Titel: | Die Verwendung der Kohlensäure zum Treiben von Motoren. |
Fundstelle: | Band 303, Jahrgang 1897, S. 177 |
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Die Verwendung der Kohlensäure zum Treiben von
Motoren.Nach der Zeitschrift für die gesammte
Kohlensäureindustrie.
Von Dr. E.
Luhmann.
Mit Abbildungen.
Die Verwendung der Kohlensäure zum Treiben von Motoren.
Der Vorschlag, die in der flüssigen Kohlensäure aufgespeicherte mechanische Kraft zum
Treiben von Motoren zu verwenden, ist wohl zuerst von Carl
Friedrich Mohr vor 25 Jahren gemacht worden.
Die Einrichtung solcher Motoren ist nicht schwierig, da man die expandirende
Kohlensäure mit ähnlich construirten Maschinen, wie bei dem gespannten Wasserdampf,
verwenden kann. Es muss nur dafür gesorgt werden, dass die Kohlensäure genügend
erwärmt wird, damit durch die Wärmebindung bei der Expansion sich keine feste
Kohlensäure bilden kann und damit durch grosse Kälteerzeugung in der Maschine selbst
das Schmieröl nicht erstarrt und dadurch den Gang des Motors erschwert.
Da durch den Werth des verloren gehenden Materials die Betriebskraft wesentlich
vertheuert wird, so kann nur in vereinzelten Fällen von Kohlensäuremotoren dieser
Art Gebrauch gemacht werden. Dennoch ist die flüssige Kohlensäure ein sehr
geeignetes Medium, um Kraft zu erzeugen, wenn die Eigenschaften dieses Körpers in
richtiger Weise zur Verwendung kommen.
Die Kohlensäure zeichnet sich vor allen anderen condensirbaren Gasen dadurch aus,
dass ihre kritische Temperatur (30,92°) nicht erheblich höher liegt, als die
durchschnittliche Temperatur von Luft und Wasser im gemässigten Klima, welche man
wohl zu 15° annehmen darf. Man ist daher immer in der Lage, durch Abkühlung mittels
Wasser unter den kritischen Punkt die genügend comprimirten Kohlensäuregase in den
flüssigen Zustand überzuführen. Umgekehrt kann durch geringe Temperatursteigerung
über 30,92° hinaus die schnelle Ueberführung in Gasform bewirkt werden, trotzdem die
Kohlensäure auf ein geringes Volumen zusammengepresst bleibt. Da die über den
kritischen Punkt erwärmte, in Gasform übergeführte Kohlensäure nun wieder annähernd
dem Mariotte'schen Gesetze folgt, so tritt trotz der
geringen Wärmeerhöhung eine ganz bedeutende Druckvermehrung ein.
Ist z.B. 1 l flüssiger Kohlensäure in einen festen Behälter eingeschlossen, so hat
sie bei einer Temperatur von 15° eine Spannung von 52 at. Erfolgt Erwärmung über
30,92°, so hört der flüssige Zustand auf, und je höher die Wärme steigt, um so mehr
übt das von 500 Vol. auf 1 Vol. zusammengepresste Gas, gemäss dem Mariotte'schen Gesetz, auf die Wände des Gefässes einen
Druck aus, der nach Messungen 300 at erheblich übersteigt.
Da die specifische Wärme der Kohlensäure für gleiche Gewichte nur 0,2169
beträgt, so wird diese starke Druckvermehrung durch einen verhältnissmässig geringen
Wärmeaufwand bewirkt, zumal die latente Verdampfungswärme (incl. Schmelzwärme) für 1
k feste Kohlensäure nach Favre nur 138,7 Calorien
beträgt, gegenüber 606,5 beim Wasser.
Unter Benutzung der oben erwähnten Eigenschaften der Kohlensäure, welche abwechselnd
in den gasförmigen und flüssigen Zustand versetzt wird, können Motoren construirt
werden, bei welchen das zur Krafterzeugung dienende Medium nicht verloren geht.
Der erste, welcher die Druckdifferenz genügend comprimirter Kohlensäure, die durch
abwechselnde Abkühlung und Erwärmung erzeugt wird, zum Treiben einer Kraftmaschine
benutzen wollte, war Franz Windhausen, welcher im J.
1886 ein deutsches Reichspatent für die von ihm construirte Maschine erhielt.
Die Maschine beruht darauf, dass in einem Verdampfer mit starkwandiger Rohrspirale
flüssige Kohlensäure durch erhitztes Wasser, welches das Schlangenrohr umgibt, auf
35 bis 45° erwärmt und dadurch verdampft wird. Windhausen will auf diese Weise einen Druck von 70 bis 150 at
hervorbringen. Die erzeugten hochgespannten Kohlensäuregase werden nach einem oder
mehreren, eigenthümlich construirten Dampfcylindem geführt, wo durch den Druck des
Gases ein Kolben in Bewegung gesetzt, und die so erzeugte Arbeitsleistung in
bekannter Weise auf einen Bewegungsmechanismus übertragen wird.
Die aus dem Cylinder entweichende gasförmige Kohlensäure wird durch Wasserkühlung
wieder verflüssigt und die Spannung derselben auf 50 bis 60 at reducirt. Eine
Speisepumpe führt die verflüssigte Kohlensäure in den Verdampfer zurück, woselbst
dieselbe aufs Neue durch Verdampfung zur Druckerzeugung dient.
Der Dampfcylinder besteht aus Gusstahl, Schmiedeeisen oder Bronze und enthält im
oberen Ende eine kleinere, im unteren Ende eine grössere centrale Bohrung, in
welchen sich die beiden, aus einem Stück bestehenden Kolben bewegen. Die
Kolbenstange tritt durch eine Stopfbüchse im Boden des Cylinders ein und ist in
bekannter Weise mit Pleuelstange, Kurbel und Welle verbunden. Ein ringförmiger Raum
über dem Kolben dient zur Aufnahme der hochgespannten Kohlensäuredämpfe, während der
cylindrische Raum über dem Kolben zur Aufnahme der condensirten Kohlensäure
dient.
Die Abdichtung und Schmierung beider Kolben geschieht einerseits in gewöhnlicher Art
durch Dichtungsringe, event. Leder- oder Metallmanschetten, andererseits aber noch
dadurch, dass über den Kolben eine Flüssigkeitsschicht (Oel oder Glycerin)
automatisch unterhalten wird. Die Flüssigkeit, welche durch die Dichtung des oberen
Kolbens etwa entweicht, gelangt zunächst auf den unteren Kolben, und wenn durch die
Dichtung dieses Kolbens Flüssigkeit entweichen sollte, so dringt dieselbe in den,
die Kolbenstange umgebenden Ringraum. Aus diesem wird dieselbe beim Niedergange des
Kolbens wieder über den Kolben gepresst.
Diese Maschine besitzt noch manche Unvollkommenheiten. Wer die Eigenschaften der
flüssigen Kohlensäure praktisch kennen gelernt hat, wird bald einsehen, dass die
Steuerung in der beabsichtigten Weise nicht eingerichtet werden kann, und dass
bei den enormen Druckverhältnissen nur Ventilsteuerung zur Verwendung kommen
kann.
Windhausen will nur die Druckdifferenz zwischen
flüssiger und durch Wärme verdampfter Kohlensäure verwerthen.
Textabbildung Bd. 303, S. 178
Fig. 1.Luhmann'scher Kohlensäuremotor.
Ohne von der eben beschriebenen Maschine Kenntniss zu haben, construirte der
Verfasser dieses Aufsatzes eine Kohlensäurekraftmaschine, bei welcher er die ganz
bedeutende Druckvermehrung, hervorgerufen durch das Erwärmen der, einen bestimmten
Raum ganz anfüllenden flüssigen Kohlensäure über die kritische Temperatur, zur
Verwendung bringt. Die Einrichtung dieses Luhmann'schen
Kohlensäuremotors wird durch die Figuren 1 bis 3 veranschaulicht.
In dem Cylinder a wird durch hochgespannte
Kohlensäuredämpfe ein Kolben b hin und her bewegt, der
in bekannter Weise durch Kreuzkopf, Pleuelstange und Kurbel eine Welle c mit Schwungrad d und
Kraftübertragungsscheibe e in Drehung versetzt.
Der Cylinder a ist mit zwei Kammern f und f1 versehen, in welche und aus welchen die
Einlassventile gg1 und
die Auslassventile hh1
münden. Die Fortsätze f und f1 des Cylinders a dienen zur Aufnahme einer dichtenden und schmierenden Flüssigkeit
(Glycerin, Oel), welche den Kolben stets abschliessen und gleichzeitig die
Ausfüllung der schädlichen Räume neben zuverlässiger Dichtung von Kolben und
Kolbenstangenstopfbüchse bewirken soll.
Textabbildung Bd. 303, S. 178
Fig. 2.Luhmann 'scher Kohlensäuremotor.
Hin- und Hergang des Kolbens b werden dadurch erzielt,
dass man auf einer Seite desselben bis über den kritischen Punkt erwärmte
Kohlensäure in den entsprechenden Raum f einströmen
lässt, auf der anderen Seite die dort vorhandene Kohlensäure durch Abkühlung auf 15°
verflüssigt. Die sich ergebende Druckdifferenz zwischen beiden Seiten des Kolbens ist als
Arbeitsdruck anzusehen; nur muss der Druck abgerechnet werden, welcher auf eine
Pumpe i ausgeübt wird, die ihrerseits bei jedem
Kolbenhube das nöthige Quantum flüssiger Kohlensäure in einen Ueberhitzer k treibt. Da diese Pumpe, weil sie nur flüssige
Kohlensäure von der nöthigen Menge zu bewegen hat, einen bedeutend (zehnfach)
geringeren Kubikinhalt hat als der Arbeitscylinder, so ist dieser Kraftabzug kein
sehr hoher, und es resultiren für die Maschine bedeutende Druckdifferenzen der einen
Kolbenseite gegen die andere. Die bedeutenden Kraftleistungen werden durch geringen
Wärmeaufwand erzielt und zeichnet sich der Motor noch dadurch aus, dass er nur
geringe Dimensionen bei grosser Arbeitsleistung zu haben braucht.
Der Gang und die Arbeitsweise der Maschine sind folgende:
Nach Fig. 1 ist das Einlassventil zum Raume f geöffnet gewesen, und die durch Temperaturerhöhung in
dem Ueberhitzer k in Gasform übergeführte und auf einen
hohen Druck gebrachte Kohlensäure hat die Flüssigkeit aus f verdrängt und damit den Kolben b nach
rechts verschoben. Wird jetzt das Auslassventil h
geöffnet, dessen Rohrleitung in einen Raum l mündet, in
welchem nur ein Druck von 52 at herrscht, so entweicht die gasförmige Kohlensäure
aus h in diesen Raum, da sich gleichzeitig auf der mit
f1 verbundenen
Seite des Kolbens das Einlassventil g1 öffnet, um die entsprechende Menge Kohlensäure,
welche durch die Pumpe i und Rohrleitung m in den Ueberhitzer k
gedrückt ist, in den Raum f1 zur Verdrängung der darin befindlichen Flüssigkeit einzulassen.
Textabbildung Bd. 303, S. 179
Fig. 3.Luhmann'scher Kohlensäuremotor.
Der erwähnte Raum l kann behufs Ausnutzung der, der
entweichenden Kohlensäure zugehörigen Wärme zum Vorwärmer mit Röhrensystem
ausgebildet werden, wie Fig. 2 zeigt. Von dem Raume
l aus geht die auf einer Seite des Kolbens zur
Kraftleistung benutzte und durch das Auslassventil g
entweichende Kohlensäure in den Condensator n, dessen
Rohrschlange o mit den Räumen l durch die Leitung o1 in Verbindung steht. Bei 52 at Compressionsdruck
und Temperaturerniedrigung auf 15° tritt hier wiederum Verflüssigung der Kohlensäure
ein. So wird bei jedem Hube der Vorrath an flüssiger Kohlensäure vermehrt, während
diese in demselben Maasse durch die Rohrleitung mit Hilfe der Pumpe i in den Ueberhitzer k
getrieben wird, um den Vorrath der hochgespannten Kohlensäuredämpfe zu ergänzen.
Wenn die Pumpe i einseitig wirkend ist, so hat sie bei
jedem Hube das Quantum Kohlensäure zu befördern, welches, in Gasform übergeführt,
die Räume f unter Beibehaltung des vorgesehenen Druckes
soweit ausfüllt, bis zum Abschluss der Einlassventile die Expansionsperiode in der
Maschine selbst beginnen soll. Naturgemäss kann die Pumpe i auch zweiseitig wirken und mit entsprechend kleineren Dimensionen
angefertigt werden.
Die Steuerung der Ventile erfolgt, analog denen der Dampfmaschinen oder
Gasmotoren, von der Schwungradwelle aus durch Zwischenwellen mit geeigneten
Antriebsmechanismen. Die Schliessung der Ventile kann entweder zwangsläufig oder
freifallend gemacht werden. Die Expansion der Kohlensäure kann auch in zwei
Cylindern nach Woolf'schem Verbund- oder
Receiver-Verbundsystem erfolgen.
Zur Veranschaulichung der Grössenverhältnisse der Arbeitsleistung und des
Wärmeverbrauchs des Luhmann'schen Kohlensäuremotors
möge nachstehendes Beispiel dienen:
Der Raum des Cylinders a soll 3 l betragen. Dann sind zu
seiner Füllung 150 l gasförmiger Kohlensäure von gewöhnlichem Luftdruck
erforderlich, damit das Gas nach seiner Expansion beim Verlassen des Cylinders durch
eins der Auslassventile h oder h1 noch ungefähr 52 at Spannung hat und im
Condensator lediglich durch die Abkühlung wieder verflüssigt werden kann. Diese 150
l = 300 g Kohlensäure nehmen verflüssigt nur einen Raum von 353 cc ein. Die Pumpe
i muss also für jede Cylinderfüllung 353 cc, für
jede Umdrehung 706 cc flüssige Kohlensäure fortbewegen. Durch die Zulassventile g und g1 werden also jedesmal 353 cm bis stark über den
kritischen Punkt im Ueberhitzer erwärmte Kohlensäure in die Cylinderkammern f oder f1 eingelassen. Das Einlassventil wird so regulirt,
dass nach etwa einer Viertelcylinderfüllung lediglich der Expansionsdruck der
eingelassenen 300 g Kohlensäure die Weiterbewegung des Kolbens bewirkt. Am Ende des
Hubes haben dann die anfänglich 353 cc Kohlensäure ihr Volumen bis auf 3 l = 3000 cc
vergrössert. Sie haben in Folge der erhöhten Temperatur noch so viel
Spannungsüberschuss, um bei Oeffnung eines der Auslassventile freiwillig in den
Vorwärmer l und Condensator o überzuströmen und daselbst durch Abkühlung verflüssigt zu werden; denn
es sind immerhin noch 150 l gasförmiger Kohlensäure gewöhnlichen Drucks auf 3 l,
also 50 l auf 1 l zusammengepresst, und gehen diese, in den Condensator durch die
Bewegung des Kolbens gedrängt, lediglich durch Abkühlung in den flüssigen Zustand
über, um den Vorrath an flüssiger Kohlensäure zu ergänzen.
Aus diesen Betrachtungen ergeben sich die Dimensionen des Cylinders a und der Pumpe i.
Wenn der bei beiden gleiche Hub z.B. 50 cm beträgt, so muss bei 3 l Inhalt des
Cylinders a dessen Kolbendurchmesser 8,75 cm, dessen
Kolbenquerschnitt 60 qc betragen. Die Pumpe i hat dann,
wenn sie doppeltwirkend ist, bei 353 cc Inhalt 7,06 qc Kolbenquerschnitt und 3 cm
Kolbendurchmesser.
Nehmen wir nun an, dass die im Ueberhitzer erwärmte flüssige Kohlensäure nur einen
Druck von 452 at ausübt, und die in den Cylinder eingeführte, hochgespannte
Kohlensäure nach der Expansion nur noch 52 at drückt, so ist der Durchschnittsdruck
auf der arbeitenden Kolbenseite =\frac{452+22}{2}=252 at, dem ein
gleichmässiger Druck von 52 at auf der anderen Kolbenseite entgegenwirkt. Die
Differenz 252 – 52 = 200 at ist dann Arbeitsdruck, welcher den Kolben hin und her
bewegt.
Erfolgt eine Umdrehung in 1 Secunde, so beträgt die Arbeitsleistung der Maschine 60 .
200 = 12000 k für 1 Secunde und Meter.
Der Pumpenkolben i hat in derselben Zeit einen Druck von 7,06 . 400 =
2824 k zu überwinden, so dass 12000 – 2824 = 9176 k für 1 Secunde und Meter als
Bruttoeffect der Maschine übrig bleibt.
Bei 60 Umdrehungen in der Minute haben wir bei der gedachten Maschine in 1 Stunde 60
. 60 . 2 . 0,3 = 2160 k flüssige Kohlensäure von 15° zu verdampfen, d.h. auf etwa
50° zu erwärmen. Wir gebrauchen dazu 2160 (138,7 + 35 . 0,2164) = 316008 Calorien.
Hierbei ist 0,2164 die specifische Wärme der Kohlensäure und 138,7 die latente
Verdampfungswärme (incl. Schmelzwärme). Die latente Schmelzwärme, deren Zahl noch
nicht bekannt zu sein scheint, müsste noch von der Zahl 138,7 in Abzug gebracht
werden.
Da 1 k Steinkohle beim Verbrennen 4500 effective Calorien erzeugt, so wird unsere,
mehr als 100 leistende Maschine in 1 Stunde noch nicht 70 k Steinkohle
erfordern, also etwa die Hälfte des Brennmaterials, welches eine grössere
Dampfmaschine in vollkommenster Ausführung beansprucht.
Bei den enormen Drucken, welche bei dieser Maschine zur Wirkung kommen, könnte es
bedenklich erscheinen, ob die einzelnen Theile in genügender Stärke hergestellt
werden können. Doch sind solche Bedenken leicht zu widerlegen. Für die Rohrspiralen,
welche man ja in mehrfache Stränge mit parallelen, wieder zusammenlaufenden
Windungen verzweigen kann, genügen Mannesmann-Stahlröhren von 20 mm lichter Weite,
welche bei 5 mm Wandstärke 1000 at Probedruck aushalten und für 500 at Arbeitsdruck
hinreichend stark sind. Bei dieser Wandstärke ist die Wärmeleitung bei den Kühl- und
Erhitzungsschlangen mindestens so gut wie bei Dampfkesseln, deren Blechstärken
meistens mehr als 5 mm betragen. Den Dampfcylinder kann man genügend stark aus
Gusstahl herstellen.
Die Krupp'schen Kanonen haben viel grössere Drucke
auszuhalten.
Vollkommene Dichtung des Kolbens und der Kolbenstangenstopfbüchse ist mit Hilfe der
Absperr- und Schmierflüssigkeit unschwer zu erzielen. Die Ventile, welche bei ebenso
hohem Gasdruck der Compressoren Verwendung finden, schliessen für die kurzen
Zeiträume der Hube dicht. Grosse Sorgfalt muss auf die Ausführung der vier
Ventilstopfbüchsen verwendet werden. Es dürfte sich empfehlen, die Ventilsitze immer
nach oben und die Stopfbüchsen nach unten gerichtet anzuordnen, damit auch hier
durch eine schmierende Absperrflüssigkeit die Dichtung der Stopfbüchsen eine
vollkommene wird.
Beachtung verdient noch ein Verfahren von August
Osenbrück, durch Expansion hochgespannter Dämpfe von flüchtigen Körpern,
welche aus hochgesättigten Lösungen durch Erwärmung derselben ausgeschieden werden,
Kraft zu gewinnen und die hierfür erforderlichen hochgesättigten Lösungen des
flüchtigen Körpers dadurch zu erzeugen, dass die Absorption dieser flüchtigen Dämpfe
sich unter einem, von der Temperatur des Kühlwassers abhängigen, verminderten Drucke
vollzieht.
Für Krafterzeugung nach diesem Verfahren ist auch die Kohlensäure eine sehr geeignete
Substanz, wie nachstehende Betrachtungen zeigen werden.
1 cbm Wasser absorbirt (nach v. Wroblewski) bei 12 ½°
und 30 at Druck 23,25 cbm gasförmige Kohlensäure. Wird diese gesättigte Lösung
erwärmt, so bleiben bei etwa 42 ½° vielleicht nur 8,25 cbm Gas gelöst, während 15
cbm zur Ausscheidung kommen.Diese Zahlen
sind willkürlich angenommene, da die Lösungsverhältnisse der Kohlensäure bei
höheren Temperaturen und Drucken noch nicht erforscht sind. Dann
würde dieses frei gewordene Gas, in einem Raume von 1 cbm eingeschlossen, einen
Druck von 15 at ausüben. In einem 2 cbm fassenden Behälter, welcher 1 cbm mit 23,25
Vol. Kohlensäure gesättigtes Wasser und in dem von Wasser leeren Raume Gas von 30 at
Spannung enthält, steigt nach der Erwärmung auf 42 ½° der Druck nach den obigen
Annahmen auf 45 at. Werden dann Dämpfe und Wasser wieder auf 12 ½° abgekühlt und
innig gemischt, so stellt sich nach Absorption der vorher ausgeschiedenen Dämpfe der
ursprüngliche Druck von 30 at wieder her.
In einem geeigneten Apparate kann man die Druckdifferenz von 15 at zur Bewegung eines
Cylinderkolbens benutzen, wenn die Erhitzung und Abkühlung nebst Absorption in
besonderen Gefässen ausgeführt wird, und wenn das Gas auf dem Wege vom Dampferzeuger
nach dem Absorber den Dampfcylinder zu passiren gezwungen ist.
Der Verfasser dieses Aufsatzes construirte nach dem Osenbrück'schen Verfahren eine zur Verwendung von Kohlensäure geeignete
Kraftmaschine, welche durch Fig. 3 dargestellt
wird.
Der Apparat besteht aus folgenden Haupttheilen: dem Absorber A, dem Kühler B, dem Dampfgenerator C, dem Dampfcylinder D und
der Pumpe P.
Das in dem unteren Ende des Absorbers sich sammelnde, bei 12 ½° unter erheblichem
Druck (z.B. 30 at) mit Kohlensäure gesättigte Wasser wird durch die Pumpe P stetig in den Dampfgenerator C gefördert, woselbst durch Erwärmung ein grosser Theil des Gases zur
Ausscheidung kommt. Hierdurch wird der Druck in dem Gefässe G erheblich vergrössert. Das frei gewordene, hochgespannte Gas wird
abwechselnd auf die Arbeitsseite des Kolbens in dem Dampfcylinder D geführt, auf dessen entgegengesetzter Seite sich nur
der in A herrschende Druck geltend macht; denn der mit
dem Cylinder D in Verbindung stehende Absorber dient
als Auspuffraum für die austretenden Kohlensäuredämpfe. Den Arbeitsdruck bildet die
Differenz zwischen den im Absorber A und dem Generator
C herrschenden Spannungen.
Das durch Erwärmung seiner Kohlensäure zum Theil beraubte Wasser wird in Folge des in
C vorhandenen grösseren Druckes durch das Rohr g in den Röhrenkühler B
gedrückt, woselbst es durch kaltes Wasser, welches durch f ein- und durch e wieder austritt, wieder
auf die ursprüngliche Temperatur abgekühlt wird. Durch das Rohr b und die Brause a strömt
dann dieses Wasser, regulirt durch den Hahn v,
continuirlich in den oberen Theil des Absorbers A ein,
woselbst es beim Herunterrieseln über eine Kokssäule die durch das Auspuffrohr d eintretende gasförmige Kohlensäure wieder aufnimmt
und, mit dieser gesättigt, den Wasservorrath im unteren Theile von A ergänzt.
Die Wasserstandsrohre m und n zeigen die Höhen der in A und C vorhandenen Flüssigkeiten an. Die Manometer o und p messen die
Spannungen in den Räumen C und A, deren Differenz den Arbeitsdruck anzeigt. Der Dampfcylinder D hat die oben beschriebene, durch Fig. 1 dargestellte Einrichtung. Die Bewegung des
Kolbens wird durch Pleuelstange und Kurbel auf eine Schwungradwelle übertragen,
welche mittels Riemenscheiben die Bewegung anderer Maschinen bewirkt; die Pumpe P wird mittels Excentric durch die Welle in Bewegung
gesetzt.
Nach der oben angestellten Berechnung hatten wir, um 1 cbm Kohlensäure von 15 at
Spannung zu erzeugen, 1 cbm Wasser um 30° zu erwärmen. Dazu sind 30000 Calorien
erforderlich, welche 6 ⅔ k Steinkohlen beanspruchen.
Stellen wir einen Vergleich mit Wasserdampf an, so finden wir, dass 1 cbm Wasserdampf
von 15 at Spannung 7 ½ k wiegt, und dass zu seiner Erzeugung (198 + 420 + 46) 7,5 =
4845 Calorien erforderlich sind.
Diese Zahlen zeigen, dass eine Kohlensäurekraftmaschine nach Osenbrück'schem System nicht so vortheilhaft arbeitet, als eine gute
Wasserdampfmaschine. Wohl aber könnte dieselbe in nutzbringender Weise da zur
Verwendung kommen, wo man die Wärme verloren gehender Wasserdämpfe oder sonst
nutzlos entweichender Feuergase verwerthen will.
Günstiger dürfte sich die Sache stellen, wenn statt des Wassers Alkohol als
absorbirende Flüssigkeit zur Verwendung käme, da derselbe einerseits für Kohlensäure
ein erheblich grösseres Lösungsvermögen besitzt, und da andererseits seine
specifische Wärme geringer ist als die des Wassers. Da die Absorptionsflüssigkeit in
dichten Gefässen und Leitungen ihren Kreislauf vollzieht, so ist ein Materialverlust
ausgeschlossen.
Ueber die Kohlensäuremotoren ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Verfasser
dieser Arbeit, welche zur Anregung der Sache dienen soll, ist der Meinung, dass die
in Fig. 2 dargestellte Maschine sich zu einer
äusserst billig arbeitenden und praktisch brauchbaren vervollkommnen lässt.