Titel: | Untersuchungen über lohgare Leder und deren Zusammensetzung. |
Autor: | A. Bartel |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 138 |
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Untersuchungen über lohgare Leder und deren
Zusammensetzung.
Von A. Bartel in
Tharand.
(Fortsetzung des Berichtes S. 114 d.
Bd.)
Untersuchungen über lohgare Leder und deren
Zusammensetzung.
Wie schon oben erwähnt, lässt sich nach dem gefundenen Stickstoffgehalt eines
lohgaren Leders bezieh. dessen reiner Ledersubstanz der grössere oder geringere Grad
der Durchgerbung desselben beurtheilen. Unter dem Grad der Durchgerbung eines Leders
verstehen wir das Verhältniss des in demselben fest mit der Hautsubstanz verbundenen
gerbenden Stoffes zu dem Gehalt an reiner Hautsubstanz. Als vollkommene Durchgerbung
ist nach früheren ArbeitenJ. v. Schroeder und J.
Pässler,
„Ueber die Gerbstoffabsorption der Haut“, D.
p. J. 1892 284 256, 283. für
lohgare Leder eine solche anzusehen, bei welcher die reine Hautsubstanz mit ihrem
eigenen Gewicht organischer gerbender Stoffe verbunden ist, das Verhältniss der
letzteren zu ersterer also gleich 1 ist, und sie wird um so unvollkommener sein, je
mehr sich dieser Werth der 0 nähert. Um den Grad der Durchgerbung noch deutlicher
zum Ausdruck zu bringen, ist in den Tabellen das Hundertfache dieses Quotienten als
sogen. „Durchgerbungszahl“ DzD_z=\frac{G}{H_s}\,\times\,100=\frac{L_s-H_s}{H_s}\,\times\,100=\left[\frac{L_s}{H_s}-1\right]\,100=\left[\frac{N_{Bl}}{N_{Ls}}-1\right]\,100.worin G = gebundener
Gerbstoff, Hs, Ls, NLs, NBI wie bei 14.
angeführt. In vielen Fällen, namentlich bei stärkeren Sohlledern, ist dieser so
festgestellte Grad der Durchgerbung nicht gleichbedeutend mit der mehr oder wenig
guten Durchgerbung selbst des betreffenden Leders. Ein Leder kann z.B. sehr wohl
einen hohen Durchgerbungsgrad haben und doch dabei sehr schlecht, d.h. in diesem
Falle sehr ungleichmässig durchgegerbt sein, indem in Folge von Anwendung zu starker
Brühen im Anfangsstadium der Gerbung das betreffende Leder in den äusseren Schichten
sehr stark mit Gerbstoff imprägnirt und in Folge dessen demselben der Zugang zum
Inneren versperrt worden ist, wodurch in der Mitte dann eine schlecht gegerbte, oft
noch speckige Zone entsteht. Die Güte der Durchgerbung in diesem Sinne lässt sich
natürlich nicht durch die chemische Analyse bestimmen, sondern muss vielmehr durch
physikalische Prüfung, meist durch Einlegen dünner Lederschnitte in verdünnte Essigsäure
und Beobachtung der Quellungserscheinungen derselben entschieden werden. Hat jedoch
diese physikalische Prüfung des Leders ein günstiges Resultat, d.h. eine
gleichmässige Durchgerbung desselben, ergeben, so gibt uns die Durchgerbungszahl ein
gutes Mittel, die Vollkommenheit der Durchgerbung ziffernmässig auszudrücken.
Die durch die vorliegenden Untersuchungen ermittelten Durchgerbungszahlen nun
bestätigen zunächst an aus der Praxis entnommenen Beispielen das durch den
wissenschaftlichen Versuch mit Hautpulver und reinem Tannin schon früherl.
c. gewonnene Resultat, dass die Hautsubstanz nie mehr Gerbstoff
festbindet als ihr eigenes Gewicht beträgt. Einen einzigen Fall, welcher dieser
Regel zu widersprechen scheint, finden wir bei dem Leder Nr. 241 (Tabelle XVII), bei
welchem die Durchgerbungszahl 103,9 beträgt, das Verhältniss von gebundenem
Gerbstoff zu
Tabelle IV. A. I. Sohlleder.
Geschwitzt; Grubengerbung nach altem System, mit reiner
Eichenlohe.
Textabbildung Bd. 305, S. 139
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; dunkelbraun, fest; gelb, fest; gelblich, halbflüssig; hellbraun,
fest
Tabelle V. A. II. Sohlleder.
Geschwitzt oder gekalkt; Grubengerbung nach altem System, mit
Eichen- und Fichtenlohe ohne oder mit nur sehr wenig fremden Gerbmaterialien.
Textabbildung Bd. 305, S. 139
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; gelb, fest; hellgebl, fest
Tabelle VI. A. III. Sohlleder.
Geschwitzt oder gekalkt; unter Zuhilfenahme fremder
Gerbmaterialien resp. starker Extractbrühen gegerbt.
Textabbildung Bd. 305, S. 140
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; gelblich, fest; dunkelbraun, fest; halbflüssig, gelb;
wahrscheinlich leicht.; abgethrant
Tabelle VII. A. IV. Sohlleder.
(Norddeutsche Sohlleder).
Mit Hilfe starker Extractbrühen nach neuem System gegerbt und mit
Schwefelsäure geschwellt.
Textabbildung Bd. 305, S. 140
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; gelblichbraun, fest; hellbraun, fest; klargelb, fest; grau, fest;
gelb, fest
Tabelle VIII. A. V. Sohlleder.
Oesterreichische Terzen- und Pfundleder.
Textabbildung Bd. 305, S. 140
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; halbflüssig, gelb; gelb, fest; braungelb, flüssig; braun, flüssig;
braun, salbenartig; hellbraun, durchsichtig, fest
Textabbildung Bd. 305, S. 141
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; gelb, fest; halbflüssig; gelblich, fest; dunkelbr., zähklebr.;
hellbr., butterartig; hellbraun, zähflüssig; grünlichgelb, fest; dunkelbr.,
halbflüss
Tabelle X. B. VII. Vacheleder und
Riemenleder ohne Fett.
Gerbung nach altem System. s = sächsische, d = deutsche
(aussersächsische), b = belgische, r = russische, e = englische, a =
amerikanische.
* Aus dem gefetteten Leder auf das unzugerichtete (mit 1 % Fett
in der Trockensubstanz) berechnet.
Textabbildung Bd. 305, S. 141
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; schwach gelbl., fest; schmutzigg., halbfl., hellgelb, halbflüssig;
dunkelgelb, durchsichtig, halbflüssig; gelb, fest; hellbraun, flüssig;
gelbweiss, fest; weiss, fest
Tabelle XI. B. VIII. Vacheleder und
Riemenleder ohne Fett.
Gerbung nach neuem System. (Brüh- oder combinirte Gerbung.) s =
sächsische, d = aussersächsische, deutsche, r = russische, e = englische, a =
amerikanische,
* aus dem gefetteten Leder auf das unzugerichtete (mit 1 % Fett
in der Trockensubstanz) berechnet.
Textabbildung Bd. 305, S. 142
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; dunkelbraun, dickflüssig; braun; weiss, fest; dunkelgelb,
salbenartig (Vaselin); gelb, fest; weiss, fest; gelblich, fest; hellgelb, fest;
braun, durchsichtig, butterweich; gelb, flüss. mit ausgeschied. weissen;
braungelb, dickflüss.; grünlich, fest; braungelb, dickflüss. grünl.-weiss,
butterartig; hellgelb, flüss., mit weissem festen Fett; gelb, klar, flüssig
Tabelle XII. B. IX. Vacheleder und
Riemenleder ohne Fett.
Verschiedene.
Elektrische Gerbung (Worms und Balé) und unbekannter Herkunft
oder Gerbung.
* Aus dem gefetteten Leder auf das unzugerichtete (mit 1 % Fett
in der Trockensubstanz) berechnet.
Textabbildung Bd. 305, S. 143
Nr.; Wasser (normal); Rohasche;
Fett; Org. Extractstoffe; Gerbstoff; Nichtgerbstoffe; Ledersubstanz; gebund.
gerb. Substz.; Hautsubstz.; Extractasche; Zucker; N im Leder; CaO; SO3; Gesammtgerbstoff; N in trock., aschefreier
Ledersubstz.; Rendementzahl; Durchgerbgszahl; Spec. Gewicht bei normalem
Wassergehalt; Dicke; Eigenschaften und Schmelzpunkt (° C) des Fettes;
Bemerkungen; gelb, fest; dunkelbraun, fest; hellbraun, fest; gelb, dickflüssig;
braun, fest
reiner Hautsubstanz also grösser als 1 ist. Dieser Fall kann
jedoch das aufgestellte Gesetz nicht zum Wanken bringen, denn wer bürgt dafür, dass
bei diesem „Leder“, welches nachweislich 30 Jahre lang als Grubendeckel
gedient hat, nicht doch trotz der conservirenden Wirkung des Gerbstoffs
uncontrolirbare Zersetzungen der stickstoffhaltigen Hautsubstanz in stickstoffreie,
unlösliche Körper stattgefunden haben, deren Producte neben den von der Haut
aufgenommenen gerbenden Substanzen noch in ihm festsitzen?
Als niedrigsten Durchgerbungsgrad finden wir den der Durchgerbungszahl 30
entsprechenden, bei welchem also 100 Th. reine Hautsubstanz nur 30 Th. gerbende
Stoffe aufgenommen haben. Von da schwankt der Grad der Durchgerbung bis zum Maximum,
bei welchem die Hautsubstanz ihr gleiches Gewicht an gerbenden Substanzen gebunden
enthält. Als mittlere Durchgerbung ist nach den vorliegenden Analysen eine solche
anzusehen, bei welcher die fest gebundenen gerbenden Substanzen etwa ⅔ des Gewichts
der reinen Hautsubstanz erreichen, die Durchgerbungszahl also 66,7 beträgt. Eine
Betrachtung des Durchgerbungsgrades der einzelnen Gruppen lohgarer Leder zeigt
zunächst, dass die mittlere Durchgerbungszahl der sogen. Unterleder etwas höher
(70), die der Oberleder etwas niedriger (58) als das allgemeine Mittel ist,
während diejenige der auch durch ihre sonstigen Eigenschaften eine Mittelstellung
zwischen diesen beiden Hauptgruppen einnehmenden Blank-, Zeug- und Geschirrleder
zwischen diesen beiden steht. Dementsprechend liegt bei den Unterledern auch die
niedrigste Grenze der Durchgerbung etwas höher (Dz = 40) als bei den Oberledern (Dz == 30) und
bei letzteren die obere Grenze derselben etwas tiefer (Dz = 94) als bei ersteren (Dz = 99,6).
Innerhalb dieser Hauptgruppen bemerken wir, dass die sogen. norddeutschen Sohlleder
die bei weitem vollkommenste Durchgerbung zeigen (mittlere Durchgerbungszahl = 83),
was durch die starke Zufuhr von Gerbstoff während des Gerbprocesses seine Erklärung
findet. Ihnen schliessen sich an die gleichfalls mit starken Brühen behandelten
Sohlleder, welche nach dem sogen. combinirten Brühgerbungssystem hergestellt wurden,
wie auch die mit reichlichen Lohsätzen bedachten österreichischen Sohlleder, während
die nach dem alten Verfahren in reiner Grubengerbung hergestellten Sohlleder trotz
der längeren Gerbdauer nur einen dem allgemeinen Mittel entsprechenden
Durchgerbungsgrad zeigen und auch selten eine sehr hohe Durchgerbungszahl aufweisen
können (gefundenes Maximum Dz = 78,5). Bei den Vache- und Riemenledern
tritt dieser Unterschied zwar nicht so deutlich hervor, lässt sich indes gleichfalls
feststellen.
Die Oberleder haben im Allgemeinen, wie schon gesagt, einen geringeren
Durchgerbungsgrad, was wohl zum Theil daran liegen mag, dass man im Interesse der
Geschmeidigkeit und Weichheit der Leder eine Ueberladung derselben mit Gerbstoff zu
vermeiden sucht, zum Theil indessen auch dadurch zu erklären ist, dass bei der
Zurichtung dieser Lederwaaren gerade die bestdurchgerbten Theile in Gestalt der
Blanchirspäne und der dünneren Randabschnitte verloren gehen, was natürlich die
Durchgerbungszahl des fertigen Leders gegen die des unzugerichteten herunterdrücken
muss. Einen Beweis für die thatsächliche Verringerung der Durchgerbungszahl durch
den letzterwähnten Umstand liefern uns die allerdings an und für sich recht gut
durchgegerbten Leder Nr. 178, 182, 191, 195 und 197 der Tabellen, von welchen die
dazugehörigen Abfälle (Blanchirspäne und von Nr. 197 auch die Abschnitte gesondert)
gleichfalls analysirt werden konnten (siehe Tabelle XVII) und bei welchen ausserdem
das procentuale Verhältniss dieser Abfälle (ohne Fett) zum unzugerichteten, lohgaren
Leder bekannt war. Für diese Leder ergaben sich folgende Verhältnisse:
Nr. 178
Nr. 182
Nr. 191
Nr. 195
Nr. 197
%
D
z
%
D
z
%
D
z
%
D
z
%
D
z
Fertiges LederBlanchirspäneAbschnitte
ohne Fettgerechnet
86 14
73,278,7
8614
72,197,3
8614
69,292,2
93 7
70,380,2
90 8 2
66,076,174,3
Unzugerichtetes, lohgares Leder
100
74,0
100
75,6
100
72,4
100
71,0
100
67,0
Wenn auch die Herabsetzung der Durchgerbungszahl durch Hinwegnahme der Abfälle bei
den Nr. 178, 195 und 197 nur gering ist, so beträgt sie doch bei Nr. 182 und 191
über drei Einheiten derselben.
Eine durchschnittlich ziemlich hohe und auch nicht so weit herabgehende
Durchgerbungszahl wie bei den übrigen Oberledern zeigen die Rossleder, was wohl
auch, wie bei den Sohlledern norddeutscher Herkunft, wohl vorwiegend seinen
Hauptgrund in deren Gerbung mit starken Extractbrühen hat.
(Fortsetzung folgt.)