Titel: | Maschinenelemente. |
Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 197 |
Download: | XML |
Maschinenelemente.
Mit Abbildungen.
Maschinenelemente.
Riemen und Riemenscheiben.
Ueber die Herstellung der zweitheiligen Riemenscheiben aus gebogenem Holz findet sich im Kann. Gew.-Bl.
folgender Bericht: Der Kranz der Riemenscheiben wird aus astfreiem Buchen-, Eschen- oder Hickoryholz hergestellt,
welches zur
Erweichung und Entsaftung mehrere Stunden lang gedämpft, dann unter Anwendung einer Presse über Holzformen gebogen
und in diesem
Zustande getrocknet wird. Erst dann erfolgt die vollständige Bearbeitung. Das mit dem Dämpfen verbundene Entsaften hat den
Vortheil, dass das Holz den Einflüssen der verschiedenen Luftfeuchtigkeit wenig unterworfen ist und von den Würmern
verschont
bleibt.
Die Reibung des Riemens auf dem Umfange der Holzriemenscheiben ist grösser, als auf dem Umfange der eisernen. Der Kraftverlust
auf dem
sich immer wieder rauhenden Holze ist mithin geringer, als bei Benutzung der glatten Eisenfläche; es halten daher
auch die Riemen, da
sie weniger rutschen, erheblich länger. Die Preise der Holzriemenscheiben, besonders die der breiteren Sorten, sind
billiger, als die
der gusseisernen. Das Einbauen ist, da die Scheiben sämmtlich zweitheilig sind, einfach. Nur ist zu beachten, dass
alle Schrauben
gleichmässig angezogen und öfter nach geschraubt werden. Vor dem Aufbringen werden die Wellen mit einem Streifen
Sandpapier umlegt,
dessen Enden stumpf vor einander stossen. Die Holzriemenscheiben finden in den Vereinigten Staaten von Nordamerika
eine immer grössere
Verbreitung. Die Zweifel, welche man anfangs in ihre Haltbarkeit setzte, sind durch die mit ihnen gemachten Erfahrungen
gehoben, das
Holz verdrängt drüben die schweren Eisenscheiben mehr und mehr; thatsächlich waren von den im Betriebe befindlichen
Riemenscheiben der
Chicagoer Ausstellung etwa 90 Proc. aus Holz.
Grosses Lob finden die hölzernen Riemenscheiben in einem Vortrage, den der Baumeister Hintz
(Grosslichterfeld) gehalten hat. Der Vortragende hebt hervor, dass sich auch deutsches Holz zur Herstellung der hölzernen
Riemenscheiben sehr wohl eigne, obwohl die Verkäufer des amerikanischen Erzeugnisses es manchmal versuchen, das deutsche
Erzeugniss
herabzusetzen, indem sie behaupten, die deutschen Hölzer eigneten sich nicht für diesen Zweck. Gerade das Gegentheil
sei der Fall;
unser Pappelholz, wie es zu den Kränzen der Scheiben verwendet wird, habe eine grössere Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit
als das
amerikanische Whitewood, und unser eschenes Holz, das zu den Speichen verwendet wird, sei durch seine Festigkeit
und Elasticität
besonders gut geeignet.
Nach Revue universelle hat Syer und Co. in London seinen hölzernen
Riemenscheiben Felgen von drei auf einander gelegten und verleimten Holzstreifen gegeben, die mittels Dampf erhitzt
und ausgelaugt und
dann gebogen werden. Die Fasern des äusseren und inneren Streifens laufen in der Richtung der Scheibe, während die
der mittleren
Schicht senkrecht zu dieser liegen. Derartige Felgen sind leicht und haltbar, sie werden weder von Feuchtigkeit noch
vom Wechsel der
Wärme in ihrer Form geändert. Die Anordnung der Riemenscheibe ist in Fig. 1 dargestellt; danach besteht
die Scheibe aus zwei Hälften, die je durch einen Arm abgestützt sind, damit ihre Form um so gesicherter erscheint.
Wegen der Theilung
ist die Einbauung der Riemenscheiben leicht zu bewerkstelligen.
Wenn nun auch die hölzernen Riemenscheiben manche gute Eigenschaften zeigen, so ist es ihnen doch nicht gelungen, sich die
ungetheilte
Anerkennung zu erwerben. Ein Kritiker fasst nach einer längeren Besprechung der eisernen Riemenscheiben sein Urtheil
in folgende
Worte:
„Somit ist nach dem heutigen Stande der Technik diejenige Riemenscheibe, welche Nabe und Speichen aus Gusseisen besitzt und
einen
schmiedeeisernen Kranz, der sorgfältig an die Lappen der
gusseisernen Speichen angeschlossen ist, als das Ideal anzusehen. Dieselbe verbindet mit grösster Festigkeit vollendete
Eleganz
und lässt im Gegensatze auch zu der modernsten Holzriemenscheibe keinerlei Erinnerung an die alten Mühlenwerke mehr
aufkommen.
Dabei ist der Anschaffungspreis ein massiger und die Widerstandsfähigkeit gegen Temperatureinflüsse eine unbedingte.
Es ist nicht
ausgeschlossen, dass die fortgeschrittene Eisenindustrie in späterer Zeit gestatten wird, noch leichtere, festere
und elegantere
Riemenscheiben zu bilden, als die bis jetzt bewährten schmiedeeisernen von der mehrerwähnten Zusammensetzung, dass
aber einzig und
allein die Eisenindustrie zur Gestaltung der modernen Ansprüchen genügenden Scheiben befähigt ist, erscheint kaum
fraglich.“
Textabbildung Bd. 304, S. 197
Fig. 1.Felge von drei auf einander gelegten und verleimten Holzstreifen von Syer und Co.
Die schmiedeeisernen Riemenscheiben nach Lilienthal's Bauweise. O. Lilienthal in Berlin verwendet für die
Arme seiner Riemenscheiben die Sprengwerkconstruction, die für diesen Zweck besonders geeignet erscheint. Von Gusseisen
ist nur die
aus zwei gleichen Theilen bestehende Nabe, zwischen welchen die Arme aus Flacheisen fest geklemmt und durch Schraubenbolzen
zusammengehalten sind. Gegen den Kranz sind die Flacheisenarme abgebogen und mit diesem vernietet, wobei die Lappen
am Ende der Arme
für die Kranzbefestigung eine gute Auflagefläche bieten.
Schmiedeeiserne Riemenscheiben, bei denen Rundeisenstäbe als Arme benutzt werden, sind gerade an der zuletzt genannten
Verbindungsstelle mangelhaft.
Tabelle I.
Getheilte Riemenscheibe
Durch-messer
Breite in Millimeter
Mehrgewicht der leich-testen getheilten Guss-eisernen gegenüberder
Lilienthal'schenRiemenscheibe
100
150
200
300
400
500
mm
k
k
k
k
k
k
Proc.
I. Lilienthal'sche Schmiedeeiserne
800
80,0
42,0
54,0
70
90
115
II. Leichteste Gusseiserne
800
39,5
55,5
70,0
109
142
178
24 bis 36
I. Lilienthal'sche Schmiedeeiserne
1000
46,0
61,0
79,0
120
158
181
II. Leichteste Gusseiserne
1000
54,0
77,0
98,5
153
200
254
15 „ 29
I. Lilienthal'sche Schmiedeeiserne
1500
–
101,0
122,0
187
257
315
II. Leichteste Gusseiserne
1500
–
144,0
185,0
314
427
543
30 „ 42
I. Lilienthal'sche Schmiedeeiserne
2000
–
–
195,0
269
424
475
II. Leichteste Gusseiserne
2000
–
–
295,0
488
653
847
34 „ 44
In der Tabelle I sind einige Gewichte der Lilienthal'schen Riemenscheibe den Gewichten einer getheilten
Riemenscheibe von Gusseisen gegenübergestellt. Nach dieser kann die Mehrbelastung der Transmissionswellen durch gusseiserne
Scheiben
sehr beträchtlich werden.
Für die Anwendung getheilter Riemenscheiben spricht die Einfachheit, mit welcher eine solche an jeder beliebigen Stelle der
Transmission ohne weiteres festgeklemmt werden kann. Eine wesentliche Veranlassung zum Krumm werden der Wellen gibt
auch die
Anbringung von Keilnuthen zur Riemenscheibenbefestigung.
Die einfache Zusammensetzung der Lilienthal'schen Riemenscheibe macht sie zur Massenfabrikation
geeignet.
Die Riemenscheiben werden an dem ganzen Umfang abgedreht. Bei der balligen Riemenscheibe wird das Kranzeisen schon vor seiner
Befestigung an den Armen ballig gewalzt. Eine Riemenscheibe mit gekröpften Armen nach Fig. 2 findet
dort Anwendung, wo in Folge sehr nahe liegender Lager oder Kuppelungen ein Riemenantrieb sonst ausser Möglichkeit
läge.
Ueber die Vortheile der baumwollenen Riemen vor den Lederriemen hat Echo des mines eine Mittheilung
gebracht, in welcher die Ueberlegenheit der Baumwollriemen nachgewiesen wird. Wir geben den Hauptinhalt dieser Abhandlung
nach der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen wieder.
Textabbildung Bd. 304, S. 197
Fig. 2.Zusammensetzung der Lilienthal'schen Riemenscheibe.
„Bei einer Transmission im Betriebe ist bekanntlich, wenn T die Kraft auf dem treibenden und t diejenige auf dem getriebenen Theil des Riemens bezeichnet, das Verhältniss zwischen diesen beiden
Grössen: T=t\,e^{f\,.\,\frac{a}{v}}, worin e die Basis der natürlichen
Logarithmen, f den Reibungscoëfficienten des Riemens auf der Scheibe, und
\frac{a}{r} das Verhältniss des umspannten Bogens auf der kleinen Scheibe angibt. Bei einem bestimmten
Werthe von T und t kann der Riemen auf dem Umfang der kleinen Scheibe
eine durch die Reibung erzeugte Kraft Q übertragen, die = T – t oder =T\,\left(1-\frac{1}{e^{f\,.\,\frac{a}{r}}}\right) ist. Bei einer
Transmission, wo \frac{a}{r} gegeben ist, sieht man sofort, dass Q um so grösser wird, je grösser f selbst ist.
Nun ist für gut ausgeführte baumwollene Riemen und gusseiserne Scheiben f = 0,32 bis 0,33 des
Druckes, aber für Lederriemen höchstens 0,28. Ein guter baumwollener Riemen kann also eine grössere Kraft übertragen,
als ein
gleich grösser Lederriemen. Da nun die Spannung sich durch Reibung auf die Zapfenlager, d.h. durch einen Verlust
an Nutzarbeit
überträgt, so folgt, dass dieser Arbeitsverlust bei Leder ein grösserer ist. Das ist ein erster Vortheil der
Baumwollriemen.
In einer grossen Spinnerei erfolgt eine der Hauptbewegungen durch einen 670 mm breiten Riemen, der mindestens 400 e mit 21 m Geschw./Sec. überträgt. Dabei hat man mehrere doppelte Lederriemen abgenutzt; sie waren von
tadelloser Beschaffenheit und Herstellung, zeigten aber allerlei Mängel: unaufhörliches Gleiten und Erwärmen der
Lager, die durch
Wasser gekühlt werden mussten. Jetzt überträgt ein baumwollener Riemen von Lechat in Lille seine 450
ohne jedes Gleiten und mit ausserordentlich massiger Spannung.
Betrachten wir bei einem Riemen im Gebrauch ein Element S des getriebenen Theiles, so wird dieses durch
die Spannung t von S auf S1
= S + ds verlängert, und dasselbe Element in dem treibenden Theile durch die
Spannung T von S auf S1 = S + δs. Bezeichnen wir nun mit E den
Elasticitätsmodul des Riemens, mit T die Spannung auf die Querschnittseinheit des treibenden und mit t diejenige des getriebenen Theiles, so haben wir die Gleichungen
S_1=S\,\left(1+\frac{t}{T}\right)
und
S_2=S\,\left(1+\frac{T}{E}\right)
und daraus
\frac{S_2}{S_1}=\frac{1+\frac{T}{E}}{1+\frac{t}{E}}
das Verhältniss der Geschwindigkeit des Riemens auf der treibenden Scheibe zu derjenigen auf der getriebenen.
Die aufnehmende Scheibe hat nicht die gleiche tangentielle Geschwindigkeit wie die bewegende und, um mit jener eine
bestimmte
Umdrehungszahl zu erreichen, nimmt man in der Praxis einen Gleitverlust von 2 bis 5 Proc. an. Dieser Geschwindigkeitsverlust
ist ein
Arbeitsverlust, den man möglichst klein halten muss. Nun hat man den Ausdruck:
S_2-S_1=S\,\left(\frac{T}{E}-\frac{t}{E}\right)=S\,\left(\frac{T}{E}-\frac{t}{E}\,\times\,\frac{1}{e^{f\,.\,\frac{a}{r}}}\right)
oder
S_2-S_1=S\,\frac{T}{E}\,\left(1-\frac{1}{e^{f\,.\,\frac{a}{r}}}\right)
wobei S und \frac{1}{e^{f\,.\,\frac{a}{r}}} Constante sind; der
variable Factor dieses Products ist mithin \frac{T}{E}.
Wir sahen vorhin, dass man für dieselbe Transmission mit dem baumwollenen Riemen eine kleinere Spannung als mit dem ledernen
braucht;
der Elasticitätscoëfficient E – davon später – ist ferner bei jenem viel grösser als bei diesem. Folglich
ist der Ausdruck \frac{T}{E} für den baumwollenen Lechat-Riemen bedeutend kleiner als für einen ledernen, d.h.
der Arbeitsverlust durch Gleiten ist dort kleiner als hier. – Eine elektrische Anlage besteht aus zwei Dynamos von
je 75 , die
durch 320 mm breite Riemen bewegt werden; nach der Stärke müssten die getriebenen Scheiben theoretisch 800 Umdrehungen
machen, in
vollem Gang zählte man aber nur 794, so dass der Gleitverlust 0,75 Proc. betrug. Da die Constructeure nun mit einem
Verlust von 2 bis
5 Proc. rechnen, so sieht man, dass die Lechat-Riemen weit darunter bleiben.
Wir sahen oben, welche Rolle der Anhaftungscoëfficient bei einer Riementransmission spielt. Die Spannung eines Riemens, um
eine
bestimmte Kraft zu übertragen, folglich auch der Arbeitsverlust aus dem auf die Zapfen ausgeübten Druck steht im
umgekehrten
Verhältniss zu seinem Anhaften. Wir sahen dann, dass der Elasticitätsmodul in gleicher Weise einwirkt; das Gleiten
und der daraus
folgende Arbeitsverlust ist ebenfalls umgekehrt proportional zu E. Der Elasticitätsmodul hat aber einen
noch grösseren Einfluss. Bei dem unaufhörlichen Uebergang der Riemenelemente aus der Spannung t in eine
solche T wird die Länge S1 eines Elementes
des geleiteten Riementheils S2
= S1 + δS1
auf dem leitenden Theil oder
S_2=S_1\,\times\,\left(1+\frac{T-t}{E}\right)
Dieses Element S2 geht der Reihe nach aus der
Spannung T in die t über und wird dann:
{S_1}'=\frac{S_2}{1+\frac{T'-t'}{E}}, worin T' und t'
die neuen Spannungen in den beiden Theilen in dem betreffenden neuen Moment sind.
Wenn S'1 sich von S1 unterscheidet, S'1 = S1 + ds1 ist, so hat man Σ (S'1 – S1) = Σds1. Damit nun der Riemen weiter functioniren kann und
seine Wirksamkeit nicht merklich wechselt, muss Σds1 unendlich klein
sein, d.h. S'1 muss = S1 sein und deshalb muss T – t constant bleiben, und da
T-t=t\,\left(e^{f\,.\,\frac{a}{r}}-1\right) ist, so muss t selbst constant sein.
Dazu müssen die positiven Verlängerungen der Elemente S, indem sie aus der Spannung t in diejenige T übergehen, genau durch die negativen Verlängerungen
compensirt werden, welche diese Elemente beim Uebergang aus der Spannung T in diejenige t erleiden; anderenfalls vermindert sich, indem der leitende Theil jeden Augenblick an den geleiteten
eine grössere Länge abgibt, als sie erhält, die Spannung t in dem geleiteten Theil sehr rasch, weil seine
Länge zunimmt, und T – t, die Kraft, die der Riemen übertragen kann,
vermindert sich auch. Der Riemen erleidet eine permanente Verlängerung, er gleitet und kann ohne erneute Spannung
nicht weiter
arbeiten. Nun ist bei einer bestimmten Transmission, bei der der Schwächungscoëfficient von selbst durch die Krafteinwirkung
auf die
Querschnittseinheit, durch die Uebergangszahl eines jeden Elementes aus der Länge S1 in diejenige S2 und umgekehrt und durch
die Biegungseinwirkungen beim Umgehen der Scheiben bestimmt wird, einleuchtend, dass die erwähnte Verlängerung des
Riemens um so
geringer sein wird, je grösser sein Elasticitätsmodul ist. Wenn ein Riemen nicht genügend elastisch ist, wenn er
unter einer geringen
Belastung schnell eine permanente Verlängerung erleidet, dann kann man im voraus sicher sein, dass er selbst bei
einer ganz gewöhnlichen Kraftübertragung Unannehmlichkeiten verursachen wird;
gehörig gespannt, wird er sich sehr schnell verlängern; er muss abgehauen und so verkürzt werden, bis man in beiden
Hälften enorme
Spannungen erhält, da t genügend gross bleiben muss, damit immer
t\,\times\,\left(e^{f\,.\,\frac{a}{r}}-1\right)\,\geq\,Q
ist (– Q = zu übertragende Kraft). Dieser Elasticitätsmangel verursacht und erklärt
viele Misserfolge und Unannehmlichkeiten, welche manche Riemen bei sogen. fehlerhaften Transmissionen hervorrufen.
Die Fabrikanten von
Lederriemen haben auch wenig Erfindungsgabe nöthig gehabt, um früher in sehr vielen Fällen ausgezeichnete Waare darzustellen;
sie
haben besonders im Anfang (denn jetzt sind die Häute in Folge der neuen Gerbprocesse lange nicht so gut wie ehedem)
ein Material mit
vielen ausgezeichneten Eigenschaften, mit grosser Geschmeidigkeit und Widerstandsfähigkeit und mittlerer Elasticität
und
Anhaftbarkeit, gehabt. Aber heute sind die Lederriemen vollständig ungenügend geworden. Vor 15 Jahren kam dann Lechat in Lille mit seinen baumwollenen Fabrikaten, die gerade für neue Zwecke Eigenschaften besitzen, die sich allen Fällen
anpassen. Er stellt durchaus gleichartige Riemen her, deren Längen- und Querstärke, Elasticität, Verlängerung unter
gleicher Belastung
und Anhaften nach seiner Meinung in den weitesten Grenzen wechseln können. Je nach der Bestimmung liefert er die
verschiedensten
Riemen in Breiten bis zu 2,4 m. Bei Walzwerken z.B. beträgt die Geschwindigkeit bis 46 m in der Secunde; dabei wird
die Einwirkung der
Centrifugalkraft bedeutend und beträgt beispielsweise bei einem 15 mm dicken Lederriemen 38 bis 39 k auf 1 cm Breite.
Das ist die
Normalbelastung eines sehr guten Lederriemens. Heute aber arbeiten die meisten französischen und belgischen Walzwerke
mit baumwollenen
Lechat-Riemen, deren normale Bruchbelastung von 5,4 k/qmm des
Querschnittes auf 6,0 und 6,4 k/qmm erhöht worden ist, während ganz
ausgesuchtes Leder nur 2,8 bis 3,0 k/qmm ergibt. (Echo des mines etc.)
Ueber das Gleiten des Riemens hat Th. G. Estes in Boston Versuche angestellt, auf deren Grund er zu dem
Schluss kommt, dass wohl bei überanstrengten Riemen, nicht aber bei normalen Riemenbetrieben von einem eigentlichen
Gleiten die Rede
sein könne. Vielmehr liege der Grund des Zurückbleibens in der Biegung des Riemens; er begründet seine Meinung nach
Uhland in folgender Weise:
Wenn von zwei Riemenscheiben verschiedenen Durchmessers eine durch die andere mittels eines Riemens angetrieben wird, und
die
Oberflächen derselben ein Gleiten des Riemens ausschliessen, so wird das Verhältniss ihrer Umdrehungszahlen proportional
dem ihrer
Durchmesser sein und ein bemerkbarer Verlust an Geschwindigkeit wird nicht eintreten.
Wird bei denselben Riemenscheiben ein Riemen von sehr geringer Stärke verwendet, so wird sich das Verhältniss der Umdrehungen
nicht
ändern. Sobald jedoch ein stärkerer Riemen zur Anwendung kommt, so zeigt sich mit einem Mal eine Aenderung in dem
Verhältniss der
Umdrehungen und die geraden Riemenstücke haben eine andere Geschwindigkeit, als diejenigen, welche an den Riemenscheiben
anliegen.
Die Theile des gebogenen Riemens, welche dem Umfang der Riemenscheibe näher liegen, laufen langsamer als diejenigen, welche von
der Riemenscheibe weiter ab liegen. Das Maass der Aenderung des Geschwindigkeitsverhältnisses beider Riemenscheiben
wird durch die
Eigenschaften des Riemens und durch das Verhältniss der Riemenscheibendurchmesser bestimmt.
Wenn nur die auf der Scheibe laufende Seite des Riemens unelastisch ist, so wird diese eine den Riemenscheibendurchmessern
entsprechende Geschwindigkeit haben, weil jeder Punkt des gebogenen Riemens, welcher ausserhalb der Berührungsfläche
liegt, eine im
Verhältniss zu seiner Streckung beschleunigte Geschwindigkeit haben muss. Fig.
3 bringt diesen Vorgang zur Darstellung.
Ist dagegen die Aussenseite des Riemens unelastisch, so muss bei seiner Biegung die Innenseite zusammengedrückt werden und
ein
grösserer Durchmesser kommt für die Arbeit zur Geltung, wie sich dies in Fig.
5 darstellt.
Es kann demnach ein Verlust oder Gewinn für die Geschwindigkeit der getriebenen Riemenscheibe eintreten, je nachdem diese
grösser oder
kleiner als die treibende ist, und diese Unterschiede werden grösser sein, als dem Verhältniss ihrer Durchmesser
entspricht.
In dem Falle, welchem Fig. 3 entspricht, wird der Verlust oder Gewinn sehr
gering sein, während er in dem Falle, den Fig. 5 zur Anschauung bringt,
möglichst gross sein wird. Grundsätzlich muss der Geschwindigkeitsverlust oder -gewinn wachsen, je kleiner der
Riemenscheibendurchmesser im Verhältniss zur Stärke des Riemens ist.
Textabbildung Bd. 304, S. 199
Versuche über das Gleiten des Riemens von Estes.
Kommt auch in der Wirklichkeit keiner der beiden besprochenen Fälle vor, so wird es einen Punkt zwischen beiden Riemenoberflächen
geben, welcher dieselbe Geschwindigkeit in dem gebogenen, wie in dem geraden Theil des Riemens hat. Die Linie, welche
die Lage dieser
Punkte gleicher Geschwindigkeiten im Riemen darstellt, ist als Linie l (Fig. 4) verzeichnet, und ihre Geschwindigkeit kann als
Arbeitsgeschwindigkeit bezeichnet werden.
Jeder Punkt innerhalb eines geraden Riemenstückes hat die gleiche Geschwindigkeit, wie jeder Punkt der Oberfläche, und da
es leicht
ist, die Geschwindigkeit der Oberfläche zu bestimmen, so ist es einfach, die Arbeitsgeschwindigkeit der Linie l zu ermitteln. Hierzu wird zu beiden Seiten des geraden Riemenstückes je eine leichte Riemenscheibe von bekanntem
Durchmesser angebracht und der Druck beider auf den dazwischenliegenden Riemen so geregelt, dass er hinreichend ist,
die
Umfangsgeschwindigkeit der Scheibe der des Riemens gleich zu halten. Werden die Geschwindigkeiten der Riemenscheiben
a, b und c (Fig.
6) gemessen, so ergibt sich der Radius der Arbeitslinie l aus Folgendem:
Ist x = Arbeitsradius einer der beiden Riemenscheiben a oder b1
a = gemessene Umdrehungen der Scheibe c,
b = gemessene Geschwindigkeiten der Riemenscheiben a oder b,
R = Radius der Riemenscheibe c,
r = „ „ „ a oder b,
dann ist die Arbeitsgeschwindigkeit:
V
= a (2π R)
= b (2π x)
mithin ist
a (2π R)
= b (2π x)
oder
a R
= b x
oder der Radius der Arbeitslinie S:
x=\frac{a\,R}{b}.
Danach ist der Radius der Arbeitslinie gleich dem Product aus der gefundenen Geschwindigkeit der Riemenscheibe c mit ihrem Radius, dividirt durch die gefundene Geschwindigkeit einer der beiden Riemenscheiben a oder b.
Auf diesem Wege fand sich bei einer grösseren Anzahl von Versuchen, dass, wenn zwei Riemenscheiben von gleichem Durchmesser
mit einem
gewöhnlichen Riemen in Verbindung gebracht wurden, weder eine Zunahme, noch eine Abnahme von Geschwindigkeit eintrat;
wenn die
getriebene Scheibe die kleinere war, ein Geschwindigkeitsverlust gegenüber der Rechnung sich ergab und umgekehrt
ein Gewinn, wenn die
getriebene Scheibe grösser war. Verlust und Gewinn sind geringer, wenn die unelastische Riemenseite zur Anlage an
die Riemenscheibe
kommt.
Bei den untersuchten Fällen ergab sich der Abstand der Arbeitslinie l von dem Riemenscheibenumfang auf
etwa 3/15 der Riemenstärke, sobald die rauhe Seite des Riemens
aufläuft. Die Versuche waren jedoch nicht ausgedehnt genug, im Besonderen erstreckte sich die Untersuchung nicht
auf den Einfluss,
welchen die Dicke und die Art der Riemen hat, und den von Riemenscheiben grösseren oder kleineren Durchmesser.
Textabbildung Bd. 304, S. 200
Versuche von Riemenscheibenübertragung an einer Wellenleitung unter 90° von Hobart.
Ueber eine Reihe von Versuchen, eine Riemenscheibenübertragung an einer Wellenleitung unter 90° zu bewerkstelligen, berichtet
J. F. Hobart in American Machinist. Der erste Versuch wurde nach der in Fig. 7 dargestellten Weise mit einer solchen Leitung an einer 90 mm starken
Welle mit einer Riemenbreite von 1,20 gemacht. Zur Vermittelung diente eine Leitrolle auf einer senkrecht stehenden
Welle. Diese
Anordnung ist zwar für kleinere Riemen verwendbar, aber in diesem Falle fiel der Riemen sofort ab, selbst bei jedem
Versuche mit
Adhäsionsmitteln, so dass man die Versuche aufgab. Eine zweite Anordnung zeigte vier Riemen (Fig. 8). Der Versuch misslang ebenfalls, indem die Riemen abcd, die auf einer gemeinschaftlichen Scheibe von 1,20 m liefen, sich über einander schoben und auf
einander ritten. Mitunter trat dieser Vorgang bei drei benachbarten Riemen auf; dadurch wurden begreiflicher Weise
die Riemen zerstört
und ihre Geschwindigkeit änderte sich, so dass von einem geregelten Gange nicht mehr die Rede sein konnte. Die häufige
Wiederkehr
dieser Erscheinung war die Veranlassung zu dem Versuche, über einander liegende Riemen nach Fig. 9 anzuwenden. Dieser Versuch gelang, und ein Versuch mit der
unbelasteten Maschine zeigte eine beträchtliche Abnahme der Widerstände im Vergleich zu den anderen Versuchen. Ob
der letztere Versuch
mit einem 4 fachen Riemen gelungen wäre, ist nicht mitgetheilt. Die Untersuchungen haben dazu geführt, die in Fig. 9 angedeutete Anordnung einzuführen. Die Versuche sind leider nicht so
weit durchgeführt, dass man einen sicheren Schluss darauf stützen könnte.
Riemenverbindungen.
Die gelenkige Riemenklemme von C. Pauly in Laurahütte (D. R. P. Nr. 87492) besteht aus zwei sich nicht
kreuzenden, durch einen Bolzen drehbar verbundenen Zungenschenkeln aa (Fig.
10), in deren einem Maul das Riemenende f unter der Zugwirkung des Riemens dadurch festgeklemmt
wird, dass das andere Maul mit Keilflächen versehen ist, zwischen denen das auf dem anderen Riemenende g
befestigte Scharnierstück b mittels eines Klemmstiftes c gehalten wird.
Textabbildung Bd. 304, S. 200
Fig. 10.Gelenkige Riemenklemme von Pauly.
Textabbildung Bd. 304, S. 200
Fig. 11.Riemenverbindung der Nellis Belt Fastener Co.
Die in Fig. 11 dargestellte Riemen Verbindung ist von der Nellis Belt Fastener
Co. in New York vorgeschlagen. Die Riemenenden D und F werden
zunächst bis auf die erforderliche Länge aufgeschnitten; in den Schnitt wird ein Stück ungegerbter Haut E
eingelegt und das Ganze mit Nieten A in gebräuchlicher Weise vernietet oder mit aufzutreibenden Klammern
verbunden. Versuche sollen bestätigt haben, dass die eingelegte Rohhaut den Zug des Riemens mit Sicherheit aufnimmt.
Mitunter wird
auch die Verbindung mittels Rohhaut verwendet, ohne die Enden zu spleissen, wie bei C ersichtlich.
Eine Riemenverbindung nach Lagrelle's Patent soll nach der Badischen
Gewerbezeitung ruhigen Gang und leichte Verbindbarkeit mit einander vereinigen.
Mittels eines besonderen Locheisens oder einer Lochzange werden die Riemen (Fig. 12) an ihren Enden in
sich gegenüberstehenden Punkten mehrfach durchbohrt; durch die entstandenen Löcher werden an ihren beiden Enden mit
Oesen versehene
Laschen hindurchgesteckt und schliesslich durch die letzteren selbst
auf beiden Seiten je ein Stahlstäbchen oder eine Feder, wodurch die ganze Verbindung in der gezeichneten Weise hergestellt
ist. –
Anwendbar ist die Lagrelle'sche Verbindung für Riemen aus Leder, Gummi, Filz, Bai ata, Hanf u.s.w. Für
verschiedene Stärken und Breiten der Riemen wird der Verbinder in entsprechenden Grössen gefertigt; beispielsweise
kosten für 6 bis 8
mm starke Riemen 50 Stück Laschen (Nr. 4) 8 M., dazu gehörige Stahlstäbchen 1,05 M.; Locheisen werden zu 2 M. geliefert,
Lochzangen
mit vier Einsätzen zu 9,50 M. Alleinverkäufer des Lagrelle'schen Riemenverbinders und Patentinhaber ist
Aug. Paschen in Cöthen (Anhalt), Maschinen- und Werkzeugfabrik.
Textabbildung Bd. 304, S. 201
Fig. 12.Riemenverbindung nach Lagrelle.
Textabbildung Bd. 304, S. 201
Fig. 13.Riemenverbindung von Edwards.
Als eine leichte und glatte Riemenverbindung sei noch die von Edwards, Great Sutton Street in London,
erwähnt. Die über dem Riemen liegende Platte ist aus Stahl gepunscht; sie wird mittels Stahlhaken in der aus der
Fig. 13 ersichtlichen Weise mit den Riemenenden verbunden, die dadurch fest vor einander gepresst und
haltbar mit einander in Berührung gebracht werden.
(Fortsetzung folgt.)