Titel: | Fortschritte der angewandten Elektrochemie. |
Autor: | Franz Peters |
Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 160 |
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Fortschritte der angewandten Elektrochemie.
Von Dr. Franz Peters.
(Fortsetzung des Berichtes S. 136 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Fortschritte der angewandten Elektrochemie.
II. Alkalimetalle.
Da es jetzt gelungen ist, Platinfolie von 1/100 bis 1/200 mm Stärke herzustellen, die bei 1 qm Fläche nur 300 bis 400 g
Gewicht besitzt, dürften damit überzogene Leiter statt der Kohlenplatten bei der Fabrikation von Aetzalkali, Chlor und Bleichlaugen als Elektroden Beachtung verdienen. Die Folie wird nach F.
Störmer (Norwegisches Patent Nr. 4698) durch eine isolirende Substanz, wie Lack, Pech, Guttapercha oder Glas,
zusammengehalten. Um eine möglichst hochprocentige Bleichflüssigkeit zu erhalten und die Elektroden gut auszunutzen,
bildet sie J. Weiss (D. R. P. Nr. 87077) aus netz- oder siebartig eng verstrickten Platindrähten. Für Apparate
grösserer Leistungsfähigkeit besteht jede Elektrode aus zwei Netzen, deren Zwischenraum mit Platinabfällen gefüllt
ist, und die dann
durch Nähen mit Draht unter einander verbunden werden. Die Kathode befindet sich oben in dem Zersetzungsgefäss, damit
der Wasserstoff
schnell entweichen und nicht reducirend auf die Bleichflüssigkeit
wirken kann. Die Kochsalzlösung wird unten eingepumpt, während oben die Hypochloritlauge durch einen Ueberlauf austritt.
Weil der
allergrösste Theil der Platinnetze an der Elektrolyse theilnimmt, sind diese Zersetzungsapparate billiger als andere.
Um ganz
allgemein Apparate zur Elektrolyse von Lösungen, die keine festen Stoffe auf den Elektroden abscheiden, billig, einfach
und compendiös
zu gestalten, sie für hohe Polspannungen verwendbar zu machen und den Gebrauch bequemer und einfacher Membranen (wie
Asbestpappe) zu
ermöglichen, schlägt C. Hoepfner (D. R. P. Nr. 89782) folgende Anordnung vor. Die Elektroden sind Platten
aus künstlicher Kohle (oder anderem gegen den elektrischen Strom widerstandsfähigem Material, z.B. Siliciumeisen)
von etwa 1 m Länge,
1 m Breite und 5 cm Dicke. Sie sind auf einer oder auf beiden Seiten mit nahe bei einander liegenden parallelen Nuthen
versehen, die
möglichst tief sind und sich nach innen oder hinten erweitern, z.B. in Form von Schwalbenschwänzen, so dass Platten
von den in Fig. 1 dargestellten Querschnitten entstehen. Die Oberflächen der allein zur Wirksamkeit kommenden
inneren Flächen der Nuthen können noch durch Riffelung (Fig. 1) vergrössert werden. Mehrere solcher
Platten werden unter Zwischenlage von Membranen mit ihren Nuthen auf einander gelegt und zusammengepresst. Der Elektrolyt
befindet
sich in den durch die Nuthen gebildeten Kanälen. J. Hargreaves und Th. Bird
(D. R. P. Nr. 88001) wenden in ihrem bekannten Apparate zur Elektrolyse von Salzlösungen neuerdings statt der durchbrochenen
Metallelektroden solche aus Kohle an, die auf der an das Diaphragma anliegenden Fläche gezahnt sind. In die engen
Zwischenräume
zwischen Elektroden und Diaphragmen führt man Wasser oder Dampf zur Abwaschung des Reactionsproductes ein.
Textabbildung Bd. 304, S. 161
Fig. 1.
Hargreaves führt sein mit Bird ausgearbeitetes Verfahren der
Alkalisalzelektrolyse so aus (Society of Chem. Ind.; Zeitschr. f. Elektrochem., 1896 Bd. 2 S. 540; Elektrochem. Zeitschr., 1896 Bd. 2 S. 269; vgl. dazu auch W. Bein, ebenda S.
275), dass zwei mit Flanschen versehene Platten die Diaphragmen als Seitenwände gegen den Zellenrahmen pressen. Der
so entstehende
Raum nimmt die Anoden auf. Ausserhalb desselben werden die Diaphragmen durch starkes Kupferdrahtgewebe gestützt,
das auch als Kathode
dient. Das an dieser entstehende Aetznatron wird durch Dampf abgespült und dann in Carbonat verwandelt, dessen Lösung
ständig aus den
Kathodenräumen abfliesst. Im Durchschnitt von 59 Arbeitstagen betrug die Stromdichte auf 0,1 qm 18,7 Amp., die Badspannung
3,4 Volt
und der Strom Wirkungsgrad 80,3 Proc. Das erhaltene Chlor war 97,5- bis 98,5 procentig. Der Chlorkalk enthielt durchschnittlich
37,5
Proc. wirksames Chlor. Auf 100 Vol. als Soda erhaltenes Natrium blieben 7,7 Vol. Kochsalz unzersetzt; sie sollen
auf drei und weniger
Volumen vermindert werden können. Mit 2000 elektrischen kann man täglich 17050 t Kochsalz zersetzen und erhält 26025 t 37
procentigen Chlorkalk und 15075 t 58 grädige Soda zu einem Preise von 52 M. für 1 t. Zur Erzeugung von 1 k Chlorkalk
sind höchstens 2
erforderlich, die sich jedenfalls mit 1 k Kohle erzeugen lassen. Der Elektrolysirapparat von Kolb und Lambert (Englisches Patent Nr. 14342/1895) ist nach Art der Filterpressen gebaut und
ähnelt dem Knöfler-Gebauer'schen. Bei dem Elektrolysirapparat von G. und G. W.
Bell (Englisches Patent Nr. 20542/1895) sind die Anoden- und Kathodenkammern in Reihen angeordnet, die wie bei den
Colonnenapparaten der Ammoniak- und Spiritusfabriken über einander gebaut werden. Gerade wie bei diesen wird auch
die in der einen
Reihe überlaufende Flüssigkeit an dem Boden der nächst unteren Reihe eingeführt. Die Anoden sind hohl, an den Enden
offen, damit das
Chlor ungehindert entweichen kann, und an einer gemeinsamen metallenen Bodenplatte befestigt, damit sie zusammen
in eine
Reparaturkammer hinabgelassen werden können. Die genannte Metallplatte, ein geflanschter Gusseisenring als Seitenwand,
und die
Bodenplatte der darüber gelegenen Kathodenkammer bilden die Anodenzelle. Die Kathodenkammer besteht ebenfalls aus
einem geflanschten
Gusseisenringe als Seitenwand, einem aus Ringen zusammengesetzten Metallrahmen mit Rohren und einer oberen Metallplatte.
Die unteren
freien Räume des so entstehenden Skelettkörpers sind mit porösem Materiale (wie Thon oder Asbest) gefüllt, das die
Unterlage für das
als Kathode dienende Quecksilber bildet. Die in die Anodenzellen fliessende Lauge wird durch Zusatz frischen Salzes
beständig
gesättigt erhalten. Durch diesen Lösungsprocess bleibt auch die Temperatur des Elektrolyten, der in den Zellen zur
besseren
Austreibung des Chlors erwärmt wird, auf einer für die Arbeit günstigen Höhe. Alle mit der chlorhaltigen Lauge in
Berührung kommenden
Apparattheile werden durch eine Isolirschicht geschützt. Die bei der Elektrolyse von Salzlösungen schädlich wirkende
Diffusion will
H. Carmichael (D. R. P. Nr. 87676) durch folgenden Apparat (Fig. 2)
beseitigen oder unschädlich machen. Der Elektrolyt strömt durch ein oben durchlöchertes Rohr P
entgegengesetzt der Diffusionsrichtung der Zersetzungsproducte zwischen den wagerecht über einander liegenden Elektroden
A und B ein, die durch ein Diaphragma D
getrennt sind. Die Zersetzungsproducte fliessen in dem Maasse, wie sie entstehen, durch Röhren aus der Zelle ab.
Diffundirt doch ein
Theil des Elektrolyten durch das Diaphragma nach oben, so wird er durch das wagerechte Rohr T wieder in
die untere Elektrodenkammer geleitet, und zwar an einer Stelle a, die möglichst weit von dem Abflussrohre
C entfernt liegt, damit er sich noch mit dem Zersetzungsproducte anreichern kann. Bei der Elektrolyse
von Kochsalzlösung liegt der Kathodenraum unten. Das Diaphragma D ist umgekehrt dachförmig gestaltet, so
dass die Gase nach beiden Seiten hin in besondere Kammern und von hier durch Röhren abgeführt werden können. Die
Gaskammer kann auch
in der Mitte angebracht sein; dann hat der Apparat die Form eines Cylinders.
Textabbildung Bd. 304, S. 161
Fig. 2.
Man kann die Zersetzungsproducte der Elektrolyse während des Stromdurchganges auch ohne Diaphragma in der Nähe der Elektroden
halten, wenn man diese so anordnet, dass nicht etwa durch die verschiedenen specifischen Gewichte, durch aufsteigende
Gasblasen, durch
starke locale Temperaturerhöhungen u.s.w. Wirbelströmungen in der Lösung hervorgerufen werden, wodurch die aus unveränderter
Lauge
bestehende Trennungsschicht verwischt wird. W. Bein (D. R. P. Nr. 84547; vgl. auch Elektrochem. Zeitschr., 1895 Bd. 2 S. 193; 1896 Bd. 2 S. 276; Bd. 3 S. 10) setzt daher die Elektrolyse
unter Benutzung wagerechter Elektroden nur so lange fort, bis die Trennungsschicht eben verschwinden will. Dann schiebt
er an dieser
Stelle eine undurchlässige Scheidewand in den Apparat ein und zieht die Zersetzungsproducte gesondert ab. Um die
Wiedervereinigung der
Zersetzungsproducte ohne Benutzung eines Diaphragmas zu verhindern, nimmt T. J. Holland (Russisches
Privileg Nr. 285) den Wasserstoff an der Kathode, der die Flüssigkeit aufrührt, durch Kupferoxyd weg. Ob dieser Gedanke
ein besonders
glücklicher ist, erscheint fraglich.
Das Verfahren zur elektrolytischen Herstellung von Amalgamen, das sich E. und G. Andreoli (Englisches
Patent Nr. 15042/1895) haben schützen lassen, bietet nichts Neues. H. Y. Castner hat auf seinen Apparat
zur Elektrolyse von Salzlösungen, der in anderen Ländern schon früher geschützt wurde, jetzt auch in Deutschland
ein Patent erhalten
(D. R. P. Nr. 88230). Zwei Zellen werden durch Quecksilber, das ständig zwischen ihnen circulirt, hinter einander
geschaltet. Das in
der ersten Zelle, welche die Anode enthält, aus Alkalichloridlösung abgeschiedene Alkalimetall verbindet sich mit
dem als Kathode
wirkenden Quecksilber. Das Amalgam wird, z.B. durch eine Rührvorrichtung, in die zweite Zelle geschafft und dort
durch Wasser oder
verdünnte Alkalilauge zersetzt. Das regenerirte Metall wird wieder in die erste Zelle geschafft. In dieser lässt
sich wegen der
theilweisen Zersetzung des Wassers eine Wirksamkeit von 100 Proc. wie in der zweiten Zelle, nicht erzielen. Deshalb
muss zur
Verhinderung der Oxydation des Quecksilbers in der zweiten Zelle weniger Strom durch diese als durch die erste Zelle
fliessen. Um dies
zu erreichen, leitet man in letztere einen Zusatzstrom, oder schaltet die zweite Zelle zeitweise aus dem Hauptstromkreise
aus oder
schliesst einen Theil des letzteren kurz. C. Kellner (Englisches Patent Nr. 7458/1895 und D. R. P. Nr.
86567) trennt die Zersetzungs (Elektrolysir) zellen von den Bildungszellen, die zur Zerlegung des Amalgams dienen,
räumlich und
elektrisch vollständig. Die Bildungszellen, die ausser dem Amalgam eine besondere Elektrode enthalten, können also
durch
Hintereinanderschaltung auf ein vom Zersetzungsstrom unabhängiges Potential gebracht werden. Das mit Amalgam beladene
Quecksilber
fliesst durch einen beiderseitig wirkenden Kipptrog aus der Zersetzungszelle in eine darunter stehende Bildungszelle,
aus dieser in
eine zweite u.s.f. Aus der letzten wird das Quecksilber in die zugehörige Zersetzungszelle zurückgeführt. Bei Verarbeitung
schwer
zersetzbarer Amalgame kann in den Bildungszellen die Wasserzersetzung durch eine besondere Stromleitung begonnen
werden. Andererseits
kann man die in den Bildungszellen durch die Wechselwirkung des Amalgams und der besonderen Elektroden erzeugten
Ströme zur Leistung
äusserer Arbeit benutzen. Rosenbaum (Amerikanisches Patent Nr. 546348) theilt eine feste Glocke
durch senkrechte Wände in abwechselnd kleine („Chlorkammern“) und grosse Räume („Hydratkammern“), die sämmtlich durch
Quecksilber abgeschlossen werden, das sich am Boden eines die Haube umgebenden drehbaren Troges befindet. Der Trog
und die in den
Chlorkammern angebrachten Anoden befinden sich in einem Stromkreise. Ein anderer enthält die Elektroden in den Hydratkammern
und zwar
die dicht über dem Quecksilber befindlichen Anoden und die höher angeordneten Kathoden. In die Chlorkammern lässt
man Salzlösungen, in
die Hydratkammern Wasser fliessen. Der Stand der Flüssigkeitsschichten wird durch eine über dem Quecksilber stehende
Schicht von
schwerem Oele geregelt. Man dreht während der Elektrolyse den Trog mit solcher Geschwindigkeit, dass das Quecksilber
in den
Chlorkammern etwa 0,2 Proc. Natrium aufnimmt. Dieses wird dann in den Hydratkammern durch den an den Anoden auftretenden
Sauerstoff
oxydirt. C. Kellner (D. R. P. Nr. 85360) will an Cylindern oder Wänden aus Steingut oder Porzellan, die
Elektrolysirraum und Zersetzungsraum des Amalgams trennen, zahlreiche schraubengangförmige Rinnen so anordnen, dass
die ungeraden
Schraubengänge sich in der Elektrolysirzelle, die geraden sich in der Zersetzungszelle befinden. Beide Reihen von
Rinnen sind durch
Schlitze oder Spalte in der isolirenden Wand verbunden. Durch die Rinnen fliesst Quecksilber. Hat dieses im Elektrolysirraume
Natrium
aufgenommen, so gelangt es durch den Spalt in den Zersetzungsraum, gibt, während es dessen erste Rinne durchläuft,
das Natrium ab,
kommt dann durch den Spalt in die zweite Rinne des Elektrolysirraumes, wo es wieder Natrium aufnimmt u.s.f. Bei sehr
grossen Apparaten
sind die Rinnentheile in den räumlich von einander getrennten Bildungs- und Zersetzungsbehältern angeordnet und durch
äussere gebogene
Rohre mit einander verbunden. Das Quecksilber kreist dann in nur einem halben Schraubengange zwischen drei gegenpoligen
Elektroden und
ist hierbei von beiden Seiten der Wirkung dieser Elektroden ausgesetzt, so dass also nur die Hälfte des Quecksilbers
erforderlich ist,
während die Leistung dieselbe wie bei der zuerst beschriebenen Anordnung bleibt. Bei der Elektrolyse mit Quecksilberkathode
wirkt das
von dem Quecksilber aufgenommene Alkalimetall auf das Wasser der Salzlösung zurückzersetzend, wodurch grosse Energieverluste,
fremde
Producte und andere Uebelstände entstehen. Diese will F. Störmer (D. R. P. Nr. 89902; vgl. auch
Norwegisches Patent Nr. 4368) dadurch vermeiden, dass er die Oberflächenschicht des Quecksilbers als eine bestimmt
abgesonderte Haut
in vollkommener Ruhe erhält, die darunter befindliche Hauptmasse aber lebhaft bewegt. Durch das energische Mischen
oder Rühren wird
die Absorptionsfähigkeit des Quecksilbers wesentlich erhöht, so dass eine Uebersättigung der obersten Schichten mit
Alkali und somit
eine Rückzersetzung nicht eintreten kann. Zur Ausführung des Verfahrens dient am besten eine in das Quecksilber versenkte
durchbrochene Platte oder ein Drahtgewebe, die in Bewegung gehalten werden, ohne die Oberfläche des Quecksilbers
zu durchbrechen.
Principiell hiervon ganz verschieden ist der Apparat von Adolf Koch (D. R. P. Nr. 90637), bei dem ein
mechanisch bewegter Schieber, der auf einer dicht unter dem Niveau des Quecksilbers liegenden Bodenplatte gleitet,
nicht nur das Kohlenpulver, das von der Anode etwa abfällt, sondern auch die
Amalgamschicht ständig aus dem Elektrolysirraume herausschafft. Dadurch wird die Kathodenoberfläche unausgesetzt
blank erhalten und
ein continuirliches Arbeiten ermöglicht. Arlt (Engl. Patent Nr. 15129/1896) lässt das als Kathode
dienende Quecksilber (oder ein anderes flüssiges Metall oder eine Legirung) in Form von Schichten, Strahlen oder
Sprühregen in den
Elektrolysirapparat eintreten. Das sich am Boden sammelnde Amalgam wird durch Bedecken mit einer schweren Flüssigkeit
(Chloroform oder
Schwefelkohlenstoff) geschützt und erst nach dem Abfluss durch eine Oeffnung in dem nach der Kathode hin zusammengezogenen
Boden
ausserhalb der mit gut schliessendem Deckel versehenen Zelle durch Wasser oder Dampf zersetzt. Die Gestaltung und
Handhabung der
Apparate zur Elektrolyse von Salzlösungen mit Quecksilberkathoden macht Alf Sinding-Larsen (D. R. P. Nr.
89254) dadurch einfacher und zweckmässiger, dass er die Waschtrommel, die das Amalgam durch die Reductionsflüssigkeit
befördert, in
einem seitlich zum elektrischen Felde angeordneten Raume H (Fig. 3)
anbringt. Dieser steht mit dem Elektrolysirbehälter C durch einen Kanal W in
Verbindung. Die aus Blech mit amalgamirter Oberflächehergestellte Trommel J lagert auf einer hohlen Welle
J1 und besteht aus zwei spiralförmig gebogenen Blechen, die in eine
centrale konische Trommel K zusammenlaufen.
Textabbildung Bd. 304, S. 163
Fig. 3.
Bei der Drehung der Welle nimmt die amalgamirte Oberfläche der Trommel J das
Amalgam, das sich am Boden der Zersetzungszelle befindet, auf und führt es zu seiner Spaltung durch die Zersetzungsflüssigkeit.
Wegen
der spiralförmigen Gestaltung heben gleichzeitig die Trommelbleche das Quecksilber und befördern es in die konische
Trommel K, von wo es durch die an die Scheidewand B angegossene, etwas geneigte
Rinne L in das Rohr M und zuletzt in die elektrolytische Zelle C zurück gelangt. Die Reactionsflüssigkeit, z.B. Wasser, tritt durch die hohle Welle J1 und sich daran anschliessende perforirte Vertheilungsröhren N, die sich axial zwischen den Spiralwänden der Trommel erstrecken, in deren Inneres ein. Die neue
ungebrauchte Flüssigkeit wird also von innen nach aussen bewegt. Derselbe Erfinder hat auch (Norwegisches Patent
Nr. 5026) zum
Auswaschen des Amalgams eine Centrifugirtrommel vorgeschlagen. J. Strömer (Norwegisches Patent Nr. 4697
und Englisches Patent Nr. 24837/1895) hebt eine mit dem Amalgam gefüllte siebartig durchlochte flache Pfanne in einem
mit (am besten
heissem) Wasser gefüllten Gefässe von unten nach oben, so dass das Amalgam in feinen Strahlen durch das Wasser herniederfällt
und
zersetzt wird. C. Kellner (Englisches Patent Nr. 20259/1894) schafft es durch Verschiebung von
Glockenzellen abwechselnd in den Elektrolysir- und den Amalgamzersetzungsraum. Man kann die als Theile einer ringförmigen Glocke
angeordneten Zellen auch stillstehen lassen. Das Quecksilber befindet sich dann in einer rotirenden flachen Pfanne.
Auf ihm schwimmt
innerhalb der Zellen abwechselnd Salzlösung und Wasser. Die bei der Amalgamzersetzung frei werdende Energie kann
nutzbar gemacht
werden.
Das bei der Salzelektrolyse in den Anodenzellen erhaltene Natriumhydroxyd führt Craney (Amerikanisches
Patent Nr. 552895) zusammen mit concentrirter Sodalösung, die durch die Kathodenräume fliesst, fort und fällt nach
dem Kühlen mit
Kohlensäure Monocarbonat. Wird zur Aufnahme des Natronhydrats Bicarbonatlösung verwendet (Amerikanisches Patent Nr.
552955), so
entsteht Monocarbonat, das durch Kohlensäure in Bicarbonat übergeführt wird. Die Mutterlaugen gehen in beiden Fällen
wieder in den
Betrieb zurück. C. Kellner (D. R. P. Nr. 85041) will krystallisirte Soda erhalten, indem er die
Anodenflüssigkeit über Drahtseilen oder Ketten gereinigten Feuergasen entgegenströmen lässt. Mit der Herstellung
von Alkalihydraten
und Ammoniak will L. P. Hulin (D. R. P. Nr. 86459; Englisches Patent Nr. 23198/1894) die Erzeugung von
Accumulatorelektroden, also von elektrischer Energie verbinden, dadurch dass er Platten aus Bleialkalimetall (besonders
Barium)
legirung in Wasser taucht, dem Alkalinitrat(-sulfit oder -bisulfit) lösung zugesetzt ist, die ihren Sauerstoff ohne
merkliche
Gasentwickelung abgibt, und durch Zufügen von Kohlenplatten ein galvanisches Element bildet, durch das Bleischwammplatten,
die neben
Kohle in Schwefelsäure stehen, in Superoxydplatten übergeführt werden. Seifen ab fall äugen wollen Lugo
und Jackson (Amerikanisches Patent Nr. 558970) als Anodenflüssigkeit mit Zinkelektroden und unter
Verwendung von reinem Wasser als Kathodenflüssigkeit elektrolysiren. Dadurch sollen die Laugen geklärt werden; sie
sollen eine
grössere Ausbeute an reinerem Glycerin geben als die gewöhnlichen Seifenlaugen, und schliesslich wird das in freiem
Zustande und in
Form gelöster Salze in ihnen enthaltene Alkali wiedergewonnen.
Gegenwärtig kommen für die Herstellung von Bleichflüssigkeit nach Häussermann (Zeitschr. f. Elektrochem.,
1896 Bd. 3 S. 39) nur zwei Apparate ernstlich in Betracht, der von Spilker angegebene, den Fr. Gebauer in Charlottenburg herstellt, und der Kellner'sche
Spitzenelektrolyseur, der von Siemens und Halske in Wien gebaut wird. H.
Lindeberg (Schwedisches Patent Nr. 7281) führt aus dem Elektrolysirgefässe die Anodenflüssigkeit durch eine besondere
Rohrleitung in die Nähe eines Schaufelrades, das sie in dem Bleichungsgefässe gleichmässig vertheilt. Besonders neu
ist das Verfahren
gerade nicht. Durch das Elektrolysirgefäss soll (Schwedisches Patent Nr. 7353) der nur wenig Salz enthaltende Elektrolyt
gleichmässig
und mit grosser Schnelligkeit von unten nach oben hindurchgetrieben werden. Die nach ihrem bekannten Verfahren hergestellte
elektrische Bleichflüssigkeit wollen E. Hermite, E. J. Paterson und Chr. Fr.
Cooper (Englisches Patent Nr. 2197/1896) durch Zusatz von etwas Aetznatron oder Kalkmilch haltbarer und wirksamer machen. G. Saget (Moniteur scient., 1896 4. Sér. Bd. 10 S. 257) erklärt sie für die beste von allen
Bleichflüssigkeiten. Wenn sie nur 0,3 g actives Chlor in 1 l enthält, gibt sie ein sehr schönes und reines Weiss.
Chlorkalklaugen
müssen zur Erzielung derselben Wirkung die doppelte Concentration haben. Nach Cl. Beadle (American Chem. News, 1897 Bd. 75 S. 73) erfordert die Hermite'sche Bleichlösung zur Erzielung derselben Wirkung nur ein Drittel der Zeit, die gewöhnliches
Bleichpulver gebraucht, und bleicht schon bei einmaliger Anwendung vollständig, während Bleichkalk ohne Säure dies
nicht thut. Bei der
Verwendung der Bleichflüssigkeiten, die in dem praktischen Elektrolysator von A. Vogelsang gewonnen sind,
dringen diese zum Bleichen von Baumwolle nach H. Wartner (Leipziger Färberzeitung, 1896 S. 449) leicht
und gleichmässig durch die Waaren. Es werden fleckenlose schöne Weissen ohne Verminderung der Festigkeit der Faser
erhalten. Die
Bleichung von 1 Pfund Garn stellt sich einschliesslich aller Unkosten auf 2 Pfg. Dagegen wurde ein Verlust von 14
Proc. in der
Festigkeit bei Baumwollgarnen, die elektrolytisch gebleicht waren, durch Versuche in der Fabrik von Wärndorfer, Benedikt und Mauthner (Centralanz. f. Elektrotechn.: Elektrochem. Zeitschr., 1896 Bd. 3 S. 116) gegenüber rohen
Garnen gefunden. Mit Chlorkalk gebleichte ergaben aber 33 Proc.
W. Borchers (Zeitschr. f. Elektrochem., 1896 Bd. 3 S. 114) zeigt, welche Werthvermehrung Natrium- und
Kaliumchlorid bei der elektrochemischen Verarbeitung erfahren. Die neue elektrochemische Anlage der Chemical
Construction Co. an den Niagarafällen beschreibt Orrin E. Dunlap (Elektrochem. Zeitschr., 1897
Bd. 3 S. 266), die elektrolytische Fabrikation von Chlor und von Soda Mac Merle (Monit. scientif., 1896
4. Sér. Bd. 10 S. 321). Ueber die Herstellung von Alkali und das Bleichen nach der chemischen und der elektrolytischen
Methode
berichtet B. Blount (Electrician, 1896 Bd. 38 S. 212), über die Anwendung der Elektrolyse zur Darstellung
von Bleichmitteln und Alkalien nach den Kellner'schen Patenten Siemens und
Halske (Zeitschr. f. Elektrotechn., 1896 Bd. 14 S. 765; 1897 Bd. 15 S. 40. 77. 107).
Bei der elektrolytischen Herstellung von Alkalichloraten setzt F. Oettel
bekanntlich zur Erhöhung der Ausbeute Alkalihydroxyde zu. In Folge von Wasserzersetzung treten dabei aber Stromverluste
auf. Diese
will Carl Kellner (Englisches Patent Nr. 23591/1895 und D. R. P. Nr. 90060) dadurch vermeiden, dass er an
Stelle von Alkalihydroxyd ungefähr 3 Proc. Calciumhydroxyd oder Magnesiumhydroxyd oder andere in Wasser schwer lösliche
Oxyde oder
Hydroxyde in der Flüssigkeit suspendirt, wie bei der Herstellung von Bleichflüssigkeiten schon länger vorgeschlagen
ist. Es wird nur
Kaliumchlorid zersetzt. Das an der Anode auftretende Chlor wird von dem Kalk gebunden; das verbrauchte Calciumhydroxyd
wird durch
erneute Auflösung einer geringen Menge der suspendirten Theilchen ersetzt. Die Calciumchlorverbindungen setzen sich
theilweise mit
Kaliumchlorid in Kaliumchlorat und Calciumchlorid, theilweise mit dem Kaliumhydroxyd an der Kathode in Kaliumchlorverbindungen
und
Calciumhydroxyd um. Das Calciumchlorid wird durch den Strom in Chlor und secundär entstehendes Calciumhydroxyd zerlegt.
Das
Calciumhydroxyd wirkt also nur als Sauerstoffüberträger an das Kaliumchlorid, ohne selbst an der Elektrolyse theilzunehmen.
Die Elektricitäts-Actiengesellschaft vorm. Schuckert und Co. (D. R. P. Nr. 83536) hat statt Hydroxyden den
Zusatz von Alkalicarbonaten oder -bicarbonaten vorgeschlagen. Aehnlich werden zur Herstellung von Erdalkalichloraten
(D. R. P. Nr.
89844) fein gemahlene oder geschlemmte natürliche oder besser noch frisch gefällte künstliche Erdalkalicarbonate oder -hydrate
oder Gemische zugefügt. Dieser Zusatz wird durch mechanisches Aufrühren der Lauge, durch Einblasen von Luft, Kohlensäure
u.s.w.
suspendirt erhalten. Beispielsweise wird eine heisse 30- bis 40 procentige Bariumchloridlösung, der 1 bis 5 Proc.
Bariumcarbonat oder
-hydrat zugesetzt sind, mit Dqm = 500 bis 1500 Amp. so lange elektrolysirt, als es der Nutzeffect
rechtfertigt.
Bei der Elektrolyse der Alkalibromide erhielt H. Pauli (Inaug.-Diss., Berlin 1897) in neutralen Lösungen
erst Hypobromit. Dieses wird je nach den Stromdichten und der Temperatur fortwährend in verschieden grossen Mengen
reducirt. In der
Kälte erreicht der Antheil an Bromat nie bedeutende Beträge. Dagegen wiegt es bei alkalischen Lösungen in der Endlauge
vor. Bei diesen
tritt ebenfalls Hypobromit in nicht unbeträchtlicher Menge auf; ein vollkommenes Zurücktreten oder Verschwinden ist,
entgegengesetzt
den Resultaten bei der Elektrolyse alkalischer Kaliumchloridlösungen, nicht zu erreichen. Mit zunehmender Alkalinität
wächst der
Wasserzersetzung bewirkende Antheil des Stromes und die relative Ausbeute an Bromat, während die Gesammtausbeute
sinkt. Bei Erhöhung
der Temperatur bildet sich in Folge theilweiser Umsetzung des Hypobromits mit Brom mehr Bromat. Gleichzeitig steigt
aber auch die
Wasserzersetzung, die zur bevorzugten Stromwirkung wird, wenn die Bäder über 1 Proc. freies Alkali enthalten. Bei
niedriger Temperatur
treten die schädlichen Factoren: Wasserzersetzung und Reduction nicht sehr stark hervor. Der wichtigste Factor zum
Erreichen
weitgehender Oxydation oder Reduction ist geeignete Wahl der Stromdichte. Ist diese an der Kathode gering, so tritt
bei neutralen oder
schwach alkalischen Bädern in der Kälte vorwiegend Reduction von Hypobromit auf. Diese Verluste werden bei schwach
alkalischem
Elektrolyten in der Wärme und bei stark alkalischem in der Kälte kleiner, dagegen steigt die Wasserzersetzung. Ist
die
Anodenstromdichte gering, die bestrahlte Fläche also gross, so tritt eine Wasserzersetzung auf, als deren Basis die
Elektrolyse von
Hypobromit angesehen wird. Eine neutrale 20 procentige Kaliumbromidlösung ergab z.B. bei einer Temperatur von 2 bis
5° mit Dqm, k = 1500 Amp., Dqm, A = 150 Amp. (Spannung 3,4 bis 3,6 Volt) in der Endlauge 86,66 Proc. der Theorie an wirksamem Brom,
oder von 2,6902 g 1,8371 g als Hypobromit, 0,8531 g als Bromat; eine mit 4 Proc. Kaliumhydroxyd versetzte bei 4 bis
5° mit Dqm, K = 1300 Amp., Dqm, A = 130 Amp. (Spannung 2,9 Volt) 74,29 Proc. der Theorie an wirksamem Brom, oder von 1,8030 g 0,1959 g
als Hypobromit und 1,6071 g als Bromat. Bei Dauerversuchen bewährte sich als Elektrodenmaterial Platin vorzüglich;
an der Anode löst
sich etwas als Bromplatin. Blei ist wegen der secundären Bildung von Superoxyd nicht brauchbar. Von Kohlen sind die
an der Oberfläche
graphitirten verwendbar. Besonders zeichneten sich die Lessing'schen (siehe weiter unten) durch grosse
Härte und Widerstandsfähigkeit aus. Bei der Elektrolyse von Calciumbromid- und Magnesiumbromidlösungen werden jedenfalls
höhere
Ausbeuten als beim Kaliumbromid zu erzielen sein, allerdings unter Steigerung der Badspannung.
Bei der Elektrolyse 20 procentiger wässeriger neutraler und alkalischer Kaliumfluoridlösungen konnte H.
Pauli heftigen Ozongeruch beobachten. Glas und Kautschuk wurden angegriffen. Oxyfluoride und Wasserstoffsuperoxyd wurden nicht gebildet.
Natriumsulfid und -hydrosulfid können nach Frank W. Durkee (Amer. Chem. Journ., 1896 Bd. 18 S. 525; Chem. News, 1896 Bd. 74 S. 70 und 80) durch Elektrolyse vollständig in Natriumsulfat übergeführt werden. Als Zwischenproducte entstehen Natriumhydroxyd, Natriumthiosulfat und Polysulfide.
Wechselstrom verlangsamt die Oxydation, ausserdem werden die Platinelektroden ziemlich stark angegriffen.
Das durch Elektrolyse einer Lösung von harnsaurem Lithium erhaltene Lithiumamalgam ist nach Guntz und Férée (Société chim. de Paris; Zeitschr. f. Elektrochem., 1896 Bd.
3 S. 173) fest und hat die Formel Hg5Li.
(Fortsetzung folgt.)