Titel: | Ueber die Phototheodoliten von Koppe. |
Autor: | Rr. |
Fundstelle: | Band 306, Jahrgang 1897, S. 157 |
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Ueber die Phototheodoliten von Koppe.
Mit Abbildungen.
Ueber die Phototheodoliten von Koppe.
Textabbildung Bd. 306, S. 157
Fig. 1.
Sind zur Aufnahme einer Gegend einzelne Punkte unzugänglich, so bestimmt man in der Geodäsie die Lage derselben durch
Vorwärtseinschneiden, indem man auf den Endpunkten einer Basis die Richtungen mit einem gewöhnlichen Theodoliten
misst, oder Basis und
Richtungen auf dem Messtisch aufzeichnet. Die Höhe dieser unzugänglichen Punkte erhält man durch Ablesung des Verticalkreises.
Ein
anderes Verfahren gibt die Photogrammetrie an die Hand (Zeitschr. für Instrumentenk., 1897 S. 33).
Hierbei wird der Theil des Aufnahmegebietes auf den Endpunkten der Basis photographirt und die Horizontalwinkel δ zwischen der optischen Achse des photographischen Apparates und der Basis bestimmt. Durch vier auf den
Platten befindliche Marken werden zwei auf einander senkrechte Linien HH und VV (Fig. 1) gezogen, auf welche die einzelnen Punkte der Gegend bezogen werden. Beide Linien
liegen in auf einander senkrechten Ebenen, welche durch die optische Achse des Apparates gehen.
Textabbildung Bd. 306, S. 157
Fig. 2.
Aus dem Horizontalabstande x eines Bildpunktes und der Bildweite D (Fig. 2) kann man den Horizontalwinkel ξ zwischen Richtung des Bildpunktes
und der Cameraachse und aus dem Verticalabstande y, D und ξ den Höhenwinkel
ε ableiten. Die betreffenden Formeln sind
tg\, \xi=\frac{x}{D}\mbox{ und }tg\,\epsilon=\frac{y\,cos\,\xi}{D}
Aus der Verknüpfung von δ und ξ erhält man die Horizontalwinkel α1 und α2
und dann durch Anwendung des Sinussatzes die Entfernungen E des Punktes vom Standorte. Diese Aufgabe kann
auch graphisch gelöst werden.
Die Höhenunterschiede Y des fraglichen Punktes gegen das Cameraobjectiv auf beiden Standorten ergeben
sich aus der Proportion:
\frac{Y}{y}=\frac{E}{e}
Der Winkel δ zwischen Cameraachse und Basis kann unmittelbar gemessen werden, wozu mit der Camera ein
Fernrohr so verbunden ist, dass die optischen Achsen parallel sind.
Textabbildung Bd. 306, S. 158
Fig. 3.Phototheodolit mit herausgenommener Camera von Koppe.
Zur Aufnahme von Gebietsstreifen, welche beträchtlich über oder unter dem normalen Gesichtsfeld der Camera liegen, ist die
Einrichtung
getroffen, dass man das Objectiv in senkrechter Richtung verschieben und diese Verschiebung genau messen kann. Zur
Bestimmung der
Grössen δ, ξ, α und ε ist dann ein erheblicher Mehraufwand an Zeit
erforderlich.
Mit den neuen Phototheodoliten von Koppe werden letztere Grössen aus den abgemessenen Stücken x und y nicht mehr berechnet, sondern direct in der Platte oder besser an
einem Diapositiv mit einem auf das Cameraobjectiv gerichteten Fernrohre gemessen, nachdem man die Camera wieder in
die Neigung
gebracht hat, welche sie bei der Aufnahme hatte. Dadurch fällt ein grosser Theil der Berechnungen weg und die Winkelmessung
auf diese
Art ist ebenso genau wie die directe Messung mit Theodolit und besser als durch Ableitung aus den Stücken x und y. In Fig. 3 und 3a ist ein
für diese Zwecke bestimmter Phototheodolit abgebildet.
Ist eine photographische Aufnahme gemacht worden und will man nun die Platte zu Hause ausmessen, so verfährt man wie folgt:
Die
gemeinsame Drehachse für Camera und Fernrohr nebst Höhenkreis hebt man aus dem Phototheodoliten heraus und setzt
dafür das
Hilfsfernrohr r mit dem dazu gehörigen Höhenkreis ein. Die Camera wird auf einem Träger t (Fig. 4) so gelagert, dass dieselbe genau wieder die Lage wie bei der
Aufnahme einnimmt. In letzterem Falle fällt dann der Schnittpunkt der Linien HH und VV mit der Mitte des Fadenkreuzes vom Hilfsfernrohr zusammen.
Textabbildung Bd. 306, S. 158
Fig. 3a.Phototheodolit von Koppe mit eingesetzter Camera.
Ein vor dem Cameraobjectiv befindliches Auge erblickt jetzt die Gegenstände im Diapositiv unter denselben Winkeln und
Grössenverhältnissen, wie auf dem Standort, auf welchem die Platte aufgenommen wurde. Ist der Drehpunkt der optischen
Achse des
Camerafernrohres r in den vorderen Hauptpunkt des Cameraobjectivs verlegt und dieser in den Kreuzpunkt
der Horizontal- und Verticaldrehachse der Theodoliteinrichtung für die Ausmessung, befindet sich weiter das Bild
genau in der
Brennebene des Cameraobjectivs, so kann man mit Hilfe des Camerafernrohres die zur topographischen Aufnahme erforderlichen
Winkel in
der Platte messen, so wie es sonst im Feld mit Theodolit geschieht, Es wird also eine geodätische Operation, welche sonst einen längeren Aufenthalt an Ort und Stelle und
andauernd günstige Witterung voraussetzt, fast ganz in das Zimmer verlegt und damit eine beliebige Detaillirung der
Ausmessung
ermöglicht, ohne dass die Rechnung eine grössere wird, als die trigonometrische Behandlung der Aufgabe erfordern
würde.
Bevor die Ausmessung vorgenommen wird, muss man in den Diapositiven die Linien HH und VV einreissen und die Punkte aufsuchen und markiren, welche im Felde mit dem Theodoliten für die spätere
Orientirung eingemessen wurden. Ferner muss man alle diejenigen Punkte, welche auf den Bildern beider Standorte als
dieselben erkannt
wurden, fortlaufend numeriren. Zu dieser Arbeit benutzt man zweckmässig als Unterlage für die Platte eine Art Copirrahmen
mit
Beleuchtungsspiegel und arbeitet mit einer Lupe.
Textabbildung Bd. 306, S. 159
Fig. 4.Phototheodolit von Koppe mit Zusammenstellung der Ausmessung.
Ein solcher Phototheodolit wurde bei den Voraufnahmen für die Jungfraubahn verwendet, wobei es sich zunächst um Herstellung
eines Lage-
und Schichtenplanes der Eigerwand handelte, welche sich mit etwa 70° mittlerer Neigung südlich der kleinen Scheidegg
auf 3000 m hin
erstreckt. Die photographischen Aufnahmen erfolgten auf Stationen, welche als Dreieckspunkte des Specialnetzes für
die Vorarbeiten
durch Triangulation festgelegt waren. Die Längen der Grundlinie betrugen 400 bis 1200 m und die Entfernung der photographisch
aufgenommenen Punkte 1500 bis 4000 m. Bei einer Reihe von Punkten, welche zum Theil von vier Standpunkten aus aufgenommen
waren, wurde
die Lage auf etwa 1,5 m, die Höhe auf 0,75 m genau erhalten. Die Abweichungen zwischen photogrammetrischer und trigonometrischer
Bestimmung bei den Orientirungspunkten schwanken zwischen 0 und 2 m.
Die Genauigkeit wird sich noch erheblich steigern lassen, wenn bei Aufnahme und Ausmessung Teleobjective verwendet werden
können. Wie
Vorversuche mit Teleobjectiven von 80 cm Brennweite bereits gezeigt haben, lassen sich photogrammetrische Aufnahmen
dieser Art in die
Klasse geodätischer Präcisionsmessungen einreihen.
Dieser Phototheodolit wird auch für astronomischgeographische Aufnahmen verwendet, wozu zwei am Fernrohr befestigte Diopter
verwendet
werden. Man kann mit demselben recht gut die geographische Länge mit Monddistanzen bestimmen, bei welcher die Unsicherheit
nur wenige
Secunden beträgt, so dass auch hier dieses Verfahren den Messungen mit astronomischen Instrumenten gleichgestellt
werden kann.
Nebst diesem Phototheodoliten wird noch ein zweiter von O. Günther in Braunschweig gebaut, welcher
hauptsächlich zur Erforschung der Atmosphäre dienen soll. Um die Geschwindigkeit von Wolken und anderen Objecten
messen zu können,
sind im Innern der Camera vor der Platte zwei Klappen angebracht, mit welchen auf einer Platte zwei verschiedene
Aufnahmen desselben
Himmelstheiles neben einander in kurz auf einander folgenden Zwischenräumen gemacht werden können. Bei der Aufnahme
richtet man die
Camera zuerst so, dass das Wolkenbild auf den unbedeckten Theil der Platte fällt, verdeckt diesen Theil, neigt die
Camera und
belichtet nochmals. Bei rasch ziehenden Wolken kann man auch zwei Aufnahmen auf derselben Platte ohne Verdeckung
durch Klappen machen
und aus der deutlichen Verschiebung einzelner Punkte die Geschwindigkeit ermitteln.
Bei der Ausmessung der aufgenommenen Bilder unterscheidet sich dieser zweite Phototheodolit von dem ersten auch dadurch, dass
nach
richtiger Einstellung des Hilfsfernrohres und der Camera das Fernrohr fest stehen bleibt, die Winkelmessung durch
Ablesung der
Bewegung der dreh- und kippbaren Camera gemacht wird.
Rr.