Titel: | Fahrräder. |
Fundstelle: | Band 306, Jahrgang 1897, S. 81 |
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Fahrräder.
(Schluss des Berichtes S. 54 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Fahrräder.
II. Einzelconstructionen.
a) Nabe und Kugellager.
Textabbildung Bd. 306, S. 81
Fig. 24.Nabe von Keuntje.
A. Keuntje, Director der Bremer Fahrradfabrik Snowman und Co., G. m. b.
H. in Bremen, liess sich unter D. R. G. M. Nr. 76422 eine Fahrradnabe schützen, deren Neuerung darin besteht, dass
dieselbe eines
besonderen Schmierloches entbehrt. Trotzdem können die Kugellager ohne Lösung der Konusse geschmiert und auch ohne
solche Lösung
behufs Prüfung der Kugeln auf Unverletztheit besichtigt werden. Es wird dies dadurch erreicht, dass man in der aus
Fig. 24 ersichtlichen Weise zwischen der Kugeltasse a und dem Konus b einen Spalt c bestehen lässt, der durch eine auf die Nabe d geschraubte Kapsel e verdeckt wird. Der Konus b erstreckt sich so weit nach aussen, und zwischen der Kapsel e und der Radgabel ist in
Folge dessen ein so grosser Zwischenraum, dass, wenn diese Kapsel von der Nabe abgeschraubt, die Kugeln geschmiert
und besichtigt
werden können.
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Fig. 25.Kugellager von Howe.
Ein Fahrradlager mit nur drei Kugeln hat der Amerikaner F. L. Howe erfunden, welches auf der
Thatsache beruht, dass drei in gleicher Entfernung angeordnete Auflagerpunkte die sicherste Lagerung bieten. Das
Lager (Fig. 25) ist mit einem die richtige Lage der drei Kugeln sichernden, mit Ausschnitten versehenen
Kranz ausgerüstet, welcher mit rotirt und den drei Lauf kugeln eine ungehinderte, zwischen den Laufflächen rollende
Bewegung
gestattet. Die Bewegung des neuen Lagers soll sehr leicht und ruhig von statten gehen.
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Fig. 26.Kugellager von Fongers.
Unter D. R. P. Nr. 93473 liess sich T. Fongers in Groningen (Holland) ein Kugellager patentiren, das
die Reibung dadurch vermindert, dass, wie Fig. 26 zeigt, die Achse a
von einer Hülse c lose umgeben ist. Diese Hülse hat an jedem Ende doppelte Hohlkehlen, deren innere
d der Achse zugekehrt sind und die Lagertassen für die Kugeln e, die
von den Konussen a1 getragen werden, bilden. Die äusseren Hohlkehlen
f am Ende der Hülse c bilden die Lagerflächen für die Kugelreihen
g, deren andere Lagerflächen an einer mit der Nabe b verschraubten
Endplatte hh1 ausgebildet sind.
Textabbildung Bd. 306, S. 81
Fig. 27.Kugellagerbüchse von Opel.
Unter D. R. G. M. Nr. 69288 liess sich A. Opel in Rüsselheim a. M. eine Kugellagerbüchse mit
eingepasstem Ring schützen. Dieser Ring ist, wie Fig. 27 zeigt, vor den Kugeln stramm in der
Lagerbüchse eingesetzt und hat den Zweck, das Herausfallen der Kugeln bei Entfernen der Achse zu verhindern.
b) Kette, Kettenrad und Kettenspannung.
P. Davies in Southfields (Surrey, England) vermindert die Reibung der Kette dadurch, dass er am
Kettenrad, statt der üblichen Zähne, Kugeln B (Fig. 28 und 29) anordnet (D. R. P. Nr. 89869). Letztere befinden sich zwischen
Ring b und b1 nach allen Seiten
eingeschlossen.
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Kette und Kettenrad von Davies.
Die Kette e ist wie die gewöhnliche Fahrradkette ausgebildet und mit Zwischenstücken e1, die einen Bogen bilden, versehen. Läuft die Kette jetzt in der
Richtung des Pfeiles, so werden die Kugeln gleichzeitig in die Aussparungen c1 und in die Bogenstücke e1 der Kette
fassen. Sobald aber eine Kugel ihre höchste Lage erreicht hat, wird dieselbe sich in der Aussparung c1 (Fig. 29)
heben und gleichzeitig eine rollende Bewegung machen, wodurch die
Reibung beim Ablaufen der Kette wesentlich vermindert wird.
Die bisher gebräuchlichen Kettenräder haben den Uebelstand, dass sich der Strassenschmutz leicht zwischen die Zähne setzt
und sich
auf die Kette überträgt, deren Glieder verstopft und so den Gang des Fahrrades hemmt.
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Fig. 30.Kettenrad von Joubert.
Um dieses zu vermeiden, bildet nach D. R. P. Nr. 91781 E. Joubert in Paris die Zähne pyramidenförmig
mit concaven Seitenflächen aus. Wie Fig. 30 zeigt, besitzen die Zähne eine Basis bcde, die sich nach unten als eine Pyramide fortsetzt. Durch diese Anordnung sind alle wagerechten,
den Ansatz von Schmutz ermöglichenden Flächen, ebenso einspringende Ecken und Kerben vermieden. Da die Umfangsflächen
schräg nach
unten laufen, kann sich kein Schmutz ansetzen, oder aber, falls dies bei nassem, klebrigem Koth doch eintreten sollte,
wird dieser
durch die Kette nach der Radmitte hin gedrückt und entfernt.
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Fig. 31.Kettenspannvorrichtung von Stange und Hofer.
Um einen ruhigen und leichten Gang des Fahrrades zu erzielen, muss das Hinterrad, bezieh. dessen Achse, genau winkelrecht
in der
Gabel sitzen. Durch die bisherigen Kettenspannvorrichtungen war dieses schwer zu erreichen, weshalb die Progress-Fahrradwerke
von
Stange und Hofer in Bartenstein, O.-Pr., auf beiden Seiten der Achse ein Excenter drehbar
anordnen (Fig. 31). Dieses ist einerseits lose auf der Laufradachse beweglich, Fig. 31. andererseits durch die Achsmuttern festgehalten. Zum Zwecke der Kettenspannung greifen am
Gestell sitzende Bolzen in am Excenter vorgehene Löcher ein.
c) Felgen und Reifen.
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Fig. 32.Holzfelge der Keene Wood Rim Company.
Die Keene Wood Rim Company hat eine dem Reissen nicht unterworfene Felge geschaffen (Fig. 32), welche aus fünf verschiedenen Holzlagen zusammengesetzt ist, von denen die beiden äusseren
und die innerste in Bezug auf ihre Faserrichtung längs des Reifens laufen, während die Fasern der beiden zwischenliegenden
Schichten quer dazu angeordnet sind. Auch werden verschiedene Holzarten angewandt und zwar besteht der äussere und
innere Kranz
aus Ulmenholz, der dazwischenliegende mit den in der Längsrichtung verlaufenden Fasern aus Ahorn- oder Birkenholz,
während die
beiden Zwischenlagen mit den quergerichteten Fasern aus Nussbaum- oder auch aus Birkenholz gefertigt sind. Nach
erfolgtem
Zusammenleimen der einzelnen Lagen und der sehr sorgfältig überlappt zusammengefügten Stösse soll eine äusserst
widerstandsfähige
Felge entstehen.
Textabbildung Bd. 306, S. 82
Fig. 33.Federreifen von Jenkins.
Ein sich immer mehr fühlbar machender Uebelstand der Pneumatikreifen ist der, dass dieselben in verhältnissmässig kurzer Zeit
undicht werden. Um einen solchen Reifen in annähernd gleichmässiger Spannung zu halten, muss öfters aufgepumpt werden,
abgesehen
von den lästigen, durch Nägel u.s.w. entstehenden Reparaturen.
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Fig. 34.Federreifen von Rice.
Diesem tritt J. Jenkins in Montclair, N. Y., dadurch entgegen, dass er, wie Fig. 33 zeigt, an Stelle des Luftschlauches Federn d anordnet, die mittels Ansätzen d1 an der Felge befestigt sind und so die Laufdecke in gleichmässiger
Spannung halten. (Amerikanisches Patent Nr. 576194.)
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Fig. 35.Federreifen von Ridge.
Aehnlich diesem ist der Reifen (Fig. 34) von J. M. Rice in New
Rochelle, bei welchem nach amerikanischem Patent Nr. 574940 an der Felge d eine Rankenfeder s befestigt ist, über die die Laufdecke c gezogen wird.
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Fig. 36.Federreifen von Holden.
Ein weiterer Federreifen (Fig. 35) ist der von J. Ridge in Chicago
(Amerikanisches Patent Nr. 573920 und Nr. 573921), bei dem sich von der Felge b konische Spiralfedern
a erheben, die an ihren oberen Enden auf Zapfen ein zweites Federsystem c tragen, das einerseits den Zweck hat, die Spiralfedern
unter einander zu verbinden, andererseits die darüber gezogene Laufdecke vor Verletzungen der Spiralfedern a schützt.
W. H. Holden in Chicago verbindet einen Streifen Gummi mit der Felge dadurch, dass er nach dem
amerikanischen Patent Nr. 574682 eine Spiralfeder B durch die Löcher a
der Felge und des Gummis gehen lässt (Fig. 36).
Nach D. R. P. Nr. 91362 verwendet K. Wojciechowski in Opalenica, Kreis Graetz, statt der Luft Federn
c (Fig. 37), die auf der Felge d
sitzen. Zwischen den beiden gegen einander federnden Enden dieser Federn sind Keile e eingefügt,
deren nach unten verlängerte Zapfen e1 mit Gewinde versehen sind, so
dass dieselben mittels Muttern f gegen die Felge gezogen werden können. Der Mantel a wird dadurch befestigt, dass er zwischen Felge d und Federn c mittels des Keiles e eingeklemmt wird.
Textabbildung Bd. 306, S. 83
Fig. 37.Federreifen von Wojciechowski.
W. Hamilton in South Bend, Ind., verwirft den Gummi vollständig und ersetzt nach seinem amerikanischen
Patent Nr. 575347 den Reifen durch Metall (Fig. 38). Zu diesem Zweck ist derselbe bei D zu einer Röhre A vernietet und die überstehenden Enden umgebördelt,
wodurch die Felge entsteht, in der die Speichen befestigt werden.
Textabbildung Bd. 306, S. 83
Fig. 38.Metallreifen von Hamilton.
Scientific American vom 27. März 1897 beschreibt einen Reifen (Patent J. A.
Burton in Skaneateles), der aus einzelnen cylindrischen Korkstücken besteht, die unter einander verbunden sind. Zur
grösseren Elasticität haben diese Korkstücke in der Mitte eine Höhlung, in der eine endlose Rankenfeder liegt (Fig. 39).
Textabbildung Bd. 306, S. 83
Fig. 39.Korkreifen von Burton.
Unter dem Namen „Firmus“ bringt die Gesellschaft „Firmus“ in Berlin einen neuen Reifen
auf den Markt. Die Herstellung dieses Reifens ist im Wesentlichen folgende: Eine durch Kordel verbundene Reihe kleiner,
etwa 1,5
cm im Durchmesser haltender luftgefüllter Gummibällchen e (Fig. 40)
wird mit einem baumwollartigen Stoffe überzogen und die Zwischenräume mit einer elastischen Masse d
ausgegossen. Um das Ganze wird eine Gummilaufdecke a
gebracht. Verletzungen des Reifens, z.B. durch Messerstiche u.s.w., bleiben wirkungslos. Selbst wenn die Luftbällchen
beschädigt werden, behalten sie doch durch eine im Inneren derselben angebrachte Warze ihre Elasticität.
Textabbildung Bd. 306, S. 83
Fig. 40.Gummireifen mit einliegenden Pressluftbällen.