Titel: | Untersuchungen über lohgare Leder und deren Zusammensetzung. |
Autor: | A. Bartel |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 114 |
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Untersuchungen über lohgare Leder und deren
Zusammensetzung.
Von A. Bartel in
Tharand.
(Fortsetzung des Berichtes S. 89 d.
Bd.)
Untersuchungen über lohgare Leder und deren
Zusammensetzung.
Der natürliche Fettgehalt, welchen jedes lohgare Leder
aufweist und der von dem in der Blösse enthaltenen Fett herrührt, ist, wie der
Aschengehalt, meist auch nur gering, kann jedoch zuweilen auch eine ziemliche Höhe
erreichen, wenn dem- Leder sehr fettreiche Blössen zu Grunde liegen. Einen derart
hohen, natürlichen Fettgehalt zeigt z.B. das Schaf-,
Wildschwein- und Walrossleder, deren Analysen sich in Tabelle XVII unter Nr. 243,
244 und 245 finden, während bei Ledern aus dem gewöhnlichen Material, als Rinds-,
Kalb-, Rossblössen u.s.w., schon ein Fettgehalt von etwa 3 Proc. wie bei Sohlleder
Nr. 49 (Tabelle VIII) und Vacheleder Nr. 87 (Tabelle X), als aussergewöhnlich hoch
gelten muss.
Die ähnlich hohen Fettgehalte der in den Tabellen als ungefettete Leder mit
angeführten amerikanischen und englischen Sohl- und Vacheleder (Tabelle IX: Nr. 78,
Tabelle XI: Nr. 109, 110, III, 113, 114, 115, 116), wie auch der Blank-, Zeug- und
Geschirrleder (Tabelle XIV: Nr. 155, 159, 161, 162, 163) stammen zum grössten Theil
von einem ganz leichten Fetten bei der Zurichtung. Im Mittel beträgt der natürliche
Fettgehalt lohgarer Leder nur etwa 0,80 Proc. und geht selten über 1,5 Proc. hinaus,
während er bis auf wenige Zehntelprocent sinken kann. Ein lohgares Leder, welches
sich als ganz frei von Fett erwiesen hätte, ist uns in der grossen Zahl der
untersuchten Proben nicht vorgekommen.
Der Gehalt der gefetteten Leder an durch die
gewöhnlichen Fettlösungsmittel ausziehbaren Fettstoffen
schwankt natürlich, selbst in den einzelnen Gruppen der Leder von einer Gattung,
sehr erheblich. Wir fanden bei den vorliegenden Untersuchungen bis über 40 Proc. des
Leders mit dem berechneten Normalwassergehalt, während die Grenze nach unten gegen
den natürlichen Fettgehalt, wie schon im Vorhergehenden angedeutet ist, sich oft
überhaupt nicht sicher feststellen lässt.
Bei Riemenleder wurde ein mittlerer Fettgehalt von rund 12 Proc. gefunden und als
Maximum etwa 30 Proc. für Sattlerleder rund 10 bis 40 Proc. welch letzterer Gehalt
allerdings schon als eine unreelle Fettbeschwerung
angesehen werden könnte. Aehnlich hohe Fettgehalte (bis zu 35 Proc.) finden sich
auch bei den eigentlichen Oberledern (Rindsleder Nr. 173 und Rossleder Nr. 215 und
216 in Tabelle XVI), deren mittlerer Fettgehalt etwa 20 Proc. beträgt. Man könnte
danach für die erste und letzte der erwähnten Lederklassen etwa folgende
Fettungsstufen aufstellen:
Grad der Fettung:
Schwach
Mittel-mässig
Stark
Sehr stark bis über-mässig
Proc.
Proc.
Proc.
Proc.
Riemenleder
2–8
8–15
15–20
20–30 und mehr
Oberleder
5–15
15–25
25–30
30–35 und mehr
Aus den wenigen Zahlen der Gruppe D lassen sich kaum Schlüsse über eine normale
Fettung ziehen.
Die Eigenschaften der aus den Ledern extrahirten Fette geben in vielen Fällen
interessante Aufschlüsse über die Natur der Fettung und andere Dinge. Sie haben
z.B. gelehrt, wie Prof. v. Schroeder schon früher
hervorgehoben hat, dass beim Schmieren der Leder mit einer Mischung von
verschiedenen, theils flüssigen, theils festen Fetten, wie z.B. einer Mischung von
Thran, Degras und Talg, eine Entmischung eintritt, indem die flüssigen und leicht
schmelzbaren Fette leichter und tiefer in das Leder eindringen, während die schwer
schmelzbaren, wie Talg, Paraffin u.s.w., zum grössten Theil auf der Aussenseite
sitzen bleiben und mit den Blanchirspänen wieder entfernt werden, was sich aus dem
oft bedeutend höheren Schmelzpunkt des aus den Blanchirspänen extrahirten Fettes
klar beweisen lässt. So zeigte z.B. das aus dem geschmierten Kalbleder Nr. 195
(Tabelle XVI) extrahirte feste Fett eine gelbe Farbe und den Schmelzpunkt 31° C,
während das aus den dazu gehörigen Blanchirspänen (Nr. 195a, Tabelle XIX) gewonnene
rein weiss war und den Schmelzpunkt 46,5° C. hatte, also sich als fast reiner Talg
erwies.
Noch auffälliger trat dies bei dem Kalbleder Nr. 197 (Tabelle XVIII) hervor, welches
nach leichtem Abthranen eine Schmiere von gleichen Theilen Degras und Talg erhalten
hatte. Das aus dem fertigen Leder extrahirte Fett war von brauner Farbe und bei
Zimmertemperatur flüssig, das aus den Blanchirspänen (Nr. 197a, Tabelle XIX)
desselben Leders hellbraun, fest, mit dem Schmelzpunkt 44° C, und das
schmutzigbraune Absetzfett zeigte sogar einen Schmelzpunkt von 53° C. Ferner war das
Fett aus dem Kipsleder Nr. 178 (Tabelle XVIII) salbenartig und bei 16° C. klar
geschmolzen. Das aus den betreffenden Blanchirspänen Nr. 178a (Tabelle XIX)
gewonnene dagegen talghart und erst bei 47 bis 48° C. schmelzend. Als weiteres
Beispiel sei endlich noch das Fahlleder Nr. 191 (Tabelle XVIII) angeführt, welches
im Walkfass unter stetiger Wärmezufuhr mit einer Mischung von 14 Th. Talg und 10 Th.
Degras gefettet worden war. Das aus ihm wieder gewonnene Fett hatte den Schmelzpunkt
35,5°C. und eine dunkelgelbe Farbe, das aus den dazugehörigen Blanchirspänen Nr.
191a (Tabelle XIX) war hellgelb und schmolz erst bei 47° C, was beweist, dass auch
hier, trotz der Wärmezufuhr beim Fetten, eine Entmischung der Schmiere eingetreten
war, wenn auch nicht in dem hohen Maasse wie bei den zuerst angeführten
Beispielen.
Eine weitere Grösse, welche bei der chemischen Untersuchung von Ledern in Betracht zu
ziehen ist, ist die Menge der unter den gewöhnlichen Bedingungen, d.h. in Wasser von
der durchschnittlichen Zimmertemperatur, löslichen
Bestandtheile. Diese bestehen zum geringsten Theil aus den als normaler
Bestandtheil im Leder enthaltenen wasserlöslichen Mineralsalzen und vorwiegend aus
aufgesogenen und mechanisch im Leder zurückgehaltenen organischen Extractstoffen,
welche sich weiter in ungebundenen Gerbstoff und in Nichtgerbstoffe scheiden lassen.
Der löslichen Mineralstoffe ist schon bei Betrachtung der Aschenbestandtheile der
lohgaren Leder gedacht worden. Sie betragen in normalem Leder nur wenige Zehntel bis
ausnahmsweise gegen 1,5 Proc. der lufttrockenen Waare. Wird dieser Gehalt
überschritten, so ist eine betrügerische Beschwerung des Leders oder wenigstens ein
Versuch zu einer solchen anzunehmen und die Untersuchung in dieser Richtung
auszudehnen. Die organischen Extractstoffe sind für die Beurtheilung der Güte eines
Leders von hoher Bedeutung, und oft können nicht nur aus ihrer Menge in Bezug auf die Art der
Gerbung, sondern auch aus ihren sonstigen Eigenschaften in Bezug auf die bei der
Gerbung benutzten Gerbmaterialien wichtige Schlüsse gezogen werden. Für ein Leder,
welches seiner Bestimmung nach der Feuchtigkeit ausgesetzt ist, wird es am
vortheilhaftesten sein, wenn die Menge der durch Wasser auslaugbaren Stoffe
möglichst gering ist, und dies erklärt z.B. zum guten Theil den Umstand, dass trotz
scharfer Concurrenz und eines ziemlich hohen Preises auch heute noch die in alter
Grubengerbung mit reiner Eichenlohe ausgegerbten Sohlleder ihren Platz an der Spitze
dieser Ledergattung behaupten und weder durch die österreichischen Terzen- und
Pfundleder, noch durch die billigeren sogen. norddeutschen Sohlleder, trotz deren
besserer Durchgerbung verdrängt werden können. In Folge der langsamen Ausgerbung in
verhältnissmässig schwachen Gerbbrühen schwankt der Gehalt der grubengaren Sohlleder
an organischen Extractstoffen zwischen 3,5 bis 9 Proc. und beträgt im Mittel etwa 6
Proc. wie die Rubriken A. I. und II. der Tabelle XVIII zeigen. Für die nach neuem
Verfahren in starken Extractbrühen oder nach österreichischer Art unter reichlicher
Zugabe hochprocentiger Gerbmaterialien gegerbten Sohlleder liegt schon die untere
Grenze der Menge auswaschbarer organischer Extractstoffe über 5 Proc. und der Gehalt
der Leder an denselben kann bis zu 17 Proc. steigen (Tabelle VIII: Nr. 48, 50),
wennschon derartige Fälle zu den Ausnahmen zu zählen sein dürften. Im Mittel beträgt
bei diesen Ledern der organische Auswaschverlust etwa rund 10 Proc. und ist am
stärksten bei den österreichischen Sohlledern, bei welchen er sich im Mittel sogar
zu 11,4 Proc. ergibt (Tabelle VIII: A. V.). Aehnliche Verhältnisse wie bei den
Sohlledern lassen sich auch bei den Vache- und Riemenledern feststellen. Auch hier
zeigen die in Grubengerbung hergestellten Leder einen weit geringeren Procentsatz
auslaugbarer organischer Stoffe als die nach dem neuen Verfahren mit Hilfe starker
Brühen und fremder, hochprocentiger Gerbstoffe gegerbten. Während bei ersteren die
organischen Extractstoffe im Mittel rund 6,5 Proc. (3,4 bis 10,4 Proc.) betragen,
stellt sich das Mittel bei letzteren auf 9,8 Proc. und schwankt in den Grenzen von 4
Proc. bis zu nahezu 20 Proc. hinauf (Tabelle XVIII: B. VII. und VIII.), welch
letzteren Fall, der bei einem amerikanischen Leder (Tabelle XI: Nr. 113) gefunden
wurde, man nebst einigen anderen (Tabelle XI: Nr. 110, 114 u.s.w.) wohl auch als
eine Beschwerung des Leders mit Extract ansprechen
dürfte.
Bei Blank-, Zeug- und Geschirrledern schwankt der Gehalt an organischen
Extractstoffen ungefähr in denselben Grenzen und beträgt im Mittel etwa 6,5 Proc.
wie bei den Vacheledern alter Gerbung. Für Oberleder wurde als Mittelzahl 5,5 Proc.
und als Grenzen rund 2,5 bis 12 Proc. gefunden (Tabelle XVIII: E. XII. a bis f). Als
Durchschnittsgehalt für alle lohgaren Ledersorten im ungefetteten Zustand ergibt
sich ein Gehalt von 7,5 Proc. organischer, durch kaltes Wasser auswaschbarer Stoffe.
Für gefettete Leder wird diese Zahl nach Maassgabe des Grades der Fettung auf rund 5
Proc. im Mittel herabgedrückt (Tabelle XIX) und übersteigt 10 Proc. nur in seltenen
Fällen (Tabelle XIII: Nr. 143).
Mit der Menge der organischen Extractstoffe wird naturgemäss auch der Gehalt der
Leder an auswaschbarem Gerbstoff grossen Schwankungen unterworfen sein. Nach
den vorliegenden Untersuchungen schwankt derselbe im ungefetteten Leder von 0,8 bis
10,8 Proc. und beträgt im Durchschnitt 4,66 Proc. während im gefetteten Leder von
0,9 bis 6,9 Proc. im Mittel 3,46 Proc. gefunden wurden. Es ist anzunehmen, dass ein
Theil desselben, namentlich wenn grössere Mengen vorhanden sind und das betreffende
Leder noch keinen hohen Durchgerbungsgrad zeigt, noch nachträglich bei längerem
Lagern von der Ledersubstanz fester gebunden wird und so zur Verbesserung der
Qualität des Leders beitragen kann, was indes bisher noch nicht experimentell
bewiesen worden ist.
Das Verhältniss des in den organischen Extractstoffen enthaltenen ungebundenen
Gerbstoffs zu den Nichtgerbstoffen ist, auch wenn eine absolut reine Gerbung
vorliegt, was indes zu den seltensten Fällen gehören wird, ein recht schwankendes
und kann deshalb nicht dazu dienen, die Art des Gerbmaterials, mit welchem die
Gerbung vollzogen wurde, festzustellen, wie Simand
angibt.Böckmann,„Chem.-techn. Untersuchungsmethoden“, 1893 II S. 557.(Fortsetzung auf S. 117.) Die von diesem
angeführten Verhältnisszahlen mögen wohl für reine, direct aus den Gerbmaterialien
unter den gewöhnlichen Bedingungen gewonnene Extracte Geltung haben, bei den aus
lohgaren Ledern ausgezogenen organischen Extractstoffen ist jedoch nach den
vorliegenden Untersuchungen aus ihnen ein Schluss auf die Art des Gerbmaterials
durchaus nicht zulässig. Dies beweisen die in den Tabellen niedergelegten Zahlen,
welche bei reiner Eichengerbung, die sich noch am ehesten in der Praxis findet,
erhalten wurden.
Der Procentsatz der gerbenden Substanzen in den organischen Extractstoffen schwankte
hier in 46 Fällen, wo nach zuverlässigen Quellen reine Eichenlohgerbung vorlag, von
46 bis 88 Proc. des organischen Gesammtextractes (Tabelle IX: Nr. 75, Tabelle X: Nr.
88, Tabelle XV: Nr. 201, 202) (nach Simand für
Eichengerbung 60 bis 70 Proc. gerbende Substanzen), für reine Fichtengerbung wurden
33 bis 60 Proc. organische gerbende Substanzen gefunden (Tabelle XIV: Nr. 159,
Tabelle XV: Nr. 183) (Simand: 50 bis 60 Proc), für
reine Quebrachogerbung 44 bis 83 Proc.(Tabelle XV: Nr. 208, 215, 216, Tabelle X: Nr.
92, 93) (Simand: 80 Proc.) u.s.w. Alle diese Zahlen
zeigen, dass die Grenzen viel zu weit aus einander liegen und bei den einzelnen
Gerbmaterialien in einander übergreifen, so dass eine Unterscheidung der Art der
Gerbung auf Grund dieses Verhältnisses zur Unmöglichkeit wird.
Bei allen den untersuchten lohgaren Ledern zeigt sich, dass von den organischen
Extractstoffen in den weitaus meisten Fällen über ⅔ gerbende Substanzen sind; selten
sinkt deren Menge unter die Hälfte, nie wurden weniger als ⅛ der Gesammtmenge
gefunden. Ist letzteres der Fall, so ist mit Sicherheit, namentlich wenn die Menge
der auswaschbaren Stoffe an und für sich hoch ist, eine Beschwerung des Leders mit
organischen Materien anzunehmen. Dies bestätigen vollkommen die in Tabelle XVII Nr.
217 bis 231 aufgeführten, mit Traubenzucker beschwerten Leder. Nur bei einem sehr
gering beschwerten Leder (Nr. 223) übersteigt die Menge der auswaschbaren gerbenden
Substanzen die Hälfte der organischen Extractstoffe, während sie in fünf Fällen,
also bei ⅓ der untersuchten Proben, unter 30 Proc. derselben betragen und
Tabelle II. Specifische Gewichte gefetteter
lohgarer Leder.
Textabbildung Bd. 305, S. 116
Bezeichnung des Leders; Nr.; Art
der Bestimmung Hg = durch Eintauchen in Quecksilber. M = durch directe Messung;
Volumen; Absolutes Gewicht der Trockensubstanz; Spec. Gewicht des Leders mit 18
% Wasser; Berechneter Normalwassergehalt %; Spec. Gewicht des Leders mit dem
Normalwassergehalt; C. X. Riemenleder. Zugerichtet; D. XI. Blankleder;
Elektrische Gerbung; Zeugleder; Geschirrleder. Nur leicht abgethrant, sehr
locker. Unzugerichtet; E. XIII. Oberleder. Rindleder, schwarz.; Fahlleder,
braun; Mittel von C., D., E. X–XIII. (20 Leder)
Tabelle III. Specifische Gewichte
verschiedener lohgarer Leder.
Textabbildung Bd. 305, S. 117
Bezeichnung des Leders; Nr.; Art
der Bestimmung Hg = durch Eintauchen in Quecksilber. M = durch directe Messung;
Volumen; Absolutes Gewicht der Trockensubstanz; Spec. Gewicht des Leders mit 18
% Wasser; Bei gefetteten Ledern:; Berechneter Normalwassergehalt %; Spec.
Gewicht des Leders mit dem Normalwassergehalt; F. XIV. Verschiedene Leder.;
Riemenleder, mit Traubenzucker beschwert; Rimenleder, mit Chlorbarium beschwert;
Lohterzenkernstück, mit Chlorbarium beschwert. Lohterzenbauchstück, mit
Chlorbarium beschwert; Alter Grubendeckel; Ochsenstirnhaut, unzugerichtet.
Walrossleder; Nilpferdleder; Mittel von F. XIV. (12 Leder)
bei Nr. 221 und Nr. 231 sogar bis auf 16 bezieh. 11 Proc.
derselben sinken.
Eine interessante Thatsache ergibt sich bei Vergleichung des Verhältnisses von
gerbenden Substanzen zu Nichtgerbstoffen im organischen Extract der Leder der beiden
Hauptgruppen: Unterleder (A. B. C.) und Oberleder (D. E.). Bei ersteren betragen die
gerbenden Substanzen im Mittel rund 60 Proc. des organischen Gesammtextractes, bei
letzteren hingegen nahe an 70 Proc. im Durchschnitt aus allen Analysen
gerechnet.
Dies dürfte wohl dadurch zu erklären sein, dass durch kaltes Wasser dem Leder nicht
nur die mechanisch in ihm aufgesogenen Brühantheile entzogen werden, sondern auch
ein gewisser Theil sehr locker an die Hautfaser gebundenen Gerbstoffs, der im
Verhältniss zur Extractmenge um so grösser sein wird, je geringer die letztere an
und für sich ist und je kürzer die Zeit zu festerer Bindung, d.h. die Gerbdauer war.
Dass diese Verhältnisse indes nicht zum unumstösslichen Gesetz erhoben werden
sollen, geht aus den zahlreichen Abweichungen der Analysenzahlen in beiden Gruppen
deutlich hervor.
Nach Abzug der in lohgarem Leder enthaltenen Feuchtigkeit, der Mineralbestandtheile,
des Fettes und der durch Wasser auslaugbaren organischen Stoffe verbleibt die reine
Ledersubstanz, d. i. die feste Verbindung der
Hautsubstanz mit den gerbenden Stoffen.
Der Gehalt an aschefreier Ledersubstanz beträgt, wie die Tabelle XVIII zeigt,
für ungefettetes, lohgares Leder im Mittel rund 73 Proc. und schwankt etwa zwischen
59 und 79 Proc. Grössere durchgreifende Unterschiede im Gehalt der einzelnen
Ledergattungen lassen sich aus den vorliegenden Zahlen nicht ersehen. Die Oberleder
und in alter Grubengerbung hergestellten Unterleder haben entsprechend ihrem
geringeren Gehalt an auswaschbaren Extractstoffen natürlich einen etwas höheren
Gehalt an reiner Ledersubstanz als die übrigen in starken Brühen ausgegerbten Arten.
Bei den gefetteten Ledern ist der Gehalt an Ledersubstanz in erster Linie abhängig
vom Grad der Fettung. Er wurde im Mittel zu rund 62 Proc. und zwar von 44 bis 74,5
Proc. gefunden, wie Tabelle XIX zeigt.
Dass er durch künstliche Beschwerung oft weit unter die normalen Grenzen gedrückt
werden kann, ist aus Tabelle XVII zu ersehen, in welcher namentlich das stark
gefettete und ausserdem mit Traubenzucker beschwerte Leder Nr. 227 den
ausserordentlich niedrigen Gehalt von nur 36,33 Proc. reiner Ledersubstanz
aufweist.
Durch Bestimmung des Stickstoffgehaltes in der
trockenen, aschefreien Ledersubstanz lässt sich die Menge der in ihr befindlichen
reinen HautsubstanzH_2=\frac{L_s\,\times\,N_{Ls}}{N_{Bl}}, worin
Hs
= trockene, aschefreie Hautsubstanz, Ls = trockene, aschefreie
Ledersubstanz, NLs = Stickstoffgehalt der trockenen,
aschefreien Ledersubstanz, Nbi =
Stickstoffgehalt der trockenen, aschefreien Blösse. leicht
berechnen, da der
Stickstoffgehalt letzterer für eine bestimmte Hautgattung constant ist, wie durch
anderweitige UntersuchungenJ. v. Schroeder und J.
Pässler,
„Untersuchungen verschiedener Blössen“, D. p.
J. 1893 287 258, 283, 300.
bewiesen worden ist.
Als Differenz zwischen dieser und der reinen Ledersubstanz ergibt sich dann der
Gehalt der letzteren an gebundenem Gerbstoff. Die nähere Betrachtung dieses
Gerbstoffgehaltes und der Menge der im fertigen Leder vorhandenen Hautsubstanz führt
zu den wichtigsten Ergebnissen der chemischen Lederanalyse. Diese Zahlen geben uns
werthvolle Anhaltspunkte zur Beurtheilung und Feststellung des Grades der
Durchgerbung der Leder und lassen höchst interessante und für den praktischen Gerber
äusserst wichtige Rückschlüsse auf die Ausnutzung seines Gerbmaterials sowohl, als
auch auf die Verwerthung des theuren Rohmaterials, der Blösse, zu. Unter
Zugrundelegung mittlerer Zahlen lässt sich aus der chemischen Analyse eines lohgaren
Leders das erzielte Rendement mit einer Genauigkeit berechnen, die oft alle
Erwartungen übertrifft.
Ehe ich auf diese Verhältnisse näher eingehe, möge jedoch erst kurz einiges über den
Stickstoffgehalt im fertigen Leder hier erwähnt werden. Wie Controlversuche gezeigt
haben, geht bei dem hier eingehaltenen Gang der Analyse kein Stickstoff verloren.
Deshalb kann man denselben direct im Leder bestimmen oder auch in der reinen
Ledersubstanz und dann für das Leder berechnen. Die hier mitgetheilten Zahlen sind
meist auf die letztere Art gefunden, doch wurden auch eine Anzahl direct im Leder
bestimmt und stets in guter Uebereinstimmung mit den berechneten gefunden.
Der Stickstoffgehalt lufttrockener lohgarer Leder, der
bei der Verwerthung von Lederabfällen als Düngemittel besonders in Betracht zu
ziehen ist, bewegt sich nach den ausgeführten Analysen bei ungefetteten Ledern in
den Grenzen von rund 6 bis 10,5 Proc. bei gefetteten Ledern von etwa 4,5 bis 9,5
Proc. Er ist bei Unterledern am geringsten (im Mittel rund 7,5 Proc; vgl. Tabelle
XVIII), bei Oberledern etwa 1 Proc. höher, während die Blank-, Zeug- und
Geschirrleder zwischen diesen beiden stehen. Als Mittel für sämmtliche ungefetteten
Leder kann man etwa 7,8 Proc. annehmen. Bei gefetteten Ledern nehmen die Oberleder
mit 6,8 Proc. im Durchschnitt eine mittlere Stellung ein, welcher Gehalt zugleich
dem allgemeinen Mittel entspricht, während die Riemenleder im Allgemeinen den
höchsten, die zugerichteten Blank- und Geschirrleder den geringsten Stickstoffgehalt
zeigen, der natürlich durch die Höhe des Fettgehaltes am meisten beeinflusst wird
(vgl. Tabelle XIX). Für Lederabfälle, die für Düngezwecke ja nur in Betracht kommen
können, wird sich übrigens der durchschnittliche Gehalt an Stickstoff wahrscheinlich
noch etwas niedriger stellen, als oben angegeben ist, da die hierbei sich findenden
Ledertheile vorwiegend dünne Randtheile oder Abfall von der Oberfläche der Leder
(Blanchirspäne) sein werden, die naturgemäss besser durchgegerbt sein werden und
mithin weniger Stickstoff enthalten, so dass man wohl rund etwa 7 Proc. Stickstoff
als mittleren Gehalt für lufttrockenes Leder annehmen kann (vgl. Tabelle XVII: Nr.
178a, 182a, 191a, 195a, 197a, 197b). Gefettete Leder kommen in dem vorliegenden
Fall wohl weniger in Betracht, da das Fett als Düngemittel werthlos, ja der
Zersetzung der Leder direct hinderlich, zu anderweitiger Verwendung jedoch ein noch
ziemlich werthvoller Bestandtheil ist und deshalb eine vorherige Wiedergewinnung
desselben durch Extraction oder Auspressen angezeigt erscheint. Da Leder im Boden
gegen zersetzende Einflüsse sehr widerstandsfähig ist, wird bei seiner Verwendung zu
Düngezwecken sich ein vorheriger Aufschliessungsprocess als sehr nützlich
erweisen.
(Fortsetzung folgt.)