Titel: | Der Bau und die Herstellung der 12zölligen (30,4 cm) Ringmantelgeschütze. |
Autor: | Pregél |
Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 82 |
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Der Bau und die Herstellung der 12zölligen (30,4 cm) Ringmantelgeschütze.
Vereinigte-Staaten-System.
Mit Abbildungen.
Der Bau und die Herstellung der 12zölligen (30,4 cm) Ringmantelgeschütze.
Diese Ringmautelgeschützrohre sind nach American Machinist, 1896 Bd. 19 Nr. 15 * S. 384, aus 11 Theilen
zusammengebaut. Die von der Bethlehem Iron Co. bezieh. von der Midvale Steel
Co. gelieferten Stahlblöcke dürfen nur zur Hälfte als Material für die Geschütztheile herangezogen werden. Die obere Hälfte
des Ingots kommt hierfür ausser Betracht. Im Stahlwerk selbst werden die Blöcke für die Ringtheile ausgebohrt, nachher
über Dorne
unter Dampfhammer und Presse ausgeschmiedet, auf die in der Tabelle angegebenen Maasse auf schweren Bänken ab- und
ausgedreht und
ausgeglüht. Vorgeschrieben ist ein Gusstahlmaterial mit 67 k/qmm
Bruchfestigkeit bei 33 k/qmm Streckgrenze. Die schwersten
Schmiedestücke sind das Rohr R und der Mantel M, von denen jedes roh
bearbeitet über 14,5 t wiegt; das leichteste Stück ist der Schildzapfenring mit 2,26 t Gewicht. In dieser Vorbereitung
werden die 11
Theile eines Rohres, die ein Gesammtgewicht von 62 t vorstellen, an das Watervliet Arsenal in West Troy, N. Y., abgeliefert,
wo das
52,76 t schwere Geschützrohr fertig gestellt wird. Bei der Bearbeitung fallen insgesammt über 9 t Abfallspäne oder
15 Proc. vom
Rohgewichte ab. Zu ergänzen ist noch, dass die Durchmesser der rohen Stahlblöcke in einem vorgeschriebenen Verhältniss
zum
betreffenden Ringtheil stehen müssen. Der aus der Fig. 1 und der Tabelle ersichtliche Arbeitsplan für
die staffelweise Bearbeitung und Zusammenstellung der 11 ein Geschützrohr bildenden Theile, wobei selbstverständlich
Werkzeuge und
Maschinen entsprechender Grösse zur Anwendung kommen, ist nach jeder Richtung sehr bemerkenswerth.
Um Wiederholungen zu vermeiden, dürfte es zureichend sein, die Bearbeitung von zwei oder drei Passstücken zu beschreiben,
die Maschinen
und Werkzeuge zu erwähnen und im Uebrigen auf den Arbeitsplan zu verweisen.
12zölliges (30,4 cm) Ringmantelgeschützrohr.
Textabbildung Bd. 304, S. 83
Einzeltheile und Verbindungen derselben.; Gewicht roh.; Vom Stahlwerk gelieferte
Theile, roh vorgedreht.; Fertig gedreht. Aeusserer Durchmesser + S gleich innerem Durchmesser.; Inner.; Aeussere.;
Lange.;
Bohrung.; Durchmesser.; Rohr R.; Zoll engl.; Zoll engl. Decimal.; Mantel M.; Mantel auf Rohr gezogen R + M.; Vorderes
Rohrstuck
staffelformig fur die Ringe C1 und C2 fertig gedreht.; Fur Ring C1.; Fur Ring C2.; Rohr mit Mantel und veiden C-Ringen.;
Mantelstuck und Ring C1 fur den Verbindungsring D fertig abgedreht.; Fur Ring D.; Verbindungsrin D.; Rohr mit Mantel
und Ringtheil
D.; Mantel und Ring D zur Aufnahme der Ringe A3, A2 und A1 fertig gedreht.; Rohr mit Mantel und Ringen C, D und
A.; Ringe A3 und
A2, sowie ein Theil A1 zur Aufnahme der Ringe B3, B2 und B1 fertig gedreht.; Schildzapfenring B1.; Geschutzrohr.;
Rohgewicht.;
Fertiggewicht.; Abfall.
Niles' Drehbank für Stahlblöcke zur Geschützfabrikation.
Eine sogen. Forge lathe von 117 t Eigengewicht ist nach American Machinist, 1893 Bd. 16 Nr. 87 * S. 1, in
Fig. 2 dargestellt und zeigt in ihren riesigen Abmessungen die Baueigenthümlichkeiten der
grossen Geschützdreh- und -bohrbänke (vgl. Pond, 1896 302 * 131. Sellers, 1893 288 * 181), durch welche diese Bank befähigt wird, Stahlblöcke
von 54 t Gewicht, nur zwischen den Spitzen gehalten, zu tragen, während durch Stützung im Ringlager auch
Textabbildung Bd. 304, S. 84
Fig. 1.Zusammenbau eines 12 zülligen (30,4 cm) Ringmantelgeschützes Vereinigte-Staaten-System.
180 t schwere Blöcke bearbeitet werden können. Auf der 50 t schweren Bettung ist ein Spindelstock bekannter
Bauart aufgestellt, mit dessen 2 fachem Räderwechsel, 5 läufiger Stufenscheibe für 152 mm breiten Antriebsriemen
und mit 2 facher
Umlaufszahl des Deckenvorgeleges 20 verschiedene Umlaufszahlen der aus Stahl geschmiedeten Hauptspindel ertheilt
werden. Das
Vorderlager derselben ist bei 406 mm Durchmesser 609 mm lang, während durch den hinteren aus sieben Ringen gebildeten
Kammzapfen der
ungewöhnlich hohe, an die 70 t reichende axiale Arbeitsdruck mit einer Flächenpressung von nur 35 k/qc oder 35 at aufgefangen wird. Mit der mit innerem Zahnkranz ausgebildeten Planscheibe
wird ein Schnittkreis von 2,3 m Durchmesser möglich, während derselbe über den beiden Schlitten auf 1778 mm sich
ermässigt. Zwischen
den Spitzen misst diese Bank 13,7 m, während Bett und Leitspindel mit 18,4 m gleich lang sind. Die 165 mm starke
stählerne Leitspindel
lagert genau im Bettmittel und ist mit Kammzapfen versehen, sowie die 914 mm lange Leitspindelmutter aus Rothguss
(544 k schwer) den
Schlitten genau mittelrichtig anfasst. Der Schlitten kann aber auch unabhängig von der Leitspindel durch eine Zugspindel
mit 50 mm/Sec. Geschwindigkeit für Einstell- und Rücklaufbewegungen durch
ein besonderes Riemenvorgelege bethätigt werden. Sonst dient diese Zugspindel zur Plansteuerung der Stahlhalter.
Der Drehtheil des
Ringlagers hat bei 1524 Durchmesser einen Lagerquerschnitt von 77400 qc Fläche. Auf dieser Drehbank werden die rohen
Stahlblöcke
ausgebohrt und die geschmiedeten Rohr-, Mantel- und grösseren Ringtheile ausgedreht und überdreht, wie im Arbeitsplan
angeführt
ist.
Southgate's Drehbank.
Für die Bearbeitung der A-, B-, C- und D-Ringtheile für 30-cm-Geschütze hat
die Southgate Engineering Co. in New Southgate, England, eine 48 t schwere Drehbank von 9 m Bettlänge,
1117 mm Spitzenhöhe, 3 fachem Rädervorgelege und Antrieb mit 228 mm breitem Riemen gebaut, deren zwei Stahlhalterschlitten
unabhängig
von einander durch Zahnstangentriebwerk geschaltet werden. Das Bett hat zwei innere mit Spannschlitz versehene Führungen
und zwei
äussere breite Prismaführungen, von denen die inneren für den Reitstock dienen; jeder der beiden Gegenschlitten geht
auf je einer
inneren und einer äusseren Wangenbahn. (Engineering, 1894 II Bd. 58 * S. 702.)
Niles' Geschützdreh- und -bohrbank.
Die Niles Tool Works in Hamilton, Ohio, haben für das Watervliet Arsenal unter anderen bedeutenden
Werkzeugmaschinen auch zwei grosse je 135 t schwere Geschützdrehbänke von 2438 mm Schnittkreisdurchmesser und 31,7
m Bettlänge
geliefert, die mit der früher ausführlich beschriebenen Pond'schen Geschützdrehbank (vgl. D. p. J. 1896 302 * 125) beinahe übereinstimmt.
Die Bearbeitung der einzelnen Geschütztheile.
Das vom Stahlwerk gelieferte vorgearbeitete 10,65 m lange und 578 mm starke Geschützrohr B ist mit einer
glatten Bohrung von 279,4 mm versehen. An dasselbe werden vorerst, zwischen Planscheibe und Reitstock in Körnern
ganz frei laufend, an
vorbestimmten Stellen verschiedene 25 bis 50 mm breite Streifen
gedreht, die zur Führung und Einstellung in den Ringlagern bei allen nachfolgenden Dreh- und Bohrarbeiten dienen
sollen. Hierauf wird
das Ringlager eingebaut und der Reitstock zurückgeschoben. In das frei schwebende Stück wird mittels Supportstähle
eine 152 mm tiefe
und 292 mm grosse Bohrung eingedreht, die zur erstmaligen Führung des Ausbohrwerkzeuges dient, welches an der Bohrstange
angesetzt
wird. Dieser gusseiserne Bohrkopf wird mittels konischer Zapfen in das Bohrstangenrohr eingesetzt und durch einen
glatt
abschliessenden Querkeil gehalten. Von der Zapfennabe ab ist dieser cylindrische Bohrkopf in der Mittelebene abgesetzt
und der
halbcylindrische Theil ausserdem noch muldenförmig ausgebildet.
Textabbildung Bd. 304, S. 85
Fig. 2.Niles' Drehbank für Stahlblöcke zur Geschützfabrikation.
Die Schneidkante des an der Stirn angeschraubten selbsthärtenden Schneidstahls steht ganz wenig unter der
Mittelebene und setzt sich seitlich, ohne besondere Schneidwirkung auszuüben, an der Seite etwas fort. Schnittgeschwindigkeit
und
Schaltung hängen zum grossen Theil von der Beschaffenheit des Geschützmaterials ab, so dass die sonst normale Schnittgeschwindigkeit
von 30 mm/Sec. unter günstigen Umständen auf 45 mm/Sec., sowie die Schaltung von 1 auf 2 mm/n (auf je eine Umdrehung) gesteigert werden kann. Beim Ausbohren
der Rohrseele sollen aber so grosse Schnittgeschwindigkeiten zu einer Schädigung des Materials Veranlassung geben.
Durch eine schwache
Rohrleitung wird der Schnittstelle beständig Schmiermaterial und zwar Schweineschmalz zugeführt, welches bei seinem
Rücklaufe die
Bohrspäne herausbefördert. Die Bohrspäne unterliegen einer sorgfältigen Beobachtung, so zwar, dass unregelmässiges
Aussehen derselben
auf stumpfe Schneide u. dgl. schliessen lässt. Um den Schneidstahl auszuwechseln, wird der Bohrkopf zurückgeführt,
was selbsthätig mit
76 mm/Sec. Geschwindigkeit erreicht wird. Mit dem ersten
Ausbohrprocess sollen andere Dreharbeiten nicht in Verbindung gebracht werden, wohl aber wird das Fertigbohren der
Rohrseele mittels
des Schlichtkopfes mit irgend einer Dreharbeit gleichzeitig durchgeführt werden können, wobei selbstverständlich
die
Bohrschlichtgeschwindigkeit auf 10 bis 15 mm/Sec. sich herabmindert,
während ein axialer Vorschub von 2,5 mm/n eingehalten wird. Um den
Messerschlichtkopf einsetzen und führen zu können, wird die Endbohrung in 152 mm Tiefe und 294,63 mm Durchmesser
mittels Supportstähle
erweitert, mit welchen auch die Stirnfläche plangedreht werden kann. Der 1300 mm lange Schlichtkopf ist am Stirnende
mit 76 mm langen
Messern versehen, die paarweise einander gegenüberstehen und deren wirksame Seitenschneiden auf 32 mm Länge schräg zulaufen
und
in den Durchmesser von 294,63 mm übergehen. Hinter diesen Schneidstählen ist der Kopf mit 900 bis 1200 mm langen
Leisten aus Ahornholz
besetzt, welches, um das Anschwellen während der Arbeitspausen zu verhindern, durch wochenlanges Tränken in Oel dazu
vorbereitet
ist.
Unter normalen Verhältnissen soll mit den Schlichtmessern eine 1,315 mm hohe Spanschicht und mit dem Holzschleifkopf 1,25
mm abgenommen
werden, während durch den ersten Bohrkopf, den sogen. Kanonenbohrer, h = 6,3 mm entfernt werden. Beim
folgenden Abdrehen des Rohres R wird an der Mantelstelle ein Span von h =
9,5 mm Höhe und an der Stelle, wo die Ringe C kommen, sogar ein Span von h =
15,87 mm Höhe abgehoben. In diesem Arbeitsgange wird auch die Mantelstelle abgeschlichtet, während die Ringstellen
für C bis auf 0,76 mm vorgedreht bleiben.
Zum Ausbohren der Mantelringe M kommen kürzere Drehbänke in Verwendung, welche aber die Einrichtung der
grösseren Geschützdrehbänke besitzen. Zuerst wird in M mittels Supportstähle eine 0,6 bis 0,8 mm tiefe
Leiste eingedreht, welche nach Wendung des Mantelrohres an die Planscheibenklauen zum Festspannen kommt. Hierauf
wird nach erfolgter
Ausdrehung eines Führungsringes mittels eines Kanonenbohrers die Mantelbohrung von 539,74 mm auf 556,25 mm gebracht,
worauf diese
durch den Schlichtkopf auf 558,79 mm erweitert wird. Schnittgeschwindigkeit 30 mm/Sec., Vorschub zum Ausbohren 1 mm/n,
zum Schlichten 1,5 mm/n. Beim 30 cm-Geschütz beträgt das
Schrumpfmaass für das Rohr und den Mantel \frac{1}{1200}, während für die übrigen Ringtheile
\frac{1}{800} des Durchmessers als Zugabe S zum äusseren Durchmesser angenommen
wird. Hiernach wird der wirkliche äussere Durchmesser des Rohrstückes 558,79 + S = 558,79 + 0,465 =
559,255 mm betragen. Nach dem Warmaufziehen des Mantelringes wird der letztere mit zwei oder drei Schneidstählen
mit 40 mm/Sec. Geschwindigkeit und 1,25 mm/n Schaltung abgedreht, wobei eine Spanhöhe von 3,175 mm abgehoben und 0,75 mm für den
folgenden Schlichtspan belassen wird.
Der Schlichtstahl arbeitet mit 90° Schneidwinkel und erhält bei 40 mm/Sec. Schnittgeschwindigkeit 6,3 mm/n Vorschub.
Abweichungen über 0,076 mm im Durchmesser sind unstatthaft. Besitzen die Ringe abgesetzte Bohrungen, so müssen die
dementsprechend
abgesetzten Stähle im Messerkopf auf Sonderschleifmaschinen zugeschärft werden. Ausgebohrt wird mit 30 mm/Sec. Geschwindigkeit; bei Spanhöhen von h = 1,9 bis 2,5 mm
wird der Vorschub 1 mm/n gegeben, geschlichtet wird mit derselben
Geschwindigkeit, doch mit 1,25 mm/n Vorschub bei Spanhöhen von h = 0,1 mm. Die Stirnseiten der Ringe
werden durch Supportstähle plangedreht.
Die Ringbohrungen werden auf ihre Genauigkeit durch Messungen geprüft, die in Abständen von 25 mm vorgenommen werden.
Nachdem alle Ringe M, C, D, A und B aufgezogen sind, gelangt das Geschütz zur
Bearbeitung der Kammertheile, wobei die Geschützdrehbank am stärksten beansprucht wird.
Vorerst wird die letzte glatte Bohrung der Seele von 294,63 mm auf 302,23 gebracht und diese durch einen Schlichtkopf auf
das
endgültige Maass von 12 Zoll engl. = 304,79 mm vollendet. Schnittgeschwindigkeit 30 mm/Sec. Schaltvorschub 1,8 mm/n.
Hierauf wird auf 1829 mm Länge, die Kammer auf 358,13 mm Bohrung erweitert, wobei eine Spanhöhe h = 27,9
mm abgehoben wird. Endlich wird durch den Schlichtkopf diese Bohrung auf 360,7 mm gebracht. Gearbeitet wird bei 30
mm/Sec. mit 0,254 mm/n Vorschub.
Textabbildung Bd. 304, S. 86
Fig. 3.Zugriffelbank.
Vortheilhafter ist es, die Ausbohrung der Kammer in zwei Staffeln durchzuführen, und zwar von 304,79 auf 342,9 und weiter
von 342,9 auf
358,13, je mit dem Vorschub von 0,76 mm/n, während der Schlichtkopf
mit 1,8 mm/n Vorschub geht. Beim Ausbohren des 457,1 mm langen
konischen Ueberganges von 360,7 auf 304,79 wird ein passender Messerkopf mit 0,6 mm/n durch Hand geschaltet, wobei 1,27 mm hohe Späne abgenommen werden, während ein Schlichtkopf den
genauen Uebergang vollendet. Nachher folgt das Einziehen der Riffeln, der Züge und das Gewindschneiden für das Kammerverschlusstück.
Hierauf folgt aber das konische Ausweiten der Rohrseele auf 1219 mm Länge und 306,31 mm Durchmesser nach dem Kammerende
zu. Um die
Achsenrichtigkeit der staffelförmigen Bohrungen zu gewährleisten, erhalten sämmtliche Bohrköpfe am Stirnende Bronzekolben,
welche, in
der vorstehenden Bohrung eingesetzt, die Führung des Bohrkopfes sicher stellen. In Fig. 3 ist eine
Zugriffelbank zur Ansicht gebracht, wobei rechtsseitig das Leitlineal liegt, während auf der Trommel Almond's biegsames Metallrohr sich aufwindet, welches zur Zuleitung des Schmiermittels dient. Ueber Geschützrohrzüge mit
zunehmendem Drall und die entsprechenden Curven am Leitlineal der Riffelmaschine vgl. D. p. J. 1893 288 * 145.
Pregél.