Titel: | Veitscher Magnesit. |
Autor: | Leo |
Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 279 |
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Veitscher Magnesit.
Veitscher Magnesit.
Nach Moissan schmilzt bei Anwendung des elektrischen Stroms reine Thonerde im Kohlentiegel bei 2250° C.
mit Leichtigkeit, erreicht der Lichtbogen 75 Ampère und 25 Volt, so findet bei einer Versuchsdauer von 20 Minuten
nicht nur
Schmelzung, sondern völlige Verflüchtigung der Thonerde statt; bei 2500° schmolz Moissan Kalk
vollständig, worauf die Masse verworren krystallisirte. Magnesia gab erst bei 3000° eine durchsichtige Schmelze,
dieselbe ist mithin
schwerer schmelzbar als Kalk.
Dr. Borchers, Director der Hüttenschule zu Düsseldorf, führte jüngst elektrische Schmelzversuche durch an
Magnesitfabrikaten der Carl Spaeter'schen Werks Verwaltung zu Veitsch, Steiermark, und berichtet darüber,
wie folgt: „Die mir von der Firma Carl Spaeter in Coblenz zur Untersuchung übergebenen, aus Magnesit
hergestellten Steine und Düsen wurden ohne weitere chemische und physikalische Prüfung lediglich hohen Temperaturen
ausgesetzt,
welche mittels elektrisch erhitzter Widerstände erzeugt wurden.
Genannte Widerstände, bestehend aus Kohlenstäben und zwischen Steine gestampften Kokskernen, befanden sich in directer Berührung
mit
ganzen Steinen oder Stücken der zu untersuchenden Magnesitfabrikate, von denen auch kleinere Stücke ganz in die
Widerstandsmasse
eingepackt waren.
Zum Vergleich waren Steine aus anderen hochfeuerfesten Materialien abwechselnd mit Magnesitsteinen zum Aufbau der Wände eines
kleinen elektrischen Ofens benutzt worden. Auch waren zwischen die Widerstandsmasse abwechselnd mit den oben erwähnten
Magnesitsteinstücken Schmelzkörper von zum Theil genau, zum Theil annähernd bekannten Schmelzpunkten eingesetzt.
Das Ergebniss der Prüfungen war folgendes: Bei Temperaturen bis zu 2000°, bei welchen sämmtliche Schmelzkörper von bekanntem
Schmelzpunkt und sämmtliche der hochfeuerfesten Chamottestücke entweder vollständig geschmolzen waren oder Anzeichen
begonnener
Schmelzung zeigten, hatten die Magnesitsteine an den mit den Widerständen in Berührung befindlichen Flächen nur
eine geringe
Farbenveränderung erfahren, indem die vorher dunkelbraune Farbe heller geworden war.
Da es für Temperaturen über 2000° an Vergleichskörpern fehlte, wurde die Dichte der Wärme erzeugenden elektrischen Ströme
so
gesteigert, dass alle Temperaturen zwischen 2000 und 3500° erreicht wurden. Bei Temperaturen von etwa 2500° zeigten
die Steine da,
wo sie mit den erhitzten Widerständen in Berührung gewesen, schwache Sinterung, bei Temperaturen über 2500° begann
die Reduction
des Magnesiumoxyds zu Metall.
Es unterliegt nach diesen Proben keinem Zweifel, dass die Magnesitfabrikate in Bezug auf Widerstandsfähigkeit gegen hohe
Temperaturen von keinem anderen Material übertroffen werden.“
Zu vorstehender Mittheilung nahm Schreiber derselben Veranlassung, auf Grund der Reproduction eines Artikels über Erfahrungen
an
Magnesitsteinen als feuerfeste Ausfütterung eines Roheisenmischers derselben Provenienz, wie die von Dr. Borchers auf ihren Schmelzpunkt untersuchten. Diese Reproduction findet sich in D. p. J. 1897
304 110 und berichtet neben den erheblichen Vortheilen dieser Ausfütterung auch über gewisse Nachtheile
an derselben. Als Nachtheile werden aufgeführt: „Verwittern der Magnesitsteine an der Luft, starkes Schrumpfen beim Kaltwerden und
Zerfallen bei Einwirkung von Wasserdampf auf glühende Steine.“
Es soll nicht bestritten werden, dass möglicherweise auch am Magnesitsteine in beschränktem Umfange an einzelnen Stellen ein Verwittern beobachtet werden kann, dasselbe ist aber in solchen Fällen auf eine
ausnahmsweise Einlagerung kleiner Kalk- oder Dolomitfragmente zurückzuführen, die dem Auge des Sortirpersonals entgangen
sind. Gebrannter Magnesit (Sintermagnesit) ist durchaus nicht hygroskopisch.
Im Arbeitszimmer des Schreibers dieses liegt ausser Dutzenden von grösseren und kleineren im Laufe der Jahre angesammelten
Magnesitsteinproben auch ein am 22. December 1890 eingegangener Magnesitnormalziegel aus Veitsch; weder dieser Ziegel
noch jene Proben
zeigen die geringste Spur von Verwitterung.
In seiner im J. 1884 preisgekrönten Arbeit: „Das Verhalten der erdbasischen feuerfesten Materialien gegen die in der Praxis des
Eisenhüttenbetriebes vorkommenden chemischen und physikalischen Einflüsse“, schreibt Ingenieur Wasum: „Die aus solchem Material (Magnesit) hergestellten Steine zeichnen sich durch die grosse Haltbarkeit in trockener,
wie in feuchter Luft aus“, und weiterhin: „Ein grosser Uebelstand für die Praxis ist es bei der Verwendung von Kalk- oder
Dolomitsteinen, dass dieselben so verhältnissmässig schnell zerfallen“. Die starke Hygroskopie der letzteren verbietet auch
ihre Anwendung zur Ausfütterung von Roheisenmischern im Entschwefelungsverfahren.
Thatsache ist es, dass Spaeter'sche Magnesitsteine die Schiffsreise nach Nordamerika, nach China und
Japan, ohne eine Spur von Verwitterung zu zeigen, überstehen.
Das Schrumpfen der Magnesitsteine beim erstmaligen Brennen ist auf
dabei eintretende Verdichtung des Magnesits in hoher Temperatur, nicht auf Contraction beim Erkalten zurückzuführen.
Der fertig
gebrannte Stein wird sich weiter verdichten – schrumpfen –, sobald er im Betriebe einer höheren Temperatur als beim
ersten Brande
ausgesetzt wird.
Der in Veitsch beim Brennen zur Anwendung kommenden Sintertemperatur hat bisher noch kein Dinasziegel widerstanden und mussten
in Folge
dessen seit Jahren bereits die dortigen Steinbrennöfen mit Magnesitsteinfutter versehen werden.
Dr. Borchers berichtet oben über seine Schmelzversuche an Veitscher Steinen: „Bei Temperaturen von etwa
2500° zeigten die Steine da, wo sie mit den erhitzten Widerständen in Berührung gewesen, schwache Sinterung.“ Damit ist
zugleich die Brenntemperatur der Veitscher Steinfabrik charakterisirt, und nach dem Vorhergesagten müsste die spätere
Betriebstemperatur eine höhere sein als diese, soll eine weitere Verdichtung – ein Nachschrumpfen – im Roheisenmischer
stattfinden.
Dies ist sie aber sicher nicht, denn die Temperatur flüssigen Roheisens – selbst Ueberhitzung vorausgesetzt – erreicht
die Höhe jener
Sintertemperatur bei weitem nicht.
Wasum gibt in seiner Abhandlung als Schrumpfmaass bei Dolomitsteinen 18 bis 22, bei Magnesitsteinen 4
Proc. an, beide Angaben auf erstmaliges Brennen bezogen; in der in Rede stehenden Reproduction ist dagegen von Schrumpffugen
in Grösse
von 25 mm, d. i. bei den Abmessungen der Mischersteine – Magnesitsteine in Dicke von 150 mm – nahezu 17 Proc. fast
gleich gross dem
Dolomitschrumpfen, berichtet. Eine so bedeutende Nachschrumpfung ist schwerlich nachweisbar, wäre sie thatsächlich
möglich, so würde
der heissere Betrieb eines mit Magnesitfutter und Magnesitherd zugestellten Martinofens zur Unmöglichkeit.
Die Entstehung der behaupteten Schrumpffugen kann nicht auf ein Nachschrumpfen des Futtermaterials zurückzuführen sein, und
es liegt
nahe, anzunehmen, dass ihre Grösse bereits beim Vermauern der Steine die gleiche war, wenn nicht überhaupt der Angabe
ein Irrthum zu
Grunde liegt.
Dass mit Magnesitmörtel gefüllte, nach aussen mit Thon verstrichene Fugen den Hitzangriffen aus flüssigem Roheisen und einer
Schlacke
mit 28,00 SiO2, 6,41 Al2O3, 4,30 CaO
und 49,78 MnO schlecht widerstehen, erklärt sich schon aus dem, was a. a. O. über die Haltbarkeit der früher im Gebrauche
gestandenen
Mischerfutter gesagt wird; gleichwohl soll hier noch erwähnt werden, dass Thon die Widerstandsfähigkeit des Magnesits
gegen
Hitzangriffe sehr erheblich herabsetzt.
Wenn endlich vom Zerfallen der Magnesitsteine bei Einwirkung von Wasserdampf auf glühende Steine gesprochen wird, so ist allerdings
bekannt, dass unter Einwirkung von Wasserdampf voluminöse Magnesia erzeugt wird, aber nach unter den Augen des Schreibers
dieses
durchgeführten längeren Versuchen muss dabei eine Dampfspannung von mindestens 6 at stundenlang zur Einwirkung gelangen,
was doch wohl
beim Roheisenmischer völlig ausgeschlossen bleibt. Bezug kann indessen auch abermals auf Wasum's
mehrgedachte Arbeit genommen werden, auf deren S. 114 gesagt wird: „Die Steine der Magnesia- und Magnesitreihe, und zwar sowohl
diejenigen, welche im rothglühenden Zustande mit Wasser abgelöscht wurden, als auch diejenigen, wobei dies nicht geschah,
sind selbst nach 1 ¼ Jahren noch nicht zerfallen, sondern noch vollständig gut und fest.“
Dr. Leo.