Titel: | Röhren und Röhrenverbindungen. |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 225 |
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Röhren und Röhrenverbindungen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 202 d.
Bd.)
Röhren und Röhrenverbindungen.
Die Aufstellung von Normalien für die Abmessungen von
Hausentwässerungsleitungen und Leitsätzen für die Dichtung derselben ist für
verschiedene Rohrarten bereits mit Erfolg versucht worden. Die gusseisernen und
schmiedeeisernen Röhren z.B. werden schon seit einer Reihe von Jahren nach
feststehenden, von den hervorragendsten Röhrenwerken vereinbarten Abmessungen
geliefert. Nach einem Vortrage von Unna im Architekten-
und Ingenieurverein für Niederrhein und Westfalen sind (nach der Bauzeitung) auch für andere Röhren dergleichen
Normalien aufgestellt worden. Wir geben den bemerkenswerthen Vortrag nachstehend
wieder:
I. Thonrohre.
Für Hausentwässerungsleitungen werden verwendet: die Lichtweiten 0,10, 0,15,
0,20, 0,225, 0,25 m. Doch dürfte gleichzeitig auch darauf hinzuwirken sein, dass
grössere Lichtweiten von 5 zu 5 cm, also von 0,25 auf 0,30, 0,35, 0,40, 0,45
u.s.w., anstatt der in Berlin üblichen Lichtweiten 0,21, 0,24 u.s.w. mit 3 cm
Mehrlichtweite fortschreitend, von den Thonrohrfabriken gefertigt werden und
allgemein für städtische Kanalisationszwecke zur Verwendung gelangen. Ebenso
dürften Normalien für die Wandstärke, Muffenform, Muffenweite u.s.w.
aufzustellen sein, da heute fast jedes grössere Thonwerk seine eigenen Modelle
besitzt, die von den Modellen anderer Werke mehr oder weniger abweichen. Durch
eine einheitliche Regelung würden sowohl die Behörden wie Private in die Lage
versetzt sein, stets Normalrohre anfordern zu können, womit der
Thonwaarenindustrie nur gedient sein kann.
Bezüglich der Dichtung der Thonrohre sind folgende Ausführungen üblich:
1) Lettendichtung (plastischer Thon). Diese Dichtung empfiehlt sich jedoch wegen
der geringen Widerstandsfähigkeit gegen äusseren und inneren Druck und der
Gefahr der Zerstörung durch Pflanzenwurzeln und Würmer, wie dies häufig
beobachtet ist, trotz der grossen Vortheile der Nachgiebigkeit bei etwaigen
Setzungen des Bohrstranges nicht.
2) Cementdichtung. Diese Dichtung hat den Vortheil der Drucksicherheit, birgt
jedoch die Gefahr in sich, einmal durch Treiben des Cements die Muffen zu
sprengen, ferner aber eine vollkommen starre Verbindung herbeizuführen, welche
leicht zu Brüchen des Rohrstranges bei etwa eintretenden Senkungen des
Untergrundes führen kann.
3) 1 und 2 vereinigt in der Weise, dass eine innere Cementdichtung mit einem
äusseren Lettenwulst zur Anwendung gelangt oder umgekehrt. Diese Dichtung
versucht, die Vortheile der Dichtungen unter 1 und 2 zu verbinden und die
Nachtheile derselben unschädlich zu machen. Dieselbe wird daher in letzter Zeit
meistens verwandt.
4) Asphaltdichtung, welche in neuester Zeit in Anwendung kommt. Diese
Dichtungsart, welche auf Veranlassung des Stadtbauraths a. D. Lindley schon seit mehreren Jahren in Elberfeld
durchgeführt wird und mit welcher auch neuerdings Versuche in Berlin und
Hannover angestellt worden sind, hat auch mich veranlasst, eingehende Versuche,
welche demnächst zur Veröffentlichung gelangen, mit diesem Material zu machen.
Dieselben haben ergeben, dass der Asphalt bedeutend besser am Steingut haftet
als Cement und dass derselbe ausserdem die erwünschte Elasticität besitzt, die
der Cementdichtung abzusprechen ist. Bei diesen Versuchen ist jedoch
festgestellt worden, dass die billigen, von Fabriken angepriesenen
Asphaltsurrogate, welche zum grossen Theil aus Steinkohlenpech bestehen, sich
hierfür nicht eignen. Dagegen haben Mischungen aus 1 Th. Vorwohler Mastix und 1
Th. Goudron vorzügliche Ergebnisse geliefert, während sich die von Lindley vorgeschlagene Mischung von 1 Th. Mastix
und 2 Th. Goudron als zu weich herausgestellt hat.
II. Eisenrohre.
Von Eisenrohren kommen zur Verwendung:
A. Gussrohre, und zwar: 1) die sogen. „schottischen Rohre“, 2) die sogen.
„Lauchhammer“ auch „deutsche Rohre“ genannt, 3) die sogen.
„schweren Rohre“ nach den für Druckrohre aufgestellten Normalien des
Vereins deutscher Ingenieure, 4) verschiedene Dimensionirungen, aufgestellt von
den Stadtbauämtern Frankfurt a. M., München u.s.w.
B. Schmiedeeiserne Rohre, und zwar: 1) verzinkte Eisenrohre, 2)
Mannesmann-Rohre.
Wie die in der Sitzung ausgestellten schottischen und deutschen Rohre zeigen und
wie wohl allgemein anerkannt wird, genügen dieselben für Hausentwässerungszwecke
keineswegs. Nicht nur, dass die Wandstärken viel zu gering bemessen sind und ein
Bruch oder eine Verletzung derselben sehr leicht herbeigeführt werden kann,
lassen die Muffenabmessungen eine ordnungsmässige Bleiverstemmung nicht zu. Die
Folgen dieser Undichtigkeiten sind die Versäuchung des Untergrundes unter
unseren Wohnräumen und das Eindringen der Kanalluft in dieselben, welchen
Gefahren mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln entgegen zu arbeiten ist.
Andererseits dürfte zugegeben werden, dass die für Wasserleitungszwecke auf
hohen Druck geprüften Rohre nach den Normen des Vereins deutscher Ingenieure für
Hausentwässerungszwecke zu starke Abmessungen besitzen. Wenn auch unter
Kellersohle und an den Stellen, wo eine Zugänglichkeit und Ueberwachung der
Rohre nicht möglich ist, dieselben am Platze sein dürften, so würden für Rohre,
welche zugänglich verlegt sind, Abmessungen genügen, welche zwischen denen der
schweren – und denen der deutschen – Rohre liegen. Es würde auf diese Weise auch
darauf hingewirkt werden, dass alle Leitungen möglichst zugänglich verlegt
werden, was wiederum für die Unterhaltung und Ueberwachung der Leitungen von
grossem Werthe ist. Für die gängigen Rohrabmessungen dürften folgende
Wandstärken in Vorschlag zu bringen sein:
Durchmesser:
50
65
80
100
120
150
200
mm
Wandstärken:
5
5
5
6
7
8
9
mm
und eine dementsprechende Muffenwandstärke.
Schmiedeeiserne Rohre werden nur in seltenen Fällen für Hausentwässerungen
verwandt, da der Preis sich zu hoch stellt, zumal da eine Verzinkung der Innen-
und Aussenwandung stattfinden muss. Die Mannesmann-Rohre, welche sich ebenfalls
sehr gut für diesen Zweck eignen, da die Rostbildung eine bedeutend geringere
ist als bei Gussrohren, haben wegen des hohen Preises noch wenig Verwendung
gefunden.
Bezüglich der Dichtung der Gusseisenrohre ist leider die Cementdichtung und sogar
Kalkmörteldichtung sehr verbreitet, obgleich dieselbe durchaus ungenügend ist,
zumal für Sohlenleitungen. Schon bei geringem Ueberdruck findet ein Schweissen
der Muffen statt. Ebenso erscheint die Mennigdichtung mit Hanfeinlage als
ungenügend, da
dieselbe für liegende Leitungen keine Sicherheit gegen Druck bietet und für
stehende Leitungen an der der Wand zugekehrten Seite des Rohres sehr schwer
ausführbar ist. Es dürfte daher überall eine Bleidichtung vorzuschreiben sein,
indem nach Einbringen einer Hanfverstemmung ein Vergiessen mit Blei stattfindet,
welches dann in ordnungsmässiger Weise zu verstemmen ist. Nur auf diese Weise
ist eine genügende Sicherheit gegen das Eindringen von schädlicher Kanalluft in
die Wohnräume gewährleistet. Vielleicht dürfte für senkrechte Rohrleitungen eine
Asphaltdichtung in Erwägung zu ziehen sein.
III. Bleirohre.
Wie bekannt, ist das Bleirohr in Folge der Weichheit des Materials sehr leicht
Formänderungen ausgesetzt, welche bei nicht sachgemässer Verlegung, besonders
durch die Befestigung derselben auf unebenem Mauerwerk durch Eisenklammern
anstatt durch verlöthete Messingbänder auf Holzunterlage entstehen. Ausserdem
aber werden bei der Verwendung dünnwandiger Bleirohre durch Senkungen in Folge
des eigenen Gewichtes häufig Ausbauchungen in den Röhren verursacht, welche zu
Schlammablagerungen und Verstopfungen Veranlassung geben. Um diese Ausbauchungen
zu verhindern, werden die Bleirohre häufig fest eingemauert. Es wird jedoch auf
diese Weise nicht nur die Ueberwachung der Leitung unmöglich gemacht, sondern
dem Feind der Bleirohre, Kalk und Cement, Gelegenheit gegeben, zersetzend auf
das Material einzuwirken. Diesem Mangel kann nun entgegen gewirkt werden durch
stärkere Abmessungen und durch sachgemässe Verlegung auf Holzunterlagen. Die
bisher üblichen Wandstärken für Bleirohre von 25, 40 und 50 mm Durchmesser
betragen nur 2 bis 3 mm, während Stärken von 4 mm für 25 mm Durchmesser, 4,5 mm
für 40 mm Durchmesser und 5 mm für 50 mm Durchmesser zu fordern sein
dürften.
Aber nicht nur für die engeren Entwässerungsrohre, sondern auch für die
secundären Entlüftungsrohre dürften an Stelle der bisher üblichen Zinkrohre nur
Bleirohre zur Verwendung kommen, da bei Zinkrohren eine dichte Verlöthung an den
der Wand zugekehrten Stellen der Rohre nur sehr schwer ausführbar ist und eine
Dichtung mit Mennige und Hanf keine genügende Sicherheit gegen das Durchdringen
der Kanalluft bietet. Für diese Rohre dürfte jedoch bei sauberer Verlegung eine
Wandstärke von 2 bis 3 mm genügen.
Was nun die Dichtung derselben anbetrifft, so ist bei der Verbindung von
Bleirohren unter einander hier im Allgemeinen die Kelchnaht üblich, welche
jedoch, wenn dieselbe nicht ganz sauber ausgeführt, ihre grossen Nachtheile hat.
In England wird allgemein und mit Recht für Entwässerungsrohre die Plombennaht
angewandt, dagegen die Kelchnaht und sogen. glatte Naht nur für Luftrohre
zugelassen. Die englischen Verbindungsstücke, welche der Vortragende durch
Vermittelung eines englischen Collegen, Liberty,
erhalten hat, zeigen die Vortheile dieser Verbindungsweise in anschaulicher
Weise. Die häufig vorkommende Verbindung von Bleirohr mit Eisenrohr, welche sich
durch Bleidichtung nicht unmittelbar herstellen lässt, wird hier im Allgemeinen
durch Dichtung mit Hanf und Mennige hergestellt, welche Dichtung jedoch den zu
stellenden Anforderungen, wie bereits oben erwähnt, nicht genügt. In England
wird diese Verbindung gewöhnlich durch Einschaltung eines
Messingzwischenrohres erzielt, welches mit dem Eisenrohre durch Bleidichtung,
mit dem Bleirohre durch eine Plombennaht verbunden ist. Diese Verbindung kann
aber auch durch eine Flanschenverbindung, wie dieselbe von Lindley in Elberfeld, Mannheim u.s.w. angewandt
wird, in befriedigender Weise erzielt werden. Die Verbindung von Bleirohren mit
Zinkrohren lässt sich durch Verlöthung herstellen, während für die Verbindung
zwischen Bleirohren und Steingut oder Porzellan die Gummidichtung zu empfehlen
ist, und zwar in besonderen hierfür hergestellten Modellausführungen.
IV. Zinkrohre.
Dieselben werden für Regen abfallrohre und für Luftrohre in Verlängerung der
Fallrohre verwandt. Hierfür sind jedoch auch papierähnliche Wandstärken in
Gebrauch, welche als durchaus ungenügend zu bezeichnen sind. Es dürfte hierfür
kein schwächeres Zinkblech als Nr. 12 (0,66 mm stark) zur Verwendung kommen. Die
Verbindung derselben müsste, falls die Rohre mit der Kanalluft in unmittelbarer
Verbindung stehen, durch vollständige Verlöthung der Quer- und Längsnähte
erfolgen.
V. Sonstige
Materialien.
Als sonstige Materialien für Rohre sind noch Messing- und Kupferrohre zu
erwähnen. Dieselben werden jedoch ausschliesslich für Bade-, Closet- und
Pissoireinrichtungen verwandt, falls es beabsichtigt wird, denselben ein
vornehmes Aussehen zu verleihen, und es kann daher von einer Normirung der
Abmessungen für diese Rohre Abstand genommen werden.
Nachdem durch vorstehende Ausführungen in kurzen Umrissen versucht war, die
Nothwendigkeit einer Klärung und Regelung dieser Angelegenheit nachzuweisen,
wies der Vortragende darauf hin, dass die Hausentwässerungsanlagen in
hygienischer Beziehung zu den wichtigsten Factoren bei der Ausführung von
Gebäuden gezählt werden müssen und dass dies auch von den Verwaltungsorganen der
meisten grösseren deutschen Städte, welche eine Kanalisationsanlage besitzen,
dadurch anerkannt worden sei, dass die Herbeiführung eines gesundheitstechnisch
guten Zustandes der Hausentwässerungsanlagen durch ortspolizeiliche Bestimmungen
geregelt ist. Diese ortspolizeilichen Bestimmungen fordern jedoch nur das
geringste Maass dessen, was aus gesundheitstechnischen Gründen gefordert werden
muss, und es schliesst sich die Ausführung der Anlagen leider möglichst eng an
dieses häufig zu niedrig bemessene Minimum an. Wie oben erwähnt, wird in
Deutschland sowohl auf Ausführung als auf Unterhaltung und Ueberwachung der
Hausentwässerungsanlagen bis jetzt ein viel zu geringer Werth gelegt, der sich
am deutlichsten in den in generellen Kostenanschlägen für Wohngebäude üblichen
Anschlagssummen zeigt. Während hier im Allgemeinen 1 Proc. der Bausumme für Ent-
und Bewässerung der Gebäude als ausreichend angegeben wird, und zwar auf jedes
etwa ½ Proc., wird in England allgemein 4 Proc., und zwar 1 Proc. für
Bewässerung und 3 Proc. für Entwässerung angesetzt. Nur die Festsetzung von
Normalien und eine Einwirkung auf die Behörden, die ausführenden Architekten und
das bauende Publicum, höhere Normalien für die Ausführungen vorzuschreiben, kann
diesem Treiben entgegen wirken. Damit würde nicht nur diesen, sondern ebenso der
Industrie ein grosser Dienst erwiesen werden.
Allgemeines über Dampfleitungen.
Die Dampfleitungen werden häufig Veränderungen unterworfen. Der Fabrikant ist jedoch
nicht immer in der Lage, einen Fachingenieur dabei zu Rathe zu ziehen, obschon durch
verfehlte Anordnung Veranlassung zu Rohrbrüchen gegeben werden kann, die ausser dem
verursachten materiellen Schaden auch das Leben der Arbeiter gefährden. Gesteigert
wird diese Gefahr durch die immer mehr in Anwendung kommende Verwendung
hochgespannten und auch überhitzten Dampfes, welcher den Vortheil bietet, den durch
Condensation entstehenden Kraftverlust möglichst einzuschränken. Die Anforderungen
an die Festigkeit der Leitungen werden hierdurch wesentlich gesteigert, und nur
durch geeignete Wahl des Materials und richtige Anordnung aller Theile kann man sich
vor Schaden bewahren. Beachtenswerth sind die Ausführungen eines auf diesem Gebiete
hervorragenden Fachmannes, des Geh. Admiralitätsrathes a. D. Gurlt.
Bei Betrachtung der Mängel, welche zu Brüchen von Dampfleitungen führen können,
finden wir zunächst eine solche Anordnung der Rohre, dass sie Wassersäcke bilden.
Unter gewöhnlichen Verhältnissen müssen sich diese immer vermeiden lassen. Sind sie
jedoch einmal vorhanden, sei es in Folge verfehlter Anlage oder unvermeidlicher
kurzer Biegungen, so muss für ausreichende Entwässerung an richtiger Stelle gesorgt
werden. Als Regel soll gelten, dass die Dampfleitung von den Kesseln ohne Steigung,
womöglich sogar mit etwas Fall, bis zum Hauptwassersammler vor den Kochern,
Trockencylindern, Dampfmaschinen u.s.w. geführt wird. Das in die Leitung gelangte
Wasser sucht dann nicht dem Dampfstrom entgegen zu fliessen, sondern wird von
demselben ohne Widerstand in den Wassersammler mitgeführt. Aus letzterem ist das
Dampfrohr unmittelbar zum Verbrauchsort zu leiten und zwar mit ununterbrochener
Steigung, wenn es nach oben geführt werden muss, damit das sich condensirende Wasser
ungehindert in den Wassersammler zurückfliessen kann. Der Wassersammler selbst muss
reichlich gross bemessen sein, damit er auch bei stärkerem Ueberkochen, was bei
angestrengtem Betrieb oft vorkommt, alles Wasser aus den Dampfrohren aufnehmen kann.
Man muss ihn stets rechtzeitig entleeren und daher mit Wasserstandglas versehen. Um
übermässiger Bildung von Condenswasser vorzubeugen, müssen alle dampfführenden
Theile, auch Ventile und sonstige Gehäuse, mit Ausnahme der Flanschen und
Stopfbüchsen, gut und wirksam bekleidet sein. Dadurch wird nicht nur die
Betriebssicherheit der Rohrleitung erhöht, sondern man spart auch Kohle und
verhindert lästige Erwärmung der Räume, durch welche die Dampfleitung geführt
wird.
Bei langen Leitungen sind Expansionsvorrichtungen nothwendig, welche die durch die
Temperaturunterschiede hervorgerufene Ausdehnung und Verkürzung der Leitung
aufnehmen, ohne dass das Metall der Leitung durch Zug oder Druck beansprucht wird.
Zu diesem Zweck sind die sogen. Expansionslinsen ebenso wenig zu empfehlen, wie die
trompetenförmigen Erweiterungen, die zuweilen zu diesem Behuf in die Leitung
eingeschaltet werden. Denn diese müssten wegen ihres grösseren Durchmessers grössere
Wandstärke haben als die Rohrleitung selbst und könnten deshalb nicht mehr genügend
federn. Aus demselben Grund lassen sich auch Rohrkniee nicht vortheilhaft verwenden,
da auch diese mit Rücksicht auf die Schwächung ihrer convexen Seite aus
dickerem Material hergestellt werden müssen als die geraden Theile und deshalb die
für Expansionsvorrichtungen nöthige Schmiegsamkeit nicht besitzen. Vielmehr würden
in diesen starke Materialspannungen entstehen, die, in Verbindung mit der
Beanspruchung durch den Dampfdruck, ihnen selbst, insbesondere aber ihren Flanschen
verbin düngen mit den anschliessenden Rohrtheilen gefährlich werden müssten.
Als Expansionsvorrichtungen bleiben somit nur die Stopfbüchsen übrig, deren Anordnung
in den einzelnen Theilen der Dampfleitung mit grosser Sorgfalt getroffen werden
muss, da sie nicht nur die durch die Temperaturveränderung verursachte Bewegung der
Rohre gestatten, sondern auch alle Erschütterungen aufnehmen müssen, welche durch
die elastische Bewegung der Kessel, der Kocher, der Dampfmaschine verursacht werden.
Mit Rücksicht auf diese Erschütterungen sind lange, sich frei tragende Rohrstränge
ungünstig, da diese eine durch ihr Eigengewicht verstärkte schleudernde Bewegung
erleiden, welche die Festigkeit der Rohre beeinträchtigt und die Flanschendichtungen
zu lockern bestrebt ist; sie müssen daher an den Wänden aufgehängt werden. Ferner
hat man dafür zu sorgen, dass die Rohre nicht durch den Dampfdruck aus den
Expansionsstopfbüchsen herausgedrängt werden können. Wenn eine ganz gerade
Rohrleitung die Kessel mit der Maschine oder den Kochern verbindet, so ist hierfür
keine besondere Einrichtung nöthig, da die Kessel einerseits, die Maschine oder die
Kocher andererseits den durch den Dampfdruck verursachten Längsschub des
Rohrstranges aufnehmen. Wo jedoch Krümmer vorhanden sind, ist eine besondere
Verankerung nöthig. Hierbei sind jedoch die Krümmer möglichst geringen
Biegungsursachen auszusetzen und namentlich alle Hebelwirkungen zu vermeiden, durch
welche die Rohrflanschen der Krümmer sowohl, als auch die mit ihnen verschraubten
Theile gebrochen werden könnten.
Ueberhaupt ist nach Möglichkeit zu erstreben, dass die Rohrflanschen und ihre
Schrauben nur diejenige Beanspruchung erfahren, welche zum Dichthalten der
Flanschenverbindung erforderlich ist, und nicht ausserdem noch weiteren Zug- oder
Biegungsursachen ausgesetzt werden. Bei einem geraden Rohrstrang, dem die nöthige
Längsbeweglichkeit zwischen seinen äusserlich verankerten oder sonstwie festgelegten
Enden gesichert ist, fallen Nebenbeanspruchungen jener Art fort. Rohrkniee dagegen,
bei denen der eine Schenkel fest angeschraubt, der andere in einer Stopfbüchse frei
beweglich ist, verlangen für ihre Sicherung gegen Bruch besondere Sorgfalt. Man soll
also bei Knierohren die Verankerung stets derart anbringen, dass der fest
angeschraubte Rohrschenkel unwandelbar in seiner Lage festgehalten wird, der andere
Schenkel aber in einer Stopfbüchse frei beweglich bleibt.
Um das Herausfliegen von Flanschenpackungen zu verhindern, lasse man den einen
Flansch über den Umfang des anderen concentrisch übergreifen; hierdurch wird
zugleich auch von den Flanschenschrauben eine etwaige Beanspruchung auf Abscherung
fortgenommen. Bei allen bereits vorhandenen Rohrflanschen kann derselbe Zweck
nachträglich leicht dadurch erreicht werden, dass ein Ziehband fest um die
Peripherie beider Flanschen gelegt wird, welches die Dichtungsfuge deckt.
Die geeignetsten Metalle für Dampfleitungen sind Eisen und Kupfer. In Zellstoff-
und Papierfabriken verdienen die Kupferrohre den Vorzug, weil das Kupfer eine viel
höhere Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einwirkungen besitzt, und dabei
genügende Festigkeit hat, um bei geringen Wandstärken noch hohem Druck zu
widerstehen. Hierzu kommt noch beim Kupfer der Vorzug, dass man an beliebige Stellen
leicht seitliche Verbindungen durch Löthen, oder Nieten und Löthen herstellen kann,
ohne wie beim Eisen jedesmal besonderer Formgusstücke zu benöthigen.
Man könnte wegen der grösseren Festigkeit von Eisen und Stahl dazu bestimmt werden,
Krümmer, welche besonders starker Beanspruchung ausgesetzt sind, aus diesen Metallen
herzustellen und in die kupferne Leitung einzuschalten. Das geht jedoch nicht an,
weil diese Theile unfehlbar durch galvanische Einwirkung zerstört würden. Letztere
muss bei allen dampfführenden Theilen sorgfältig vermieden werden, da die
galvanische Zersetzung sich jeder Berechnung entzieht, und ihre Wirkung in den
meisten Fällen auch nicht beobachtet werden kann. In kupfernen Dampfleitungen ist.
daher zu Flanschen nur Bronze und ähnliches dem Kupfer verwandtes Metall anzuwenden,
da die galvanische Wirkung um so stärker ist, je weiter die zwei neben einander
verwendeten Metalle in der elektrischen Spannungsreihe von einander entfernt sind.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nur Legirungen aus möglichst chemisch reinen
Stoffen (reines Zinn, elektrolytisch gefälltes Kupfer) genommen werden dürfen, da
die kleinsten Verunreinigungen die galvanische Zersetzung ungemein befördern.
Das einfach aus Kupferblech zusammengelöthete Dampfrohr ist am meisten verbreitet.
Wenn ein Bedenken gegen Verwendung dieses Metalles erhoben werden kann, so richtet
sich dieses nicht gegen die Haltbarkeit einer gut ausgeführten Löthung, sondern
gegen die sehr schädliche Wirkung, welche das Gefüge des Kupfers neben der Löthung
durch die Löthhitze erfährt, namentlich wenn die Löthtemperatur überschritten wird,
was selbst bei sorgfältiger Arbeit leicht vorkommt. Hierdurch erfolgt eine
bedeutende Abnahme der Festigkeit und der Dehnbarkeit des Kupfers. Die meisten
Sprünge entstehen neben der Längsnaht und verlaufen parallel zu ihr. Hierzu kommen
die chemischen Wirkungen der Säure beim Löthen. Probestreifen aus solchen Rohren
ergaben an Theilen, welche nicht gerissen waren, jedoch in der Nähe der Löthnaht
parallel derselben entnommen wurden, eine um 13 Proc. geringere Festigkeit und um 70
Proc. geringere Dehnung, als das übrige Metall des Rohres. Durch solche Erfahrungen
entstand nach und nach die Ueberzeugung, dass gelöthete Kupferrohre für
hochgespannte Dampfleitungen keine hinreichende Sicherheit gewähren.
Was nun das aus Kupferblech gebogene und zusammengenietete Dampfrohr anbelangt, so
erfährt dasselbe durch die Nietarbeit eine Einbusse von 30 bis 40 Proc. an
Festigkeit. Ausserdem müssen die Nietnähte, da sie in Folge der Weichheit der
Kupfernieten gegen hohen Dampfdruck für sich nicht dicht halten, noch mit Zinn
verlöthet werden. Hierbei kann aber auch wieder leicht ein Ueberschreiten der
zulässigen Temperatur vorkommen.
Dieselbe Gefahr der Ueberhitzung besteht auch bei gezogenen Kupferrohren, die aus
einem Kupfergusscylinder hergestellt werden, da ja die Flanschen auch auf diese
aufgelöthet werden müssen. Ferner entstehen durch das Ziehen öfter Längsrisse, die,
anfangs kaum sichtbar, im Betriebe sich verbreitern können. Kupferrohre, nach dem
„Mannesmann“-Verfahren hergestellt, würden grosse Sicherheit gegen
Metallfehler bieten.
Besondere Beachtung verdient das neue von Elmore
eingeführte Verfahren, Rohre durch galvanischen Niederschlag unter gleichzeitiger
Pressung herzustellen. Obgleich dasselbe kürzlich auch in Deutschland eingeführt
wurde, scheint es noch wenig bekannt zu sein. Eine kurze Schilderung des Verfahrens
findet sich 1888 269 388 und 1890 277 484.
Gehen wir von der Betrachtung des Metalls zu den schädlichen Wirkungen über, welche
in den Dampfrohren durch den Betrieb veranlasst werden, so unterscheiden wir
Vorgänge, die sich entweder selbsthätig oder mit Hinzuthun des Wartungspersonals
vollziehen. Zu den ersteren gehört die Zerstörung durch die normale Dampfarbeit. Wie
der Tropfen den Stein aushöhlt, so schleifen die vom Dampf mitgeführten
Wassertheilchen die verhältnissmässig weichen Metalle aus, welche die Dampfleitung
bilden. Diese Wirkung ist um so stärker, als meist gesättigter Dampf verwendet wird,
der fortwährend viel Condenswasser bildet, und auch die Geschwindigkeit namentlich
beim Ingangsetzen der grossen Zellstoffkocher wegen der bedeutenden Dampfentnahme
sehr gross ist. Diese ausschleifende Wirkung macht sich erst nach längerem Betrieb
bemerkbar, ist aber ungleichmässig und führt leicht örtliche Schwächungen herbei.
Der gefährlichste Feind ist jedoch das Condenswasser und das aus dem Dampfkessel
mitgerissene Wasser. Hierbei werden die vorher beschriebenen constructiven Fehler,
namentlich die Bildung von Wassersäcken, verhängnissvoll. Wenn z.B. das
Condenswasser ein Knierohr ganz oder theilweise ausfüllt, und dieser Wasserpfropf
von einem zweiten, ihm nachfolgenden getroffen wird, so pflanzt das unelastische
Wasser den empfangenen Stoss auf alle von ihm berührten Theile des Rohres fort. Wenn
sich solche Rammstösse wiederholen und eine schon geschwächte Stelle des Rohres
treffen, so ist es nur eine Frage der Zeit, dass diese durchbrochen wird, und
plötzlich das benachbarte Metall von der Gewalt des mit ungeheurer Geschwindigkeit
ausströmenden Dampfes durchrissen wird.
Aehnliche Schäden können auch durch unzweckmässiges Oeffnen der Dampfeinlassventile
entstehen. Ein schnelles Oeffnen derselben, ohne dass man vorher die ganze
Rohrleitung allmählich vorwärmt, ist sehr schädlich, und die Gefährlichkeit dieser
Arbeit wird durch etwa vorhandene Wassersäcke noch erhöht. Es sind in Wilhelmshafen
Versuche angestellt worden, wobei man diese Verhältnisse absichtlich herbeiführte.
Dabei ergab sich, dass in solchen Rohren bei Anwendung von Dampf von 5 at Spannung
in einem theilweise mit Wasser gefüllten Rohr örtliche Drucke bis über 150 at
auftraten. Um bei Rohrleitungen, die nicht hinreichend stark oder unzweckmässig
gebaut sind, verhängnissvolle Rohrbrüche zu vermeiden, ist es am zweckmässigsten,
die gefährdeten Stellen mit Kupferdraht von genügender Stärke fest und dicht zu
umwickeln.
Wenn trotz aller Vorsichtsmaassregeln dennoch ein Rohrbruch in der Hauptdampfleitung
erfolgt, so ist es sehr schwer, zu dem im Kocher- oder Maschinenraum befindlichen
Absperrventil zu gelangen, um es zu schliessen. Denn der Dampf strömt mit
solcher Heftigkeit aus, und die Temperatur des Raumes steigt in so kurzer Zeit auf
nahezu 100°, dass es ohne Lebensgefahr nicht möglich ist, in das betreffende Local
zu gelangen. In den meisten Fällen wird es allerdings möglich sein, das im
Kesselhause befindliche Absperrventil der betreffenden Dampfleitung zu schliessen
und so eine etwaige Kesselexplosion zu verhindern. Falls jedoch das geborstene
Dampfrohr beispielsweise zu einem in Betrieb befindlichen Zellstoffkocher führt, und
das Leck derart in der Nähe des Kochventils ist, dass man nicht zu dem Ventil
gelangen kann, so wird durch die stets sich erweiternde offene Rohrstelle der ganze
flüssige, und wenn die Kochung nahezu beendet ist, auch der feste Theil des
Kocherinhalts, in kürzester Zeit ausgeblasen. Dies würde nicht nur einen
beträchtlichen Geldverlust verursachen, sondern auch die im Raum befindlichen
Arbeiter gefährden. Es ist deshalb anzuempfehlen, ausserhalb des Kochergebäudes eine
Vorrichtung anzubringen, durch welche das unmittelbar am Kocher befindliche
Dampfeinlassventil im Nothfall abgesperrt werden kann.
(Schluss folgt.)