Titel: | Die Ausblühungen an Ziegeln und Mauerwerk. |
Autor: | Gl. |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 185 |
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Die Ausblühungen an Ziegeln und Mauerwerk.Nach Baumaterialienkunde, Heft 24/25 S.
385.
Die Ausblühungen an Ziegeln und Mauerwerk
Diese besonders im ziegelsteinbauenden Norddeutschland unliebsam empfundene
Erscheinung hat in den letzten Jahrzehnten die Aufmerksamkeit der auf keramischem
Gebiete arbeitenden Chemiker herausgefordert und bereits eine ganze Litteratur
hervorgerufen. Während über die Natur und den Ursprung der das Mauerwerk
durchfeuchtenden und allmählich ganz zermürbenden salpetersauren Salze von Kalk und
Magnesia, des „Mauerfrasses“, kein Zweifel besteht, können die trockenen
Auswitterungen mannigfaltige Ursachen haben, und dementsprechend ist ihre Verhütung
auch schwieriger zu bewirken. Thatsächlich herrscht bei den Bauenden selbst meist
die grösste Unklarheit über diese Erscheinung, wie schon die in den
Vertragsformularen vielfach wiederkehrende Forderung „salpeterfreier“ Steine
beweist. Einmal bestehen die Auswitterungen nur in den seltensten Fällen aus
Salpeter, nämlich dem oben erwähnten Kalksalpeter, welcher dann auch noch nicht
einmal aus den Steinen selbst stammt; ferner ist wohl auch kaum jemals auf Grund
einer solchen Klausel ein Steinlieferant auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen
gewesen, da nur schwer der Beweis im gegebenen Falle erbracht werden kann, dass
nicht ebensogut der Mörtel die Schuld trägt.
Eine zusammenfassende Erörterung der Frage hat vor einigen Jahren der Verband
deutscher Architekten- und Ingenieurvereine zu veranlassen gesucht, indem er die
Einzelvereine zu Gutachten darüber aufforderte. Das in den Mittheilungen des Verbandes, V. Band 1893/94 S. 158, enthaltene Ergebniss
dieser Umfrage gelangt zu dem wenig erbaulichen Schluss, es empfehle sich, von
künstlichen Mitteln zur Verhütung und Beseitigung des weissen Ausschlages abzusehen
und „das Verschwinden desselben der Zeit zu überlassen“. Nicht so resignirt
spricht sich eine kürzlich (1896) erschienene treffliche Dissertationsarbeit aus,
auf welche Berichterstatter die Aufmerksamkeit unserer Leser hinlenken möchte:
„Untersuchungen über Auswitterungen an Ziegeln und Ziegelmauerwerk, deren
Ursache und Verhütung“ von Hans Günther.
Aus der allgemeinen Aufgabe: Die aus dem Mauerwerk selbst, wie die aus der Umgebung
desselben stammenden Efflorescenzen zu betrachten, hat der Verfasser wesentlich die
ersteren einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Er gibt dafür folgende
Uebersicht: I. aus dem Ziegel, und zwar 1) im Rohthon enthalten, 2) während der
Fabrikation durch Wasser zugeführt, 3) während des Brennprocesses entstanden: a) aus
den Aschenbestandtheilen der Steinkohle, b) aus dem Schwefelkies der Steinkohle, c)
aus dem Schwefelkies des Thones. Ferner II. aus dem Mörtel, und zwar 1) durch
Infiltration löslicher Bestandtheile in den Ziegel, 2) durch chemische Umsetzung der Alkalien des
Mörtels mit dem Gypsgehalt der Steine.
Während die Menge der mit dem zugeführten Wasser dem zu formenden Thon einverleibten
Salze als kaum ins Gewicht fallend nachgewiesen wird, wäre noch eine gleiche
Bemerkung betreffs der beim Mauern hinzugekommenen- Wassermengen zu machen. Auch die
durch dieses Wasser bewirkte Auflösung von kohlensaurem Kalk als Bicarbonat, welches
sich dann später als einfach kohlensaurer Kalk auf der Oberfläche nicht selten
ausscheidet, ist nicht berücksichtigt. Da die meisten Ziegelthone selbst mehr oder
weniger lösliche Salze, besonders Sulfate, enthalten, zeigen sich diese oft schon
beim Trocknen der geformten Steine auf der Oberfläche, besonders wenn es sehr
langsam vor sich geht, mehr noch beim Schmauchprocess im Ofen, wenn bei unrichtiger
Leitung desselben der an einer Stelle ausgetriebene Wasserdampf sich auf den noch
kalten Steinen in einem anderen Theile des Ofens niederschlägt und hineindringt, um
im weiteren Verlaufe wieder auszutreten: Eine Art Auslaugeprocess der löslichen
Salze tritt ein und die Ziegel bedecken sich mit einer verfärbenden Schicht, werden
auch vielfach rissig an der Oberfläche.
Als hauptsächlichste Quelle für die Bildung von löslichen Salzen wird aber, wie
bekannt, die Feuerluft beim Brennen mit Steinkohle angesehen und zwar der
Schwefelkiesgehalt der letzteren dafür verantwortlich gemacht. Die zunächst
entstehende Schwefeligsäure oxydirt sich aus dem Ueberschuss an Luft leicht zu
Schwefelsäure, wenn sie mit basischen Theilen der Ziegelmasse in Berührung kommt, so
dass insbesondere bei kalkreichen Thonen die reichliche Bildung von Sulfaten auf
diese Weise ausser Zweifel steht. Ob dieser Vorgang, wie einige meinen, nur bei
gleichzeitiger Einwirkung von Wasserdämpfen sich vollziehen kann, also auf die
Periode des Schmauchens beschränkt ist, oder ob er auch in der Glühhitze des
Brennprocesses auftritt, schien bisher unentschieden zu sein. Jedenfalls kann bei
reducirender Feuerluft Schwefelsäure sich nicht bilden. In dieser Hinsicht ist also
der jetzige stetige Betrieb im Ringofen, bei welchem nur mit starkem Luftüberschuss
gebrannt wird, als ungünstig zu bezeichnen, und die günstigeren Brennergebnisse der
alten periodischen Oefen, bei deren Betrieb häufig Luftmangel eintreten musste, sind
wohl auf diese Weise zu erklären. Eine eigenartige Einwirkung der Schwefelsäure
betrifft die äusserliche Rothfärbung solcher Steine, welche sich sonst wegen ihres
Kalkgehaltes gelb brennen. Die Entstehung des hell gefärbten Kalk-Eisensilicats wird
durch die mit den Verbrennungsgasen auftretende Schwefelsäure verhindert, indem
diese den Kalk für sich in Beschlag nimmt.
Weit mehr als der Schwefelkies des Brennstoffes muss nun, nach Ansicht des
Verfassers, ein Gehalt des Thones selbst an Schwefelkies auf die Entstehung von
Ausblühungen hinwirken, insofern die im Inneren entstehende Schwefeligsäure
unmittelbar die Bestandtheile des Thones angreifen wird. Auf der eingehenden
Feststellung dieser Thatsache durch Versuche beruht das wesentlichste Verdienst der
Arbeit.
Die Steine der Lohbrügger Ziegelei zeigen vor ihrer Vermauerung, lange Zeit Wind und
Wetter ausgesetzt, sehr selten, dagegen im vermauerten Zustande regelmässig sehr
starke Auswitterungen, welche fast nur aus Alkalisulfaten bestehen. Da mit gleichem
Mörtel gemauerte Steine anderer Ziegeleien frei bleiben, muss die Ursache der
Erscheinung in einer Wechselwirkung von Stein und Mörtel gesucht werden. Der durch
die Analyse erwiesene Gypsgehalt der Steine muss sich mit Alkalisalzen des Mörtels
umgesetzt haben: eine Erklärung, welche für diese Vorgänge wohl allgemein als
richtig angenommen wird, so u.a. auch für die an Sandsteinquadern auftretenden
Ausblühungen von löslichen Sulfaten (am Polytechnicum Charlottenburg, neuerdings
nach den Feststellungen des Referenten am Hamburger Rathhaus). G untersuchte deshalb den Gypsgehalt seiner Steine auf
seine Herkunft und stellte zu diesem Zweck zunächst die Beschaffenheit des Thones
nach jeder Richtung, mittels chemischer und mechanischer Analysen, sowie
pyrometrisch, fest. Bei beträchtlichem Thongehalt nimmt er viel Wasser auf, wird
höchst plastisch und schwindet stark; leicht schmelzbar wegen des grossen Kalk- und
Eisengehaltes, enthält 0,19 Proc. Gyps (daher die Auswitterung schon beim Rohthon!),
ferner 0,34 Proc. Schwefelkies; brennt sich wegen des hohen Kalkgehaltes (13,3 Proc.
CaCO3) gelb. Da die daraus gebrannten Ziegel
0,38 Proc. in Wasser lösliche, 0,44 Proc. in Salzsäure lösliche SO3 enthielten, musste das beträchtliche Anwachsen der
SO3 beim Brennen entweder der Einwirkung der
Feuerluft oder des im Stein enthaltenen Schwefelkieses zugeschrieben werden. G. zeigt nun, dass auch durch Brennen in SO2-freier Luft bei diesem wie bei anderen
Ziegelthonen ganz beträchtliche Sulfatmengen gebildet werden können und dass hierzu
ein Gehalt von Schwefelkies wesentliches Erforderniss ist. Bei 7stündigem scharfem
Glühen von Thonwürfeln in SO2-freier Luft fand
eine Zunahme der SO3 u.a. von 0,11 auf 0,69 Proc.
statt. Die aus dem FeS2 nothwendig entstehende SO2
wird oxydirt und als SO3 mit dem Kalk verbunden.
Dass ein Schwefelkiesgehalt nicht etwa ein zufälliger Gemengtheil der betreffenden
Proben war, sondern dass er sich überall im Lohbrügger Lager, sowie fast regelmässig
in den Ziegelthonen findet, erweisen die von G.
gemachten Analysen von 21 Thonen, unter welchen auch eine Reihe von Tertiär- und
Diluvialthonen anderer norddeutscher Lager sich befinden.
Um festzustellen, wie sich lösliche Salze des Rohthones beim Brennen verhalten,
wurden sechs Portionen des Versuchsthones je im gleichen Verhältniss mit 1) Na2SO4, 2) K2SO4, 3) NaCl, 4)
KCl, 5) BaCl2 und 6) Na2CO3 versetzt, zu Ziegeln geformt,
getrocknet, in diesem Zustand auf SO3 u.s.w. geprüft
und dann im Bührer-Ofen gebrannt. Die Sulfate bei 1) und 2) gingen dadurch von 4,65
bezieh. 3,75 Proc. SO3 auf 0,83 bezieh. 0,88 Proc.
SO3 herunter; bei 3) bis 5) war das Chlor völlig
verschwunden, während sich bei 6) nachher 0,16 Proc. SO3 zeigte. Hiernach können von den im Thon häufiger enthaltenen Salzen nur
die Sulfate als Ursache von Auswitterungserscheinungen in Betracht kommen.
Zur Vervollständigung seiner Arbeit beantwortet G.
nunmehr auch die Frage, bis zu welchem Grade die allgemein herrschende Ansicht
berechtigt ist, dass die SO2 der Verbrennungsgase
die hauptsächlichste, oft die ausschliessliche Quelle der Sulfate ist. Hierzu liess
er SO2-haltige Luft auf 1) Feldspath, 2) Kaolin und
3) Ziegelthon in der Glühhitze wirken. Während 1) völlig unangegriffen blieb, bei
beiden Kaolinen (Limoges und Zettlitz) aber Sulfate von Kalk und Natron u.s.w. in ziemlichen Mengen
gebildet wurden, zeigte sich der kalkhaltige Thon ungemein reich an SO3-Salzen. Wie weitere Versuche mit Gemischen
desselben Thones und mehr oder weniger Kreide zeigten, entsteht um so mehr Sulfat,
je grösser der Gehalt an Kalk ist. Hierbei gelang auch der sichere Nachweis, dass
ein Feuchtigkeitsgehalt der Ziegel – entgegen der allgemein verbreiteten Ansicht –
für die Sulfatbildung aus den Feuergasen nicht erforderlich ist. Für den Ofenprocess
ergibt sich ferner aus den Versuchen der mit gewissen Erfahrungen übereinstimmende
Schluss, dass alle SO2 der Feuergase von den den
Schürlöchern zunächst stehenden Steinen aufgenommen wird und nicht erst in den
Schmauchabtheilungen schädlich wirkt. Nur durch ein reducirendes Feuer kann die
entstandene SO3 entfernt werden. Magnesia wirkt
ähnlich wie Kalk; das entstehende Sulfat gibt aber ohne weiteres Anlass zur
Auswitterung, während das Calciumsulfat erst eine Umsetzung mit den Alkalisalzen des
Mörtels erfahren muss. Kalk- und magnesiafreier Thon kann auch in Feuerluft, welche
reich an SO2 ist, gebrannt werden. – Wenn nach
alledem auch sehr häufig die Feuerluft an der Bildung von Sulfaten Schuld ist, so
glaubt doch G. nach seinen eingehenden Untersuchungen
weit häufiger die Ursache im Schwefelkiesgehalt erblicken zu müssen.
Den Schluss der interessanten Arbeit bilden Betrachtungen über die Verhütung der
Auswitterungen. Während betreffs des Brennens G. der
Meinung ist, dass man sich allmählich wieder mehr von dem Brennen mit starkem
Luftüberschuss abwenden werde, verspricht er sich von dem Einfluss des
althergebrachten, aber immer mehr in den Hintergrund tretenden Auswinterns eine
beträchtliche Verwitterung des Schwefelkieses, eine Ansicht, die wir nur dann
theilen können, wenn er in Form von Markasit vorhanden ist; ein Auslaugen der
löslichen Sulfate findet dagegen unbedingt statt. Für den heutigen Fabrikbetrieb
schlägt G. den Zusatz von Bariumverbindungen zum Thon
vor dem Formen der Steine vor und theilt die vortrefflichen Resultate mit, die er
hierdurch bei dem Lohbrügger Thon erhalten hat. Ausser Chlorbarium für die von
vornherein löslichen Sulfate setzt er auch kohlensauren Baryt für die Einwirkung in
der Glühhitze zu.
Gl.