Titel: | Nähmaschine zur Herstellung von festonartigen Ziernähten mit gleichbleibender Stichlänge von Salinger und Haase in Berlin. |
Autor: | Glafey |
Fundstelle: | Band 305, Jahrgang 1897, S. 281 |
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Nähmaschine zur Herstellung von festonartigen
Ziernähten mit gleichbleibender Stichlänge von Salinger und Haase in Berlin.
Mit Abbildungen.
Nähmaschine zur Herstellung von festonartigen Ziernähten mit
gleichbleibender Stichlänge.
Die Maschine dient zur Herstellung festonartiger Ziernähte, sogen. Languetten, bei
denen ebenso wie bei den mit der Hand gefertigten Languetten die Stichlänge stets
dieselbe bleibt und ausserdem ein Auflösen der einzelnen Stiche unmöglich ist, weil
die Bildung derselben mit Hilfe von Nadel und Schiffchen erfolgt.
Die Wirkungsweise der durch die Patente Nr. 84414 und Nr. 88060 geschützten, auf der
Berliner Gewerbeausstellung mit einem Ehrenzeugniss bedachten Nähmaschine beruht auf
der Erkenntniss, dass zwei parallel zu einander stehende Nadeln, sobald der Stoff
senkrecht zu ihrer gemeinsamen Ebene und gleichzeitig in Richtung dieser gemeinsamen
Ebene bewegt wird, Bögen herstellen, die spitz zu einander verlaufen und die überall
aus gleich langen Stichen bestehen, was bekanntlich von einer guten Languette
verlangt wird. Der eigentliche Schleifenstich liegt auf der unteren Seite des
Stoffes, da naturgemäss oben nur die gewöhnlichen Nähmaschinenstiche zu sehen
sind.
Die zwei parallelen Nadeln können auch ersetzt werden durch eine springende Nadel,
sofern die Bewegungsmechanismen für die Nadelstange und den Schiffchenkorb so
eingerichtet sind, dass die einzelnen Ruhepausen in den Bewegungen zur richtigen
Zeit eintreten, so dass das Schiffchen die verschiedenen Nadelfadenschleifen für
beide Einstichstellen der Springnadel rechtzeitig durchdringt.
Im ersten Falle bewegt sich das Schiffchen in der den beiden Nadeln gemeinsamen Ebene
hin und her und durchdringt, wie aus den Fig. 2 und 3 zu ersehen, die
Schleifen 1 und 2 mit dem
Unterfaden 3; es entsteht somit der bekannte
Nähmaschinenstich, und wenn die Schleife 2 lose, die
Schleife 1 dagegen straff angezogen wird, so gelangt
Schleife 2 durch den Rückwärtsgang des Schiffchen faden
in Richtung des Pfeiles 4 (Fig. 3) in die Lage nach
Fig. 3, zu welcher
zu bemerken ist, dass Schleife 1 etwas verschoben
dargestellt wurde, um die Lage der Schleife 2 deutlich
erkennen zu lassen.
Naturgemäss kann man ausser den Nadelfäden 1 und 2 und dem Unterfaden 3
noch einen Zierfaden benutzen, ohne dass an der Stichbildung etwas geändert wird.
Dieser Zierfaden wird dann in einen besonderen Fadenführer eingezogen, welcher
Bewegungen unter bestimmten Winkeln zur Ebene der Nadeln und wechselweise Bewegungen
in diesen parallelen Ebenen erhält, so dass sich ein Zierfaden in
Schlangenlinien über den Stoff legt und von beiden Nadelfäden festgehalten wird.
Selbstverständlich kann man auch den Schiffchen faden auf die andere Seite der
Schleife 2 verlegen.
Die in den Fig. 4 bis 6 dargestellte
Ausführungsform der Maschine ist nach dem Patent Nr. 84414 mit rotirendem
Stoffschieber versehen. Die wagerechte Hauptwelle 5,
welche durch Schnurscheibe, Handkurbel oder ähnliche Einrichtungen in Umdrehung
versetzt wird, überträgt ihre Drehbewegung auf die senkrechte Welle 6. Von dieser aus erfolgt in bekannter Weise der
Antrieb des Schiffchens 7 bezieh. seines Korbes durch Schubstange 8 und Kurbel 9 (Fig. 4), sowie der Nadelstange 10 und Zierfadenhalter 30, welche Theile die
bei Nähmaschinen üblichen Bewegungen erhalten.
Textabbildung Bd. 305, S. 281
Nähmaschine zur Herstellung von festonartigen Ziernähten mit gleichbleibender
Stichlänge von Salinger und Haase.
Der Nadelfuss 10 besitzt zwei während des Nähens ihren
Abstand nicht verändernde, parallel zu einander liegende Nadeln. Die Verschiebung
des Stoffes muss, um Bögen zu nähen, sowohl in der den Nadeln gemeinsamen Ebene als
auch senkrecht zu dieser erfolgen, und zwar müssen beide Bewegungen naturgemäss in
einem bestimmten Verhältniss zu einander stehen. Um dies zu erreichen, ist folgende
Einrichtung getroffen:
Eine Scheibe 12 (Fig. 4
und 6) mit Curvennuth
oder Excenterstück von einer den Languettenbögen entsprechenden Form treibt entweder
direct oder indirect einen Schlitten 121, welcher eine Verschiebung der rotirenden
Stoffschieber 13 und 14 in
Richtung ihrer Achse in der Ebene der beiden Nadeln zur Folge hat. Die Stoffschieber
bewegen sich also über der Stofführungsplatte der Maschine in der Ebene der beiden
Nadeln, gleichzeitig erhalten sie aber auch bei Drehung der Curvenscheibe 12 durch ein mit ihr verbundenes Zahnrad 15 durch Vermittelung von Rad 16 oder auch ohne diese Uebertragung eine Drehung um ihre Achse, und zwar
mit Hilfe der konischen Räder 171 und 17, deren
letzteres Welle 18 dreht, auf der die Antriebsräder 19 und 20 fest angeordnet
sind. Diese Antriebsräder übertragen durch Zwischenräder ihre Bewegung auf die
Stoffschieber 13 und 14.
Natürlich muss wegen der durch die Curvenscheibe 12
hervorgerufenen Verschiebungen des Schlittens 121 und damit der Stoffschieber und ihres Antriebes
die Welle 18 in dem konischen Rad 17 sich ebenfalls verschieben lassen und wird sie
deshalb mit Längskeil versehen. Damit sich der Stoff bequem unter die Stoffschieber
bringen lässt, ist innerhalb der dieselben antreibenden Räder ein Hebel 21 angebracht, mit welchem man die Stoffschieber um
Welle 18 herumdrehen kann, so dass sie sich von der
Stofführungsplatte der Maschine abheben. Eine Feder 22
bringt die Stoffschieber in ihre alte Lage zurück und presst sie auf den Stoff.
Textabbildung Bd. 305, S. 282
Fig. 4.Nähmaschine zur Herstellung von festonartigen Ziernähten mit
gleichbleibender Stichlänge von Salinger u. Haase.
Der Transport des Stoffes in beiden Richtungen, der, wie schon bemerkt, durch Drehen
der Scheibe 12 vermittelt wird, wird durch eine auf der
Hauptwelle sitzende Curvenscheibe oder einen Daumen 23
eingeleitet, welcher durch den Hebel 24, 25 eine
Schaltklinke 26 in Bewegung versetzt, die mit dem
Schlitten 27 drehbar verbunden ist, welcher von einer
Feder in seine Ruhelage zurückgebracht wird, oder der zwangläufig rückwärts bewegt
werden kann, sobald an Stelle des Daumens (Fig. 5) eine beiderseitig
geschlossene Curvenbahn tritt.
Textabbildung Bd. 305, S. 282
Nähmaschine zur Herstellung von festonartigen Ziernähten mit gleichbleibender
Stichlänge von Salinger und Haase.
Um die Grösse des Stoffvorschubes, also auch die Stichgrösse regeln zu können, ist
ein Excenter 28 vorgesehen, welches den Rücklauf der
Klinke 26 nach links (Fig.
4) durch Anschlag der am Hebel 24
angebrachten Nase 29 ganz oder theilweise oder gar
nicht verhindert, so dass die Zähnezahl für die Schaltung der Scheiben 12 verringert oder vergrössert wird. Es kann jedoch
auch diese Veränderung des Stoffvorschubes dadurch erfolgen, dass man die Drehung
des Hebels 24 nicht direct auf den mit der Klinke 26 verbundenen Schieber überträgt, sondern indirect
durch ein mit dem Hebel 24 verstellbar verbundenes
Glied, dessen Ausschlag am freien Ende sich ändert, je nachdem man das mit dem Hebel
24 verbundene Ende dem Drehpunkte dieses Hebels
nähert oder nicht.
Der Fadenführer 30 (Fig. 5 und 6) dreht sich um die
Achse 31 und gleichzeitig um einen Zapfen, welcher
Drehungen in der zur ersten senkrechten Ebene zulässt, der Führer hängt also bei 31 in einem Universalgelenk, um den Zierfaden in
Schlangenlinien auflegen zu können. Sein Antrieb erfolgt vom Kopfe der Maschine aus
durch Excenter, Curvenbahnen o. dgl.
Die in Fig. 7 zur Darstellung gebrachte
Ausführungsform der Nähmaschine ist nicht mit rotirenden Stoffschiebern
ausgestattet, sondern sie besitzt an Stelle derselben eine wagerecht hin und her,
sowie lothrecht auf und ab sich bewegende Stoffschieberplatte, welche hinsichtlich der Grösse
ihrer hin und her gehenden Bewegung einstellbar ist.
Die Antriebswelle w entspricht derjenigen 18 (Fig. 5), nur braucht
deren Antrieb nicht nothwendiger Weise von der Curvenscheibe 12 zu erfolgen, sondern er kann vielmehr auch durch die senkrechte Welle
6 (Fig. 8) unter
Vermittelung des Uebersetzungsgetriebes w1 bewirkt werden.
Textabbildung Bd. 305, S. 283
Fig. 7.Nähmaschine zur Herstellung von festonartigen Ziernähten mit
gleichbleibender Stichlänge von Salinger und Haase.
Der eigentliche Stoffschieber wird, wie bereits erwähnt, durch eine gezahnte Platte
a gebildet (Fig. 7
bis 10), die von dem
wagerecht bewegbaren Schieber a1 mittels der Gabel a2 gehalten wird. Das Führungsgehäuse b des Schiebers a1 sitzt an einem senkrecht bewegbaren Schieber b1 (Fig. 7, 9 und 10), dessen Führung
durch einen Ausläufer c1 des Gestelles c gebildet wird. Die Welle
w trägt an ihrem vorderen Ende zwei Daumen d1d2, von denen der
erstere zur Anhebung des Gehäuses b und des Schlittens
b1 dient (Fig. 10), während
mittels des anderen Daumens d2 der Schieber a1 wagerecht verschoben wird (Fig. 9 strichpunktirt).
Der Daumen d1 wirkt
direct auf das Gehäuse b, während der Daumen d2 gegen einen mittels
Schraube f1
einstellbaren Arm f wirkt, dessen oberes Ende durch
einen Schlitz des Gehäuses b hindurchgreift und hier
mit dem Schieber a1 in
Verbindung steht. Der Stoffschieber a wird also
wechselweise wagerecht und senkrecht bewegt, und zwar in solcher Weise, dass der
Stoff in Richtung der Pfeile 1 verschoben wird. Eine
beliebig grosse Stichlänge wird dadurch erzielt, dass der Anschlagarm f für den Daumen d2 mittels der Stellschraube f1 mehr oder weniger gegen letzterwähnten
Daumen verstellt wird, was eine mehr oder weniger grosse wagerechte Verschiebung des
Stoffschiebers zur Folge hat. Die Verschiebung des Stoffes in der zweiten, zu der
vorbeschriebenen Richtung senkrecht stehenden wird in gleicher Weise wie bei der
ersterläuterten Ausführungsform bewirkt, und es ist zu diesem Zweck das Gestell c ebenfalls fest mit dem Schlitten 121
(Fig. 7) für die Verschiebung des Stoffes in der
zweiten Richtung verbunden.
Textabbildung Bd. 305, S. 283
Nähmaschine zur Herstellung von festonartigen Ziernähten mit gleichbleibender
Stichlänge von Salinger und Haase.
Hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Maschine ist noch zu bemerken, dass dieselbe
für grosse und kleine Languetten die gleiche ist und etwa 30 bis 40 m in der Stunde
beträgt.
Reg.-Rath Glafey.