Titel: | Die Dampfmaschinen der II. bayerischen Landesausstellung in Nürnberg 1896. |
Autor: | Fr. Freytag |
Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 73 |
Download: | XML |
Die Dampfmaschinen der II. bayerischen
Landesausstellung in Nürnberg 1896.
Von Fr. Freytag in
Chemnitz.
Mit Abbildungen.
Die Dampfmaschinen der II. bayerischen Landesausstellung in
Nürnberg 1896.
Gleichwie auf der Berliner Gewerbeausstellung 1896 waren auch in Nürnberg meist
grössere Maschinen in liegender und stehender Anordnung für elektrische Licht- und
Arbeitszwecke ausgestellt.
Eine äusserst reichhaltige, in Gemeinschaft mit der Elektricitäts-Actiengesellschaft vorm. Schuckert und Co. von den
bedeutenderen Maschinenbauanstalten Bayerns – Maschinenfabrik Augsburg in Augsburg, Maschinenbau-Actiengesellschaft Nürnberg in Nürnberg, Dingler'sche Maschinenfabrik in Zweibrücken, J. E. Earnshaw und Co. in Nürnberg, J. M. Maffei in München, L. H.
Riedinger in Augsburg, H. Rockstroh in
Markt-Redwitz, Scharrer und Gross in Nürnberg, Gebrüder Sulzer in Ludwigshafen – beschickte
Sammelausstellung moderner Dampfmaschinen hatte an bevorzugter Stelle in der
Maschinenhalle Platz gefunden.
Textabbildung Bd. 303, S. 73
Fig. 1.Dreifach-Expansionsdampfmaschine der Maschinenfabrik
Augsbung.
Die zu dieser Sammelausstellung gehörigen Dampfmaschinen liessen, wie auch die
ausserhalb derselben befindlichen, erkennen, dass der Dampfmaschinenbau in Bayern in
hoher Blüthe steht und die betreffenden Firmen Hervorragendes zu leisten im Stande
sind.
Wohldurchdachte Constructionen und sorgfältige Ausführungen der Einzeltheile zeigten
zunächst die von der Maschinenfabrik Augsburg in
Augsburg ausgestellten Dampfmaschinen, die bekanntlich auch in
wirthschaftlicher Hinsicht den weitgehendsten Anforderungen Genüge leisten. Die
Fabrik betreibt den Dampfmaschinenbau seit dem Jahre 1845 und hat in früheren Jahren
namentlich sämmtliche bayerischen Spinnereien und Webereien mit
Betriebsdampfmaschinen ausgerüstet. Diese Maschinen – bis zu 500 und 600 –
wurden meist als Zwillingsdampfmaschinen mit Condensation, grosser Expansion und
durch den Regulator beherrschter Farcot-Schiebersteuerung ausgeführt.
Seit dem Jahre 1872 ist das System der Farcot-Schiebersteuerung verlassen und an
Stelle des Schiebers das Doppelsitzventil allen grösseren Maschinenausführungen zu
Grunde gelegt. Die enorme Leistungsfähigkeit der Fabrik geht daraus hervor, dass bis
Juli 1896 – 1500 Stück Dampfcylinder, welche eine Gesammtleistung von 132000
normal und 180000 maximal repräsentiren, mit Ventilsteuerung
ausgeführt sind.
Die von der genannten Firma ausgestellte liegende Dreifach – Expansionsdampf maschine
mit Ventilsteuerung und Condensation ist Fig. 1
ersichtlich.
Die Hauptabmessungen sind folgende:
Cylinderdurchmesser
285,
430
und
660
mm
Gemeinschaftlicher Kolbenhub
950
mm
Minutliche Umdrehungszahl
82
Admissionsüberdruck
11
at
Normalfüllung im Hochdruckcylinder
etwa
¼
Normalleistung (effective)
170
Maximalleistung (effective)
210
Das Schwungrad von 4,60 in Durchmesser hat acht Rillen für Seile von je 45 mm
Stärke.
Hoch- und Mitteldruckcylinder liegen hinter einander auf der einen, der
Niederdruckcylinder auf der anderen Maschinenseite; beide Seiten arbeiten auf je
eine einfache Kurbel, die unter sich im Winkel gestellt sind.
Die Dampfvertheilung sämmtlicher drei Cylinder erfolgt durch je vier beinahe
entlastete Ventile, welche von zwei Steuerwellen bewegt werden. Die zum Hoch- und
Mitteldruckcylinder gehörige Steuerwelle treibt gleichzeitig den mit Mittelgewicht
in umgekehrter Aufhängung ausgeführten Regulator an; derselbe verändert die
Dampfeinströmung des Hochdruckcylinders, dem jeweiligen Kraftbedarf entsprechend,
selbsthätig, während die Dampfeinströmung des Mitteldruck- und Niederdruckcylinders
von Hand eingestellt wird. Diese Verstellung ist dadurch erreicht, dass sämmtliche
Cylinder auslösende Ventilsteuerung erhielten.
Die äussere Abschnappsteuerung ist nach einem neueren System der Maschinenfabrik Augsburg (D. R. G. M. Nr. 55460) mit
durch Kurbeln verstellbaren Führungsgelenken ausgeführt, bei welchem grösste
Einfachheit mit präciser Regulirung und ruhigem Gange erreicht wird. In
Ausnahmefällen kann auch der Regulator auf die Einlassteuerung des
Niederdruckcylinders einwirken und dieser mit reducirtem Dampfdruck (etwa 2 at) und
Condensation allein arbeiten. Zu dem Zwecke hat auch der Niederdruckcylinder ein
Einlassventil.
Durch Belastung oder Entlastung des Regulatormittelgewichtes lässt sich die
Geschwindigkeit der Maschine etwas erhöhen oder vermindern.
Die Cylinder, wie auch der zwischen Hochdruck- und Mitteldruckcylinder liegende
Receiver sind mit dem zugehörigen Dampfmantel aus einem Stück gegossen.
Jeder Cylinder hat Sicherheitsventile mit Schlammhahnen. Die Dampfkolben tragen
gusseiserne Spannringe. Die Kurbelachse, die Kolbenstangen und die meisten
Steuerungstheile sind von Gusstahl, Treibstangen,
Kreuzköpfe und Kurbeln von Schweisseisen, die Kurbel-
und Kreuzkopfzapfen von Flusseisen – aussen glashart –
und sämmtliche Stopfbüchsgarnituren von Rothmetall
ausgeführt.
Die Lager der Kurbelachse sind von Gusseisen mit Composition aus vier Theilen und zum
Nachstellen eingerichtet.
Die Luftpumpe der Condensation (auf der Ausstellung weggelassen) wird von dem
verlängerten Kurbelzapfen des Niederdruckcylinders angetrieben und liegt im
Fundament.
Der Dampf verbrauch beträgt für Normalleistung und 11 at Ueberdruck 5,5 k für 1
Indicatorpferd und Stunde.
Eine stehende Verbundmaschine der Maschinenfabrik
Augsburg mit Schiebersteuerung und Condensation zeigt Fig. 2. Die beiden neben einander gestellten Cylinder
von 325 bezieh. 500 mm Durchmesser für 360 mm Kolbenhub sind durch kräftige Rahmen
und Säulen mit der Fundamentplatte verbunden. Die mit 180 minutlichen
Umdrehungen und 8 at Admissionsüberdruck arbeitende Maschine leistet normal
100, maximal 120 effective ; sie war auf der Ausstellung mit einer Schuckert'schen Mehrphasendynamo, welche 120 Volt und 2
× 350 Ampère bei 100 Wechsel in 1 Secunde leistet, sowie einer Gleichstromdynamo zur
Erregung direct gekuppelt und ohne Condensation aufgestellt.
Der Hochdruckcylinder wird durch einen entlasteten Kolbenschieber mit vom Regulator
verdrehbarem Expansionsschieber gesteuert. Beide Schieber haben gemeinschaftliche
Achse. Am Niederdruckcylinder dienen Gitterschieber zur Vertheilung und Expansion
des Dampfes; letztere wird von Hand durch eine Schnecke mit grosser Steigung
eingestellt. Die äussere Steuerung dieser Schieber wird wie diejenige der
Hochdruckschieber durch je zwei Excenter bewirkt.
Textabbildung Bd. 303, S. 74
Fig. 2.Verbundmaschine der Maschinenfabrik Augsburg.
Beide Cylinder sind von Mänteln umgeben, die mit Arbeitsdampf geheizt werden. Der
zwischenliegende Schieberkasten bildet gleichzeitig den Receiverraum.
Damit bei einer etwaigen, durch Verschiebung eines Laufgewichtes bewirkten Aenderung
der Umlaufzahl des mittels Räder von der Kurbelachse angetriebenen Federregulators
eigenen Systems die Beschaffenheit desselben (Astasie oder Pseudoastasie)
unverändert bleibt, ist er durch eine neue Verstellvorrichtung (D. R. P. Nr. 87645)
in Grenzen von ± 10 Proc. in der Tourenzahl variabel gemacht.
Für grosse Ausführungen stehender Maschinen benutzt die Maschinenfabrik Augsburg Corliss-Drehschieber als Steuerungsorgane. So
sind z.B. die von der Firma für die Centrale an der Zollvereinsniederlage in Hamburg
für Licht- und Trambahnbetrieb gelieferten stehenden Dreifach-Expansionsmaschinen
von je 1000/1200 effectiven mit derartigen zwangläufig bewegten Drehschiebern
ausgerüstet. Eine perspectivische Ansicht dieser Maschinen veranschaulicht Fig. 3. Die äussere Steuerung der in eingesetzten und
auswechselbaren Futterbüchsen arbeitenden Drehschieber wird durch je zwei Excenter
bewirkt – Einlass und Auslass getrennt. Die Verstellung der Expansion erfolgt durch
einen Gelenkmechanismus (D. R. G. M. Nr. 46717).
Textabbildung Bd. 303, S. 75
Fig. 3.Stehende Maschine der Maschinenfabrik Augsburg.
Am Hochdruckcylinder greift ein indirect wirkender Regulator ein, während die
Einlassteuerung von Mitteldruck- und Niederdruckcylinder während des Betriebes von
Hand eingestellt werden kann.
Sämmtliche Cylinder, sowie deren Deckel sind mit Dampfmantel versehen. Die Heizung
geschieht durch Arbeitsdampf, mit Ausnahme des Mitteldruckcylindermantels, welcher
durch Kesseldampf geheizt wird.
Der Verbrauch an trockenem Dampf beträgt bei der Normalleistung mit Condensation für
1 Indicatorpferd und Stunde 5,75 bis 6,5 k, je nach Grösse der Maschine.
Für kleinere Kräfte und erwünschte höhere Tourenzahl baut die Maschinenfabrik Augsburg liegende Verbundmaschinen mit Schiebersteuerung,
namentlich wenn es dabei auf Oekonomie ankommt, also Condensation angelegt wird.
Eine derartige, in Nürnberg ausgestellte Maschine mit überhängenden Cylindern
von 190 bezieh. 300 mm Durchmesser für 450 mm Kolbenhub zeigt Fig. 4.
Die Maschine leistet mit 150 minutlichen Umdrehungen bei einem Admissionsüberdruck
von 8 at normal 35 und maximal 45 effective .
Die Steuerung des Hochdruckcylinders erfolgt behufs möglichster Herabminderung der
schädlichen Räume durch getheilte Schieber, System Rider, mit Gitterkanälen, von denen die entlasteten
Expansionsrundschieber für veränderliche Füllungen gleichwie bei den liegenden
Ventilmaschinen von einem Mittelgewichtsregulator mit Oelbremse und umgekehrter
Aufhängung eingestellt werden, der durch Riemen von der Kurbelwelle angetrieben
wird. Der Niederdruckcylinder erhält in ähnlicher Ausführung eine von Hand stellbare
Meyer'sche Expansionssteuerung mit
Gitterschiebern.
Beide Cylinder haben Dampfmäntel für Arbeitsdampf. Die mit Gegengewichten aus einem
Stück geschmiedeten Kurbeln sind, wie auch die Treibstangen von eleganten
Schutzgehäusen umgeben, wobei die Zugänglichkeit indess vollständig gewahrt
bleibt.
Textabbildung Bd. 303, S. 75
Fig. 4.Liegende Verbundmaschine der Maschinenfabrik Augsburg.
Die Luftpumpe mit Kolbenringen von Rothmetall und Kautschukklappen ist liegend unter
die Maschine placirt und doppelt wirkend. Der Antrieb erfolgt durch den verlängerten
Kurbelzapfen des
Niederdruckcylinders mittels Winkelhebel.
Das für Riementrieb ausgeführte Schwungrad hat 2,25 m Durchmesser.
Die Maschinenbau-Actiengesellschaft Nürnberg in Nürnberg
hatte eine mit einer Einphasen-Wechselstrommaschine für 136 Ampère und 2200 Volt,
sowie einer Gleichstromdynamo zur Erregung direct gekuppelte stehende, ferner eine direct mit einem Ammoniakdoppelcompressor gekuppelte
liegende Dampfmaschine und eine kleinere
Tandem-Verbundmaschine, System Dörffel-Pröll,
ausgestellt.
Die in der Sammelausstellung aufgestellte stehende Verbunddampfmaschine entwickelt
bei 10 at Admissionsüberdruck und 125 minutlichen Umdrehungen 300 bis 450 effective
und zeigte neben gefälligem Gesammtaufbau eine sorgfältig durchgebildete
Construction der Einzeltheile.
Textabbildung Bd. 303, S. 76
Fig. 5.Stehende Verbunddampfmaschine der Augsburger
Maschinenfabrik.
Wie aus Fig. 5 ersichtlich, arbeiten die neben
einander angeordneten Dampfcylinder von 550 bezieh. 860 mm Durchmesser für 550 mm
Kolbenhub auf eine gemeinsame doppelt gekröpfte Kurbelwelle mit unter 90° versetzten
Kurbeln. Die Welle liegt in drei Lagern, welche mit der kräftigen Grundplatte
zusammengegossen sind; auf die Hinterseite der letzteren setzen sich zwei
gusseiserne Tragständer, welche die eingleisige Kreuzkopfführung aufnehmen und deren
oberer Theil mit kräftigen runden Tragflanschen versehen ist, auf welche die
Dampfcylinder concentrisch aufgesetzt und verschraubt sind. Auf der vorderen Seite
erhalten diese beiden Tragflanschen kräftige Nabenansätze, welche wiederum
mittels schmiedeeiserner Säulen mit der Grundplatte verbunden sind.
Die Anordnung gestattet eine freie Uebersicht aller beweglichen Theile, sowie eine
bequeme Bedienung des Kreuzkopfes und der Kolbenstangenstopfbüchsen.
Die Kurbelwelle besitzt am äusseren Ende auf der Seite des Niederdruckcylinders einen
angeschmiedeten Flansch zum Ankuppeln einer Dynamomaschine.
Beide Cylinder sind mit ihren Mänteln aus einem Stück gegossen. Der Mantel des
Hochdruckcylinders kann mit directem Dampf geheizt werden, während derjenige des
Niederdruckcylinders vom Receiverdampf durchströmt wird. Die Steuerung des
Hochdruckcylinders erfolgt durch zwei in einander geführte Kolbenschieber aus
Tiegelguss, welche beide dampfdicht ein geschliffen sind. Der innere
Expansionsschieber hat schraubenförmig angeordnete Abschlusskanten und wird von
einem kräftigen Federregulator verstellt. Zur Sicherung des Betriebes bei etwaigem
plötzlichen Ausschalten sämmtlicher von der Maschine zu bewältigenden Widerstände
ist ein Schnellschlussventil zwischen der Dampfzuleitung und dem Absperrventil
eingeschaltet. Dasselbe wird mittels Hebel und Gestänge vom Regulator derart
gesteuert, dass bei 0,9 Hub des Regulators der Dampfzutritt gedrosselt wird, bei
höchster Stellung des Regulators dagegen der Dampf vollständig von der Maschine
abgeschlossen ist. Um die Widerstände zur Bewegung des Ventils möglichst gering zu
erhalten, hat die Ventilspindel keine Stopfbüchsen, sondern wird auf die
Führungsbüchse dampfdicht aufgeschliffen.
Der Regulator besitzt eine Vorrichtung, welche eine Aenderung der Tourenzahl während
des Ganges um mindestens 5 Proc. der normalen Tourenzahl zulässt.
Der Niederdruckcylinder hat Kolbenschiebersteuerung mit gelidertem Schieber und
Allen-Kanal für doppelte Einströmung. Die Eigengewichtswirkungen des Grundschiebers
am Hochdruckcylinder, sowie des Schiebers am Niederdruckcylinder sind durch
Entlastungsvorrichtungen aufgehoben.
Die Füllung des Hochdruckcylinders variirt von 0 bis 40 Proc. des Kolbenhubes,
diejenige des Niederdruckcylinders ist constant, gleichviel ob mit Condensation
gearbeitet wird oder nicht, und beträgt 48 Proc.
Die Schmierung der Cylinder und Schieber wird durch zwei Oelpressen, diejenige aller
beweglichen Theile von Centralschmierapparaten bewerkstelligt, welche dem Bedarf
entsprechend eingestellt, bei ruhender Maschine abgestellt und leicht bedient werden
können; dasselbe gilt auch für die Lager. Das von der Maschine verbrauchte Oel wird in
Oeltrögen der Grundplatte aufgefangen und in ein Gefäss abgeleitet.
Da das für den Gleichförmigkeitsgrad der Maschine erforderliche Schwungradgewicht in
den Ankerring der Dynamomaschine verlegt wurde, konnte das Schwungrad in Wegfall
kommen. Für das bequeme Ingangbringen der Maschine ist eine Anlassvorrichtung mit
doppeltem Schaltwerk vorgesehen.
Ein Wechselventil in der Dampfleitung vor dem Condensator ermöglicht das Betreiben
der Maschine mit und ohne Condensation.
Die Luftpumpe ist hinter der Maschine unter dem Fussboden angeordnet und wird vom
Kreuzkopfzapfen des Hochdruckcylinders mittels Lenker und Balanciers
angetrieben.
Die Wirkungsweise der Pumpe ist doppelt saugend und einfach drückend.
Zur leichten Bedienung der Cylinder und Kolbenschieber ist die Maschine mit Galerie
und Treppe versehen. Alle Ventile und Hähne können von der Maschinensohle aus
bedient werden, ebenso sind Tourenzähler, Tachometer, Manometer und Vacuummeter vom
Führerstand am Dampfabsperrventil erreichbar.
Im städtischen Elektricitätswerk Nürnberg sind zur Zeit drei Dampfmaschinen der
vorbeschriebenen Construction und Grösse im Betrieb.
Die ausgestellte liegende, zum Betreiben eines Ammoniakdoppelcompressors dienende
Dampfmaschine mit Ventilsteuerung ist eine Tandemmaschine.
Der Niederdruckcylinder ist hinter dem Hochdruckcylinder aufgestellt und sind beide
durch ein rohrförmiges, gefenstertes Gusstück mit einander verbunden. Anden
Hochdruckcylinder schliesst sich andererseits conaxial die bajonnetförmig
ausgebohrte Geradführung an. Die durch Kegelräder angetriebene Steuerwelle ist
parallel zum Maschinenmittel auf der Schwungradseite angeordnet.
Textabbildung Bd. 303, S. 77
Fig. 6.Steuerung der Augsburger Dampfmaschine.
Die Steuerung des Niederdruckcylinders wird durch fest aufgekeilte, von Hand
stellbare, unrunde Scheiben, welche ihre Bewegung auf Rollen übertragen, in
geräuschloser Weise bewerkstelligt.
Die Bewegung der zum Hochdruckcylinder gehörigen Einlassventile erfolgt ebenfalls
durch unrunde Scheiben, ähnlich wie beim Niederdruckcylinder. Um vom Regulatorstand
abhängige, veränderliche Füllungen zu erhalten, ist bei der Steuerung des
Hochdruckcylinders zwischen jedes Einlassventil und zugehörige Antriebsscheibe eine
Auslösevorrichtung (D. R. P. Nr. 81992) eingeschaltet.
Wie Fig. 6 erkennen lässt, drückt die in einem Gehäuse
untergebrachte Feder auf einen Hebel und dieser wieder auf den activen
Mitnehmer, welcher in seitlichen Hebeln gelagert ist, die die Bewegung der unrunden
Scheibe durch Vermittelung einer Stange erhalten. Der active Mitnehmer übergreift
mit seiner Stahlnase eine solche des passiven Mitnehmerhebels, der direct mit dem
Einlassventile in Verbindung steht. Am Hebel ist ein kleiner Winkelhebel angelenkt,
der andererseits durch den Regulator gestützt ist und seine Lage je nach der
Regulatorstellung ändert. Durch die Oeffnungsbewegung des Ventils wird eine Drehung
des Winkelhebels gegen den activen Mitnehmer hervorgebracht, wodurch derselbe vom
passiven Mitnehmer abgleitet; hierauf schliesst sich das Ventil unter
Federeinwirkung und Luftpufferbremsung.
Der ruhige Gang der Steuerung ist besonders hervorzuheben.
Der Durchmesser der beiden Cylinder der Ausstellungsmaschine beträgt 350 bezieh. 550
mm für 750 mm Kolbenhub; sie leistet beim Betriebe des Compressors mit 70
Umdrehungen in der Minute 90 bis 100 indicirte .
Für elektrischen Betrieb kann die Tourenzahl bis auf 100 in der Minute gesteigert
werden und erreicht die Maschine dann eine Leistung bis zu 150 indicirten
.
Auf dem Ausstellungsplatze betreibt die Maschine ausser dem leerlaufenden
Doppelcompressor noch eine Dynamomaschine der Elektricitäts-Actiengesellschaft vormals Schuckert und Co. und entwickelte
mit 90 minutlichen Umdrehungen ungefähr 50 bis 60 .
Die von der Maschinenfabrik Nürnberg ausgestellte
40pferdige Tandem-Verbundmaschine, System Dörffel-Pröll, repräsentirt eine Maschinentype, welche ausschliesslich für
den Betrieb von Lichtmaschinen Verwendung findet.
Abbildung und Beschreibung einer derartigen Eincylindermaschine sind 1891 280 * 229 zu entnehmen.
Die Hauptabmessungen der ausgestellten Maschine sind folgende:
Durchmesser des Hochdruckcylinders
125
mm
„ „ Niederdruckcylinders
255
mm
Gemeinschaftlicher Kolbenhub
200
mm
Minutliche Umdrehungszahl
400
Admissionsüberdruck
10
at
Eine stehende Verbundmaschine der Maschinenfabrik L. A.
Riedinger in Augsburg war mit einer Dreiphasen-Wechselstrommaschine, welche
bei 200 minutlichen Umdrehungen 2200 Volt und 3 × 27 Ampère bei 100 Wechsel in der
Secunde leistet, und einer Gleichstromdynamo zur Erregung direct gekuppelt.
Die in Fig. 7 ersichtliche, in allen Theilen
vorzüglich dimensionirte Maschine hat 400 bezieh. 625 mm Cylinderdurchmesser, 400 mm
Kolbenhub und ist für 8 at Admissionsüberdruck und 200 minutliche Umdrehungen
gebaut.
Grundplatte und Gestell sind wegen der hohen Tourenzahl kräftig gehalten. Das
symmetrische Gestell ist für die Kreuzkopfführung ausgebohrt. Conaxial auf dem
Gestelle sitzen die Cylinder – aus der eigentlichen Cylinderbüchse, welche mit
strömendem Dampf geheizt wird, und aus einem Ober- und Untertheil bestehend. Diese
Ober- und Untertheile sind für Hoch- und Niederdruckcylinder gemeinschaftlich; sie
enthalten die Gehäuse für die Rundschieber und dienen als Receiver. Das Untertheil
bildet gleichzeitig den Deckel für die Cylinder, während am Obertheil besondere
Deckel eingesetzt sind. Um eine gedrängte Bauart der Maschine zu erhalten, wurde für
den Antrieb der Rundschieber eine besondere Steuerwelle angeordnet, welche zwischen
den beiden Cylindern senkrecht zur Kurbel steht. Der Hochdruckcylinder wird durch
Doppelrundschieber gesteuert, und zwar ist für jede Cylinderseite ein Grundschieber
und ein concentrisch in diesem gelagerter Expansionsschieber angeordnet. Letzterer
ist während des grössten Theils des Hubes fast vollständig entlastet, so dass die
Maschine sehr regulirfähig ist. Die Verstellung der Expansionsschieber geschieht
durch einen Achsenregulator, der das Antriebsexcenter verstellt. Die Centralcurve
ist eine Gerade. Der Niederdruckcylinder ist durch einfache Rundschieber mit
Trickkanal gesteuert. Auf diesen Schiebern sind gleichzeitig die Sicherheitsventile
der Cylinder angeordnet, und zwar in Form von Flachschiebern, welche durch
Ueberdruck im Cylinder geöffnet und durch Federdruck wieder geschlossen werden. Das
Excenter für die Grundschieber des Hochdruckcylinders ist auf der Steuerwelle
aufgekeilt und an diesem das Excenter für die Niederdruckschieber durch Schrauben
befestigt, um die Füllung derselben leicht verstellen zu können.
Textabbildung Bd. 303, S. 78
Fig. 7.Stehende Verbundmaschine der Maschinenfabrik Riedinger.
Die Kurbelwelle ist aus einem Stück und hat beiderseits
angeschweisste Kuppelungsflanschen. Die Kurbeln sind um 180° versetzt und das
Gestänge, welches für Hoch- und Niederdruckcylinder gleich schwer, ist durch
Gegengewichte ausbalancirt. Die Lagerschalen der Kurbelwelle und des
Kurbelzapfens, sowie die Gleitschuhe der Kreuzköpfe sind mit Composition
ausgegossen. Um leichtes Gestänge zu erhalten, sind die Pleuelstangen hohl gemacht
und der Niederdruckkolben aus Schmiedeeisen hergestellt. Die Excenterstangen sind
aus dünnwandigen hohlen Stahlrohren gefertigt. Der Achsenregulator hat zwei gerade
geführte, den Federn direct entgegenwirkende Schwunggewichte, besitzt also keine
federbelasteten Gelenke. Die frei werdende Energie wird durch Zwischenschaltung
einer Schraube auf das Expansionsexcenter übertragen. Der Einfluss des
Eigengewichtes des Expansionsexcenters und dessen Stangen ist durch Anordnung zweier
Blattfedern unschädlich gemacht.
(Schluss folgt.)