Titel: | Ueber Maschinen zum Einfassen von Stoffkanten mit webartigen Rand- und Saumnähten. |
Autor: | H. Glafey |
Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 88 |
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Ueber Maschinen zum Einfassen von Stoffkanten mit
webartigen Rand- und Saumnähten.
Von H. Glafey,
Ingenieur in Berlin.
(Schluss des Berichtes S. 61 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber Maschinen zum Einfassen von Stoffkanten mit webartigen Rand-
und Saumnähten.
Die Fig. 56 bis 59 veranschaulichen eine
Nähmaschine von William Edwin Hickling in Paris zur
Herstellung von Saumnähten, bei welchen die den Nadeln die Zierfäden vorlegenden
Fadenführerhebel unter Vermittelung eines Schaltwerks von verstellbaren Excentern
bewegt werden und an ihren den Nadeln zugekehrten Enden mit in ihrer
Schwingungsrichtung sich erstreckenden Schienen ausgestattet sind, die eine Anzahl
Führungen enthalten, in welche die Zierfäden, je nachdem sie nur von einer oder
mehreren Nadeln erfasst werden sollen, eingezogen werden.
Der eigentliche Zierstichapparat ist durch ein Gelenk mit dem Tragstück a (Fig. 57) verbunden,
welches mittels Schrauben a1a1 auf dem
Arm A einer Nähmaschine befestigt wird.
B ist die Nadelstange, welche bei der gezeichneten
Anordnung drei Nadeln trägt; C ist der Stoffdrückerfuss
einer Nähmaschine bekannter Construction.
Die um einen Zapfen h1
schwingenden Arme h haben an ihrem unteren Ende
Querarme mit Löchern h2
zur Aufnahme der Zierfäden und werden von Excentern e
und f mittels der dieselben umfassenden Excenterringe
gg bewegt, welche in g1g1 mit den kürzeren Armen der Hebel hh verbunden sind (Fig. 58).
Die Excenter e und f sitzen
auf einem Zapfen d, welcher durch die Montirungsplatte
b hindurchgeht, und werden durch eine Scheibe d1 und Schraube d3 gehalten.
Hinter der Montirungsplatte b sitzen auf diesem Zapfen
d lose ein Arm k1 mit Schaltklinke k
und darüber, fest mit dem Zapfen verbunden, ein Schaltrad j, welche Theile durch ein Plättchen d1 und eine Schraube d2 gehalten werden.
Der Arm k1 ist durch
einen Arm k2 mit einem
Arm mittels einer
Schraube l (Fig. 57) verbunden,
welcher wieder fest auf dem oberen Ende der Nadelstange B sitzt. Der Arm k1 muss daher mit der Nadelstange auf und ab schwingen; er hat zwei oder
mehr Löcher für die Schraube k3, je nach deren Einstellung das Schaltrad j um ein oder mehr Zähne bei jeder Schwingung gedreht
wird.
Auf dem Apparat sitzen eine Anzahl Spindeln zur Aufnahme der Spulen m für die Zierfäden. In der Zeichnung sind deren vier
dargestellt, so dass z.B. je zwei Fäden durch die Löcher h2 eines jeden Armes h gezogen werden können. Die Fäden werden erst durch
die Arme o gezogen, dann durch Oesen n der Abzugsfedern, weiter durch Oesen o1p und zuletzt durch die Augen q auf den Armen h und die einen oder anderen
Löcher h2.
Je nachdem die Fäden durch das eine oder andere der Löcher h2 gehen, werden verschiedene Stichformen
erzielt.
Die Fig. 60 bis 63 zeigen schematisch
verschiedene derartige Stichformen, und zwar ist darin angenommen, dass die Arme h während acht Stichen der Nadeln eine vollständige
Hin- und Herbewegung machen.
In Fig. 60 ist der
Zierfaden durch das letzte linke Loch des Fadenführers gezogen und in dessen
äusserster Stellung gezeigt. Der Zierfaden gelangt dabei nur in die Bahn der linken
Nadel, und zwar wird er von einem der acht Stiche aufgenäht, während er während der
übrigen sieben Stiche zur Linken der Nadel bleibt.
In Fig. 61 ist der
Zierfaden durch das dritte Loch h2 von links gezogen. Das Resultat ist, dass er auch
die Bahn der zweiten Nadel erreicht und von dieser durch einen Stich aufgenäht wird,
um während dreier Stichlängen zur Rechten der linken Nadel zu bleiben.
Fig. 62 ist der
Zierfaden, durch das fünfte Loch h2 von links gezogen, und gelangt in die Bahn von
drei Nadeln, und zwar geht er von der linken Seite der linken Nadel nach der
zweiten, wird von dieser aufgenäht, dann in einem Winkel nach der rechten Nadel,
wird wieder durch einen Stich aufgenäht, geht dann in demselben Winkel zurück nach
der mittleren Nadel und wieder nach der linken. Zur Rechten der mittleren Nadel
bleibt er drei Stichlängen, zur Linken der linken Nadel während fünf
Stichlängen.
In Fig. 63 ist der Faden
durch das siebente Loch von links gezogen und geht quer herüber und hinüber, bleibt
zwei Stichlängen zur Rechten der mittleren Nadel und sechs Längen auf acht zur
Rechten der linken Nadel.
Werden z.B. vier Fäden durch dieselben Löcher gezogen, so entsteht eine Zeichnung,
als ob diese vier Diagramme über einander gelegt wären. Der zweite Arm h kann die Fäden wieder entweder in derselben Anordnung
von der entgegengesetzten Seite führen oder das Excenter kann z.B. herumgedreht
werden, so dass beide Arme dieselbe Bewegung machen, oder es können auch andere
gleiche oder ungleiche Excenter eingesetzt oder es kann endlich die Schraube k3 versetzt und so die
mannigfaltigsten Variationen in der Zierstichbildung erzielt werden.
Textabbildung Bd. 303, S. 89
Nähmaschine von Hickling.
Julius Köhler in Limbach hat in der Patentschrift Nr.
82895 eine Nähmaschine zum Einfassen und Verzieren von Stoffkanten von Wirk- und
Webwaaren in Vorschlag gebracht, bei welcher der von einem Greifer durch die
Fadenschleifen zweier oder mehrerer Nadeln unterhalb des Stoffes geführte
Greiferfaden von einem besonderen Schleifenleger erfasst wird, welcher diesen Faden
als Schleife um die Waarenkante des Waarenstückes und unter die einstechenden Nadeln
legt.
Textabbildung Bd. 303, S. 89
Stichformen der Hickling-Maschine.
Zur Herstellung dieser Naht arbeitet die Nähmaschine mit zwei oder mehreren Nadeln
bc (Fig. 64) und der Stoff
a wird flachliegend diesen Nadeln so zugeführt,
dass die aussen stehende Nadel c sehr nahe der
Waarenkante einsticht.
Die Stichplatte ist so geformt, dass die beiden Zungen d und d1
(Fig. 65) das
Breithalten der Stiche so lange bewirken, bis die Stiche ausgebildet sind und von
den Zungen abgleiten können. Die Breite der Zunge d1 bestimmt die Entfernung von der Waarenkante bis
zur ersten Nadel c, da man den Stoff so zuführt, dass
seine rechtsseitige Kante möglichst mit der Aussenkante der Zunge d1 in der Nadelgegend
abschneidet.
Der Stoffschieber besteht aus den beiden Zahnreihen ee1, über
welchen sich der Stoffdrücker (nicht gezeichnet) befindet.
Unterhalb der Nähplatte f bewegt sich der Greifer g, dessen Vorderansicht aus Fig. 66 und dessen
Grundriss aus Fig. 67
hervorgeht. Dieser Greifer nimmt den Faden g1 auf und führt diesen als Schleife durch die beiden
Nadelfadenschlingen b2
und c2. Hierzu hat der
Greifer g eine wagerechte hin und her gehende
Bewegung.
Textabbildung Bd. 303, S. 90
Nähmaschine von Köhler.
Der Greiferfaden wird als Schleife x (Fig. 71) den
einstechenden Nadeln vorgelegt, und es ist deshalb nöthig, die Greiferschleife um
die Waarenkante zu legen und den Nadeln vorzuhalten. Hierbei wird der Greifer nicht
direct benutzt, sondern es ist in der Maschine ein besonderes Werkzeug, ein sogen.
Schleifenleger h (Fig. 68 und 69) angebracht.
Um nun den Greiferfaden durch den Schleifenleger erfassen lassen zu können, hebt sich
der Greifer g einen kleinen Betrag, sobald er durch die
Nadelfadenschlingen b2c2 (Fig. 66) getreten ist,
während sich der Schleifenleger h senkt und darauf nach
vorn bewegt, um den Faden g1 zu erfassen. Hierauf kommt der Schleifenleger h in die Stellung Fig. 68 und 69 und zieht sich nach dem Einstechen der Nadeln vor denselben
zurück.
Der Arbeitsgang der Maschine ist nun folgender:
Die Nadeln b und c (Fig. 64) haben den Stoff
a vollständig durchstochen und heben sich etwas, so
dass sich die Schlingen b2c2 bilden,
durch die der Greifer g mit seinem Faden g1 tritt.
Die Nadeln treten über den Stoff (Fig. 66), letzterer
wird um eine Stichlänge nach hinten gerückt und der Schleifenleger h erfasst den Greiferfaden g1 (Fig. 66 und 67). Der Schleifenleger
h bewegt sich nach links, so dass er die Lage Fig. 68 und 69 einnimmt und die nun
niedergehenden Nadeln b und c innerhalb der vorgelegten Schleife x
einstechen können.
Der Schleifenleger und der Greifer gehen in ihre ursprünglichen Stellungen, wie die
Pfeile (Fig. 69)
andeuten, zurück in die Stellung Fig. 70 und 71, so dass nun das
Spiel von Neuem beginnen kann.
Fig. 71 zeigt den
hergestellten Stich, eine Reihenfolge derselben, also eine Naht, gibt Fig. 72 an, welche durch
Fig. 73 auch von
der unteren Seite dargestellt ist.
Die einzelnen Schleifen x, welche die Waarenkante
umschlingen, werden bei dieser Naht von zwei Stichreihen gehalten, so dass trotz der
Breite der Naht die einzelnen Schleifen ihre gegenseitige Lage nicht ändern können.
Bei sehr grossmaschiger Wirkwaare ist besonders eine breite Naht, um das Ausfranzen
der geschnittenen Kante zu verhindern, nothwendig, und es können dann die einzelnen
Schleifen durch mehr als zwei Stichreihen, z.B. durch drei Reihen b1z1c1 (Fig. 74) gehalten
werden, wobei nur erforderlich ist, die Nähmaschine mit drei Nadeln arbeiten zu
lassen. Würde man die Nadel, welche die Stichreihe b1 (Fig. 74) erzeugt, ohne
Faden einstechen lassen, so wird der Greiferfaden trotzdem um diese gelegt und
bildet dann kleine Fadenbögen y (Fig. 72), welche zur
Verzierung dienen können.
Eine Dreifadennaht zum Einfassen von Stoff kanten, welche dadurch entsteht, dass zwei
Fäden in bekannter Weise Doppelsteppstich bilden, während der dritte Faden in
gewissem Abstand von dem Rande der Waare durch den Stoff hindurchgeführt und
oberhalb, sowie unterhalb desselben in Schleifen gelegt ist, deren freie Bögen durch
die Fäden der Doppelsteppstichnaht eingebunden werden, ist von Charles Edwin Bentley in New York in der Patentschrift
Nr. 84689 in Vorschlag gebracht worden.