgend eine andere
Maschine veranlassen, so dürfen wir wohl mit Recht behaupten, dass die jetzt
erzielte Vervollkommnung kaum noch einer Steigerung fähig sei. Diese Motoren sind
beinahe jeder Anforderung gewachsen. Auch in Bezug auf die Controle der verbrauchten
Menge Elektricität hat man Fortschritte gemacht, welche man noch vor wenigen Jahren
unmöglich hielt.
Die elektrische Centralstation. Für den
Maschineningenieur ist diese das am meisten interessante Ausstattungsstück der
elektrischen Strassenbahn, und ich will deshalb versuchen, eine ausführlichere
Beschreibung von dem gegenwärtigen Stande ihrer vervollkommneten Einrichtung zu
geben. Als man die ersten elektrischen Centralstationen für Beleuchtung und
Strassenbahnen baute, war das Augenmerk des leitenden Elektrotechnikers besonders
darauf gerichtet, die Centralstation auch wirklich im Centrum der Bahn anläge zu
haben, mochten auch die örtlichen Verhältnisse noch so sehr einen anderen Platz
geeigneter erscheinen lassen. Erfahrung hat uns gelehrt, dass wir nicht nur die
elektrischen Anforderungen in Bezug auf Vertheilung der Kraft in Betracht zu ziehen
haben, sondern dass wir zugleich auch danach trachten müssen, die elektrische Kraft
so billig als möglich zu erzeugen. Der Platz für eine elektrische Centrale sollte so
gewählt werden, dass das Herbeischaffen von Wasser und Kohlen keine grossen Ausgaben
verursacht. Ihre Grossen Verhältnisse sollten sich nach den Anforderungen richten,
welche zur Zeit des Baues und soweit die Finanzen der Gesellschaft es erlauben, auch
in der nächsten Zukunft an die Leistungsfähigkeit der Bahn gestellt werden, ohne
aber in ferner Zukunft liegende Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.
Die Grundlage für die Berechnung der Pferdekräfte, welche eine Bahnanlage für ihren
Betrieb bedarf, beruht auf den verschiedenen, örtlichen Verhältnissen der
Personenbeförderung, der Steigungen, Curven u.s.w., aber im Allgemeinen kann man
sagen, dass bei ununterbrochenem Betrieb 15 bis 25 pro Wagen in Rechnung zu
stellen sind. Eine Bahn mit 100 Wagen würde also ungefähr 2000 verlangen.
Zu Beginn der elektrischen Aera durften wir unsere Ansprüche in Bezug auf die Grösse
und Leistungsfähigkeit der Dynamo nicht zu hoch stellen, jetzt aber ist die Technik
hierin so weit fortgeschritten, dass Dynamo von irgend welcher gewünschten Stärke
mit Garantie für ihre Leistungsfähigkeit gebaut werden. Wir haben Dynamo von 5000
in den Vereinigten Staaten.
Das Gebäude, in welchem die elektrische Centrale untergebracht ist, soll
einstöckig und feuerfest aus Eisen und Stein construirt sein; im Maschinenhause soll
ein Laufkrahn angebracht sein, welcher auch beim Herbeischaffen der Kohlen und beim
Fortschaffen der Asche u.s.w. gute Dienste leistet. Die kleinen Dynamo früherer
Zeiten pflegte man mit kleinen, automatischen Maschinen durch Treibriemen zu
verbinden, während man gegenwärtig die grossen Dynamo meist direct auf der Welle der
Maschine montirt. Die Maschinen, welche man für diesen Zweck verwenden will, müssen
denselben Ansprüchen genügen wie diejenigen, welche man in Walzwerken gebraucht; sie
müssen die grössten Unterschiede und schroffsten Uebergänge in Bezug auf ihre
Inanspruchnahme aushalten können und doch zugleich eine möglichst constante
Umdrehungsgeschwindigkeit beibehalten. Am zweckmässigsten nimmt man eine stehende
Dampfmaschine, da diese den Raum besser ausnützt. Was die Anzahl Cylinder
anbetrifft, so geht die allgemeine Ansicht heutigen Tages dahin, dass
Verbundmaschinen das beste Resultat liefern. Dreifache Expansion hat sich wegen der
grossen Ungleichmässigkeit in der Inanspruchnahme nicht bewährt, weshalb meistens
Tandem-Maschinen mit oder ohne Condensation (ersteres ist vorzuziehen) genommen
werden.
An Kesseln steht uns in Bezug auf Art, Grösse und Leistungsfähigkeit eine grosse
Auswahl zur Verfügung. Der einfache, altmodische, wagerechte Röhrenkessel mit
wiederkehrenden Feuerzügen, 16 oder 17 Fuss lang, mit 3,5- bis 4zölligen Röhren,
genügt noch heutigen Tages überall da, wo der Grund und Boden nicht übermässig
theuer ist und kein grösserer Dampfdruck als 125 Pfund verlangt wird. Werden Kessel
von besonderer Form verlangt, so steht, wie gesagt, eine grosse Auswahl zur
Verfügung; viele von ihnen geben zufriedenstellende Resultate, manche aber
verursachen mit ihrer Bedienung und Abwartung viele Unzuträglichkeiten und erzeugen
ausserdem nicht genügend trockenen Dampf.
Der Wagenschuppen. Ein praktisch angelegter
Wagenschuppen ist für eine Strassenbahn anläge von derselben Wichtigkeit wie die
elektrische Centralstation. Er sollte aus feuerfestem Material gebaut sein, den im
Betrieb befindlichen Wagen bequeme Ein- und Ausfahrt gestatten und auch die Vornahme
von kleineren Reparaturen an denselben zulassen; ferner sollte genügender Raum für
nicht im Betrieb befindliche Wagen vorhanden sein. Seine Grösse, ob ein- oder
zweistöckig, muss sich nach den jeweiligen Anforderungen, welche an ihn gestellt
werden, richten; auch muss eine Reparatur-, Maler- u.s.w. Werkstätte mit ihm
verbunden sein.
Die Betriebs- und Ausstattungskosten. Die
Gesammtbetriebskosten der alten Pferdebahnen in grossen Städten war 18 bis 25 Cents
pro Wagen-Meile. Beim Betrieb unserer Strassenbahnen ist eine Wagen-Meile als
Einheit für die Berechnung angenommen. Der am meisten ins Gewicht fallende Posten
bei den Betriebskosten der Pferdebahnen bestand in den Ausgaben für die
Betriebskraft, in den Ausgaben, welche für die Abwartung und Erhaltung, das Futter
und die Abnutzung der Pferde in Rechnung gesetzt werden musste. Die
Durchschnittsdauer eines Pferdes auf einer gut geleiteten Pferdebahn ist 5 bis 6
Jahre, und die Anzahl Pferde, welche pro Wagen benöthigt sind, ist je nach den
Verhältnissen und Anforderungen 8 bis 11, so dass die Ausgaben für die Betriebskraft
bei den Pferdebahnen sich auf 8 bis 11 Cents pro Wagen-Meile belief. Gerade in diesem Punkte hat
der elektrische Betrieb die bedeutendste Ersparniss gebracht, da bei ihm die Kosten
für die Betriebskraft nur 1 bis 1½ Cents pro Wagen-Meile sind. Ist dieses nicht ein
staunenswerther Fortschritt in wenigen Jahren und beweist er nicht, wie sehr
geeignet gerade für Strassenbahnen der elektrische Betrieb ist? Bei der Pferdebahn
beliefen sich die Betriebskosten auf 70 bis 80 Proc. der Bruttoeinnahme. Seit
Einführung der Elektricität als Betriebskraft haben wir eine bedeutende Zunahme der
Bruttoeinnahme zu verzeichnen. Diese Zunahme beträgt 25 bis 50 Proc., ja in
einzelnen Fällen bis 100 Proc., während die Betriebskosten sich nur auf 40 bis 60
Proc. der Bruttoeinnahme belaufen.
Die mit dem Bau und der Ausstattung einer elektrischen Bahn verbundenen Kosten sind
bedeutend. Während der letzten Jahre sind sie aber bedeutend gesunken, besonders was
die für die elektrische Ausstattung betrifft. Aber nicht nur sind die Kosten
geringer geworden, sondern für weniger Geld bekommt man noch obendrein bessere
Waaren, welche weit weniger der Abnutzung unterliegen als die noch vor wenigen
Jahren fabricirten. Der Durchschnittspreis für zwei Motoren von 15 und ihre
Montirung war noch vor 4 Jahren 3000 bis 3500 Doll. Jetzt kann man zwei Motoren von
25 , welche den vorigen bei weitem überlegen sind, für ungefähr 1000 Doll.
haben, so dass sich die Gesammtkosten eines Motorwagens, Kasten, Radgestell, Motoren
u.s.w. eingerechnet, auf annähernd 2200 Doll. stellt. Eine Meile Unterbau, mit
90pfündiger „Girder“-Schiene, die Kosten für neues Pflaster nicht
eingerechnet, aber die Kosten für Aufreissen und Wiederlegen des alten eingerechnet,
kostet ungefähr 7500 Doll. pro Meile eingleisiger Bahn. Kunstbauten sind hierin
nicht inbegriffen. Zweigleisige Bahnen mit Oberleitung, eisernen Masten,
Zuleitungsdrähten u.s.w. kosten ungefähr 4000 bis 5000 Doll. pro Meile; mit
hölzernen Masten ungefähr 3000 bis 4000 Doll. Beim Gebrauch von direct verbundenen,
stehenden Verbundmaschinen mit Condensation kostet die Pferdekraft für die
Dampfmaschinenanlage 50 bis 55 Doll., für die elektrische Anlage 20 bis 25 Doll.
oder für beide zusammen 70 bis 80 Doll. für 1 . Fassen wir alles zusammen,
so belaufen sich die Kosten für den Bau einer elektrischen Strassenbahn (wir meinen
hier nur den Umbau und die Umänderung einer Pferdestrassenbahn in eine mit
elektrischem Betrieb), elektrische Centralstation, Gebäude, Wagenschuppen,
Ausstattung, Gleise und Oberleitung inbegriffen, auf 20000 bis 25000 Doll. pro Meile
eingleisiger Bahn.
Schlussfolgerung. Ohne fürchten zu müssen, der
Uebertreibung für schuldig befunden zu werden, möchte ich behaupten, dass die
elektrischen Bahnen alle Erwartungen und Hoffnungen, selbst die, welche ihre
enthusiastischsten Parteigänger bei ihrer Einführung in sie setzten, erfüllt haben,
und wenn wir sehen, wie in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern dieselben
immer mehr und mehr Verbreitung finden, so können wir ungefähr die Grösse des
Fortschrittes, welche in diesem Zweige der Technik gemacht worden ist,
verstehen.
Was die Aussichten der Elektricität als Betriebskraft der Zukunft anbetrifft, so wird
sie nicht nur wie heute für Bahnen in den Städten und zwischen diesen und den
Vorstädten angewendet werden, sondern sie wird auch als Concurrentin des Dampfes auf
den grossen Eisenbahnlinien auftreten und eine grosse Umwälzung der dort
bestehenden Verhältnisse herbeiführen.
Bis jetzt hat man bei den Strassenbahnen nur directe und continuirliche Ströme
angewendet. Bei dem grossen Fortschritt aber, welcher gegenwärtig in der Fabrikation
von Apparaten für Wechselströme zu constatiren ist, müssen wir jederzeit seiner
Einführung bei den Strassenbahnen, besonders bei denen, welche sich auf grössere
Entfernungen erstrecken, gewärtig sein.