Titel: | Bericht über die Thätigkeit der königl. technischen Versuchsanstalten im Etatsjahr 1895/96. |
Fundstelle: | Band 304, Jahrgang 1897, S. 281 |
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Bericht über die Thätigkeit der königl. technischen Versuchsanstalten im Etatsjahr
1895/96.
Bericht über die Thätigkeit der königl. technischen Versuchsanstalten im Etatsjahr 1895/96.
A. Mechanisch-technische Versuchsanstalt.
Die gesteigerten Anforderungen an die Versuchsanstalt bedingten eine Vermehrung des Personals, welches jetzt aus dem Director,
4
Abtheilungsvorstehern, 15 Assistenten, 12 technischen Hilfsarbeitern, Bureau- und Kanzleibeamten, 4 Gehilfen, 19
Arbeitern, 1
Bureaudiener und 1 Laboratoriumsburschen besteht.
Zur Durchführung des erweiterten Betriebes der Abtheilung für Baumaterialprüfung mussten bauliche Aenderungen und Vermehrungen
der
Ausrüstung dieser Abtheilung mit Maschinen und Apparaten stattfinden. Beschafft wurden:
Ein 6pferdiger Gasmotor; zwei Sägen zum Schneiden von Steinen; eine Linde'sche Kühlmaschine mit
Kühlschrank für Gefrierversuche; verschiedene Apparate für die Bestimmung des specifischen und des Raumgewichtes.
Eine Presse nach Amsler-Laffon; eine Turbine zum Betriebe von fünf Hammerwerken; eine Ausrückvorrichtung
für drei Hammerwerke; zwei neue mit einander verkuppelte Hämmer nebst Ausrückvorrichtung; Zug- und Druckformen nach
Martens; ein Klebe'scher Rammapparat; ein Rüttelwerk, ein Rührwerk, beide
nach Tetmajer; ein Abbindeprüfer nach Amsler-Laffon; ein Abbindeprüfer nach
Goodman; ein Entformer nach Michaelis; ein Volumenometer nach Mann und Dr. Erdmenger; ein Volumenometer nach Meyer; ein Heisswasserapparat nach Maclay; zwei Darrapparate; ein Kochapparat; kleinere Geräthe
und Hilfsmittel.
Die 150 t-Presse wurde mit der Druckwasserleitung verbunden. Neu beschafft wurde: ein Deville-Ofen, Tafelwagen und kleinere
Apparate.
Hierzu wurden noch die erforderlichen Bauten aufgeführt.
In der Abtheilung für Metallprüfung wurden insgesammt 227 Anträge erledigt, umfassend 2932 Versuche, und zwar: Zugversuche
mit Stahl,
Eisen, Kupfer, Legirungen, Treibriemen, Drahtseilen, Drähten, Hanfseilen, Ketten, Rohren, Sandsteinen, Lapidont,
mit
Constructionstheilen; Druck- und Knickversuche mit verschiedenen Stoffen; Biegeversuche; Versuche auf Verdrehen mit
Drähten;
Schlagversuche; Kalt- und Warmbiegeproben; Schmiedeproben mit Stahl und Eisen.
Ferner Härtebestimmungen, Versuche auf inneren Druck, Bestimmungen des specifischen Gewichtes, Farbenuntersuchungen, Versuche
auf
Wärmeleitungsvermögen, Untersuchung von Dachpappe auf Wasserdurchlässigkeit, Untersuchung von Zahnradkittglätte,
Aetzversuche,
Mikroskopische Untersuchung, Untersuchungen von Materialprüfungsmaschinen, Versuche mit Kiessorten und verschiedene
Untersuchungen
anderer Art. Auch wurden drei Gutachten abgegeben.
Bei den Untersuchungen mit cylindrischen Gefässen und Röhren auf inneren Druck handelte es sich zum Theil darum, die Uebereinstimmung
der Lieferung mit den vorgeschriebenen Bedingungen nach der Bruchdehnung der Gefässwandungen im Umfange zu beurtheilen.
Aus den
letzteren möge kurz hervorgehoben sein, dass die Umfangsdehnungen bei den Rohren mit festen Böden und bei den verschiedenen
Materialien nur 16 bis 88 Proc. der Dehnung bei Rohren mit losen Böden betrugen. Die Belastungen an der Proportionalitätsgrenze
und an
der Streckgrenze lagen für das gleiche Material bei den Röhren mit festen Böden durchweg und zwar zum Theil erheblich
höher als bei
den Röhren mit losen Böden, während die Bruchfestigkeit keinen bestimmten Einfluss der Art der Bodenbefestigung erkennen
liess.
Bei den Versuchen mit Thonröhren auf inneren Druck werden meistens die Rohre zur Abdichtung der offenen Enden zwischen zwei
mit Gummi
belegte starke gusseiserne Scheiben eingespannt. Hierbei erleiden die Rohre schädliche Inanspruchnahme durch Längsdruck.
Um letzteren
zu vermeiden, wurde das in der Abtheilung bisher für Metallröhren gebräuchliche Verfahren der Abdichtung mit Hilfe
von eingelegten
U-förmigen Manschetten, wie es in den Mittheilungen, 1892 S. 101, beschrieben ist, auch auf die Thonrohre
angewendet und weiter derart durchgebildet, dass es gelang, Rohre bis zu über 1 m Durchmesser ohne Nebenspannungen
durch inneren Druck
zum Bruch zu bringen.
Im Auftrage der deutschen Landwirthschaftsgesellschaft zu Berlin wurden vergleichende Versuche auf Wärmeleitungsfähigkeit
mit drei
Sorten Pflaster für Ställe angestellt. Die eingelieferten plattenförmigen Pflastermodelle aus Ziegel, Hartklinker
und Holz wurden als
Scheidewand in einen Holzkasten eingebaut und derjenige Abtheil des Kastens, dem die obere Fläche des Pflasters zugewendet
lag, mit
warmem Wasser angefüllt, welches ständig auf nahezu 50° C. Wärme
gehalten wurde. Hierbei wurde am Thermometer beobachtet, welchen Verlauf die Fortpflanzung der Wärme durch das Pflaster
nahm. Die
erzielten Versuchsergebnisse liessen Unterschiede im Wärmeleitungsvermögen der drei Pflasterarten deutlich erkennen.
Im Auftrage eines Hüttenwerkes wurden Festigkeitsuntersuchungen mit Stahl zur Erzeugung von Gasflaschen angestellt. Sie erstreckten
sich auf die rohen Blöcke, auf Rohre, die als Zwischenstufe der Flaschenerzeugung aus letzteren hergestellt waren,
sowie auf die
fertigen Flaschen. Sie sollten darthun, in welchem Grade die Eigenschaften des Materials im rohen Block durch die
mechanische
Bearbeitung bei Herstellung der Flaschen sich verändern und welchen Einfluss nachheriges Ausglühen besitzt.
Ein Auftrag der königl. Eisenbahndirection Cassel betraf eine Untersuchung von zwei Sorten Kies und Steinschlag. Es handelte
sich
hierbei darum, festzustellen, welche der drei Steinsorten sich am besten zur Verwendung als Stopfmaterial beim Eisenbahnbau
eignet.
Die angewendeten Prüfungsverfahren wurden so gewählt, dass in ihnen die beim Eisenbahnbetriebe auftretenden Einflüsse
des Schlagens
mit der Stopfhacke, des Abschleifens durch die schwingenden Bewegungen der Schwellen beim Ueberfahren eines Zuges,
des Druckes durch
die Belastung der Fahrzeuge und der Witterung, sowie des Frostes durch den Versuch nachgeahmt wurden. Die Ergebnisse
zeigten deutlich
das verschiedenartige Verhalten der untersuchten Materialien.
Unter den ausgefertigten Gutachten erstreckt sich eines auf die Ausführung von Festigkeitsversuchen bei Materialabnahmen.
Dem
Antragsteller war eine Lieferung Bleche von einem ausländischen Abnehmer zur Verfügung gestellt, weil das Material
den vereinbarten
Bedingungen nicht entsprechen sollte. Zur Entscheidung wurde die Anstalt angerufen, welche ihr Gutachten dahin abgab,
dass die Proben
von dem Abnehmer in unsachgemässer Weise durchgeführt waren, so dass deren Ergebnisse als nicht zuverlässig zu bezeichnen
seien. Hier
sei erwähnt, dass die Abnahme des Materials auf Grund des Gutachtens der Anstalt nachträglich noch erfolgt sein soll.
Versuche mit Farben. Zu den Verfahren für Farbenuntersuchungen sind neu hinzugetreten diejenigen zur Prüfung auf Entmischung
bei
längerem Stehen sowie zur Prüfung von Emaillefarben.
Von den Untersuchungen im Auftrage der Ministerien wurden fortgeführt: die Dauerversuche mit Eisenbahnmaterialien, die Untersuchungen
über den Einfluss der Standortsverhältnisse auf die Festigkeitseigenschaften von Tannen- und Kiefernholz und die
Untersuchungen über
die Festigkeit von Kupfer bei verschiedenen Wärmegraden. Zum Abschluss gebracht sind die Untersuchungen über die
Festigkeitseigenschaften von Nickel-Eisen-Legirungen im gegossenen Zustande. Neu eingeleitet sind Untersuchungen
über den Einflnss des
Blauwerdens auf die Festigkeit von Kiefernsplintholz und im Auftrage des Vereins für Gewerbefleiss Untersuchungen
zur Ausbildung von
Prüfungsverfahren, um Stahl auf seine Verwendbarkeit zu Schneidwerkzeugen zu prüfen, sowie Untersuchungen von Eisen-Nickel-Legirungen
im geschmiedeten und gewalzten Zustande.
Die Untersuchungen über 1) den Einfluss der Wärme auf die Festigkeitseigenschaften von Manganbronze; 2) von Verbundblechen
aus Kupfer
und Blei; 3) den Einfluss der Versuchslänge auf die Festigkeit von Hanfseilen und die Nothwendigkeit, ihn bei Feststellung
einheitlicher Prüfungsverfahren zu berücksichtigen; 4) Versuche mit afrikanischen Hölzern; 5) Untersuchungen über
den Einfluss der
Kälte auf die Festigkeitseigenschaften von Eisen und Stahl und 6) Versuche mit Metallcement erstrecken sich meistens
auf
Untersuchungen zu Prüfungsanträgen aus dem Vorjahre.
Die Abtheilung für Baumaterialprüfung bearbeitete 341 Aufträge mit 14334 Versuchen. Hiervon entfallen 81 Anträge auf Behörden,
260 auf
Private. Die Zählung der Prüfungsanträge erfolgte in der Weise, dass jedem Antrage nur eine Nummer gegeben wurde,
auch wenn er sich
auf mehrere Materialien und auf die Ermittelung verschiedener Eigenschaften erstreckte.
Von den ausgeführten Versuchen entfallen
8395
auf
Bindemittel,
5939
„
Steine aller Art und Verschiedenes.
Bei den Baustoffen kamen noch eine Reihe besonderer Versuche zur Ausführung, für welche die Verfahren erst neu ausgebildet
werden
mussten.
So wurden mehrere Deckenconstructionen in grossen Stücken auf Tragfähigkeit bei gleichmässig vertheilter Last geprüft. Die
betreffenden
Decken wurden zwischen beiderseitig verschraubten I-Eisen auf dem Grundstück der Versuchsanstalt von den Leuten der
Antragsteller, der
Eigenart der Decken entsprechend, errichtet und mit Sand, Ziegelsteinen und Schienenstücken bis zum Bruch gleichmässig belastet.
Die Durchbiegungen wurden dabei in gewissen Abschnitten beobachtet.
Auf diese Weise wurden gerade und gewölbte Decken aus Forscher Masse (Gyps, Kohlenasche und Aloefaser), gerade Decken aus
Anton Wingen's Patentsteinen (poröse Hohlsteine), Schweitzer's
Patentgitterdecken (Cementbeton mit Bandeiseneinlage) und ebene Ziegelsteindecken nach Kopp erprobt.
Die Voltz'sche Masse wurde auch zum Bau eines Versuchshäuschens verwendet, welches einer Feuerprobe
unterworfen wurde. Eine zweite Feuerprobe wurde auf Antrag des Gerichts zur Entscheidung einer Streitfrage mit einem
aus Bauplatten
besonderer Construction errichteten Häuschen vorgenommen. Die Platten, welche auch auf Tragfähigkeit in Decken geprüft
wurden, tragen
den Namen des Erfinders de Bruyn und bestehen im Wesentlichen aus Gyps mit Schlackenstücken oder
Ziegelbrocken. Beide Brandproben, bei denen die Wärme stellenweise bis auf etwa 1000° stieg, zeigten, dass die geprüften
Stoffe sehr
wohl zur Isolirung von brennbaren Bautheilen Verwendung finden können.
Ein für das Ausland bestimmtes Gutachten wurde auf Grund der Prüfung eines Cementes dahin abgegeben, dass der geprüfte Cement
als ein
guter, den Anforderungen der preussischen Normen durchaus entsprechender Portlandcement bezeichnet werden kann.
Andere Versuche dienten neben dem praktischen Zwecke gleichzeitig wissenschaftlichen Interessen. Von ihnen mögen die folgenden
hervorgehoben sein.
An Sandstein- und an Ziegelproben wurde der Einfluss eines Oberflächenhärtungsmittels auf die Festigkeit und die
Wasseraufnahmefähigkeit der Steine festgestellt, wobei sich ergab, dass ein begünstigender Einfluss allerdings vorhanden,
aber nur
sehr gering ist. Auch der Einfluss eines Härtungsmittels auf die Oberflächenhärtung und -dichtung von Betonkörpern
wurde durch
besondere Versuchsreihen nur gering befunden.
Für den Bau einer Thalsperre wurden die an der Baustelle anstehenden Thonschiefer und der dort gebräuchliche schwarze vulcanische
Sand,
sowie Bimssand, in Verbindung mit Trierer Kalk und Trass geprüft. Es handelte sich um Feststellung der Verwendbarkeit
dieser Baustoffe
und namentlich darum, ob der vulcanische Sand den sonst im Rheinlande gebrauchten Rheinsand ersetzen kann, und ob
eine bestimmte
Kalkart sich bewährte.
Ein bedeutendes Schieferwerk beantragte die ausführliche Prüfung seiner Schiefer. Die Versuche wurden seitens der Versuchsanstalt
noch
durch Herstellung von Festigkeitskörpern verschiedener Form erweitert, deren Ergebnisse in den „Mittheilungen“ veröffentlicht
werden sollen.
Ueber die Verwendbarkeit mehrerer Hochofenschlacken verschiedenen Ursprungs, sowie eines verwitterten Granits und zweier
Kunststeinsorten wurden Versuche angestellt. In dem letzten Falle ergab sich, dass der eine Kunststein vom Frost
sehr schnell zerstört
wurde.
Ausser den auf Antrag ausgeführten Prüfungen beschäftigte sich die Abtheilung noch mit Arbeiten von allgemeinem Interesse.
In der Abtheilung für Papierprüfung wurden 687 Anträge erledigt, umfassend Prüfung von Papiersorten,
Stoffproben, Kanevas, Photographiecartons, Cellulosesorten, Halbstoffen für die Papierfabrikation, Rohstoffen.
Von den oben erwähnten 687 Anträgen gingen 31 aus dem Auslande ein.
Die Untersuchung der Papiere -erstreckte sich in den meisten Fällen auf die Feststellung der Stoff- und Festigkeitsklassen
behufs
Einreihung in eine der Verwendungsklassen.
Von den ausgeführten Untersuchungen seien noch folgende erwähnt:
1) Ueber die Widerstandsfähigkeit von Ramié-, Flachs- und Hanfgeweben gegen Verstockung.
2) Vergleichende Untersuchungen zweier Packpapiere auf Wasserdurchlässigkeit.
3) Prüfung von 72 Zeltstoffen auf Wasserdichtigkeit.
4) Ueber die Ursache von schwarzen Flecken auf einem Papier.
5) Prüfung von 32 Papieren auf Leimfestigkeit.
Die Papiere wurden nach verschiedenen Methoden auf ihre Leimfestigkeit untersucht, wobei sich herausstellte, dass die einzelnen
Papiere
je nach der Art des angewendeten Prüfungsverfahrens sich verschieden verhielten. Als ausschlaggebend wurden schliesslich
die
Schreibversuche angesehen.
6) Untersuchung mehrerer Copirseidenpapiere auf Saugfähigkeit.
In der Abtheilung für Oelprüfung wurden im verflossenen Etatsjahr zu 117 Anträgen 250 Materialien
untersucht. Die Prüfungen betrafen Mineralöle und vegetabilische und animalische Fette.
Der grösste Theil dieser Oele wurde in Rücksicht auf die Abnahmefähigkeit des Materials nach vorgeschriebenen
Lieferungsbedingungen geprüft. Die Thatsache, dass die nicht bedingungsgemässe Beschaffenheit von Mineralölen in
den meisten Fällen
auf ungenügenden Kältepunkt zurückzuführen war, macht es nothwendig, dass die Veränderungen, welche der Erstarrungspunkt
von
Mineralölen auf dem Transport, durch Wärmeschwankungen beim Lagern erleiden kann, beachtet werden.
Ausser den genannten Materialien wurden untersucht:
Ceresin; Walkfett, zum grössten Theil aus unverseifbarem Oel bestehend; Gemische von fetten Oelen und Mineralölen; gefirnisste
Proben
von Pappe und Holz; Zahnradkittglätten, welche auf Säuregehalt, Oelfarben, welche auf Homogenität zu untersuchen
waren; Theile zu
Oelprüfungsapparaten (Thermometer und Viscosimeter); Wasserproben zur Prüfung auf Erdöl; Prüfung von Kupferrohrtheilen
auf Gegenwart
von Fettseifen.
Von wissenschaftlichen Arbeiten sind folgende ausgeführt worden:
1) In Folge von Bedenken, die gegen die Anwendung des Ringbrenners beim Engler'schen Apparat erhoben
worden waren, wurde eine Untersuchung dieser Frage vorgenommen; es wurde festgestellt, dass bei massig hohen Wärmegraden
(20 bis 50°
C.) durch Anwendung des Ringbrenners die Ergebnisse nicht beeinflusst werden. Bei sehr hohen Wärmegraden findet in
Folge geringer
Ueberhitzung des Viscosimeterbodens eine geringe Beeinflussung der Ergebnisse statt, ohne dass indessen deren Vergleichbarkeit
beeinträchtigt wird.
2) Die Untersuchung über die Zuverlässigkeit der von Henriques vorgeschlagenen Methode der kalten
Verseifung ergab, dass das Verfahren brauchbare Resultate liefert. Die Erwartung, dass die Methode eine wesentlich
grössere
Genauigkeit gegenüber der sonst üblichen warmen Verseifung zur Bestimmung der Verseifungszahl darbieten würde, konnte
nicht bestätigt
werden.
3) Die früher in Angriff genommenen Untersuchungen über die Aenderung der Gefriergrenze von Mineralölen und den Einfluss der
Zeitdauer
der Abkühlung auf den Erstarrungspunkt der fetten Oele wurden weitergeführt und hatten folgendes Ergebniss: Nicht
nur bei dunklen,
residuenhaltigen, sondern auch bei hellen Destillatmineralölen können in einzelnen Fällen durch schwaches Erhitzen
Verschiebungen der
Gefriergrenze um mehrere Grade stattfinden. Die meisten Rüböle können durch 10 stündiges bis 1 tägiges Abkühlen auf
0° unter
zeitweiser Bewegung zum Erstarren gebracht werden, während bisher – 2 bis – 3° als gewöhnliche Erstarrungsgrenze
des Rüböls angesehen
wurde.
4) Versuche über die qualitative Unterscheidung von Erdölbenzin und Steinkohlenbenzin (Benzol) ergaben, dass das verschiedene
Lösungsvermögen beider Benzine für Asphalt ein gutes Erkennungsmittel für Benzol in Erdölbenzin darbietet. Dagegen
lassen die
verschiedenen Färbungen, mit denen sich Jod in dem einen oder anderen Benzin löst, nur grobe Zusätze (wenigstens
50 Proc.)
erkennen.
5) Durch neue Untersuchungen über den qualitativen Nachweis unverseifbarer Oele in fetten Oelen wurde festgestellt, dass sich
mittels
der für diesen Zweck in der Anstalt benutzten Vorprobe Zusätze von Mineralöl bis zu 1,25 Proc. Harzöl bis zu 12 Proc.
Braunkohlentheeröl bis zu 3 Proc. herab verrathen.
6) Bei Untersuchungen über den Chlorgehalt einer Probe Adeps Lanae N. W. K. zeigte sich, dass der Gehalt des zur Prüfung benutzten,
als
angeblich chlorfrei gelieferten Kalisalpeters an Chlorat bezieh. Perchlorat eine Hauptfehlerquelle bei dieser Prüfung
bildet. In der
untersuchten Adeps Lanae-Probe konnten nur Spuren Chlor nachgewiesen werden, welche sich der quantitativen Bestimmung
bei Anwendung
von 2,3 g Fett entzogen.
7) Die Prüfung des im vorjährigen Bericht erwähnten wasserlöslichen Vaselinöls, welches sich in Folge seiner leichten Emulgirbarkeit
mit Wasser, sowie wegen seines Rostschutzvermögens in dieser Mischung und der leichten Herstellbarkeit der letzteren
als geeignetes
Schmiermittel für Werkstattsmaschinen erwies, hatte das folgende interessante Ergebniss: Das leichte Emulgirungsvermögen
des Oeles
wird durch seinen Gehalt an Ammoniakseife verursacht; da letztere sich allmählich in freies Ammoniak und freie Fettsäure
von selbst
zersetzt, so hat das Oel die Eigenschaft, gleichzeitig freie Fettsäure zu enthalten und Ammoniakdämpfe an die Luft
abzugeben.
Die Veröffentlichungen der Abtheilung betrafen, ausser den vorgenannten Untersuchungen, die bereits im vorjährigen Bericht
besprochenen
Versuche über den Harzgehalt und die Verharzungsfähigkeit der Mineralschmieröle, ferner die Ergebnisse der vergleichenden
Schmieröluntersuchungen, welche in den Jahren 1889 bis 1894 im Auftrage des Ministers für Handel und Gewerbe ausgeführt worden
waren. Aus dem über diese Untersuchungen vom Abtheilungsvorsteher Dr. Holde erstatteten Bericht ist
Folgendes hervorzuheben:
Die vergleichende Untersuchung der einzelnen Oele und Mischungen konnte manche unbestimmten und widersprechenden Anschauungen
über den
Werth des einen oder anderen Schmiermittels in der Praxis aufklären und hatte zum Ergebniss, dass die Mineralöle
den handelsüblichen
pflanzlichen und thierischen Oelen wesentlich überlegen sind:
1) in Folge ihrer geringen Veränderlichkeit beim Stehen in dicken und dünnen Schichten,
2) in Folge ihres tiefliegenden Gefrierpunktes, wenigstens soweit russische Oele in Betracht kommen,
3) in Folge ihrer Unzersetzlichkeit bei Einwirkung gespannten Wasserdampfes.
Von den pflanzlichen Oelen verhielten sich die Rüböle und zwar in erster Linie die raffinirten Oele erheblich ungünstiger
als die
Olivenöle, Spermacetiöle, Ricinusöle. Die letzteren nähern sich bezüglich ihrer geringen Veränderlichkeit den Mineralölen.
Durch
Beimischung von Mineralölen zu Rübölen werden die ungenügenden Eigenschaften der letzteren in sehr günstiger Weise
beeinflusst;
hieraus erklärt sich die weitverbreitete Anwendung, welche diese Mischungen zum Theil noch besitzen. Der Zusatz des
Rüböls kann aber
auch auf gewisse ungünstige Eigenschaften, z.B. leichtere Entflammbarkeit, des Mineralöls verbessernd wirken. Die
Gegenwart von
Asphalt, Kautschuk und Paraffin in den flüssigen Mineralölen gibt zu Beanstandungen keinen Anlass, wenn diese Stoffe
völlig gelöst
sind und sich bei den in Frage kommenden Gebrauchswärmen der Oele nicht abscheiden. Bedingung ist, dass diese Oele
den in
verschiedenen Betrieben gestellten besonderen Anforderungen genügen.
Andererseits ergibt sich aus den Versuchen mit jenen Mischungen, dass das Vorhandensein beträchtlicher Mengen jener Zusätze
zu
Unzuträglichkeiten Veranlassung geben kann.
Insbesondere dürfen die Zusätze nicht in solchen Mengen vorhanden sein, dass dadurch die homogenflüssige Beschaffenheit des
Materials
Einbusse erleidet.
Von den bislang als minderwerthig betrachteten Oelen: Baumwollsaatöl, Erdnussöl, Sesamöl, Harzöl u.s.w., käme höchstens gut
raffinirte
Harzöl als Zusatz zu Mineralölen in Betracht, doch ist vor Verwendung des Oeles stets eine vorangehende Untersuchung
seiner
Veränderlichkeit erforderlich.
Der Besuch der Anstalt durch Interessenten, auch vom Auslande, war sehr rege. Ausserdem boten mehrere Dienstreisen den Beamten
der
Anstalt Gelegenheit, mit den Kreisen der Industrie in persönliche Berührung zu treten. Zu nennen sind hier die Reisen
a) des Directors
nach Siegen zwecks Verhandlungen über die Einführung von einheitlichen Verfahren zur Prüfung von Hartgusswalzen;
nach Remscheid zum Studium der Erzeugung von stählernen Gasflaschen;
nach Düsseldorf zur Theilnahme an den Verhandlungen des Vereins der deutschen Eisenhüttenleute;
b) des Abtheilungsvorstehers Rudeloff in die fiskalischen Forsten zwischen Eberswalde
und Oderberg zwecks Besichtigung der aus dem Windbruch vom Februar 1894 stammenden und für Versuchszwecke im Walde
gelagerten
Kiefernstämme, sowie zur Auswahl von Holzproben für Untersuchungen über den Einfluss des Blauwerdens auf die Festigkeitseigenschaften
von Kiefernsplintholz;
c) des Abtheilungsvorstehers Gary
nach dem Schiessplatz bei Kunersdorf zum Studium der Sprengwirkungen schwerer Geschosse auf Beton- und
Mauerwerkskörper;
nach Freienwalde zur Besichtigung der Quarzsandgruben zur Regelung der einheitlichen Gewinnung von Normalsand.
B. Chemisch-technische Versuchsanstalt.
Die Thätigkeit der Chemiker wurde während des Etatsjahrs 1895/96 durch folgende umfangreiche Arbeiten in Anspruch genommen:
1) durch Versuche über die Bestimmung des Sauerstoffs in Stahl und über das Verhalten des Stahls beim Glühen im Vacuum;
2) durch Versuche über die Siedepunktsbestimmung von Erdöl;
3) durch Versuche über die quantitative Bestimmung von Harzen in Oelfirnissen;
4) durch Versuche über die Bestimmung des Destillationsrückstandes von Erdöl und Benzin;
5) durch Prüfung der Methode der Bestimmung des Heizeffects durch Verbrennen in comprimirtem Sauerstoffgas;
6) durch Versuche über die Bestimmung von Tellur und Selen in metallischem Kupfer.
Ausser diesen Untersuchungen wurden in dem genannten Etatsjahr 549 Analysen erledigt.
Sie betreffen a) anorganische Materien: Baustoffe, Mineralfarben; b) organische Materien: Fette, fette Oele, Mineral- und
Theeröle,
Kohlen, Briquettes, Koks und andere organische Stoffe; c) Tinten: Der Klasse I angehörend 24, der Klasse II angehörend
4, Summa
28.
Aus dieser kurzen Uebersicht erhellt, dass die Technischen Untersuchungsanstalten ihre Aufgabe zum Segen der Industrie und
in
lobenswerther Weise erfasst haben. In dieser Weise fortfahrend, wird sie sich das Interesse weiter Kreise sichern.