Titel: | Fahrräder. |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 250 |
Download: | XML |
Fahrräder.
(Vorhergehender Bericht 1896 301 * 175 u.s.f.)
Mit Abbildungen.
Fahrräder.
I. Systeme und Rahmen.
a) Fahrräder mit
Fussbetrieb.
Zur Ueberführung Verwundeter von der Unglücksstelle zum Hospital sind in New York
seit einiger Zeit Ambulanzfahrräder im Dienst. Diese bestehen aus zwei
Zweirädern, die derart mit einander verbunden werden, dass der Zwischenraum
zwischen beiden einen leichten, auf vier Federn ruhenden Rahmen zur
Aufnahme einer Matratze bildet. Ferner ist jede Maschine mit einer Vorrichtung
zur Aufnahme des Verbandkastens u.s.w. versehen.
Zu demselben Zweck construirten zwei Wiener ein Fahrrad, das sofort in einen
zweirädrigen Krankenwagen umgewandelt werden kann. Das Gestell dieses Rades ist
so eingerichtet, dass es so zusammengelegt werden kann, dass die anfangs hinter
einander stehenden Räder neben einander zu liegen kommen und alsdann unter
Zuhilfenahme zweier Stangen einem modernen Krankenschiebewagen gleicht.
Textabbildung Bd. 302, S. 250
Fig. 1.Einrad von Finch.
Das dem modernen Niederrad angepasste Einrad von J. W.
Finch in Northampton, Mass. (Amerikanisches Patent Nr. 521786),
besteht, wie Fig. 1 zeigt, aus einer das Laufrad
bildenden Felge a, auf welcher der Pneumatikreifen
b montirt ist. Auf der Innenseite dieser Felge
befindet sich eine Spurrinne, in der das Antriebsrad c, sowie die Stützräder d und e laufen. Diese Räder sind mit dem Rahmen h, der den Sattel trägt, verbunden. Um nun den
Antriebsmechanismus in der Spurrinne zu halten, ist mit dem hinteren und
vorderen Ende des Rahmens die Strebe f, welche die
Leitrollen g trägt, verbunden.
Textabbildung Bd. 302, S. 250
Fig. 2.Dreiradkutsche von Vorreiter und Müllendorff.
Ausser den Gepäckdreirädern des Dienstmanninstitutes sieht man in Berlin
Dreiräder im Dienste der Personenbeförderung. Dieses Fahrrad ist ähnlich denen
des Dienstmanninstitutes gebaut, nur mit dem Unterschied, dass sich auf der
Achse der Hinterräder, statt der Plattform, ein auf Federn ruhender,
sänfteartiger Sitz, der mit einem Verdeck versehen ist, befindet. Der Fahrer hat
seinen Platz in gewöhnlicher Weise vorn auf dem Sattel.
Fig. 2 zeigt eine solche Dreiradkutsche (D. R. G.
M. Nr. 51774) von E. A. Vorreiter und E. Müllendorff in Berlin, mit welcher sowohl
vorwärts als rückwärts gefahren werden kann. Zu diesem Zweck ist der Sattel nach
zwei entgegengesetzten Richtungen für die das Fahrzeug zu bewegende Person
benutzbar. Dieses wird dadurch erreicht, dass die Sattelstütze nach vorn oder
hinten gedreht wird, desgleichen wird die Lenkstange je nach der Fahrrichtung
entweder am Steuerrohr a oder bei b eingesetzt, wo diese die Lenkung durch die
Schiene c auf das Vorderrad überträgt. Der Sitz für
die zu befördernde Person ist hier wie bei vorbeschriebener Construction
zwischen den beiden Antriebsrädern befestigt.
Die bis jetzt zum Controliren des Bahnkörpers verwendete Eisenbahndraisine hat in
dem Vierradtandem, das im „Park agricole d'Achères“ in Paris auf einer
Schienenbahn von 10 km Länge bei 60 cm Spurweite in Thätigkeit ist, eine
Verbesserung erfahren. Dieses Fahrzeug ist wie das moderne
Strassen-Vierradtandem gebaut, nur mit dem Unterschied, dass die Felgen einen
den Eisenbahnrädern ähnlichen Querschnitt haben (Fig.
3). Jede dieser Felgen ist mit einer Rinne c zur Aufnahme der Speichenköpfe sowie des Gummireifens b versehen. Mit diesem Vierrad werden per Stunde 33
km gefahren. Das Gewicht der completen Maschine ist 35 kg, so dass dieselbe
leicht von den Schienen abgehoben und wieder aufgesetzt werden kann. (Nach Revue universelle.)
Textabbildung Bd. 302, S. 251
Fig. 3.Radfelge des Vierradtandem.
Um die Nachtheile des Hartlöthens zu vermeiden, wenden die Schönebecker
Fahrradwerke von Hoyer und Glahn in Schönebeck a. E. ein Walzverfahren an, welches auf kaltem
Wege die in Fig. 4 dargestellte Verbindung
erzeugt, die nach den Ermittelungen der königl. technischen Versuchsstation eine
durchaus feste Verbindung abgibt.
Textabbildung Bd. 302, S. 251
Fig. 4.Röhrenverbindung von Hoyer und Glahn.
Um Erschütterungen und Stösse zu beseitigen, liess sich E. Jonckheer in Brüssel ein gelenkig verbundenes federndes Gestell
patentiren (D. R. P. Nr. 87271). Wie Fig. 5 bis 7 zeigt,
ist auf der das Tretkurbellager enthaltenden Hülse a beiderseits ein Ring b befestigt, der
mit zwei Augen cc1
versehen ist. In die nach oben gerichteten Augen c
der beiden Ringe ist das untere, zu einem Körnerzapfen e ausgebildete Ende des Sattelstützrohres d eingesetzt, während die Augen c1 zur Aufnahme der konisch zulaufenden Enden
eines gleichen Zapfens f dienen, welcher mit dem
zur Vorderradgabel führenden Rohr g verbunden ist.
Jeder Ring b besitzt ferner einen nach hinten
gerichteten Stutzen, an welchem der betreffende Schenkel der Hinterradgabel i befestigt ist.
Am unteren Ende des Sattelstützrohres greifen zwei Blattfedern k und l an, deren
obere Enden durch Gabel m bezieh. Stange n mit der
Hinter- und Vorderradgabel verbunden sind. Die unteren Enden dieser Federn
bilden, wie aus Fig. 6 und 7 ersichtlich, eine
im Querschnitt halbkreisförmige Schale; diese umgreifen das untere Ende des
Sattelstützrohres von beiden Seiten und werden durch Bolzen o und p
festgehalten.
Textabbildung Bd. 302, S. 251
Federndes Gestell von Jonckheer.
Durch diese Einrichtung wird jeder auf das Vorderoder Hinterrad wirkende Stoss
aufgehoben oder wenigstens gedämpft. Die sonst üblichen Sattelfedern sind hier
überflüssig.
Textabbildung Bd. 302, S. 251
Federnde Gabel von Goldschmidt.
Die Velocipedfabrik Neumarkt von Gebr. Goldschmidt in Neumarkt (Oberpfalz) bringt
nach ihrem D. R. P. Nr. 87863 die Federung nur am Gabelkopf an. Zu diesem Zwecke besitzt
derselbe zwei zum Rade parallele Gehäuse a (Fig. 8 und
9),
die mit je zwei Lappen b versehen sind. Zwischen
letzteren liegen, um Bolzen d drehbar, die
Einsatzstücke c, an welche die Scheiden g angeschlossen sind. Diese Scheiden tragen oben
einen Arm c1 (Fig. 10),
der in das betreffende Gehäuse a hineintritt und
dem Drucke der Feder f, die sich mit dem einen Ende
gegen den Boden der Gehäuse stützt, ausgesetzt ist. In dem gegenüberliegenden
Ende des Gehäuses a ist je ein Schraubenstöpsel e eingedreht, der den Armen c1 der Theile c als Anschlag dient und dadurch die Scheiden g in der Richtung des Gabelrohres h
hält.
L. Camus in Paris ordnet nach D. R. P. Nr. 87946 die
Federung am unteren Ende der Vorderradgabel an, zu welchem Zwecke die Radachse
in rechtwinklig zur Gabel stehenden Coulissen, unter Federdruck stehend,
verschiebbar gelagert ist. Die Wirkung der Federn ist dieselbe wie bei
vorbeschriebener Anordnung.
Nach D. R. G. M. Nr. 56932 schwächen Gebr. Hinze und
Paasch in Magdeburg-Süden bürg die Stösse ab, indem sie die
Sattelstütze auf Federn aufsetzen. Zu diesem Zwecke ist die Sattelstütze nicht
starr mit dem Gestell verbunden, sondern kann sich in einem Rohre mittels
Spiralfeder auf und ab bewegen. Die Stosse werden nun dadurch abgeschwächt, dass
beim Gebrauch des Fahrrades die Sattelstütze durch das Gewicht des Fahrers nach
unten und durch die Feder nach oben gedrückt wird.
Da die Vorderradgabel die meisten Stösse abzufangen hat und der Druck auf
dieselbe ein ziemlich starker ist, kommen auch hier die meisten Verbiegungen und
Brüche vor. Diesem wird gewöhnlich dadurch abgeholfen, dass die Gabelscheiden in
ihrem Inneren verstärkt werden.
Textabbildung Bd. 302, S. 252
Fig. 11.Gabelversteifung.
Eine sichere Gabelversteifung für mehrsitzige Fahrräder beschreibt Revue universelle vom 16. Januar 1896. Bei
derselben geht vom oberen bis zum unteren Steuerkopf eine Hilfsgabel CD (Fig. 11) und von
hier bis zur Nabe des Rades eine zweite DB. Diese
Hilfsgabel ist mit der eigentlichen Steuergabel A
durch ein Zwischenstück E mittels Muffen
verbunden.
Fig. 12 zeigt eine Versteifung des Gabelkopfes A dadurch, dass ein Stützrohr D einerseits am Rahmenrohr E festgemacht, während sein anderes Ende, das einen Kopf F bildet, auf Kugeln in einer Verlängerung des
Gabelkopfes A drehbar gelagert ist. Diese Anordnung
wird sich besonders für ein- und mehrsitzige Damenräder empfehlen.
Textabbildung Bd. 302, S. 252
Fig. 12.Gabelkopfversteifung.
Die Fahrradfabrik von A. Opel in Rüsselsheim a. M.
beseitigt durch ihr D. R. G. M. Nr. 54292 diesen Uebelstand, indem sie in
den Gabelkopf eine dritte Querplatte einlegt, welche die beiden anderen
verstrebt. Fig. 13 zeigt die neuen Querplatten
abc, welche den Gabelkopf d mit den Schenkeln ee
verbinden. Die Platten ac entsprechen den bisher
üblichen, nur dass ihr mittlerer Theil fg nach oben
ausgebogen ist. Die Verstärkungsplatte b verhindert
die Verbiegung des Querstückes. Diese Platte muss in gewisser Weise gekrümmt
sein, damit sie in schräger Linie von der Platte a
zu der Platte c übergehen kann.
Textabbildung Bd. 302, S. 252
Fig. 13.Opel's Gabelkopfversteifung.
Textabbildung Bd. 302, S. 252
Fig. 14.Gabelkopfversteifung von Hartung.
Die Berliner Gusstahlfabrik und Eisengiesserei A.-G. von
H. Härtung in Berlin verstärkt die besonders beanspruchten Theile des
Rahmens einsitziger Maschinen durch Streben. Gabeln der Zwei- und Mehrsitzer,
sowie der untere Theil des Steuerrohres erhalten die durch D. R. G. M. Nr. 62067
geschützte Kreuzverstärkung (Fig. 14).
Textabbildung Bd. 302, S. 252
Fig. 15.Rahmenversteifung von Reissmann.
Für besonders schwere Fahrer versteift P. Reissmann
in Doos bei Nürnberg den Rahmen, wie Fig. 15
zeigt, dadurch, dass er zwei wagerechte Rohre über einander anordnet.
Textabbildung Bd. 302, S. 252
Fig. 16.Versteifung der Hinterradgabel der Oesterreich.
Waffenfabriksgesellschaft.
Die Oesterreichische Waffenfabriksgesellschaft in
Steyer stellt nach dem österreichischen Privilegium vom 28. Juni 1896 jeden
Schenkel der Hinterradgabel, statt aus einem, aus zwei über einander liegenden
Rohren a und b (Fig. 16) von kleinem Durchmesser her, welche in
der bisher für ein Rohr üblichen Weise mit dem Hinterradlager c und mit der Tretkurbellagerhülse d verbunden sind. Diese beiden Rohre geben in Folge
ihrer Uebereinanderanordnung und ihres geringeren Durchmessers der Gabel eine
geringere Breite.
Zum Zwecke der gegenseitigen Versteifung sind die Rohrpaare ab durch kurze Rohrstücke e mit einander verbunden.
b) Fahrräder mit
Kraftbetrieb.
Textabbildung Bd. 302, S. 253
Motorzweirad von Egg-Schädler.
Bei dem Motorfahrrad (Fig. 17) von E. Egg-Schädler in Zürich (Schweizerisches Patent
Nr. 11798) ist der Motor für Kohlenwasserstoffbetrieb (Benzin o. dgl.) im
vorderen Theil des Rahmens unterhalb der Lenkstange angebracht und hat zwei
Cylinderpaare aa1
(Fig.
17 bis 19), die in ein
gemeinschaftliches Gehäuse b einmünden. Um einen
guten Abschluss der Cylinder und der übrigen Motortheile zu erzielen, so dass
diese gegen Staub geschützt sind, ist dieses Gehäuse geschlossen. In diesem Raum
liegt ebenfalls die Kurbelwelle c (Fig. 17 und 20), an
welcher die Kolbenstangen e und e1 angreifen.
Zwischen den Cylindern aa1 und an dem Kohlenhydratgefäss d sind
Zuführungsleitungen angebracht. Wie Fig. 17 und 18
zeigen, befindet sich über diesem Kohlenhydratgefäss der Kühlwasserbehälter f, der zur besseren Abkühlung durch den Luftzug
Rippenwände hat. Diese Uebereinanderanordnung verhindert, dass die in Folge der
Verdunstung im Benzingefäss stattfindende Temperaturerniedrigung den
Wasserbehälter zu stark abkühlt, wodurch ein gleichmässiges Gasgemisch
ermöglicht wird. In dem Benzinbehälter d befindet
sich eine siebartig gelochte Scheidewand d1, welche zwischen sich und dem Boden einen
kleinen Zwischenraum frei lässt, in den die äussere Luft durch die senkrechte
Röhre d2 absteigen
kann, und in Folge der Saugwirkung der Kolben durch die Flüssigkeit fein
aufsteigt und sich mit Kohlenwasserstoff schwängert.
Die Zündung dieses Explosionsgemisches in den Cylindern geschieht durch
elektrische Funken, die von isolirten Spitzen auf die Kolben überspringen. Der
zu dieser Funkenbildung nöthige Strom wird in einer Rhumkorff-Spirale gebildet,
für welche eine bei g am Gestell befestigte
Trockenbatterie h den primären Strom liefert.
Dieser wird durch ein halb so rasch wie die Motorwelle sich drehendes Organ
(Steuerungsrad) und an demselben sich befindende Nocken in passenden Momenten
geschlossen; der Secundärstrom bedarf keiner besonderen Steuerung. Die Funken
können von den mit dem positiven Pol der Inductionsrolle verbundenen isolirten
Spitzen auf den Kolben überspringen, wenn letzterer sich in seiner
innersten Stellung im todten Punkt oder in der Nähe desselben befindet.
Die Cylinderpaare sind so angebracht, dass die Verlängerung der Kurbelwelle in
gerader Linie zur Achse des Antriebsrades geht bezieh. zu den Winkelrädern.
Diese Winkelräder sind zwei Paare ii1 und kk1 (Fig. 17, 18 und
22),
wovon das eine für schnelle und das andere für langsame Fahrt dient. Zwischen
den auf der Kurbelwellenverlängerung l sitzenden
zwei Zahnkölbchen i1 und k1
liegt ein mit der Welle l fest verbundener Ansatz
l1 mit
Vorsprüngen und Einschnitten, so dass durch Verschieben der Welle l in ihrer Längsrichtung das Winkelrad i1 oder k1 in feste
Verbindung gebracht werden kann. In der Mittelstellung des Ansatzes i1 ist weder das
Rad i1 noch das Rad
k1 angetrieben,
so dass das Fahrrad mit Fussbetrieb in Bewegung gesetzt werden kann, ohne dass
der Motor mitläuft. Die Verschiebung der Welle l
geschieht durch einen die Hülse n umfassenden
Einrückungshebel m (Fig. 17 und 20),
dessen Zapfen m1 in
einer Nuth des Muffenstückes n liegen, so dass
dasselbe eine Längsverschiebung durch den Hebel m
vollziehen kann. Dieses Muffenstück n dient
speciell noch zur Kuppelung der Welle l mit der
Kuppelwelle c.
Um den Motor allein arbeiten zu lassen, wird der Fussantrieb folgendermaassen
ausgeschaltet: Im hinteren Kettenrad ist ein Kugelgesperr angebracht. Der
ringförmige Zahnkranz p (Fig. 21) kann frei
über die Verzahnung eines auf seiner Nabe befestigten Sperrades q laufen und nimmt, sobald er vorwärts bewegt wird,
die Kugeln mit sich, so dass eine Einklemmung der Kugeln zwischen p und q stattfindet.
Diese Kuppelung löst sich sofort wieder, sobald der Zahnkranz durch die Kette
einen Impuls nach rückwärts erhält.
Das Motordreirad (Tandem) von Léon Bollée in Mans,
Sarthe (Fig. 23), ist nach dem Dreiradsystem
gebaut, hat hinten ein Antriebsrad, während sich vorn zwei Lenkräder befinden.
Zwischen letzteren ist der eine Sitz, der andere ist in der Mitte des aus Röhren
bestehenden Gestelles angebracht. Der Motor, sowie der Erdölbehälter, der 7 l zu
einer Fahrt von 80 bis 90 km fasst, sind an beiden Seiten des Hinterrades
(Treibrad) montirt. Die Speisung des Motors geschieht dadurch, dass das Erdöl
seiner Schwerkraft zufolge aus dem Behälter in den Carburetor gelangt und durch
einen Tropfregulator geht, welcher einen den Bewegungen des Erdöls folgenden
Schwimmer enthält, der die Einströmöffnung regelt oder schliesst. In dem
Carburetor vertheilt sich das Erdöl in einem Schwamm aus Bronze, wodurch
dasselbe äusserst fein zerstäubt und in dieser Form durch den Luftzug, den ein
Ventilator erzeugt, fortgeleitet wird. Durch eine Regulirstange, die vom
hinteren Sitz aus bethätigt wird, können mehr oder weniger die Löcher des
Ventilators geöffnet werden, wodurch die Zusammensetzung des Gasgemisches
geregelt wird. Die Zündung geschieht mit Hilfe eines Platinzünders, der durch einen Brenner
erhitzt wird. Die Kühlung dieses wagerechten 2--Erdölmotors geschieht
durch kleine, am Motor angebrachte Löcher, durch die der beim Fahren erzeugte
Luftzug streicht. Die Regelung der Fahrgeschwindigkeit bewirkt ein Regulator,
der unter dem Entweichungsventil so arbeitet, dass, wenn der Motor zu schnell
läuft, der Regulator das Steigen des Entweichungsventils verhindert und in Folge
dessen das Austreiben der verbrannten Gase und bei der folgenden Drehung der
Eintritt einer neuen Ladung nicht stattfinden kann.
Textabbildung Bd. 302, S. 254
Fig. 23.Motordreirad (Tandem) von Bollée.
Bei normalem Gange ist dieses Ventil durch Vermittelung von Hebeln und Stangen
durch eine Riemenscheibe C, die auf einer zur
Treibachse parallelen Achse befestigt ist, direct geregelt. Diese Riemenscheibe
bewegt einen Treibbügel, der die Bewegung dem Ventil übermittelt. Das
Zurückgehen dieses Ventils geschieht durch Federn. Zur Dämpfung des Geräusches
puffen die verbrannten Gase in einen Behälter und durch diesen ins Freie.
Textabbildung Bd. 302, S. 254
Fig. 24.Dampfmotorantrieb von Friedrich.
Der Antrieb, sowie die Abstellung des Fahrzeuges geschehen mit Hilfe eines auf
der linken Seite des hinten sitzenden Fahrers befindlichen Hebels, durch
den die Treibradachse vor- und rückwärts bewegt werden kann. Diese Achse trägt
rechts neben dem Treibrad eine Riemenscheibe A, die
mit Hilfe eines Riemens B durch die schon erwähnte
kleinere Riemenscheibe C ihren Antrieb erhält.
Obiger Hebel kann an einem gezahnten Sector beliebig, je nach der Geschwindigkeit
der Fahrt, eingestellt werden. Wird derselbe nun nach rückwärts bewegt, so rückt
das Treibrad nach vorn und spannt dadurch den Riemen ab, der nunmehr das Rad
nicht mehr bewegt. Gleichzeitig stemmt sich dasselbe gegen eine Bremse und das
Stillstehen ist bewirkt. Wird dagegen der Hebel vorwärts bewegt, so rückt das
Rad nach hinten, spannt den Riemen und die Bewegung findet statt. Ausserdem ist
dieses Fahrzeug mit einer Anordnung von drei Differentialverzahnungen versehen,
die eine Fahrgeschwindigkeit von 8,15 und 24 km in der Stunde gestatten. Die
Lenkung geschieht mittels Lenkstange, die mittels eines Zahnrädchens nebst
Zahnstange auf das rechte Vorderrad wirkt, während dem linken Vorderrade die
Bewegung mittels einer knieförmig gebogenen Achse mitgetheilt wird. Auf diese
Weise erhält man eine sanfte Lenkung und kann selbst bei grosser
Fahrgeschwindigkeit sehr kurze Curven fahren. (Revue
universelle vom 20. August 1896.)
II. Antrieb.
E. Friedrich in Firma Friedrich
und Müller in Stuttgart construirte einen an jedem Tourenrad anbringbaren
Dampfmotorantrieb (D. R. G. M. Nr. 52509). Der Motor überträgt mittels des
Frictionsrades a (Fig.
24) die Kraft auf das Vorder- oder Hinterrad. Den Dampf liefert ein auf
Federn gelagerter Röhrenkessel, der mit Spiritus oder Erdöl geheizt wird.
Das Frictionsrad a, welches zum Zweck des Antriebs auf
dem Gummireifen läuft, ist sammt dem Maschinenkörper b
durch ein Gehäuse eingekapselt, welches in den Scharnieren cc1 ruht.
Wird der Motor ausser Thätigkeit gesetzt, so wird die Feder f in die punktirte Lage gestellt, wodurch der entgegengesetzte Federdruck
an der Warze g den Motor b
sammt dem Frictionsrad a in die Höhe hebt.
III. Einzelconstructionen.
a) Kugellager.
Ein an der Aussenseite vollständig geschlossenes, dagegen von der Innenseite
nachstellbares Kugellager für Pedale liess sich die Bielefelder Nähmaschinen- und Fahrradfabrik A.-G. vorm. Hengstenberg und
Co. in Bielefeld unter D. R. G. M. Nr. 60698 schützen.
Textabbildung Bd. 302, S. 255
Fig. 25.Kugellager von Hengstenberg.
Die Achsenhülse a (Fig.
25) besteht mit den beiden Endplatten bb1 aus einem Stück. Mit der Endplatte
b1 ist die
äussere Lagerschale c fest verbunden, während die
Nachstellung durch die an der Innenseite befindliche Lagerschale c1 erfolgt, die
ihrerseits durch drei Schräubchen d in der
richtigen Stellung gehalten wird. Der Vorzug dieser Construction besteht in der
Körnerspitze der Achse und in der von den bisherigen Constructionen abweichenden
Lagerung der Kugeln, wodurch die Lager nicht nur gegen Eindringen von Staub
geschützt sind, sondern auch eine beträchtliche Menge Oel halten.
b) Bremse.
Textabbildung Bd. 302, S. 255
Fig. 26.Bremse von Hyslop Son und Mc Burney.
Eine durch Gegentreten bethätigte Bremse liessen sich unter D. R. P. Nr. 87834
Hyslop Son und Mc Burney in Toronto (Canada)
patentiren. Das Kettenrad A (Fig. 26) ist auf einer Verlängerung der
Tretkurbelnabe B so gelagert, dass es sich gegen
dieselbe begrenzt drehen kann. Die Tretkurbel B ist
auf der Achse C festgekeilt und trägt zwei
radiale Arme B1,
welche je einen Bolzen D tragen. Diese Bolzen
greifen in Schlitze a des Kettenrades, so dass die
Tretkurbel eine geringe Drehung nach rückwärts auszuführen vermag. Die
Bremstrommel E, welche auf der
Tretkurbelachsenhülse X sitzt, ist von einem
Bremsband F aus Federstahl umgeben, dessen eines
Ende f durch den Bolzen a1 am Kettenrad A und dessen anderes Ende f1 durch den Bolzen D an der Tretkurbel B
befestigt ist, so dass, sobald der Fahrer gegen die Tretkurbeln tritt, die
Bolzen D gegen die Enden der Schlitze a geführt werden, wodurch das Bremsband F gegen die Bremstrommel E gepresst wird.
c) Reifen.
Unter dem Namen „Compensationsreifen“ fabriziren Kemmerich und Co. in Berlin einen Reifen (System R. Temmel D. R. P. Nr. 85538), der aus einzelnen,
sich nach oben verjüngenden Gummipuffern b besteht
(Fig. 27), die in Abständen auf der Felge a angeordnet sind. Diese Puffer sind einerseits
fest mit der Felge, andererseits fest mit dem Gummireifen d verbunden. Zur Erreichung einer der Belastung des
Rades angepassten Elasticität sind in den Puffern Löcher c angebracht.
Textabbildung Bd. 302, S. 255
Fig. 27.Compensationsreifen von Kemmerich.
Die ganze Einrichtung ist so getroffen, dass der Reifen nicht schwerer als ein
Tourenpneumatik ist. Versuche ergaben, dass sich bei aufgeweichtem Wege die
Pufferzwischenräume nicht voll Schmutz setzen.
Textabbildung Bd. 302, S. 255
Fig. 28.Federreifen von Siegrist und Maier.
Den in Fig. 28 dargestellten Reifen fabricirt das
Federreifenwerk von Siegrist und Maier in Brombach
(Baden). Der Reifen ruht auf einer als Ring ausgebildeten Feder D, die nach innen frei in der Felge B liegt. Durch die Fassung der Feder mit dem über
die Felgenränder gestreiften Reifen C, der mit
einer Regulirschraube E versehen ist, ist es
ermöglicht, die nöthige Spannung zu erzielen.