Titel: | Bericht über Neuerungen auf dem Gebiete der Wasserleitung und Kanalisation. |
Autor: | W. Treptow |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 217 |
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Bericht über Neuerungen auf dem Gebiete der
Wasserleitung und Kanalisation.
Von W. Treptow, Ingenieur in Charlottenburg.
(Fortsetzung des Berichtes S. 193 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Bericht über Neuerungen auf dem Gebiete der Wasserleitung und
Kanalisation.
Desinfection der
Abfallstoffe.
Die Desinfection der Abfallstoffe wird in den meisten Fällen so bewirkt, dass bei
jedesmaliger Spülung dem Spülwasser eine gewisse Menge desinficirender Stoffe
zugesetzt wird. Dies kann so geschehen, dass, wie z.B. nach D. R. P. Nr. 85189
(F. S. Salberg, London), dem Spülwasser bei der
Spülung desinficirende Stoffe in Gestalt von Pulver zugesetzt werden, oder es
geschieht so, dass das Desinfectionsmittel in fester Form an irgend einem Punkt
der Leitung eingeschaltet ist, so dass das Spülwasser beim Vorbeifliessen einen
Theil desselben löst und sich beimischt, oder es geschieht, wohl am einfachsten,
so, dass dem Spülwasser eine abgemessene Menge Desinfectionsflüssigkeit
zugesetzt wird.
Textabbildung Bd. 305, S. 217
Fig. 74.Spülvorrichtung von Kluge.
Mit einem Desinfectionsmittel in fester, im Wasser löslicher Gestalt arbeitet die
Einrichtung von Heinrich Kluge in Barmen (D. R. P.
Nr. 67446). In das Wasserzuleitungsrohr A (Fig. 74) wird mittels Ueberwurfmutter und
Kegelanschluss der Desinfectionstopf B eingesetzt,
dessen seitliche Stutzen CC an das Anschlussrohr
A passen; in einer Höhe, die ungefähr der
Rohrweite entspricht, liegt in dem Topf auf Stegen oder Stützen D ein Sieb E, welches
als Träger für das Desinfectionsmittel F dient. Auf
letzteres wird eine Platte G gelegt und der
derartig gefüllte Topf mit einem verschraubbaren Deckel L verschlossen unter Benutzung eines Dichtungsringes H zwischen dem Oberrand des Topfes und der
Innenseite des Deckels. In der Mitte des Deckels befindet sich ein nach innen
gehender Stift J, welcher einer Schraubenfeder K als Führung dient. Die Feder hat das Bestreben,
die Platte G sammt dem darunter liegenden
Desinfectionsmittel nach unten zu drücken. Das durch AC am Boden des Topfes durchströmende Wasser dringt durch das Sieb E hindurch, lost stets etwas von dem
Desinfectionsmittel auf und führt es in aufgelöstem Zustand mit sich fort. Da
hierbei die Berührung des Leitungswassers mit dem Desinfectionsmittel nur eine
sehr flüchtige ist, so wird auch die Menge der jedesmal in Lösung mitgeführten
desinficirenden Stoffe sehr gering sein.
Bedeutend energischer wird die Lösung der Desinfectionsstoffe in dem Apparat
nach D. R. P. Nr. 70264 (L. Dove, London) vor sich
gehen. Die ganze Vorrichtung wird (Fig. 75) in den
Spülkasten eingehängt. Die Construction des Apparates ist aus Fig. 76 ersichtlich.
Bedingung ist, dass der normale Wasserstand im Spülkasten über den höchsten
Punkt des Behälters A reicht. Gelangt nun das
Spülwasser beim Steigen an das Sieb C, so wird sich
der Hohlraum zwischen den beiden Böden mit Wasser füllen und letzteres beim
weiteren Steigen in den Behälter A eindringen, ohne
aber in Folge des Luftwiderstandes den Behälter auszufüllen. Es bildet sich auf
diese Weise im Bodenhohlraum eine Desinfectionslösung, welche, sobald das
Spülwasser über den Behälter A gestiegen ist und
wieder zurückfliesst, in Folge des nunmehr durch Rohr B strömenden Wassers mitgerissen wird und sich mit den Abgängen
mischt. Die Construction des Behälters A kann, je
nachdem eine starke oder eine schwache Lösung gewünscht wird, abgeändert werden.
Wird das Rohr B gerade durchgeführt, so dass in dem
Behälter A nach Entleerung des Spülkastens kein
Wasser zurückbleibt, so ist die Lösung verhältnissmässig schwach. Die
Ausführungsform nach Fig.
75 ergibt starke Lösungen. Das Rohr B ist
am unteren Ende nach oben umgebogen, so dass ein aufrecht stehender Arm B1 entsteht. In
Folge dessen bleibt beständig Wasser im Rohr und in dem Hohlboden zurück, und
die Lösung hat hinreichend Zeit, sich vollständig zu sättigen.
Textabbildung Bd. 305, S. 217
Spülvorrichtung von Dove.
Das Rohr BB1 muss an
der Stelle, wo es durch den Hohlraum unter dem Sieb C durchgeht, siebartig durchlöchert sein.
Textabbildung Bd. 305, S. 217
Fig. 77.Spülvorrichtung von Lucht.
Bei der nachfolgend beschriebenen Einrichtung (D. R. P. Nr. 71113) von C. Lucht in Hanau wird dem Wasser des Spülkastens
bei jedesmaliger Spülung eine bestimmte Menge Desinfectionsflüssigkeit
zugesetzt. Beim Steigen des Wassers in dem unteren grossen Behälter (Fig. 77) öffnet die Kippschale d das Ventil f,
wodurch dieselbe so weit mit Desinfectionsflüssigkeit gefüllt wird, bis durch
die Flüssigkeit selbst der Luftzutritt in den Desinfectionsflüssigkeitsbehälter
a und damit der Austritt von Flüssigkeit
abgeschlossen wird. Beim Sinken des Wassers in dem unteren Sammelbehälter kippt
die Schale um und entleert hierdurch die Desinfectionsflüssigkeit in das Spül-
oder Abwasser, während sich gleichzeitig das Ventil f schliesst und den weiteren Ausfluss von Desinfectionsflüssigkeit aus
dem Behälter a verhindert.
In ähnlicher Weise wird durch einen Taucherkolben, der von dem Wasserstande des
Spülkastens gesteuert wird, nach D. R. P. Nr. 65081 (F.
B. Hill in London) bei jedesmaliger Spülung Desinfectionsflüssigkeit
aus einem oberen Messgefäss verdrängt- und dem Spülwasser zugesetzt.
Mit einem Messbehälter, durch den bei der Spülung dem Spülwasser ein genau
abgemessenes Quantum Desinfectionsflüssigkeit zugesetzt wird, arbeiten die dem
Rheinischen Blechstanz- und Emaillirwerk Eugen v.
Rath in Ehrenfeld-Köln a. Rh. geschützten Spül Vorrichtungen nach den
D. R. P. Nr. 72002, Nr. 78160 und Nr. 78462. Eine dieser Vorrichtungen nach D.
R. P. Nr. 78160 sei beispielsweise besprochen. Es wird dabei wiederum ein
flüssiges Desinfectionsmittel, wie Carbolsäure, Kupfersulfat, Eisenchloridlösung
u.s.w., verwendet, das sich in einem geschlossenen Behälter b befindet; unter dem Boden des Behälters führt ein
Spülwasserrohr a zum Abort. Der Deckel des
Behälters b ist ebenfalls mit einer Oeffnung
versehen, die durch ein Ventil f verschliessbar ist
und durch ein Rohr g mit einem höher gelegenen
Vorrathsbehälter für das Desinfectionsmittel verbunden ist, derart, dass sich
der Behälter b mit Desinfectionsflüssigkeit füllen
muss, wenn das Ventil f geöffnet ist.
Textabbildung Bd. 305, S. 218
Fig. 78.Spülvorrichtung des Rheinischen Blechstanz- und Emaillirwerks
Eugen v. Rath.
Das Ventil d wird durch den Druck der in b befindlichen Flüssigkeit geschlossen gehalten,
welche Wirkung noch durch eine auf den Bund d1 der Ventilstange drückende Feder h erhöht werden kann. Das Oeffnen des Ventils d wird durch einen gabelförmigen Daumen i bewirkt, der auf einer quer durch den Behälter
b gehenden Welle m
angeordnet ist. Ein anderer Daumen k, der auf der
Nabe des Daumens i sitzt, hält das Ventil f geöffnet, so lange das Ventil d geschlossen bleibt, so dass
Desinfectionsflüssigkeit aus dem Vorrathsbehälter nach b fliessen kann. Die Welle m ist auf
ihrem einen Ende ausserhalb des Behälters b mit
einem Hebel n versehen, der in geeigneter Weise so
mit dem das Spülwasserventil bethätigenden Hebel verbunden ist, dass, wenn das
Spülwasserventil geschlossen ist, auch das Ventil d
geschlossen ist und die Daumen i und k sich in der in Fig.
78 gezeichneten Stellung befinden. Wird jetzt das Spülwasserventil,
das sich vor dem Behälter b befindet (etwa bei z, wenn das Wasser in der Richtung des Pfeiles y fliesst), geöffnet, wobei das Spülwasser durch
Rohr a nach dem Abortbecken strömt, so wird
der Hebel n abwärts bewegt und dadurch die Welle
m so gedreht, dass der Daumen k ebenfalls abwärts geht, wodurch Ventil f geschlossen wird, während der Daumen i sich aufwärts bewegt und durch Anschlag an den
Bund d1 das Ventil
d öffnet. Die in b
abgemessene Desinfectionsflüssigkeit fliesst jetzt durch c in das Rohr a, mischt sich mit dem
Spülwasser und gelangt mit diesem in das Abortbecken.
Ohne Wasserspülung, nur mit desinficirender Flüssigkeit und mit einem
Messbehälter einfachster und zweckmässigster Art arbeitet die
Desinfectionsvorrichtung von C. Martins in Berlin
(D. R. P. Nr. 70105). Die Wirkungsweise dieser Vorrichtung ist folgende:
Textabbildung Bd. 305, S. 218
Spülvorrichtung von Martins.
Ist der Deckel g des Aborts geschlossen, so ist der
obere Hahn e des Messbehälters geöffnet, der untere
e1 geschlossen.
Dabei befindet sich gleichzeitig die Schale c in
der Lage, bei der ihr Inhalt ausgeschüttet wird. Es strömt nun durch den oberen
Hahn e Desinfectionsflüssigkeit aus dem Behälter
a in den Messcylinder b. Damit dies nicht durch die darin befindliche Luft gehindert werde,
schliesst sich an das obere Ende ein Luftrohr v an,
das bis über den höchsten Stand der Flüssigkeit im Behälter a emporführt. Oeffnet man den Deckel g (Fig. 79), so
schliesst sich der obere Hahn e und es öffnet sich
der untere, so dass die Desinfectionsflüssigkeit durch die Leitung d1 fliesst und den
Trichter A bespült. Es kann der Ausfluss in Folge
der Anordnung des Luftrohres v ungehindert
geschehen. Gleichzeitig ist durch die Hebel klm die
Schale c in die Lage gelangt, in der sie die
Flüssigkeit und die Abfallstoffe aufnehmen kann. Beim Schliessen des Deckels
findet die Entleerung der Schale und die Neufüllung des Messcylinders in der
angeführten Art von Neuem statt.
Fig. 80 zeigt eine
abgeänderte Ausführungsform derselben Erfindung, bei der durch Anordnung zweier
Schalen über einander eine noch gründlichere Desinfection der Abgangsstoffe
bewirkt werden soll. Hier ist unter der Schale c
noch eine zweite Schale q angeordnet, die etwa von
dem Hebel h aus oder auf ähnliche Art durch Hebel
op vom Deckel g
aus bethätigt wird, und zwar in umgekehrter Art wie die Schale c. Die Schale q nimmt
dabei die aus der Schale c entleerten Stoffe auf
und bewahrt sie bis zur nächsten Benutzung des Aborts, wo dann erst die
Ausschüttung in die Abfallgrube erfolgt. In der Zwischenzeit kann die
Desinfectionsflüssigkeit eine gründliche Wirkung auf die Stoffe ausüben, so dass
Krankheitskeime sicher vernichtet werden.
Lüftung der Aborte.
Die Lüftung der Aborte wird meistens so bewirkt, dass bei den nicht mit
Wasserspülung versehenen Abortanlagen neben der das ganze Haus durchziehenden
Fallrohrleitung ein bis über das Dach reichendes Luftabführungsrohr angeordnet
wird, durch welches, eventuell von einem Ventilator oder von einer Heizquelle
(Lampe) beschleunigt, die verdorbene Luft der Aborte abgesaugt wird. Bei Aborten
mit Wasserspülung ist eine Lüftung des Abortraumes kaum nöthig, zumal wenn
derselbe durch einen Wasserverschluss gegen das Hochsteigen der Gase des
Abfallrohres gesichert ist. Doch wird vielfach, z.B. durch D. R. P. Nr. 74120
(H. A. Iukes in Winnipeg), auch bei
Wasserclosets eine Lüftung des Aborttrichters angestrebt. Derartige Lüftungen,
bei denen aus dem Aborttrichter die Luft durch ein Saugrohr abgesaugt wird,
können durch den entstehenden Zug für die den Abort Benutzenden schädlich
werden.
Textabbildung Bd. 305, S. 219
Fig. 81.Lüftung von Plöger.
Anders wirkt die Lüftung von Carl Plöger in Dessau
(D. R. P. Nr. 91077). Hier wird der Abortraum durch das in den Spülkasten
einströmende Spülwasser wie folgt gelüftet: Das Wasser, das durch die
Zerstäuberdüse a zerstäubt wird, reisst die aus dem
Abortraum durch das Rohr b nachströmende Luft mit
sich und bläst sie durch den Stutzen d ins Freie
(Fig. 81). Die Spülvorrichtung besteht aus
einem Glockenheber rs und einem Schwimmerventil io, dessen Schwimmer zugleich als Verdränger die
Ingangsetzung des Glockenhebers bewirkt.
Abortanlagen ohne
Wasserspülung.
Wenngleich zur Zeit fast alle grösseren Städte mit Schwemmkanalisation versehen
sind, so werden für mittlere und namentlich für kleinere Landstädte und
Landgemeinden die Aborte ohne Wasserspülung noch lange eine grosse Rolle
spielen, da namentlich für alle Landgemeinden die unmittelbare Verwendbarkeit
der Abfallstoffe zur Düngung von grösster Wichtigkeit ist und andererseits die
Schwemmkanalisation ihrer hohen Kosten wegen nur von grossen leistungsfähigen
Gemeinden durchgeführt werden kann. Ein der Schwemmkanalisation gleichwerthiges,
etwa billigeres und eine directe Verwerthung der Abfallstoffe gestattendes
System existirt, trotz des Liernur-Systems, zur Zeit noch nicht.
Für alle Abortanlagen, die aus den bekannten Haupttheilen: Trichter und
Abfallgrube, oder für mehrstöckige Häuser: Trichter, Abfallrohr und Abfallgrube
bestehen, ist die Bindung der Abfallstoffe durch Torfmull von der grössten
Bedeutung. Torfmull (nötigenfalls mit etwas Schwefelsäure angesäuert) hat nicht
nur desinficirende und geruchzerstörende Wirkungen, sondern das Gemenge von
Abfallstoffen und Torfmull ergibt ein für die Landwirthschaft so werthvolles
Düngemittel, dass dadurch bei sachgemässer Anlage eine bisher nicht erreichte
Ertragsfähigkeit derartiger Anlagen möglich erscheint.
Mit geringfügiger Abänderung der Anordnung erscheint eine Verwendung von Torfmull
wohl möglich bei der Abortanlage von Otto Poppe in
Kirchberg in Sachsen (D. R. P. Nr. 71313). Die Anlage ist kürzlich durch das
Zusatzpatent Nr. 92211 verbessert worden. Wie Fig. 82 und 83 zeigen, ist die
Einrichtung für Anlagen mit den bekannten Fallrohren bestimmt; sie dürfte für
gewöhnlich ohne Wasserspülung in Anwendung kommen und bei etwa schalenförmiger
Klappenform zur Aufnahme und Verwendung von Torfstreu im Aborttrichter selbst,
bei jedesmaliger Benutzung geeignet sein. Zum mindesten ist natürlich bei all
diesen Anlagen die Verwendung von Torfstreu in der Grube möglich. Es wird hier
in Folge des grossen Aufsaugevermögens der Torfstreu eine Bindung namentlich der
flüssigen Abfallstoffe erreicht, die verhindert, dass die Masse in Gährung
übergeht, wodurch die gesammten Abfallstoffe entwerthet werden würden. Zugleich
wird dadurch in einfachster Weise, ohne Anwendung von desodorisirenden
Substanzen, die selber unangenehme Gerüche entwickeln, der Entstehung der
pestilenzialischen Gase vorgebeugt, die den faulenden Stoffen einer nicht mit
Torfstreu behandelten Abfallgrube entströmen. Die Klappe A (Fig.
82 und 83) dient einerseits als Ersatz des bisher gebräuchlichen
Verbindungsrohres zwischen Aborttrichter und Abortrohr oder Kanalleitung, und
andererseits ermöglicht sie während der Nichtbenutzung des Aborts dichten
Abschluss der Abfalleitung C nach den Wohnräumen
hin. Zu diesem Zwecke ist die Klappe zu der Abortrohr- oder Kanalleitung derart
angeordnet, dass sie beim Oeffnen des Abortdeckels D bezieh. Niederklappen des Sitzbrettes oben zurückklappt (Fig. 82), um die
Ableitung der Excremente nach dem Abortrohr oder Kanal zu vermitteln, beim
Verlassen des Aborts beispielsweise unter Schliessung des Abortdeckels bezieh.
Hochklappen des Sitzbrettes dagegen dicht an die Abortrohr- oder Kanalleitung
herangeklappt wird, und dort besser abdichtet, als es die Abortdeckel zu thun
pflegen. Sind die Klappen A an das Rohr C herangeklappt (Fig. 83), so ist die
Abfalleitung durch alle Stockwerke durchgehend ein ununterbrochenes Rohr ohne
alle Abzweigungen bezieh. Unterbrechungen, wodurch die Abführung der Gase und
Lüftung des Systems, etwa über das Dach des Hauses weg, sehr erleichtert
wird.
Textabbildung Bd. 305, S. 219
Abortanlage mit Verwendung von Torfmull von Poppe.
Vielfach wird, namentlich bei Aborten ohne Wasserspülung, eine Trennung der
festen und flüssigen Abfallstoffe erstrebt. In sehr einfacher Weise erfolgt
diese Trennung durch Einschaltung einer kreisförmig oder parabolisch gebogenen
Fläche, an der die Abfallstoffe entlang gleiten. An der Krümmung fallen die
festen Stoffe ab in eine gesonderte Leitung oder Grube, während die flüssigen am
gebogenen Blech weiter entlang in eine zweite Leitung abfliessen. (D. R. P. Nr.
72066, Zusatz zu Nr. 66916 von M. v. Nadiein, B.
Ewdokimoff und S. v. Baschmakoff in Petersburg.) Bei diesem Patent
sowohl als auch bei dem sehr ähnlichen D. R. P. Nr. 82474 (Dr. Z. Koiransky in München) erfolgt Mischung der
festen Bestandtheile (nach der Trennung) mit Torfstreu. Bei dem letzteren Patent
erfolgt die Zuführung von Torfstreu zur Sammelgrube bei jedesmaliger Benutzung
eines Aborts selbsthätig durch eine vom Abortsitze oder -deckel bethätigte,
eigenthümlich geformte Kratze, die aus einem Behälter ein Quantum Torfstreu
entnimmt.
Ganz abgesehen von der Anwendung der Torfstreu wird durch diese Trennung der
festen und flüssigen Stoffe die schlimmste Gährung, die nur bei Mischung beider
entsteht, verhindert.
Textabbildung Bd. 305, S. 220
Fig. 84.Geruchfreies Abführen der Abfallstoffe von Rudolph.
Eine recht eigenartige Anlage ist die nach dem D. R. P. Nr. 79060 von Rudolph in Zittau. Sie ist wohl aus besonderen
örtlichen Verhältnissen hervorgegangen, dürfte aber kaum als eine zweckmässige
Lösung der gestellten Aufgabe, die Abfallstoffe ohne Wasserspülung geruchfrei
abzuführen, anzusehen sein. Eine Reihe Sitztrichter bb1 (Fig.
84) ist neben einander angeordnet und durch ein fast wagerechtes
Sammelrohr a mit einander verbunden. In den
Sitztrichtern und natürlich auch im Rohr a, sowie
auch in dem Staurohr d sammeln sich die Fäkalien
etwa bis zu dem oberen punktirten Strich, worauf nach Lüftung eines Ventils e ein Theil der Masse abgeleitet und dem Abfallrohr
gi zugeführt wird. Nach Schluss des Ventils e und Oeffnen von h
fliesst die Masse endgültig ab. Ein Aufsteigen von Gasen aus dem Abfallrohr ist
in Folge der Anordnung der Ventile eh, die
schleusen artig wirken, zwar nicht möglich, wohl aber werden die in den
Trichtern bb1
angestauten Fäkalien, die nicht getrennt sind und auch nicht durch Torfstreu
gebunden werden können, da sie sonst nicht mehr abfliessen würden, die Anlage
sicherlich nicht als geruchfrei erscheinen lassen.
Verschiedenes (Klappen und Deckel für Aborttrichter u. s.
w).
Aus der grossen Zahl der an Aborten geschützten Einrichtungen sei noch auf
einzelne wichtigere hingewiesen. Nach D. R. P. Nr. 84733 (R. Sternkopf in Leipzig-Reudnitz) ist der Deckel
mit einer Fangschale derart zwangläufig verbunden, dass, wenn der Deckel zur
Benutzung geöffnet wird, sich die als halbkugelförmige Kippschale ausgebildete
Fangschale zur Aufnahme der Fäkalien aufrichtet. Umgekehrt, wenn der Deckel
geschlossen wird, kippt die Fangschale um, gibt die Abfallstoffe ab und
schliesst mit ihrer oberen Rundung den Aborttrichter ab.
Ebenfalls mit einer Kippschale ist die Anlage des D. R. P. Nr. 83316 (A. Rudolf und J.
Holfeld in Georgswalde) ausgerüstet; doch ist die Kippschale hier in
Kugelform ausgebildet und mit zwei diametral gegenüberstehenden Trichtern
ausgerüstet, von denen der eine als Pissoir gebraucht werden soll, während der
andere, der als Abortfangschale dienen soll, erst bei Belastung des Sitzbrettes
nach oben zur Aufnahme der Fäkalien gedreht wird, die er bei Entlastung, in
seine Anfangsstellung zurückkehrend, abgibt. Die kugelige Schale schliesst an
dem Aborttrichter zwecks Abschluss von aufsteigenden Gasen möglichst dicht
an.
Klappenverschlüsse für den Aborttrichter sind vielfach gebräuchlich; meistens
dichten sie aber nicht ab, da ein gasdichter Abschluss der Klappe an dem
Trichter durch sich zwischensetzende Unreinlichkeiten verhindert wird. Die
Klappe nach D. R. P. Nr. 80019 (W. Krebs in
Düsseldorf) dichtet mit Wasser ab, das auch ohne dauernde Wasserspülung erhalten
bleibt und nur gelegentlich bei starker Verunreinigung oder Verdunstung erneuert
zu werden braucht. Beim Aufklappen der Schale k geht dieses Dichtungswasser nicht verloren, sondern sammelt sich
(Fig. 85) in dem wulstartigen Rand m. Die Klappe ist im Uebrigen entgegen vielfach
gebräuchlicher Anordnung so mit dem Deckel verbunden, dass sie, wenn der Abort
benutzt wird, also der Deckel d geöffnet ist,
ebenfalls nach unten aufgeklappt ist. Sie selbst und damit auch das
Dichtungswasser ist somit vor Verunreinigung nach Möglichkeit geschützt.
Textabbildung Bd. 305, S. 220
Fig. 85.Klappenverschluss für den Aborttrichter von Krebs.
In den Geruchverschlüssen der Aborte entstehen bekanntlich häufig Verstopfungen,
die zu beseitigen ohne Gefahr der Verstopfung des Abfallrohres nicht immer
möglich ist. Das D. R. P. Nr. 71930 von J. Fisch in
München strebt die Möglichkeit der gründlichen Beseitigung von Verstopfungen im
Wasserverschluss und auch im Abfallrohr dadurch an, dass der ganze
Wasserverschluss b gekippt werden kann (Fig. 86). Die Schale b steht also bei gewöhnlichem Gebrauch stets in der hochgeklappten
Stellung als Geruchverschluss und wirkt in bekannter Weise als Siphon. Wird sie
heruntergeklappt (punktirte Stellung), so ist die Beseitigung von Verstopfungen
bis in das Abfallrohr c hinein mit einfachen Haken
möglich. Die Pfeile in dem dünneren Steigrohr und dem oben am Knie abgehenden
Zweigrohr deuten eine leicht herstellbare Lüftung der Abfalleitung an.
In Folge ungeschickter Montage, bei schnellem Temperaturwechsel platzt leicht der
an das Abfallrohr anschliessende Halsansatz des Aborttrichters. Um dies zu
verhindern, wird die Dichtung zwischen Trichterhals und Abfallrohrstutzen öfters
durch eine Gummimuffe elastisch gemacht. Eine eigenthümlich geformte Muffe
dieser Art ist Gegenstand des D. R. P. Nr. 85730 (C. R.
Schmidt in Baltimore). Die Muffe hat eine Reihe radial stehender
Lippenflanschen, die sich beim Aufstecken des Anschlussrohres dachziegelartig an
dieses und über einander legen und so eine recht gute und elastische Dichtung
ergeben.
Textabbildung Bd. 305, S. 220
Fig. 86.Geruchsverschluss von Fisch.
Eine hydraulische Verbindung zwischen Abfallrohr und Aborttrichter wird nach D.
R. P. Nr. 88510 (C. P. Jamieson in Alwick, England)
in der Weise hergestellt, dass das Wasser in dieser Rohrverbindung bei
jedesmaliger Spülung durch ein Zweigrohr erneuert wird. Die hydraulische
Verbindung von Trichter und Abfallrohr gestattet einerseits recht erhebliche
Unterschiede bei der Montage und sichert andererseits beiden Theilen volle
Beweglichkeit gegen einander unter der Voraussetzung, dass das Wasser vor dem
Einfrieren geschützt ist.
Strassenkanalisation.
Fast allgemein herrscht, wie bereits erwähnt, wenigstens bei uns in Deutschland für
grössere Städte, die Schwemmkanalisation vor. Sie hat zwar ihre grossen Uebelstände
wegen der Entwerthung der Dungstoffe in Folge ihrer Vermischung mit dem Ablaufwasser
der Strassen und der fortgesetzt nothwendigen Kanalspülungen, sie ist auch in
gesundheitlicher Beziehung nicht einwandfrei, da sie bei Undichtigkeiten, die bei
älteren Leitungen fast unvermeidlich erscheinen und die bei der jetzt üblichen
Verlegung der Rohre unmittelbar in den Erdboden lange unbemerkt bleiben können,
leicht eine gefährliche Versumpfung und Verseuchung des Untergrundes im Gefolge
haben kann. Aber die anderen Systeme, ob sie nun die Abfallstoffe (ebenfalls in
Untergrundrohrleitungen) durch ein Vacuum nach Sammelbehältern ansaugen
(Liernur-System) oder durch Druckluft fortbefördern, oder Hauswässer und
Niederschlagwässer in getrennten Leitungen abführen, leiden nach den bisherigen
Erfahrungen, wie es scheint, an schlimmeren Uebelständen, die in grösserer
Betriebsunsicherheit gipfeln. Erwähnt sei, dass ein neueres Patent (Nr. 74705) von
W. Parje in Frankfurt a. M. die Trennung der festen
Bestandtheile als werthvoller Dungstoffe von den Abwässern durch Anordnung zweier in
einander liegender Kanäle anstrebt, von denen der engere mit siebartigen Oeffnungen,
am Scheitel des weiteren Kanals liegend, die festen Stoffe abführt, während der
weitere Kanal Haus- und Strassenabwässer aufnimmt.
Ein anderes Patent (Nr. 75229) von L. Brand in Essen a.
d. Ruhr bezweckt mit Druckluftbetrieb die vollständig selbsthätige Entleerung der
Grubenbehälter dadurch, dass die Druckluft und die zuströmenden Fäkalien abwechselnd
einen die Einlass- und Auslassöffnungen schliessenden bezieh. öffnenden Rundschieber
steuern.
Textabbildung Bd. 305, S. 221
Fig. 87.Kanalisationsrohr von Babcock.
Die Ableitung des sich erfahrungsgemäss gerade an den Kanalisationsrohren sammelnden
Grundwassers wird durch die unter Nr. 67405 und Nr. 68759 S.
E. Babcock in Little Falls patentirten Rohre bezweckt. Bei dem ersteren
dieser beiden Patente wird das Grundwasser, sobald es den Scheitelpunkt des Hebers
a überschreitet, in das Kanalisationsrohr abgeführt
(Fig. 87). Der Austritt von Gasen aus dem
Hauptrohr b ist durch den sich am Grunde des Hebers
bildenden Wasserverschluss hierbei zwar verhindert, dagegen ist – durch
Rückstauklappen c, die bekanntlich ohne öftere
Reinigung nicht dichten – der Ausfluss der Abwässer aus dem Rohr b bei Verstopfungen, Wolkenbrüchen u.s.w. in das
umgebende Erdreich nur unvollkommen verhindert.
Bekannt ist es, das Grundwasser durch hohle Sohlsteine der Kanalisationsröhren
abzuführen. Sind diese Sohlsteine aber nicht richtig construirt, so dringt mit dem
Grundwasser so viel Schlamm in dieselben ein, dass sie nach kurzer Zeit verstopft
sind und demnach versagen. Der Zweck des zweiten bereits erwähnten Patentes (Nr.
68759) ist es, diesen Uebelstand durch eine eigenartige Gestaltung des Sohlsteins zu
vermeiden. Derselbe (Fig. 88) hat zwei Kanäle, die
durch eine Scheidewand getrennt sind. Aus dem Kanal a, in den das Grundwasser zuerst eintritt, steigt dasselbe über die
Scheidewand b in den Kanal c. Aller Schmutz lagert sich im Kanal a ab;
doch kann dieser, wenn die Oeffnungen d zweckmässig
gestaltet sind, weder den Kanal a verstopfen, da er
stets wieder durch die Oeffnungen d nach unten
herausgespült wird, noch kann er über die Scheidewand nach dem eigentlichen
Abführungskanal c gelangen.
Textabbildung Bd. 305, S. 221
Fig. 88.Kanalisationsrohr von Babcock.
Textabbildung Bd. 305, S. 221
Fortschwemmung des Schlammes von Liernur.
Die Fortschwemmung des in den Kanalisationsrohren sich absetzenden Schlammes wird
durch schräg ansteigende Staublätter b (Fig. 89 und 90) von
pflugscharähnlicher Gestalt nach dem D. R. P. Nr. 82972 der Gebrüder Liernur in Boulogne sur Seine bezweckt. Es entstehen dadurch
erstens Wirbel, die den Schlamm aufwühlen, hauptsächlich aber wird bei niedrigem
Wasserstand und überhaupt nahe am Boden eine Verengung des Profils erreicht, die
durch gesteigerte Durchflussgeschwindigkeit der Ablagerung von Sinkstoffen
entgegenwirken soll.
(Schluss folgt.)