Titel: | Ueber die Kohlenstoffernährung der Sprosshefe. |
Autor: | Th. Bokorny |
Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 116 |
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Ueber die Kohlenstoffernährung der
Sprosshefe.
Von Dr. Th.
Bokorny.
Ueber die Kohlenstoffernährung der Sprosshefe.
Dass die Hefe aus verschiedenartigen Kohlenstoffverbindungen ihren Kohlenstoffbedarf
decken kann, ist schon seit längerer Zeit bekannt; sie gleicht darin den übrigen
Pilzen, Spaltpilzen, Schimmelpilzen u.s.w. Doch schien es mir nicht unnütz, diese
Frage weiter zu verfolgen, da von einer nur relativ kleinen Anzahl organischer
Körper bisher das Verhalten gegen Sprosshefe untersucht ist und die Beziehung der Nährkraft
zur chemischen Constitution hier noch wenig erörtert worden ist.
v. Naegeli hat bekanntlich zuerst im Verein mit O. Loew die Frage von dem Ernährungschemismus der
niederen Pilze aufgegriffen„Ernährungschemismus der niederen Pilze“, Sitz.-Ber. d.
math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879. und für einige Stoffe
gezeigt, wie sie sich zur Hefe verhalten, ferner zu Spaltpilzen und Schimmelpilzen.
Er hat gefunden, dass schon ganz einfache organische Stoffe, wie die Essigsäure, im
Stande sind, dem Hefepilz die nöthige Kohlenstoffnahrung zu gewähren. O. Loew hat später gefunden, dass sogar Formaldehyd,
dargeboten als formaldehydschwefligsaures Natron, für eine gewisse Spaltpilzart als
Kohlenstoffquelle brauchbar ist, wiewohl der freie Formaldehyd zu den stärksten
Giften gezählt werden muss. Formaldehyd aber ist eine der einfachsten organischen
Substanzen, sie enthält bloss 1 Kohlenstoffatom im Molekül (CH2O). Dass complicirte Verbindungen zur Ernährung
dienen können, ist schon länger bekannt. A. Mayer hat
schon vor Naegeli zur Kohlenstoffernährung der
Sprosshefe Zucker, Pasteur Zucker und Weinsäure
vorgeschlagen und selbst angewendet.
Pasteur gibt (Ann. Chim.
Phys., Bd. 58 S. 342) zum Beispiel folgende Vorschrift zur Herstellung
einer gährenden Flüssigkeit:
100
cc
Wasser,
10
g
Zucker,
Asche von 1 g Hefe,
0,1
g
weinsaures Ammon (zugleich Kohlenstoff- undStickstoffquelle).
A. Mayer nimmt zur Hefenernährung z.B. (Lehrb. d. Gährungschemie, 1874):
20
cc
15procentige Zuckerlösung,
0,1
g
saures phosphorsaures Kalium,
0,05
g
krystallisirtes schwefelsaures Magnesium,
0,05 bis
0,15
g
Pepsin (als Stickstoffnahrung und wohl
auchKohlenstoffnahrung).
In Folgendem soll eine (unvollständige) Uebersicht gegeben werden über die
Kohlenstoffverbindungen, mit welchen bis jetzt Hefenernährung versucht wurde:
Textabbildung Bd. 303, S. 116
Name der Substanz; Chemische
Formel; Brauchbarkeit; Autor; Publicationsort; Citronensäure (neutralisirt);
Gute Kohlenstoffquelle für Sprosspilze; Pasteur, Naegeli u. Loew; Études sur la
bière, 1868. Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879.
(Ernährungschemismus d. niederen Pilze), S. 307.; Essigsäure (mit Ammoniak
neutralisirt); Ziemlich gute Kohlenstoffquelle für Sprosspilze; Naegeli u. Loew;
Ebenda S. 307.; Weinsäure (mit Ammoniak neutralisirt); Desgl.; Pasteur, Naegeli
u. Loew; Études sur la bière, 1868. Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5.
Juli 1879, S. 311.; Rohrzucker; Vorzügliche Kohlenstoff- quelle für Sprosspilze;
Naegeli u.a.; Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879.; Asparagin;
Sehr gute Kohlenstoffnahrung für Sprosshefe; Birner; Zeitschr. f.
Spiritusindustrie, 1882 S. 95.; Glycerin; Vorzügliche Kohlenstoffnahrung für
Sprosshefe; Naegeli u. Loew; Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli
1879.; Pepton; Vorzügliche Kohlenstoff- quelle für Sprosshefe; O. Loew;
Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl. München, 5. Juli 1879, S. 329.; Phenol;
Brenzkatechin; Die Phenole sind um so weniger giftig für Hefe, je höher sie
hydroxylirt sind.; K. Yabe; College of agrie. Bull., S. 73 bis 75 (Tokio,
Komaba).; Resorcin; Hydrochinon; Pyrogallol; Phloroglucin; Salicylsäure; Giftig
für Hefe; Donath; Ber. d. d. chem. Ges., 1892.; Benzoesäure; Desgl.; Donath;
Ebenda.; Zimmtsäure; Desgl.; Donath; Ebenda.; Maltose; Ernährt Hefe unter
Glykogenbildung; E. Laurent; Annales de soc. belg. de mikroskope, Tome XIV
1890.; Mannit; Wird assimilirt; E. Laurent; Ebenda.
Säuren, Alkohole, Kohlehydrate, Säureamide, den Eiweisstoffen nahestehende Körper
sind also im Stande, die Hefe mit Kohlenstoff zu versehen. Letztere kann aus ihnen
ihre Eiweissubstanzen, ihr Glykogen u.s.w. bilden auf einem bis jetzt nicht genau
bekannten Wege. Nach O. LoewDie chem. Kraftquelle im leb. Protopl., Loew
und Bokorny, München 1882. wird aus
allen diesen Stoffen zuerst eine einfache Atomgruppe (CH2O) abgespalten und diese dann zu höher zusammengesetzten
Kohlenstoffverbindungen aufgebaut.
Die in folgendem Aufsatze aufgeführten Versuche sollen dazu beitragen, unsere
Kenntnisse über die Kohlenstoffernährung der Hefepilze etwas zu erweitern. Wie aus
der einschlägigen Litteratur hervorgeht, ist dieselbe noch ziemlich lückenhaft und
dürfte also ein Beitrag in dieser Richtung nicht ganz unerwünscht sein.
Um die Hefe zu ernähren, muss man ihr Kohlenstoff, Stickstoff, Schwefel, Phosphor,
Kalium, Magnesium in genügender Menge und geeigneter Form zuführen. Der Kohlenstoff
kann als Kohlenstoffverbindung verschiedener Art und Complicirtheit zugeführt
werden; die Kohlensäure allerdings, welche grünen Pflanzen als Nahrung dient, ist
hier ausgeschlossen, sie kann nicht assimilirt werden. Aber schon die so einfache
Essigsäure dient als Kohlenstoffnahrung, ferner höher zusammengesetzte Verbindungen.
Der Stickstoff kann in Form von Ammoniaksalz oder als Amidoverbindung zugeführt
werden; der Schwefel als schwefelsaures Salz, der Phosphor und das Kalium als
Kaliumphosphat, das Magnesium als Bittersalz u.s.w.
Diese Stoffe werden in Wasser aufgelöst; die Salze in einer 0,2 Proc. nicht
übersteigenden Menge, die organischen Stoffe oft in grösserer Quantität. Die
Reaction der Lösung soll schwach sauer oder neutral sein, nicht alkalisch, weil
sonst leicht Spaltpilze sich einstellen. Die günstigste Temperatur zum Gedeihen der
Hefe ist 25 bis 30°. Meine Versuche wurden also meist im Brütkasten bei dieser
Temperatur aufgestellt.
Es sollen hier auch Fragen über den Zusammenhang der chemischen Constitution der
Stoffe mit ihrer Ernährungsfähigkeit berührt werden, z.B. die Frage, ob mit der Zahl
der Kohlenstoffatome im Molekül die Ernährungsfähigkeit steigt oder abnimmt, ob
gewisse Atomgruppen, wie die Hydroxylgruppen oder Amidogruppen, günstig sind
u.s.w.
Als vorzügliche Hefenahrung ist seit langer Zeit der Rohrzucker und Traubenzucker
bekannt; von ersterem gibt Naegeli
(„Ernährungschemismus der niederen Pilze“, Sitz.-Ber. d. math.-phys. Kl.
München, 5. Juli 1879) an, dass die Sprosshefe darin binnen 4 Tagen sich auf das 4
fache ihres Gewichtes vermehren könne; im Brütkasten und bei reichlichem Luftzutritt
hatte bei einem der Versuche die Bierhefe sogar binnen 64 Stunden das 12 fache ihres
Einsatzgewichtes erreicht (neben Zucker wurde hier als organische Nahrung noch
weinsaures Ammoniak zugesetzt). Die Zuckerarten enthalten aber bekanntlich viele
Hydroxylgruppen als Alkoholgruppe CHOH in ihren Molekülen, so dass schon hiermit ein
Fingerzeig gegeben ist.
In Folgendem sollen zunächst die 1- und mehrwerthigen Alkohole und im Anschluss die
Phenole betrachtet werden; hierauf andere Körperklassen der organischen Chemie.
I. Alkohole und Phenole.
Methylalkohol, CH3 . OH,
ist eine ziemlich gute C-Quelle für Spaltpilze; wenigstens schlugen mir
Ernährungsversuche, bei welchen es dem Zufalle überlassen wurde, welche
Spaltpilzarten in die Lösungen gelangten, nie fehl; bald stellte sich
Spaltpilzvegetation ein, welche bei concentrirteren Lösungen von Methylalkohol (1
Proc. bis 1 pro Mille) oft sehr mächtig wurde.
Bei einem Versuch im Warmhaus (in Wasserculturgläsern mit schwarzer Hülle) blieb eine
Lösung, welche 1 Proc. Methylalkohol und ausserdem die nöthigen Mineralsubstanzen
enthielt, ein paar Wochen klar; nach 4 Wochen aber hatte sich eine mächtige
Spaltpilzvegetation eingestellt, theils als dicke Haut an der Oberfläche, theils als
starker Bodensatz; nach 7 Wochen erreichte der Bodensatz bei einer Breite von etwa 8
cm 2 mm Höhe (natürlich wasserhaltig). Eine zweite Lösung, welche nur 0,5 Proc.
Methylalkohol enthielt, trübte sich schon nach 4 Tagen und setzte allmählich
bedeutende Spaltpilzmassen ab; nach 4 Wochen hatte die Neubildung von Spaltpilzen
vollständig aufgehört, die Flüssigkeit klärte sich, der Bodensatz hatte eine
schwärzliche Farbe angenommen (Plattenculturen zeigten mir, dass zweierlei
Spaltpilzarten vorhanden waren, gelatineverflüssigende kleine, lebhaft bewegliche
Stäbchen und nichtverflüssigende ziemlich dicke, auch bewegliche Stäbchen, welche in
grösseren Massen braune Farbe zeigten). Eine dritte Lösung mit nur 0,1 Proc.
Methylalkohol trübte sich schon nach 3 Tagen, die Trübung und der Absatz schritten
einige Wochen fort, um dann aufzuhören. Eine vierte Lösung mit 0,01 Proc.
Methylalkohol trübte sich auch schon nach 4 Tagen; nach 8 Tagen hatte sich an der
Oberfläche, besonders an der Glaswand, eine ziemlich starke Vegetation von
Spaltpilzen gebildet, welche sich aber nicht weiter vermehrte.
Hingegen scheint Methylalkohol für Sprosshefe keine
Kohlenstoffnahrung zu sein, denn in 0,2procentiger, mit einer Spur frischer
Presshefe versetzter Lösung entstand binnen mehreren Tagen im Brütofen keine Hefen-,
sondern eine Bakterienvegetation; die Bakterien, welche in der Presshefe oder in dem
zur Lösung des Methylalkohols angewandten Wasser enthalten waren, gaben offenbar
Veranlassung zu dieser Vegetation.
Aethylalkohol, C2H5 . OH, der gewöhnliche Alkohol, ist für alle
Organismen nur ein schwaches Gift. „Selbst die so empfindlichen Infusorien ertragen 1procentige Lösungen längere
Zeit, manche Arten sogar mehrere Tage. Algen
ertragen eine 2procentige Lösung bis 24 Stunden, nicht mehr aber eine von 4
Proc. während Schimmelvegetationen auch diese
Concentrationen noch ertragen, allerdings unter Hemmungserscheinungen. Nach Manasseïn wirken erst 10 Proc. Alkohol zur
Nährlösung gesetzt bedeutend schädigend auf Schimmelpilze. Dass Bierhefe auch
diese Concentration noch erträgt, ist bekannt.“ (O.
Loew, Giftwirkungen, S. 26.)
Auch in Aethylalkohol konnte ich keine Hefen Vegetation
erhalten. Die 0,2procentige Lösung trübte sich nach 4 tägigem Aufenthalte im
Brütofen und es stellte sich eine Schimmelpilzvegetation ein (Aspergillus); nach
kurzer Zeit gelangten die Aspergillusfäden zur Fructification, es bildeten sich die
bekannten lufthaltigen, an der Oberfläche schwimmenden Sporenhäufchen. Die Lösung
enthielt sonst alles Nöthige, 0,02 Proc. schwefelsaures Ammoniak; 0,02 Proc.
schwefelsaure Magnesia, 0,05 Proc. Monokaliumphosphat. Wenn also Hefe trotzdem nicht
wuchs, so ist das eben darauf zurückzuführen, dass Alkohol keine Kohlenstoffnahrung
für dieselbe ist.
Amylalkohol, C5H9 . OH, wurde in 0,2procentiger Lösung angewendet. In dieser
entstand mit einer Spur Presshefe keine Hefen-, sondern eine schwache
Bakterienvegetation; die Lösung trübte sich im Brütofen binnen 4 Tagen. Für Hefe
scheint dieser stark riechende Alkohol giftig zu sein oder doch keine
Kohlenstoffquelle.
Auch mit Propylalkohol, C3H7 . OH, misslangen die
Ernährungsversuche. Es wurden Lösungen hergestellt, welche 0,2 Proc. Propylalkohol,
0,02 Proc. Ammoniumsulfat, 0,02 Proc. Magnesiumsulfat und 0,05 Proc.
Monokaliumphosphat enthielten, und mit einer Spur frischer Presshefe versetzt. Nach
6 tägigem Aufenthalt im Brütofen hatte sich eine Pilzvegetation gebildet; aber diese
bestand aus Spaltpilzhäuten, welche die Oberfläche einnahmen und sich dann zu Boden
setzten. Propylalkohol ist also eine Kohlenstoffquelle für Spaltpilze, nicht aber
für Hefe.
In Benzylalkohollösung,
C6H5 . CH2OH, von 0,2 Proc. welche mit den nöthigen
Mineralstoffen versetzt war und 8 Tage lang im Brütofen bei 27° aufgestellt wurde,
trat keine Spur einer Pilzvegetation hervor; der Benzylalkohol kann also weder
Hefepilzen noch Spaltpilzen oder Schimmelpilzen als Kohlenstoffnahrung dienen.
Von mehrwerthigen Alkoholen wurden geprüft: das Aethylenglycol und das Glycerin.
Aethylenglycol, CH2OH .
CH2OH, ist eine dicke farblose Flüssigkeit,
welche sich leicht in Wasser auflöst. Ich stellte mir eine 0,2procentige Auflösung
her, versetzte dieselbe mit den nöthigen Mineralsalzen und einer Spur reiner Hefe
(aus Presshefe gezüchtet). Nach 14 tägigem Stehen bei 28° war noch keine Hefen
Vegetation entstanden. Da jedoch ein gleichzeitig aufgestellter Versuch mit
Bakterien auch keine deutliche Bakterienvegetation ergab und Glycol nach meinen
früheren Versuchen Bakterien ernährt, so ist das negative Resultat vielleicht auf
eine giftige Verunreinigung zu schieben.
Glycerin, CH2OH . CHOH .
CH2OH, wurde schon von Naegeli als gute Kohlenstoffnahrung für Hefe erkannt (Sitz.-Ber. d.
Münchner Ak. d. Wiss., 5. Juli 1879). Bei einem von mir aufgestellten Versuche ergab
sich, dass binnen wenigen Tagen in 0,2procentiger Glycerinlösung auf Zusatz einer
Spur Presshefe eine Pilzvegetation eintritt, welche sich unter dem Mikroskop als
zusammengesetzt erweist aus zahlreichen Sprossverbänden von Saccbaromyces; daneben
allerdings traten auch Fadenpilze (Schimmel) auf, weil die Presshefe keine reine
Hefenpilzmasse darstellt und das Lösungswasser nicht sterilisirt wurde. Der
Stickstoff wurde als schwefelsaures Ammoniak, die Phosphorsäure als
Monokaliumphosphat zugegeben.
Von den aromatischen Hydroxylverbindungen wurden untersucht das Phenol (Carbolsäure), Pyrogallol, Resorcin, Brenzkatechin, Phloroglucin, Hydrochinon, das Tannin und die Gallussäure.
Phenol, C6H5 . OH, ergab in 0,05procentiger Auflösung, welcher
auch die nöthigen Mineralstoffe zugesetzt waren, bei 8 tägigem Aufenthalt im
Brütofen keinerlei Pilzvegetation; weder Hefe, noch Spaltpilze oder Schimmelpilze
entwickelten sich, wiewohl anfangs eine Spur frischer Presshefe hineingebracht und
das zur Lösung dienende Wasser nicht sterilisirt worden war. Phenol ist offenbar
keine brauchbare Kohlenstoffnahrung für Sprosshefe.
Brenzkatechin, C6H4(OH)2 (1,2),
scheint ebenfalls nicht als Kohlenstoffquelle für Hefe brauchbar zu sein. Denn bei 8
tägigem Stehen einer 0,05procentigen, mit mineralischer Nahrung versehenen
Auflösung im Brütofen kam nur eine schwache Trübung zum Vorschein, und diese erwies
sich unter dem Mikroskop als hervorgerufen durch Bakterien.
Desgleichen erhielt ich mit Resorcin, C6H4(OH)2 (1,3), keine Hefen Vegetation bei gleicher
Versuchsanstellung wie vorhin.
In einer Auflösung, welche 0,05 Proc. Gallussäure, C6H2(OH)3 . CO2H, und die
nöthigen Mineralstoffe enthielt, wuchs die Hefe ebenfalls nicht, dagegen in geringer
Menge ein Schimmelpilz. Man darf hier nicht glauben, dass etwa die saure Reaction
der Flüssigkeit das Wachsthum der Hefe verhindert habe, denn bei der Verdünnung 0,05
Proc. ist die saure Reaction der Gallussäure so schwach, dass die Hefe hierdurch
nicht geschädigt wird. Die Gallussäure ist keine Kohlenstoffnahrung für Hefe.
Pyrogallussäure, C6H3(OH)3 (1, 2, 3),
von 0,05 Proc. liess ebenfalls keine Hefenvegetation aufkommen.
0,05procentige Lösung von Tannin (Digallussäure), mit
Mineralsalzen versetzt, blieb 8 Tage lang im Brütofen völlig steril, trotzdem
anfangs eine Spur Presshefe hinzugesetzt worden war.
Hingegen wuchs in einer 0,05procentigen Lösung von Hydrochinon, C6H4(OH)2 (1,4), binnen 8 Tagen eine ziemlich
kräftige Schimmelpilzvegetation heran, aber keine Hefe.
Die Lösungen der vorgenannten Stoffe, vom Phenol angefangen, wurden sehr verdünnt, zu
0,05 Proc. genommen, weil mir bekannt war, dass diese Stoffe eine giftige Wirkung
haben schon bei wenig stärkerer Concentration, wie 0,2 Proc. Trotz dieser grossen
Verdünnung wuchsen in einigen der Lösungen, wie erwähnt, Bakterien oder
Schimmelpilze.
Für Hefe ist keiner der genannten Stoffe aus der aromatischen Reihe eine
Kohlenstoffquelle.
Es stimmt das überein mit der Angabe von K. Yabe (College of
agric. Bull, S. 73 bis 75, Tokio-Komaba), wonach die von ihm geprüften
Phenole, das eigentliche Phenol, ferner Brenzkatechin, Resorcin, Hydrochinon,
Pyrogallol, Phloroglucin, giftig sind für Hefe und also nicht zur Ernährung dienen
können.
Die aromatischen Hydroxylverbindungen sind also zur Kohlenstoffernährung viel weniger
günstig als die der Fettreihe, wo wenigstens die mehrwerthigen Alkohole
(Hydroxylverbindungen mit mehreren Hydroxylgruppen) als gute Kohlenstoffnahrung für
Hefe angesehen werden müssen. Nur die so zerspaltungs- und oxydationstüchtigen
Spaltpilze vermögen einige derselben als Nahrung zu verwenden; Sprosshefe vermag
nichts damit anzufangen, ihr Protoplasma kann offenbar den festen Kohlenstoffring
dieser Verbindungen nicht sprengen, denn auch bei einer Verdünnung, wo die giftige
Wirkung wohl aufhören dürfte, dienen sie nicht zur Ernährung.
Die Sprosshefe scheint in ihrer Kohlenstoffnahrung überhaupt viel enger begrenzt zu
sein als die Bakterien; relativ wenige Verbindungen scheinen brauchbar zu sein.
Auch mit Kresol und Xylenol, die ich noch nachträglich prüfte, erhielt ich negatives
Resultat.
Orthoxylenol, C6H3(CH3)2 . OH, eine weisse krystallinische Substanz, wurde
zuerst zu 0,5 g in 1 cc Alkohol abs. gelöst und dann mit Wasser bis zu 500 cc
verdünnt; desgleichen die Paraverbindung. Diese 0,1procentigen Lösungen erwiesen
sich als giftig, denn die sämmtlichen hineingebrachten niederen Organismen, Hefe, Algen und
niederen Thiere, starben darin binnen 24 Stunden ab. In einer 0,01procentigen
Auflösung der Substanzen blieben die Algen und niederen Thiere 24 Stunden lang
unbeschädigt. Bei dieser hohen Verdünnung ist also die Substanz unschädlich, eine
ernährende Wirkung ist natürlich nicht zu erwarten. Ein Unterschied zwischen der
Para- und der Orthoverbindung liess sich nicht erkennen.
Tabellarische Uebersicht der Alkohole und Phenole; ihr
Verhalten gegen Hefe.
Name der Substanz
Chemische Formel
Brauchbarkeit
Autor
Publicationsort
Methylalkohol (0,2 Proc.)
CH3 . OH
Keine Kohlenstoffnahrungfür Hefe
Bokorny
Diese Abhandlung
Aethylalkohol (0,2 Proc.)
C2H5 . OH
Desgl.
„
„
Amylalkohol (0,2 Proc.)
C5H9 . OH
Desgl.
„
„
Propylalkohol
C3H7 . OH
Desgl.
„
„
Benzylalkohol (0,2 Proc.)
C6H5 . CH2
(OH)
Keine Spur von Pilz-vegetation
„
„
Aethylenglycol
CH2OH . CH2OH
Zweifelhaft
„
„
Glycerin (0,2 Proc.)
CH2OH . CHOH . CH2OH
Hefe wächst darin reichlich
„
„
Phenol (0,05 Proc.)
C6H5 . OH
Keine Kohlenstoffnahrungfür Hefe
„
„
Brenzkatechin (0,05 Proc)
C6H4(OH)2
(1,2)
Desgl.(nur schwache
Bakterien-vegetation)
„
„
Resorein (0,05 Proc.)
C6H4(OH)2 (1,
2)
Keine Nahrung für Hefe
„
„
Gallussäure (0,05 Proc.)
C6H2(OH)3 .
CO2H
Desgl.
„
„
Tannin, d. i. Digallussäure(0,05 Proc.)
–
Desgl.
„
„
Pyrogallussäure (0,05 Proc.)
C6H3(OH)3 (1,
2, 3)
Desgl.
„
„
Hydrochinon (0,05 Proc.)
C6H4(OH)2(1,
4)
Desgl.(dagegen wohl f. Schimmel)
„
„
Orthoxylenol
C6H3(CH3)2 . OH
Giftig
„
„
Kresol (Ortho- und Para-)
C6H4(CH3) .
OH
Giftig
„
„
Kresol, C6H4(CH3) . OH, sowohl
die Ortho- als die Paraverbindung, wurde zu 0,5 g in 1 cc Alkohol gelöst und in 500
cc Wasser gegossen. Die so hergestellten 0,1procentigen Lösungen erwiesen sich als
giftig für Hefe, Algen und Infusorien; denn nach 24 stündigem Aufenthalt in der
Lösung waren die Organismen abgestorben. Als die Lösungen noch auf das 10fache, d.
i. bis 0,01 Proc., verdünnt wurden, erwiesen sie sich als unschädlich, denn die
Organismen blieben darin 24 Stunden lang völlig intact. Ein Unterschied zwischen der
Para- und Orthoverbindung scheint hier nicht zu bestehen. Selbstverständlich ist an
eine ernährende Eigenschaft des Kresols nicht zu denken, da es erst bei gewaltiger
Verdünnung (0,01 Proc.) nicht mehr giftig ist.
In einer 0,1procentigen Lösung von Orthokresol (unter
Zusatz der nöthigen Mineralstoffe) vermehrte sich die Hefe nicht im geringsten; auch
kein anderer Pilz wuchs.
(Fortsetzung folgt.)