Titel: | Kaminkühleranlage, System „Balcke“. |
Fundstelle: | Band 306, Jahrgang 1897, S. 11 |
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Kaminkühleranlage, System „Balcke“.
Mit Abbildungen.
Kaminkühleranlage, System „Balcke“.
Auf der Sächsisch-Thüringischen Ausstellung in Leipzig war die von der Firma Balcke und Co., Bochum,
ausgestellte Anlage dazu bestimmt, das gesammte Condensationswasser der in der Maschinenhalle befindlichen Dampfmaschinen
rückzukühlen, so dass es zu gleichem Zwecke in stetigem Kreislaufe verwendet werden kann. Das in den Kühlern behufs
Abkühlung
verdunstende Wasser wird durch den condensirten Dampf reichlich ersetzt, so dass die Menge nicht ab-, sondern im
Gegentheil etwas
zunimmt. Es ist also thatsächlich bei Verwendung dieses Kaminkühlers möglich, jahraus jahrein mit demselben Wasserquantum
zu
arbeiten.
Die Kühlanlage (Fig. 1) ist gebaut für eine stündliche Leistung von 560 cbm Wasser. Da bei
Verwendung von gekühltem Wasser eine 35fache Einspritzwassermenge üblich ist, so kann mit genanntem Wasserquantum
ein stündliches
Dampfquantum von 16000 k, entsprechend einer Maschinenleistung von etwa 2000 , unter einem Vacuum von 60 bis 65 cm
niedergeschlagen werden.
Die Kühlanlage besteht aus zwei Kühlern für je 280 cbm Wasser. Jeder Kühler nimmt eine Grundfläche von 7,5 × 10,8 m in Anspruch
und hat
eine Gesammthöhe von 25 in. Das Wasser tritt auf 7¾ m Höhe in die Kühler ein. (Nebenbei sei erwähnt, dass sich zwischen
beiden Kühlern
ein hübsch ausgestattetes Geschäftszimmer befindet, welches Photographien ausgeführter und Zeichnungen in Ausführung
begriffener
Anlagen birgt.) Insgesammt nimmt das Ausstellungsobject eine Fläche von 7,5 × 28 m in Anspruch. Hinter dem Geschäftszimmer
liegt ein
Sammelbassin für warmes Wasser und dahinter die Pumpenstube.
Textabbildung Bd. 306, S. 10
Fig. 1.Kaminkühleranlage, System Balcke.
Das Abwasser der Condensatoren gelangt durch eine Sammelleitung in den Warmwasserbehälter. Von hier aus saugen es die in der
Pumpenstube stehenden Worthington-Pumpen durch Saugrohre an und heben es durch Druckrohre auf die Kühler. Nachdem
es die Kühler
passirt hat, sammelt sich das gekühlte Wasser in demselben Behälter und wird von hier durch Saugleitungen von den
Condensatoren wieder
angesaugt. Zwischenrohre dienen zum Ausgleich, falls die Leistung der Pumpenanlage dem Zufluss aus den Condensatoren
nicht genau
entspricht. Leisten die Pumpen zuviel, so läuft der Ueberschuss durch
die Zwischenrohre aus dem Sammelbehälter in den Warmwasserraum zurück und umgekehrt. Ueber dem Warmwasserbehälter
befindet sich eine
Treppenanlage, welche den Aufgang zur Galerie der Kühler vermittelt. Von dieser aus sind die Wasservertheilungsvorrichtungen
der
Kühler zugänglich.
Bei der Ausstattung der Anlage ist auf ein gefälliges Aussehen Bedacht genommen. – Der Apparat hat auch den Vorzug, dass das
Wasser
vollständig in den allseitig geschlossenen Thürmen bleibt und kein Tropfen hinausfliegt, selbst bei heftigem Winde
nicht. Die Umgebung
wird daher von Wasserstaub und Feuchtigkeit nicht belästigt, so dass der Apparat in der Nähe von Gebäuden aufgestellt
werden kann.
Während bei anderen Wasserkühlanlagen oder Gradirwerken die natürliche Luftbewegung oder ein mittels Bläser erzeugter Luftzug
die
Kühlwirkung hervorbringt, ist bei den Balcke'schen Kühlern der Schornsteinzug in Anwendung gebracht. Ein
solcher Kühler ist also nichts anderes als ein aus Holz hergestellter Schornstein, in welchen das warme zu kühlende
Wasser in einer
Höhe von 6 bis 8 m über Flur eingeleitet und durch eine Berieselungsvorrichtung fein vertheilt wird. Durch das warme
Wasser wird die
Luft im Kaminkühler erwärmt und wird in Folge dessen leichter als die Aussenluft; sie steigt auf und zieht kalte
Luft von unten nach.
Das warme Wasser rieselt dann über eine grosse Anzahl von Vertheilungsböden abwärts, dem Luftzug entgegen. In dem
Maasse, wie es Wärme
an den Luftstrom abgibt, wird es gekühlt und kommt schliesslich kalt in den Sammelbassins an.
Die Stärke des Luftzuges ist natürlich von genau denselben Factoren abhängig wie bei einem gewöhnlichen Schornstein.
Der Temperaturunterschied ist naturgemäss kein sehr hoher, da das eintretende warme Wasser höchstens 50° hat, während der
Wärmegrad der
Aussenluft im Sommer 30° erreicht. Ein derartiger Temperaturunterschied genügt aber erfahrungsgemäss, um Luftgeschwindigkeiten
von 2
bis 4 m, je nach der Höhe des Kamins und Grösse der Reibungswiderstände, hervorzurufen. Hieraus ergibt sich, dass
bei dem Bau eines
solchen Apparates Rücksicht zu nehmen ist 1) auf die höchsterreichbare Erwärmung der abgehenden Luft, 2) auf geringe
Reibungswiderstände, sowie 3) auf möglichst geringe Verengungen durch eingebaute Berieselungstheile.
Diese Bedingungen erfüllt der Balcke'sche Kühler. Durch ein aus schmalen verbleiten Eisenrinnen
hergestelltes System wird das warme Wasser zunächst auf den ganzen Querschnitt des Kühlers fein vertheilt. Alsdann fällt das
Wasser über eine grössere Zahl von Jalousieböden, welche so gebaut sind, dass kein Wassertropfen durch einen Boden
hindurchfallen
kann, ohne auf irgend einen Theil des Kühlers aufzuschlagen, während andererseits der Durchgang für die Luft nur
wenig beengt ist. Da
die Entfernung von einem Boden zum anderen fast 1 m beträgt, so schlagen die Wassertropfen ziemlich heftig auf die
schrägen Flächen
auf, jeder Tropfen zerstäubt, so dass die Vertheilung des Wassers äusserst fein und gleichmässig ist. Die dem Wasser
entgegenziehende
Luft mischt sich innig mit demselben, ohne aber irgendwo eine Wasser wand durchbrechen zu müssen. Hierdurch wird
auch die
verhältnissmässig hohe Erwärmung der Luft erzielt; dieselbe beträgt bei einem vollbelasteten Kühler höchstens 1 bis
2° weniger als die
Temperatur des warmen Wassers.
Textabbildung Bd. 306, S. 11
Kaminkühleranlage, System Balcke.
Die Verwendung des Schornsteinzuges zum Wasserkühlen ist durchaus praktisch. Der erste derartige Apparat wurde von der Firma
Balcke und Co. im December 1894 auf dem Hofe der Elektricitäts-Actiengesellschaft
vorm. Schuckert und Co. in Nürnberg probeweise in Betrieb gesetzt. Es hatte dieser Apparat lediglich den Zweck, durch
Versuche die Brauchbarkeit des Systems zu erproben. Dementsprechend war der Apparat roh gezimmert; jedoch bewies
er die Brauchbarkeit
des Systems. Durch stetige Beobachtung aller bei dem Wechsel der Witterung sich zeigenden Erscheinungen ist es gelungen,
den Apparat
so umzuformen, wie ihn jetzt die Ausstellung zeigt, und wie er sich in über hundert Ausführungen in verschiedenen
Betrieben
befindet.
Ausgehend von dem Gedanken, dass bei einer Einspritzcondensation mit Nassluftpumpe das Einspritzwasser durch die natürliche
Saugkraft
ohne Vermehrung der Kraftausgabe, also kostenlos, 6 bis 8 m gehoben werden kann, während jedes Meter, um welches
das Wasser gehoben
werden muss, z.B. auf ein Gradirwerk, einen erheblichen Kraftaufwand
erfordert, gibt die Firma Balcke und Co. ihren Kühlern eine besondere Ausführungsform, welche in Fig. 2 und 3 dargestellt ist. Das Wasser läuft hier aus dem Condensator frei in den
Kühler hinein, wird auf schrägliegende Kühlflächen vertheilt und gelangt gekühlt in den vor dem Kühler liegenden
Sammelbehälter. Der
bekannte Kamin sorgt auch hier für die Ventilation. Die Mischung der Luft mit dem Wasser ist bei diesem Apparat keine
so innige wie
bei der Normalconstruction Fig. 1, hingegen sind die Reibungswiderstände geringer, so dass die Wirkung,
d.h. der Grad der Abkühlung des Wassers, bei beiden Constructionen der gleiche ist.
Textabbildung Bd. 306, S. 12
Fig. 4.Kaminkühleranlage, System Balcke.
Bemerkenswerth ist auch die Verbindung eines Berieselungscondensators in Verbindung mit einem Balcke'schen
Kaminkühler (Fig. 2 und 4). Der
Condensator ist oberhalb des eigentlichen Kühlers in den Kamin selbst eingebaut, steht also auch im Luftzug. Er besteht
aus einer
Anzahl in mehreren Abtheilungen über einander liegender Messingrohre, welche von aussen mit Kühlwasser berieselt
werden, während innen
der Dampf condensirt. Das Wesentliche dieser Bauweise ist die Aufstellung des Condensators im Luftstrom des Kamins,
wodurch erzielt
wird, dass das Kühlwasser, während es am Condensator niederrieselt und die Wärme des Dampfes aufnimmt, auch gleich
wieder gekühlt
wird. Der Condensator ist also gleichzeitig auch ein Theil des Kühlers. Das Kühlwasser wird bei dieser Construction
weitaus nicht so
warm, als der abgeführten Wärmemenge entspricht. Es kann also dieselbe Dampfmenge mit bedeutend weniger Wasser bewältigt
werden, wie
bei der besten anderen Condensation, es wird daher mit einer gleich grossen Wassermenge ein höheres Vacuum erzielt,
weil das Wasser
nicht so warm wird. Wie wichtig und ausgiebig diese Doppel Wirkung ist, beweist eine seit 1¼ Jahren in Betrieb befindliche
Anlage.
Dieselbe entspricht in der Bauweise der in Fig. 4 dargestellten. Sie ist bestimmt für eine stündliche
Dampfmenge von 10000 k. Da das Vacuum bei dieser Belastung noch 68 bis 73 cm betrug, so wurde nach und nach eine Verstärkung der
Belastung vorgenommen. Dieselbe beträgt jetzt im Mittel 16000 k, im günstigsten Falle aber 23000 k Dampf. Die Kühlwasserpumpe
leistet
240 cbm stündlich, es wird also der Condensator mit nur dem 15fachen des normalen und dem 10½fachen der höchsten
Dampfmenge mit
Kühlwasser berieselt. Da das Kühlwasser im Hochsommer im gekühlten Zustand eine Temperatur von 35° annimmt, so würde
bei jeder anderen
Condensation das warme Wasser bei normaler Dampfzufuhr 72° und bei stärkster Dampfzufuhr 87° warm werden und dementsprechend
ein
Vacuum von 50 bezieh. 30 cm ergeben. Bei der in Frage stehenden Kühlanlage wird aber das Wasser statt 72 nur 55°
bezieh. statt 87 nur
63° warm und beträgt das Vacuum noch 65 bezieh. 57 cm. Bemerkenswerth ist auch, dass das Vacuum bei der sehr wechselnden
Dampfzufuhr
statt um 20 cm um nur 8 cm schwankt; es dürfte sich also eine Anlage mit Berieselungscondensator und Kaminkühlung
nach dem System Balcke besonders in Fällen eignen, wo die Dampfzufuhr unregelmässig ist, wie bei Bergwerken oder in
Walzbetrieben u.s.w.
Natürlich kann ein Balcke'scher Kaminkühler auch mit jedem anderen Condensationssystem verbunden, ebenso
ohne Schwierigkeit vorhandenen Anlagen beigefügt werden. Seine Verwendbarkeit ist eine sehr ausgiebige, da er wenig
Platz bedarf und
keinen freien Standort erfordert. Es sollen solche Apparate schon im Inneren von Gebäuden aufgestellt sein, derart,
dass der Apparat
aus dem betreffenden Maschinenhaus saugt und den Dampf durch das Dach hinaus in die freie Luft entsendet.
Die vorbeschriebene Erfindung hat sich an vielen Orten bewährt und sich bereits ein weites Gebiet erobert.