Titel: | Neuerungen in der Thonwaarenindustrie. |
Autor: | H. Hecht |
Fundstelle: | Band 302, Jahrgang 1896, S. 262 |
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Neuerungen in der
Thonwaarenindustrie.
Von Dr. H. Hecht in
Charlottenburg.
(Schluss des Berichtes S. 237 d. Bd.)
Neuerungen in der Thonwaarenindustrie.
2) Steingut und Töpferwaaren.
Die Steingutfabrikation und Herstellung des sogen.
Feldspathsteingutes, welches einen kalkfreien Scherben hat und sich vor dem
leichteren thonerdehaltigeren Kalksteingut durch erhöhte Festigkeit auszeichnet,
beschreibt E. Cramer (Thonindustrie-Zeitung, 1894 Bd. 18 S. 341). Eine grosse Bedeutung hat das
Steingut neuerdings für Herstellung von Filtern zum
Gebrauch bei chemischen und bakteriologischen Arbeiten (nach dem Vorbild der
bekannten Chamberland-Filter) erhalten, so zuerst W.
Pukall's (Berichte der deutschen chemischen
Gesellschaft, 1893 Bd. 26 S. 1159) steingutartige Thonmasse. Dieselbe wird
im Gegensatz zu den weit zerbrechlicheren Chamberland-Filtern scharf gebrannt und erlangt
dadurch eine weit grössere Härte und in Folge des in ihr enthaltenen, sich beim
Brennen ausdehnenden Quarzpulvers eine solche Feinporigkeit, dass sie nach Brieger und Buttersack zu
bakteriologischen Arbeiten und nach eingehenden Versuchen von Pukall für Laboratoriumsarbeiten sich allgemeine
Anerkennung erworben hat. Zu vermissen sind bei diesen Mittheilungen Angaben über
die Gestalt und Grösse des in der Masse enthaltenen Quarzes durch dessen Gegenwart
nach Seger's älteren Beobachtungen die Porosität beim
scharfen Brennen von Kaolinen und Thonen verursacht wird. Aehnliche Massen bespricht
Titaner (Centralanzeiger
für die Ziegel- und Kalkindustrie, 1894 Bd. 13 S. 47), welcher den Gebrauch
derselben als Thonzellen für galvanische Batterien in
erster Linie von der Abwesenheit von Kalk abhängig macht. Die diesjährige Berliner
Gewerbeausstellung zeigt, dass die Fabrikation solcher Filter und Thonzellen neben
der Kgl. Porzellan-Manufactur von mehreren anderen Firmen mit Geschick betrieben
wird.
In Ungarn fabricirt man in Ermangelung weissbrennender plastischer Thone, wie sie zur
Herstellung des echten sogen. Feldspathsteinguts erforderlich sind, ein bei niederer
Temperatur gar brennendes Kalksteingut, indem man den
Thonen 40 Vol.-Th. Kalksand, ja in äussersten Fällen sogar bis zu 50 Vol.-Th. Kalk
einschlämmt. Das bei Seger-Kegel 07 bis 08, also zwischen Silber- und
Goldschmelzhitze gebrannte Steingut (Sprechsaal, 1896
Bd. 28 S. 2) ist äusserst klingend, dabei aber sehr empfindlich gegen
Temperaturschwankungen beim Brennen, indem die stärker gebrannten Stücke sich gelb
färben, äusserst schwer saugende Kanten (in Folge beginnender Verdichtung und
Sinterung. Der Ref.) und Neigung, sich zu verziehen, aufweisen; die schwach
gebrannten Stücke hinwieder tragen die Glasur schlecht. Dieses Steingut verhält sich
besonders ungünstig gegen borsäurehaltige Glasuren; meistens wird eine Glasur
verwendet, welche aus
36
Gew.-Th.
Bleiglatte
Die Fritte entspricht molekular
an-nähernd folgenden Verhältnissen:
2518 7 7
„„„„
QuarzsandFeldspathPotascheKochsalz
0,35 K2O0,10 Na2O0,10 CaO0,45 PbO
0,1 Al2O3 2,4 SiO2
7
„
Glasbrocken
geschmolzen ist und auf der Mühle mit einigen Procenten Glätte
fein gemahlen wird. Zum Theil lassen sich die technischen Schwierigkeiten, welche
der Verwendung derartiger Massen im Wege stehen, durch Zusatz von Kaolin heben.
In Uebereinstimmung hiermit weist ein anderer Artikel im Sprechsaal, 1895 Bd. 28 S. 85, darauf hin, dass Kantenabsprengungen, d.h. das Abblättern der Glasur an den Kanten der
glatt gebrannten Geschirre, dadurch verursacht werden, dass die Geschirre in Folge
zu schwachen Brandes von der in den Scherben eindringenden leichtflüssigen Glasur
angegriffen werden, die Glasur zu viel Kieselsäure aufnimmt und einen anderen
Ausdehnungscoëfficienten bekommt; wie es bei schärferem Biscuitbrande der
Steingutgeschirre möglich ist. Tritt der Fehler in verstärktem Maasse auf, so kann
sogar eine Zertrümmerung des Scherbens herbeigeführt werden. Grundlegende Versuche
und Vorschläge zur Abhilfe des Misstandes durch Abänderungen in der Zusammensetzung
der Glasur bezieh. des Scherbens verdanken wir den Arbeiten Seger's (vgl. Seger's Gesammelte Schriften, S. 441 u. ff. und S. 467 u. ff.).
Die Zusammensetzung einer schwarzen Steingutmasse
wird beschrieben: Sprechsaal, 1894 Bd. 27 S. 743.
Mit der Herstellung kupfergrüner Steingutglasuren auf
geeigneten Scherben hat sich P. Hermann (Sprechsaal, 1895 Bd. 28 S. 1284) beschäftigt. Auf einer
aus
40
Gew.-Th.
Quarz oder Sand
30
„
kohlensaurem Kalk
40
„
weissbrennender plastischer Erde
5
„
Kaolin
zusammengesetzten Masse hält nach diesem Autor unter Anwendung
der Fritte a eine Glasur von folgender Zusammensetzung:
a) Fritte
b) Glasur
bestehend aus:
50
Gew.-Th.
Sand
50
Gew.-Th.
Fritte
30
„
Kupferoxyd
50
„
Bleiweiss
5
„
Borsäure
80
„
Steingutglasurfritte
15
„
Zinkoxyd
20
„
Feldspath
Da in dem Recept Angaben über die Zusammensetzung der „Steingutglasurfritte“
fehlen, so ist mit demselben wenig anzufangen. Durch Zusatz von 33,3 Proc.
Knochenasche zu einer Borsäure-Bleiglasur, welche aus
250
Gew.-Th.
Quarz
85
Gew.-Th.
Feldspath
415
„
Mennige
42,5
„
Marmor
165
„
Borsäure
42,5
„
Zettlitzer Kaolin
geschmolzen war, will C. B.
Swoboda (Sprechsaal, 1893 Bd. 26 S. 508) beim
Aufschmelzen einer 1 bis 1,5 mm dicken Lage bei etwas über Silberschmelzhitze eine
beim Brennen warzenförmig zusammenschrumpfende Glasur erhalten; beim Ueberglasiren
mit farbigen leichterflüssigen Glasuren fliesst die farbige Glasur in die
Vertiefungen hinein und die fast milchweissen Warzen ragen aus dem dunkleren Grunde
hervor. Die mit Knochenasche versetzte Glasur kann durch Beimischen von 6 bis 10
Gew.-Th. Unterglasurfarbe auf 1000 Gew.-Th. Glasur gefärbt werden, wodurch
mehrfarbig gemusterte Stücke entstehen. Dieser Methode, craquelirte Steingutglasuren zu erzeugen, haftet der Mangel an, dass durch
Zusatz von Knochenasche bezieh. dieser oder jener Unterglasurfarbe die einheitliche
Zusammensetzung der Glasur stark beeinträchtigt und damit zugleich der Sicherheit
ihrer haarrissefreien Haltbarkeit Abbruch gethan wird.
Eine neue graue Unterglasurfarbe, bestehend aus einer
Fritte von
772
Gew.-Th.
Zinnoxyd
76
„
Feldspath
76
„
krystallisirtem Borax
76
„
Antimonium diaphoreticum
soll sich bei höherer Temperatur bewährt haben (Sprechsaal, 1895 Bd. 28 S. 526).
Das von Th. Deck u.a. zur Herstellung roth gefärbter
Emaillen und Pasten vielfach verwendete Rouge de
Thiviers wurde von A. Willert und C. B. Swoboda untersucht; danach ist das aus
88,02
Proc.
SiO2
0,13
Proc.
MgO
2,95
„
Al2O3
1,71
„
Glühverlust
7,06
„
Fe2O3
bestehende Gestein als ein eisenhaltiger Quarz anzusehen,
dessen Eisenoxyd an die Kieselsäure sehr fest gebunden ist. Die Verfasser theilen
mit, dass das Roth von Thiviers beim Glühen rein eisenroth wird, ohne wie Eisenoxyd
bei erhöhter Temperatur, z.B. bei Seger-Kegel 10, violett bis schwarz zu werden.
Die Ofenkacheln werden entweder aus kalkhaltigem Thon,
wie er in der Nähe des durch seine Ofenkachelindustrie weithin bekannten Ortes
Veiten in der Mark mit einem Gehalt von annähernd 25 Proc. CaCO3 vorkommt, oder aus kalkarmem Thon unter Zusatz
von Chamotte hergestellt. Neben mancherlei Vorzügen, die namentlich in der grösseren
Leichtigkeit, da man sie, ohne auf technische Schwierigkeiten zu stossen, dünner
formen kann, in der grösseren Porosität und in der geringeren Neigung, sich beim
Brennen zu werfen, zu suchen sind, haftet den sogen. „Chamotte“-Kacheln der
Uebelstand an, dass sie in den Lagerräumen oder mehr noch in noch nicht bezogenen
Neubauten durch den Frost leicht zerstört werden. Hierbei lockert sich entweder das
ganze Gefüge der wie ein Schwamm von der Nässe durchsetzten Kachel oder einzelne
Theile, die in ihren Poren eine grössere Menge Wasser zurückgehalten haben, schälen
sich in Folge der Krystallisationskraft des sich beim Gefrieren ausdehnenden Wassers
ab. Studien, welche zur Abhilfe dieses Uebelstandes vom Verfasser unternommen wurden
(Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 211),
zeigten, dass ein kalkhaltiger Töpferthon, 18,4 Proc. kohlensauren Kalk und 5 Proc.
kohlensaure Magnesia enthaltend, bei Seger-Kegel 010 gebrannt (Silberschmelzhitze),
dann mit Wasser gesättigt und wiederholt einer Temperatur bis zu – 17° C.
ausgesetzt, den verschiedenen Gefrierproben erfolgreich Widerstand leistete, während
ein bei demselben Hitzegrad gebrannter, in der Chamottekachelfabrikation vielfach
verwendeter kalkarmer Thon schon bei der ersten Einwirkung der gleich hohen Kälte
zerfiel. Bei höheren Temperaturen gebrannt, nahm auch die Frostbeständigkeit
letzteren Thones zu. Verfasser berechnet aus der Analyse das Verhältniss der
Flussbasen (Alkalien, Kalk, Magnesia und Eisenoxyd) zu dem Thonerdesilicat und der
Kieselsäure in beiden Thonen – dieses stellt sich im kalkhaltigen Thon auf:
1 Mol. Flussbasen: 0,4 Mol. Al2O3 2SiO2 : 1,88 Mol.
SiO2 und in dem kalkarmen Thon auf:
1 Mol. Flussbasen: 17,73 Mol. Al2O3 2SiO2 : 26,26 Mol.
SiO2 – und folgert daraus, dass bei der gleichen
Temperatur die einzelnen Theile des Thones I fester verbunden, besser verkittet und
zäher darum gegen äussere Einflüsse erheblich widerstandfähiger sein müssten als in
dem kalkarmen Thon. Die Mischung beider Thone zu gleichen Gewichtstheilen zeigte
sich ebenfalls noch frostbeständig; daraus ist für die Praxis zu entnehmen, dass für
die Chamottekachelfabrikation ein Zuschlag von kalkhaltigem Thon angebracht ist. Die
Verwendung einer entsprechenden Menge kohlensauren Kalkes hatte, da eine gleich
innige Mischung mit dem Thon sich schwer bewirken lässt, nicht den gleich guten
Erfolg.
Chemische Betrachtungen über die Töpferindustrie der
Vereinigten Staaten theilt K. Langenbeck mit
(Thonindustrie-Zeitung, 1895 Bd. 19 S. 242).
Derselbe beschreibt den Charakter der zu den „Fayencen“ zurechnenden
Rockingham- und Yellow-Waare und die zu derartigen Erzeugnissen verwendeten Rohthone
und Glasuren. Bemerkenswerth ist die Nutzbarmachung der sogen. Flintclays für die
Thonwaarenindustrie. Diese ausserordentlich harten Thone von splitterig-muscheligem
Gefüge saugen begierig Wasser auf, ohne sich aber selbst nach jahrelangem
Witterungseinfluss in eine verarbeitungsfähige Masse zu verwandeln; mit Wasser
gemahlen bilden diese Thone indessen, die beispielsweise 83 Proc. Thonsubstanz
(Al2O3 2SiO2 2H2O), 16 Proc.
Quarz und 1 Proc. Feldspath enthalten, hochplastische, leicht formbare Massen. Die
Glasuren gehen von den Grundglasuren
1 PbO 0,2 Al2O3 2 SiO2
oder
0,8 PbO0,1 CaO0,1 K2O
0,2 Al2O3 2 SiO2
aus.
Aehnlich zusammengesetzt fand Verfasser eine Reihe von Töpferglasuren, die auf Thonen mit etwa 30 Proc. kohlensaurem Kalk
haarrissefrei halten; Verfasser fand die farbigen Glasuren (Thonindustrie-Zeitung, 1892 Bd. 16 S. 153) aus folgender farbloser
Grundglasur:
0,734 PbO0,043 CaO0,223 Na2O
0,186 Al2O3 + 2,093 SiO2
entwickelt. Die untersuchten weissen Zinnglasuren entsprechen
einer molekularen Zusammensetzung von:
0,44 Na2O0,06 CaO0,50 PbO
0,21 Al2O3 + 3,2 SiO2 0,44 SnO2
Nach letzterer, unter Verringerung des Alkaligehalts und bei theilweisem Ersatz
desselben durch Kalk und Baryt und Austausch eines Theiles der Kieselsäure gegen
eine äquivalente Menge Borsäure unter Fortlassung des Zinnoxyds hergestellte
Glasuren von der Formel:
0,1 Na2O0,2 CaO0,1 BaO0,6
PbO
0,3 Al2O3 + 2,4 SiO2 0,6 B2O3
hielten mit oder ohne Zusatz von färbenden Metalloxyden
ebenfalls haarrissefrei auf den Töpferthonen.
Die Oberfläche der gebrannten Töpfer-Glasuren zeigt sich nach Verfasser durch
Abscheidung von Glasgalle häufig mehr oder minder stark erblindet; die Ursache ist
(Thonindustrie-Zeitung, 1893 Bd. 17 S. 1251) darin
zu suchen, dass bei Verwendung schwefelkieshaltiger Brennstoffe die bei der
Verbrennung entstehende schweflige Säure, oder wenn bei Gegenwart von rohen
(ungebrannten) Waaren schwefelsaures Ammoniak, welches in den Thonen vielfach
enthalten ist, verflüchtigt wird und mit den Feuergasen an die glasirten Oberflächen
herantreten kann. Das saure Ammoniumsulfat ist im Stande, vollkommen durchschmolzene
Glasuren matt zu ätzen. Die auf den Glasuren unter diesen Umständen sich bildende
Schicht von schwefelsauren Alkalien oder schwefelsaurem Kalk, welche schwerer
schmilzt als die Glasur, bleibt als nicht geflossene Haut (welche zuweilen nur als
zarter Hauch erscheint) zurück. Durch zeitweilige starke Raucherzeugung beim
Brennen, d.h. durch Reduction der schwefelsauren Salze, wird dieser Uebelstand
vermieden. Bei Muffelbetrieb wird die Reduction durch Einwerfen von einigen
Holzspänen in die rothglühende Muffel bewirkt.
Nach H. Stockmeier (Sprechsaal, 1893 Bd. 26 S. 908) wird die Widerstandsfähigkeit der Töpferglasuren gegen Säuren dadurch, dass
dieselben anstatt mittels Sand mit Infusorienerde hergestellt werden, erhöht. Eine
Geschirrglasur, welche durch Nassmahlen von 1500 Gew.-Th. Bleiglanz oder 1370
Gew.-Th. Glätte, 500 Gew.-Th. Infusorienerde und 200 Gew.-Th. trockenem Thon unter
Zugabe von etwas Mehlkleister hergestellt worden war, wurde beim Auskochen der
Geschirre mit verdünnter Essigsäure so widerstandsfähig befunden, dass von 70
untersuchten Töpfen nur zwei Stücke 3 bis 8 mg Blei für 1 l Flüssigkeit abgaben.
Controlversuche über diese Arbeit liegen bislang nicht vor.
(Fortsetzung folgt.)