Titel: | Ueber die Fortschritte der Photographie und der photomechanischen Reproductionsverfahren. |
Autor: | J. M. Eder, E. Valenta |
Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 19 |
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Ueber die Fortschritte der Photographie und der photomechanischen
Reproductionsverfahren.
Von J. M. Eder und E. Valenta.
Mit Abbildungen.
Ueber die Fortschritte der Photographie und der photomechanischen Reproductionsverfahren.
Photographische Objective, Apparate u.s.w.
Unter dem Namen Ortholinea bringt die Firma Golz in Berlin ein billiges
Objectiv in den Handel. Dasselbe entspricht bezüglich seiner Construction den Steinheil'schen Periskopen, sowie den Rodenstock'schen BistigmatenSiehe unser Referat 1894 291 18., hat aber eine andere Ein Stellvorrichtung zur Ausgleichung der vorhandenen Focusdifferenz. Der
Gesichtsfeldwinkel dieser Objective ist 87°, die Ausführung eine gute.Eder's Jahrb. f.
Photogr. f. 1897, S. 268.
Die Firma Steinheil's Söhne in München erzeugt neuerer Zeit symmetrische
Objective mit dreilinsigen Hälften, welche sich durch solide Construction und grosse Lichtstärke auszeichnen. Diese
Objective führen
den Namen Orthostigmate.D. R. P. Nr. 88505. Dieselben bestehen aus zwei Hälften, von denen jede als completes
Objectiv für sich sphärisch, chromatisch und astigmatisch corrigirt ist. Hinsichtlich der Zusammensetzung und Linsenanordnung
scheiden
sich die orthostigmatischen Objective in zwei wesentliche Formen, und zwar in 1) Constructionstypus I: a) Aussenlinse:
biconvex;
Brechung höher als bei b und c; b) Mittellinse: biconcav; Zerstreuung höher als bei a und c; c) Innenlinse: positiver
Meniscus;
Brechung und Zerstreuung niedriger als bei a und b, und 2) Constructionstypus II: a) Aussenlinse: biconvex; höhere
brechende Kraft als
b; b) Mittellinse: positiver Meniscus mit niedrigerer Brechung als a und c; c) Innenlinse: biconvex; Brechung höher
als b. (Aussen und
innen bezieht sich auf die Anordnung zur Blendenebene.) Von beiden Gruppen wird die erste vorläufig nur von der Pariser
Zweigwerkstätte, der Firma C. A. Steinheil fils in Paris, 13 Rue St. Cécile, in mehreren Serien in den
Handel gebracht, weil in Deutschland Patentschwierigkeiten mit Goerz bestehen, die zweite jedoch in
München erzeugt und von dort aus in den Handel gebracht. Es sei noch erwähnt, dass die Type I dem Goerz'schen Doppelanastigmat entspricht, während Type II und das Collinear unter sich analog sind.
Die Firma Voigtländer in Braunschweig bringt ihre endgültig berechneten CollineareSiehe unser Referat 1895 295 43. in den Handel. Dieselben werden in drei
Helligkeiten hergestellt. Serie II hat die wirksame Oeffnung 1 : 6,3, Serie III 1 : 7,7 und Serie IV 1 : 12,5. Die
beiden ersteren
liefern mit grossen Blenden ein scharfes Bild von 75 bis 85° Bildwinkel und sind vortreffliche Objective für Moment-
und
Gruppenaufnahmen bei grossem Bildwinkel. Serie IV gibt bei massiger Abblendung sogar Bilder von 90° Gesichtsfeldwinkel
mit sehr guter
Schärfe. Die Objective bestehen aus zwei dreilinsigen Hälften und liefert die Hinterlinse allein als Landschaftslinse
gute Bilder mit
mittleren Blenden; die Linsenhälfte hat ungefähr die doppelte Brennweite des Objective und es werden die Collineare
auch in
Objectivsätzen zusammengestellt von der Firma in den Handel gebracht.Eder's Jahrb. f.
Photogr. f. 1897, S. 269.
Ein dem Goerz'schen Doppelanastigmat entsprechendes Objectiv erzeugt H.
Roussel in Paris und bringt es unter dem Namen Antispectroscopique in den Handel.
Wray's Platystigmat ist ein dreifach verkittetes, dem „Collinear“
ähnliches Objectiv, welches der Gruppe der Aplanate zuzuzählen ist.
Desgleichen sind die Orthoskope von Schulz in Potsdam den Aplanaten
zuzuzählen.
Unter dem Namen Stigmatic Lens bringt Dallmeyer in LondonThe
Optician, Juni 1896. ein neues Objectiv in den Handel, welches eine fast gleichmässige Dicke der Linse
zwischen Mitte und Rand zeigt. Das ebene Bildfeld, welches frei von Astigmatismus ist, wird durch passende Wahl der
Krümmungsradien und eine bedeutende absolute Dicke der Linse erzielt.
Nach Dallmeyer soll die „Stigmatic Lens“ für Porträtaufnahmen in kurzen Ateliers, besonders aber
auch für Sternphotographie zu astronomischen Zwecken geeignet sein, denn man kann bei grosser Helligkeit des Bildfeldes
mit 40°
Gesichtsfeld winkel arbeiten.Photogr. Journ., 1896 Bd. 21 S. 48.
Auf Grund eines Patentes der Firma Deunis TaylorSiehe unser Referat 1896 300 15.
bringen Taylor und Hobson in London ein Tripletobjectiv in den Handel,
welches aus je einer einfachen Vorder- und Hinterlinse und einer verkitteten Mittellinse besteht. Die Correctur des
Astigmatismus und
der Wölbung des Bildfeldes soll bei diesen Objectiven, welche als Cooks Lens in England Eingang fanden,
eine sehr gute sein.
W. P. Thompson in Liverpool nahm am 25. Mai 1895 ein amerikanisches Patent Nr. 9528 auf eine einfache oder
doppelte „Quintuple-Linse“ (Quintuple Lens), fünffach verkittete Linse. Sie besteht aus zwei Sammellinsen von Crownglas, zwei
Zerstreuungslinsen von Crownglas und einer Zerstreuungslinse von Flintglas. Die Linsen sind frei von sphärischer,
chromatischer und
astigmatischer Aberration.The Photogram, 1896 S. 280.
Die Verwendung der TeleobjectiveSiehe unser Referat 1894 291 18.
wird immer ausgedehnter. Die von C. Zeiss in Jena erzeugten Teleobjective besitzen eine Vorderlinse,
welche aus drei verkitteten Linsen besteht und eine Oeffnung von ¼ besitzt. Die concave Hinterlinse ist mit anderen
beigegebenen
Linsen umwechselbar und es kann dadurch die Brennweite des Objectivs verändert werden. Die veränderliche Aequivalentbrennweite
des
Teleobjectivs beträgt 71 bis 152 cm bei Oeffnungen von f/22 bis f/92.The Photogr. Journ., 1895.
Die Zeiss'schen Teleobjective eignen sich, wie Dr. Rudolf in JenaBroschüre, herausgegeben
1896 von C. Zeiss in Jena. schreibt, sehr gut zur Aufnahme von lebensgrossen
Brustbildern im Atelier, welche sich mit diesen Objectiven wesentlich richtiger gestaltet, als mit gewöhnlichen Objectiven,
da man die
Aufnahme der Person aus grösserer Entfernung, also unter einem richtigeren Gesichtsfeldwinkel und mit einem kleineren
Cameraauszug,
machen kann. Ferner wird die Aufnahme von Landschaften aus grösserer Entfernung erörtert, wobei der verhältnissmässig
geringe
Cameraauszug hervorgehoben wird. Endlich werden die günstigsten Bedingungen für Architektur aufnahmen besprochen.
Dann folgen Tabellen
über Aequivalentbrennweiten und Brennpunktabstände für bestimmt gewünschte Vergrösserungen, Blendentabellen und Tabellen
der Bild- und
Objectivabstände.
Die deutschen Teleobjective sind entweder mit Antiplaneten, Collinearen, Orthostigmaten, Anastigmaten, seltener mit Porträtobjectiven
(Petzval'sche Type) combinirt, Das letztere verwendete früher insbesondere Dallmeyer in London.
Mit Dallmeyer's neuester Anordnung seiner „Telephotographic Lens“ erzielt man in einer Combination
eine massige (etwa dreifache) Vergrösserung, d.h. es ist die Leistung
gleich einer Linse, welche dreimal längeren äquivalenten Focus hat, als die Distanz zwischen Teleobjectiv und Visirscheibe.
Sie ist
für Landschafts- und auch grosse Porträtaufnahmen geeignet. Eine andere Linsencombination (negative Supplementlinse)
gibt sehr
bedeutende Vergrösserungen; sie ist mit einer Porträtlinse Petzval'scher Type (Dallmeyer's Variante) combinirt.
In jüngster Zeit wurden von verschiedenen Seiten Apparate construirt, welche es gestatten, eine Serie von Bildern bewegter
Gegenstände,
Personen u.s.w., z.B. 15 in der Secunde, mit einem einzigen Objectiv aufzunehmen und andererseits die nach diesen
Aufnahmen
hergestellten Diapositive in derselben Aufeinanderfolge und Schnelligkeit auf eine Wand zu projiciren, wobei die
auf einander
folgenden Bilder uns die bewegte Scene, welche photographirt wurde, mit allen Bewegungsdetails vorführen. Man bezeichnet
diese
Apparate als Kinematographen.
Ein sehr gut wirkender derartiger Apparat wurde von Gebr. Lumière in Lyon construirt. Derselbe besteht aus
einem lichtstarken Objectiv, welches mit einer Art Camera in Verbindung steht, die an Stelle der Cassette eine Vorrichtung
enthält,
welche es gestattet, einen bandartigen Streifen „Films“ während der Aufnahme so bei dem Objectiv vorüberzuführen, dass der
Streifen, nachdem er sich um das entsprechende Stück vorwärts geschoben hat, während der nun erfolgenden Aufnahme
stillsteht und dass
während der Verschiebung der rotirende Verschluss geschlossen und nur im Moment, wo der Filmsstreifen in Ruhe ist,
geöffnet ist. Die
so erhaltenen Serien aufnahmen werden entwickelt, fixirt, gewaschen und nach dem Trocknen mit Hilfe eines eigens
zu diesem Zweck
construirten Apparates auf einem gleich grossen Filmsstreifen Diapositive hergestellt. Dieser Filmsstreifen wird
nun in den Apparat
eingeschaltet, durch Drehen der Kurbel mit derselben Geschwindigkeit wie bei der Aufnahme beim Objectiv vorbeigeführt
und die Bilder
werden im jeweiligen Moment des Stillstandes mittels einer starken elektrischen Lampe auf einen Projectionsschirm
projicirt.Die Details der
Construction des Apparates sind in Eder's Jahrb. f. Photogr. f.
1896, S. 392 bis 403, sehr ausführlich wiedergegeben.
Der Effect, der sich mit dem Lumière'schen Apparat erzielen lässt, ist ein sehr schöner zu nennen. Die
Bewegungen von Menschen, Thieren, Wagen u.s.w. werden sehr getreu wiedergegeben und es fehlt den Bildern nichts als
die Farbe.
Smith construirte einen Apparat zur Aufnahme grösserer Theile von Cylinderflächen, z.B. einer Vase, wobei
der Apparat jedoch nicht gedreht wird, wie dies bei den sogen. Cyclographen zur Aufnahme von Panoramas
der Fall ist, sondern es wird der Vase während der Aufnahme eine Drehung ertheilt, während ein zwischen Objectiv
und Camera
angebrachter beweglicher Schlitz die Seitenbewegung der Vase mitmacht, so dass in jedem einzelnen Moment nur ein
geringer Theil der
Bildfläche der Vase exponirt wird.Journ. and Trans. Royal Phot. Soc. of Great Britain, 1895 Heft
9.
Bei den Panoramaapparaten sind gewöhnlich Objectiv und Camera so angeordnet, dass sich beide um einen Punkt so bewegen, dass
ein an der
Camera vor der Cassette befindlicher Spalt das entsprechende Stück Bild, welches sich in der Achsenverlängerung des Objectivs
befindet, erhält. Um alle diese Bilder, welche während der Drehung des Apparates auf den Spalt fallen, zu einem Panoramabild
zu
vereinigen, muss sich entweder der Spalt vor einer entsprechend gebogenen Platte oder Films vorbeibewegen, oder der
Filmsstreifen muss
sich mit entsprechender Geschwindigkeit während der Aufnahme in entgegengesetzter Richtung bei dem Spalt vorbeibewegen
(Damoiseau's Apparat).
Um nun diese Bewegung genau mit der Drehung der Camera in Uebereinstimmung zu bringen, ist auf der Drehachse der Camera eine
feste, die
Bildebene berührende Scheibe angebracht, auf welcher sich bei Drehung der Camera von einer Verlängerung der Vorrathsrolle
des
Filmsstreifens ein Band aufwickelt, dessen Dicke mit jener des Films übereinstimmt und welches in ebenso vielen Windungen
aufgewickelt
ist, wie der Filmsstreifen selbst.Photogr. Chron., 1895 S. 263.
Ein sehr handlicher Apparat zur Prüfung der Geschwindigkeit von Momentverschlüssen, der auf dem von den
Referenten in dieser ZeitschriftSiehe unser Referat, 1895 295 43. beschriebenen Princip des
Photographirens einer bewegten Stimmgabel von bekannter Schwingungszahl beruht, wird von Gaumont et Cie.
in Paris (Rue St. Roche 86) fabricirt. Derselbe besteht aus einer schwarzen Scheibe, welche eine Feder mit am Ende
befindlicher
weisser Kugel trägt, deren Länge verändert werden kann. Mittels einer einfachen Auslösevorrichtung wird die Feder
in Schwingung
versetzt, während die Scheibe mittels einer Curve so gedreht wird, dass sie eine bestimmte Anzahl Umdrehungen in
der Minute macht. Die
Geschwindigkeit des Momentverschlusses ergibt sich aus der Anzahl Schwingungsbilder, welche auf dem Negativ erkennbar
sind, in der
bekannten Art.
Photometrie.
Ueber ein neues photographisches Photometrirverfahren und seine Anwendung auf die Photometrie des
ultravioletten Spectralgebietes schrieb Dr. Simon in Erlangen.Eder's Jahrb. f. Photogr. f. 1897, S. 38.
Das Princip der Methode Simonis besteht darin, dass er den Vergleich der Helligkeiten, welcher bei den
gebräuchlichen Photometern (z.B. beim Joly'schen Photometer) mit dem Auge geschieht, durch die den
einzelnen Phasen des Einstellungsvorganges entsprechenden Helligkeiten derselben photographisch registriren lässt,
während er dem Auge
erst in zweiter Linie die Aufgabe zuweist, auf der photographischen Platte die der Helligkeitsgleichheit entsprechende
Gleichheit der
photographischen Wirkungen zu ermitteln.
Zur Erläuterung dieses Princips gibt Simon folgendes Beispiel:
Das Joly'sche Photometer besteht aus zwei durch eine undurchsichtige Fläche getrennten Paraffinklötzen,
von denen jeder von einer der zu vergleichenden Lichtquellen aus beleuchtet wird. Die Abschwächung der stärkeren
Lichtquelle J1 wird durch Vergrösserung des Abstandes derselben vom Photometer
erreicht, bis die beiden Paraffinflächen gleich hell erscheinen. Wir blenden von denselben ein schmales Rechteck
aus und lassen ein
Bild desselben auf die senkrecht verschiebbare photographische Platte einer geeignet aufgestellten Camera fallen.
Die Platte sei durch
eine starre mechanische Anordnung mit der auf der optischen Bank
verschiebbaren stärkeren Lichtquelle J1 derart gekuppelt, dass sich bei
einer Verschiebung der letzteren die Platte um eine ihr proportionale Strecke gegen das Bild des Rechteckes verschiebt.
Man erhält
dann bei gleichförmiger Bewegung der Lichtquelle J1 von der Stelle r1 der optischen Bank zur Stelle r2 auf der Platte unendlich viel neben einander gelagerte Bilder des Rechteckes, d.h. zwei senkrecht
neben einander liegende geschwärzte Streifen. Von diesen Streifen ist der eine, von der feststehenden Lichtquelle
J0 herrührende gleichmässig auf seiner ganzen Länge geschwärzt. Der
andere, von der verschobenen Lichtquelle J1 herrührende dagegen zeigt
eine stetig abnehmende Schwärzung. Wenn zu irgend einer Zeit, während die Lichtquelle J1 von r1 nach r2 bewegt wurde, bei einem Abstand ry derselben die beiden Photometerflächen gleich hell beleuchtet waren, so muss es auf der
Platte eine entsprechende Stelle geben, wo die Schwärzung der beiden Streifenhälften dieselbe ist.
(Zur Ermittelung der Gleichheitsstelle dient ein eigens construirter Comparator, den der Verfasser ausführlich beschreibt.)
Finden wir die Gleichheitsstelle z.B. um 1/n der Gesammtschwärzung
vom Anfang derselben entfernt, so muss auch rv um 1/n der Gesammtverschiebung r2–r1 von r1 entfernt liegen. Aus ry =
1/n (r2–r1) ergibt sich in bekannter Weise das Resultat der
photometrischen Messung.
Dieser Kunstgriff ist ohne weiteres bei den meisten Photometern zu verwenden. Seine Anwendung bedingt eine verschiedene Art
der
Kuppelung von Platte und Abschwächevorrichtung, je nach der Art des benutzten Photometers, welches für Versuche im
Ultraviolett nur
diactinische Medien enthalten darf.
Röntgen-Strahlen.
Die neueste grosse Entdeckung auf dem Gebiete der Physik, die Entdeckung einer neuen Art von StrahlenSeparatabdruck von Prof. Röntgen's Mittheilungen (Verlag von Stahel in Würzburg). durch Prof. Röntgen in Würzburg – welche Strahlen von den der Kathode einer Hittorf'schen Röhre gegenüberliegenden Glaswänden ausgehen, viele undurchsichtige Körper ebenso leicht wie gewöhnliches Licht
den Bergkrystall oder farbloses Glas zu durchsetzen vermögen und auf photographischen Trockenplatten ähnlich wie
gewöhnliche
Lichtstrahlen wirken – hat das lebhafte Interesse der ganzen gebildeten Welt erregt, und den zahllosen Versuchen,
welche im Verlauf
des verflossenen Jahres von den vielen Menschen, welche sich mit dem Studium der Röntgen-Strahlen beschäftigten,
ausgeführt wurden,
verdanken wir heute einen wesentlichen Fortschritt auf diesem Gebiet.
Ueber die Durchlässigkeit verschiedener Körper wurden von Röntgen selbst und später von verschiedenen
anderen Forschern Versuche angestellt und ist die Litteratur der Röntgen-Strahlen heute bereits eine recht bedeutende.Mit Prof. Röntgen's X-Strahlen aufgenommene und in Lichtdruck ausgeführte Abbildungen,
10 Bl. (Verlag der Rengerschen Buchhandlung, Gebhardt und Wilisch in Leipzig); ferner Müller,
Röntgen-X-Strahlen, 1896; Wunschmann, Die Röntgen'schen X-Strahlen u. s. w.
Röntgen untersuchte eine Reihe sehr verschiedener Körper auf ihr Verhalten diesen Strahlen gegenüber,
welche letztere er, um deren unbekannte Natur anzudeuten, X-Strahlen nannte. Eder und Valenta stellten sowohl in dieser Beziehung als auch in Bezug auf die photographische Wirkung der
„X-Strahlen“ grössere Versuchsreihen an.Die Resultate dieser Versuche sind in einem Tafelwerke: Die Photographie
mit Röntgen-Strahlen von Regierungsrath Dr. Eder und E.
Valenta, Wien 1896, in Commission bei W. Knapp in Halle a. d. S. und Lechner (Müller) in Wien, ausführlich
beschrieben. Sie untersuchten die Durchlässigkeit von organischen und anorganischen Körpern, wie Kohlenstoff
(Diamant, Graphit, Holzkohle), welcher ebenso wie Verbindungen desselben mit Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff
sehr leicht
durchlässig sind, ferner Schwefel, Selen, Jod, Phosphor (mehr oder weniger undurchlässig), Glas, Bergkrystall (ziemlich
schwer
durchlässig), Aluminium und dessen Verbindungen mit Sauerstoff und Wasserstoff (verhältnissmässig leicht durchlässig),
schwere Metalle
(fast undurchlässig), zahlreiche Edelsteine (die Durchlässigkeit variirt mit der Zusammensetzung) u.s.w.
Die Genannten untersuchten ferner das Verhalten verschiedener photographischer Platten gegenüber den Röntgen-Strahlen; es
zeigte sich,
dass entgegen anderen Behauptungen die orthochromatischen Platten eher unempfindlicher als empfindlicher sind, ferner,
dass die
Gelatine auf die Empfindlichkeit einen Einfluss ausübt, indem nachgewiesen wurde, dass innerhalb gewisser Grenzen
die Empfindlichkeit
der Bromsilbergelatinetrockenplatten für gewöhnliches Licht, gegenüber den Röntgen-Strahlen, ohne Bedeutung sei;
dagegen liessen
Platten ohne Gelatine (nasse Collodionplatten, Bromsilbercollodionemulsionsplatten) fast keine Wirkung erkennen.
Eder und Valenta zeigten ferner, dass die Wärme einen grossen Einfluss auf
die Empfindlichkeit von Trockenplatten gegen Röntgen-Strahlen ausübe.
Seit Röntgen seine Entdeckung publicirte, sind unzählige Versuche gemacht worden, den Hittorf'schen Röhren eine Form und Art der Evacuirung zu geben, dass dieselben auch mit schwächeren
Ruhmkorffs, als solchen mit 15 bis 20 cm Funkenlänge, es gestatten, gute Bilder herzustellen.
Die ersten Röhren waren birnförmig und hatten als Kathode ein Aluminiumscheibchen und als Anode einen Aluminiumstift. Diese
Rohre
wurden in der Art verbessert, dass ringförmige Anoden angebracht wurden (vgl. Eder und Valenta a. a. O.). Diese Rohre haben aber den Nachtheil, dass die Glaswand an jenen Stellen, an welchen
sie von den Kathodenstrahlen getroffen wird, stark erhitzt wird, wodurch viele Birnen zu Grunde gehen, und dass sich
ein Beschlag von
Metall (Verunreinigungen des Aluminiums, hauptsächlich Eisen) bildet. Gegen das erstere Uebel wenden Eder
und Valenta einen mit Pergamentpapier abgeschlossenen, mit Wasser gefüllten Cylinder an, in den der
untere Theil der Birne eingesenkt wird. Szyrmanshy benutzt zu diesem Zweck und um die Entladungen an der
Oberfläche zu vermeiden, ein Erdölbad, in welches die Röhren getaucht werden. Szyrmanshy versuchte auch
Glasröhren, welche an beiden Enden mit kugelförmigen Aluminiumblechen (von 0,2 mm dickem Blech) verkittet waren,
so dass die
Kathodenstrahlen das Aluminium trafen und von da aus in die Luft austraten. Es entstanden reichlich Röntgen-Strahlen
von grosser
Intensität.Zeitschrift für Instrumentenkunde, Mai 1896.
Man benutzt heute, um das Erhitzen der Glaswand zu vermeiden, Röhren, in denen gegenüber einem Aluminiumhohlspiegel, der als Kathode dient, ein Platinblech unter 45° gegen die Achse geneigt
angebracht ist, von dem aus die Röntgen-Strahlen ausgehen. Thompson bezeichnet dieses Blech aus Platin o.
dgl. als „Antikathode“
(Comptes rendus, 1896 S. 807). Solche Rohre mit Antikathode von Platin von cylindrischer Form (Fig. 1) aus einem eigenthümlichen, für die Röntgen – Strahlen sehr durchlässigen Boratglas gefertigt,
erzeugt die Firma Greiner und Friedrichs in Stützerbach, Thüringen, welche auch Manganglasröhren mit
Fenster (Fig. 2) für Schirmbeobachtungen herstellt. Diese Firma empfiehlt das Anbringen einer
Funkenstrecke bei Verwendung ihrer Rohre. Eine Röhre von vorzüglicher Leistungsfähigkeit erzeugt die Firma R.
Frister in Berlin. Dieselbe hat nebenstehende Form (Fig. 3) und liefert ein Lichtfeld von
grossem Umfang und starker Helligkeit; die projicirten und photographischen Bilder sind von grosser Schärfe. Zur
Erregung der
X-Strahlen ist ein Inductionsapparat von 15 bis 20 cm Schlagweite erforderlich, dessen secundäre Spirale mit den
beiden Platinösen
verbunden wird. Der aus Aluminium bestehende Hohlspiegel muss zur Kathode, der Aluminiumring zur. Anode werden. Die
Kathodenstrahlen
treffen dann, vom Hohlspiegel ausgehend, auf das im Mittelpunkt der Kugel angebrachte Platinblech und erzeugen an
diesem die
X-Strahlen, welche sich geradlinig in die eine Hemisphäre ausbreiten. Man erkennt die richtige Verbindung des Inductionsapparates
mit
der Röhre am besten mittels eines Bariumplatincyanürschirmes.
Textabbildung Bd. 304, S. 23
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 304, S. 23
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 304, S. 23
Fig. 3.
Beim richtigen Grad des Vacuums wird die Röhre zur Hälfte von dem bekannten Fluorescenzlicht erfüllt; die Grenze des dunklen
und hellen
Theiles fällt mit der Ebene des Platinbleches zusammen.
Die Verwendung der Röntgen-Strahlen auf verschiedenen Gebieten der Wissenschaft und Technik nimmt immer grössere Dimensionen
an.
Dr. Jankau führte in überzeugender Weise aus, dass die Röntgen'schen Strahlen
ein werthvolles diagnostisches Hilfsmittel sind, das schmerzhafte und manchmal nicht ungefährliche Eingriffe besonders
in
chirurgischen Fällen nunmehr überflüssig macht; die medicinische Wissenschaft ist in ein neues, ungeahntes Stadium
getreten, welches
entschieden die noch kürzlich bestrittene Behauptung aufstellen lässt, dass der Entdeckung Röntgen's für
die Medicin dieselbe Bedeutung mit der Zeit zugeschrieben werden darf, wie die Entdeckung der Asepsis oder der Esmarch'schen Blutleere.Intern. photogr. Monatsschr. f. Medicin, 1896 S. 238.
Prof. Goldstein legte der Berliner Akademie der Wissenschaften Aufnahmen auf dem Gebiet der Botanik
vor (Blüthen des Apfelbaumes, der Rose, des Mohns, Maiglöckchens, Fingerhuts), bei welchen man nicht nur die scharfen
Umrisse der
Formen der Blüthe, sondern auch durch die Blumen- und Kelchblätter hindurch die Staubgefässe, Stempel und Knoten
wahrnimmt, so dass
diese Röntgen-Photographien mehr Details als Cameraphotographien zeigen. – Ferner geben die Bilder des Kalkschwamm
es, der Koralle,
des Seeigels nicht nur die mit Dicke- und Dichtedifferenz verknüpften Details der Oberfläche, sondern liefern auch
von dem
Körperinneren Darstellungen. (Photogr. Mitth., August 1896 S. 143.)
Ueber H. Hinterberger's Versuche in dieser Richtung vgl. Photogr, Corresp.,
1896.
Auch Burch photographirte das Innere von Pflanzentheilen in ähnlicher Weise (Nature, 1896 Bd. 54 S. 111). Marangoni benutzt die Röntgen-Photographie zum Aufsuchen von
Insectenlarven in Pflanzen und Hölzern (Beibl. d. Annal. d. Physik u. Chemie, 1896 S. 666).
In dem bereits citirten Werk von Eder und Valenta findet sich die
Verwendbarkeit der Röntgen-Strahlen zur Wiedergabe von Reliefs durch heliographische Abbildungen vorzüglich belegt.
Turati benutzte später ebenfalls die Röntgen-Strahlen zum photographischen Copiren von Reliefs. Er macht
von beiden Seiten des Reliefs oder der Medaille einen Gypsabdruck, schleift die Rückseite ab und lässt dann Röntgen-Strahlen
durch die
Gypsplatte wirken. Er erhält so ein Negativ, das der Dicke des Reliefs entsprechend abgetont ist. Dieses wird nun
auf einer dicken
Schicht von Bichromatgelatine copirt. („Photogramm“: Wiener photogr. Blätter, 1896 S. 163.)
Zur Sichtbarmachung der Bilder werden Fluorescenzschirme verwendet, d. s. Schirme aus Carton, welche auf der einen Seite mit
einer
Schicht einer Substanz überzogen sind, welche die Fähigkeit besitzt, die unsichtbaren Röntgen-Strahlen in sichtbare
Strahlen
umzusetzen. Zu diesem Zweck eignen sich verschiedene Substanzen, wie z.B. Flussspath, Scheelit und vor allem das
Bariumplatincyanür,
wie selbes eigens zu diesem Zweck von J. Kahlbaum in Berlin erzeugt wird.
J. Gaedicke prüfte speciell das Kahlbaum'sche Bariumplatincyanür und andere
phosphorescirende Substanzen auf ihre Wirkung bei Aufnahme von Röntgen-Bildern, indem er dieselben Schicht an Schicht
mit
Erythrosinbadeplatten zusammenpresste. Das Bariumplatincyanür hatte die Wirkung der Röntgen-Strahlen verneunfacht,
das
Kaliumplatincyanür (mit höchstem Krystallwassergehalt) vervierfacht; Flusspath hatte die Wirkung 1 ½ fach gesteigert;
Balmain's Phosphorescenzfarbe war von zweifelhafter, Chininsulfat, sowie Pentadecylparatolylketon
(welches nach Lenard in den Kathodenstrahlen fluorescirt) waren wirkungslos. Bei diesen Versuchen lag die
phosphorescirende Platte unmittelbar auf der Bromsilbergelatineplatte, und erstere war gegen die Strahlenquelle gerichtet
(Photogr. Wochenbl., 21. April 1896 S. 133). – Prof. Stroud (Photography, 2. April 1896 S. 233) hatte bei einer ähnlichen Versuchsanordnung Abkürzungen der
Expositionszeit auf ⅙ erhalten.
(Fortsetzung folgt.)