Titel: | Ueber Dampfkessel und Dampfkesselfeuerungen. |
Fundstelle: | Band 306, Jahrgang 1897, S. 227 |
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Ueber Dampfkessel und Dampfkesselfeuerungen.
(Schluss des Berichtes S. 202 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Ueber Dampfkessel und Dampfkesselfeuerungen.
Material für Dampfkessel.
Ueber die Verwendung von Gusseisentheilen an Dampfkesseln macht Cario in der Verbandszeitschrift folgende
Mittheilungen, die wir auszüglich folgen lassen:
Zwar wird durch gesetzliche Vorschriften die Verwendung von Gusseisen zu Dampfkesseln beschränkt, aber nicht ganz verboten.
Gewöhnlich
werden die Anschlusstutzen für Rohrleitungen und Garnituren aus Gusseisen angefertigt, welche dem Zerspringen noch
mehr ausgesetzt
sind als grössere Theile, wie Dome, Dampfcylinder u.s.w. Durch Zerspringen von gusseisernen Stutzen ist schon manches
Unglück
entstanden. Das eigenthümliche Verhalten des Gusseisens in Form von Stutzen u. dgl. möge durch folgende Fälle aus
der neuesten
Erfahrung gekennzeichnet werden.
Bruch eines gusseisernen Wasserstandskörpers. Ein im J. 1881 angelegter Dampfkessel mit einem gusseisernen
Wasserstandskörper wurde im J. 1894 zum Zweck des Reinigens abgeblasen.
Als der Druck bereits bis auf 2 at gesunken war und nichts am Kessel geschah, platzte aus der Wandung des Wasserstandskörpers
ein Stück
heraus, flog weit davon und durch das entstandene Loch strömte der Dampf mit Gewalt aus.
Wenn man fragt, wie es kommen kann, dass der Gusstheil nach 8jähriger Betriebszeit ohne jede wahrnehmbare Veranlassung und
bei geringem
Kesseldruck zerspringt, so wird eine sichere Antwort nicht zu erwarten sein; nur möge folgende Wahrnehmung als Aufklärung
mitgetheilt
werden. Das herausgesprungene Stück, welches weder Splitter noch fehlende Theile zeigte und genau der Oeffnung entsprach,
konnte doch
nicht in letztere hineingelegt werden, denn zwei gegenüberliegende kleine Stellen des Umfanges hatten einen grösseren
Abstand von
einander als die entsprechenden Stellen des Loches. Der frische Bruch war gesund und gleichmässig grau, matt, nur
die beiden
genannten, diametral zu einander liegenden Stellen waren blank, wie sie werden, wenn man sie an einem harten Gegenstande
mit Gewalt
reibt.
Daraus darf man schliessen, dass das Sprengstück nach dem Herausspringen grösser geworden ist, also innerhalb der Oeffnung
einen
starken Druck auf dessen Umfang ausübte, welcher das Material auf die Dauer nicht widerstehen konnte.
Warum die Festigkeit durch die Spannung nicht früher überwunden wurde, das kann schwerlich seine Erklärung finden.
Brüche gusseiserner Speisestutzen. In einer Zuckerraffinerie mit drei Cornwall-Kesseln war die
verhältnissmässig lange Speisedruckleitung an der Innenseite der Kesselhauswand durch gebogene Dachrinnenhalter befestigt.
Die
letzteren hatten sich nach langer Zeit, in Folge des beständigen Zuckens der Druckleitung, allmählich gelockert,
bis mehrere der
Halter ganz losgelassen hatten, wodurch die etwa 12 m lange Leitung in einem tiefen Bogen herabhing. Die Leitung
wurde durch
Unterbauen von Holzgerüsten allmählich wieder hochgebracht und der in der Fabrik beschäftigte Kupferschmied wurde
beauftragt, die
Speiseleitung wieder zu befestigen. Gleich nachdem dieser eine Besichtigung vorgenommen hatte, erfolgte ein plötzlicher
Ruck, worauf
bei dem rechtsliegenden Kessel hinten Wasser und Dampf mit Gewalt ausströmte und das Kesselhaus mit Dampf dicht anfüllte.
Man konnte
noch das Dampfventil absperren und das Feuer aus dem Kessel entfernen. Nach Abzug des Dampfes stellte sich heraus,
dass der
gusseiserne Speisestutzen, hinten, oben auf dem Kessel, abgebrochen war, aber durch die Flanschverschraubungen der
Speiseleitung an
seiner Stelle festgehalten wurde, so dass durch den Bruch nur ein um mehrere Millimeter klaffender Spalt entstanden
war, durch den
Wasser und Dampf hindurch blasen konnte. Der weitaus grösste Theil der Bruchfläche des Stutzens war alt und nur ein
kleiner Theil
derselben neu. Beim Besichtigen der Stutzen der übrigen beiden Kessel fand sich, dass auch der des zweiten Kessels,
unten dicht am
Nietflansch, einen feinen Riss um den halben Umfang herum hatte, aus welchem Wassertropfen langsam herausperlten.
Auch dieser Stutzen
wurde abgenietet und ersetzt. Als Grund für diese Brüche darf man den Umstand ansehen, dass die Speiseleitung nahe
an dem Stutzen
vorbeigeht und dass die Dehnungen beim Warm- und Kaltwerden derselben auf Abbrechen der Stutzen wirken mussten. Auch
eine Leitung zum
Anfüllen der Kessel ging möglichst nahe an den Stutzen vorüber und verband dieselben starr mit einander. Diese Stutzen,
die einen
äusseren Durchmesser von 95 mm hatten, waren anscheinlich 8 bis 9 mm dick gewesen, welches Maass indessen durch Rostung
bis auf 4 bis
6 mm abgenommen hatte.
Durch Rostung hatte sich eine mürbe, graphitartige Kruste gebildet, welche sich abklopfen liess, eine Zerstörungserscheinung,
welche
noch wenig bekannt sein dürfte.
Brüche gusseiserner Wasserstandsstutzen. Für eine Zuckerfabrik wurden neun Dampfkessel gebaut, welche vorn
Treppenrostvorfeuerung und die Wasserstandsanzeiger am hinteren Stirnboden angeordnet erhielten. Die Stutzen mussten
daher durch den
Hinterzug und durch die hintere Stirnmauer hindurch reichen, erhielten also eine Länge von etwa 1 m. Beide Stutzen
von 90 mm Weite
waren durch eine Kreuzrippe von 25 bis 35 mm Dicke mit einander
verbunden und bildeten auf diese Weise ein einziges Gussstück, eine Einrichtung, welche bei vielen anderen Dampfkesseln
mit Erfolg
angewendet ist. Von diesen Stutzen sind in den ersten Monaten des Betriebes drei Stück gebrochen, so dass die betreffenden
Kessel
behufs Reparatur kalt gestellt werden mussten. Die Bruchflächen zeigten 30 mm Wanddicke.
Als Grund für diese Erscheinung kann nur angenommen werden, dass beim Giessen Spannungen entstanden sind, welche einen Ausgleich
gewaltsam herbeiführten.
Brüche von gusseisernen Ablassflanschen kommen am häufigsten vor und bilden eine beständige Gefahr, die
deshalb besonders gefährlich sind, weil die Stutzen gewöhnlich am Heizerstande liegen und dort schlimme Wirkungen
haben können. Die
Möglichkeit des Bruches eines solchen Stutzens wird um so grösser, je länger er ist. Am besten ist es, diese Stutzen
zu vermeiden, das
Ablassventil in der Sohle des Kessels selbst anzubringen, die Ventilspindel durch den Kessel hindurch nach oben herauszuführen
und
dort mit dem Handrade zu versehen. Das hat auch den wesentlichen Vorzug, dass sich der Ablasstutzen durch Schlamm
o. dgl. nicht
verstopfen kann, denn beim Beseitigen solcher Verstopfungen sind schon viel schlimme Verbrühungen entstanden. Gusseiserne
Dampfabsperrventile und Wasserablassventile sind nicht selten geplatzt. Bei gusseisernen Dampfleitungen kommen verhältnissmässig
nicht
so viel Brüche vor, als man erwarten- sollte, obwohl lange Rohre zerbrechlicher erscheinen als die kurzen Stutzen.
Man ist in neuerer
Zeit mit Recht bestrebt, gusseiserne Leitungen und Stutzen ganz zu vermeiden und sie durch schmiedeeiserne zu ersetzen.
Es haben auch
verschiedene Fabriken die Herstellung schmiedeeiserner Rohre und Stutzen als Specialität aufgenommen.
Ueber das Schweissen der Bleche beim Dampfkesselbau hat Isambert in Mannheim der Zeitschrift des Ueberwachungsvereins seine Ansicht wie folgt mitgetheilt:
„Seit einigen Jahren hat sich das Schweissen von Blech beim Bau der Dampfkessel in Deutschland ziemlich eingebürgert, und
es gibt
Kesselschmiede, welche dieser Art von Verbindung von Blechplatten das Wort reden. Anfangs der 70er Jahre schweisste
man nur kurze
Stellen, wie die Umflanschungen an Domen, Stutzen, die in die Aushalsungen der Stirnwände hineinragenden Enden der
Feuerrohre
u.s.w., und zwar nur deshalb, weil die Ueberlappung bei abgeschärften Blechen schwer dicht zu stemmen war. Galloway schweisste schon Mitte der 60er Jahre die nach ihm benannten Rohre, allein auch nur diese. Später ging man in
Deutschland dazu über, die Längsnähte der Flammrohrschüsse, Feuerbuchsen kleiner Dampfkessel, die Rauchröhren stehender
Dampfkessel zu schweissen, in allen diesen Fällen immer nur in der Absicht, an Stelle der Nietung eine bessere Verbindung
zweier
Blechtheile herzustellen.
Gewiss ist in vielen Fällen die Schweissung am Platze; sie ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn der betreffende
Constructionstheil auf Druck beansprucht wird.
Neuerdings wird das Schweissen beim Dampfkesselbau so allgemein und von jeder noch so dürftig eingerichteten Kesselschmiede
ganz
sorglos ausgeführt, dass es sich wohl der Mühe lohnt, die Aufmerksamkeit der betheiligten Kreise hierauf zu lenken.
Unumwunden gestehe ich ein: „es gibt keine bessere Verbindung zweier Blechtheile, als eine gesunde Schweisse.“
Allein hier liegt der Kernpunkt der aufgeworfenen Frage:
„Wie oder woran erkennt man eine gesunde Schweisse?“ Niemand ist im Stande, einer Schweissnaht anzusehen, ob die ganze Naht
homogen
verbunden ist; lediglich der Feuerschmied, welcher sie herstellt, kann es wissen, ob alle Theile in der richtigen
Hitze
angeschweisst wurden; und selbst der Feuerschmied ist seiner Sache nicht immer ganz sicher; er untersucht die Schweisstelle
vielfach durch Aufgiessen von Wasser oder Erdöl, gewiss ein recht dürftiges Prüfungsverfahren, aber ein anderes
hat er nicht. Die
Dichtigkeit der Schweisstelle findet er zwar durch dieses Mittel, allein niemals die Festigkeit, welche an der betreffenden
Stelle
vorhanden ist.
Wie oft kommt es vor, dass eine Naht nur oberflächlich, d. i. an beiden Seiten, die man sehen kann, geschweisst hat, im Innern
aber
nicht. Ist die Schweisstelle nun gar zu schlecht, so zeigt sich dies wohl bei der Druckprobe des betreffenden Dampfkessels,
indem
das Wasser durchtritt; verstemmen kann man bekanntlich eine Schweissnaht nicht, und der fehlerhafte Theil muss ausgewechselt
werden.
Hält die Naht aber den Probedruck aus, ohne undicht zu werden, so wird der Dampfkessel – eine richtige Durchrechnung des
Dampfkessels seitens des Aufsichtsbeamten vorausgesetzt – als „betriebssicher“ erachtet und festes Vertrauen in
die Schweissung
gesetzt.
Wie nun aber, wenn das betreffende Schweisstück nur zur Hälfte oder gar ein Drittel bis ein Viertel der Blechstärke gesunde
Schweisse hat, im Innern aber nur lose auf einander klebt? Den Probedruck hat der Dampfkessel ausgehalten und die
Berechnung
ergibt einen genügend starken Querschnitt. Das Abhämmern der Schweisse liefert nicht immer einen unumstösslichen
Beweis der
Festigkeit; der Kessel kommt in Betrieb und das immerwährende Arbeiten, die verschiedene Beanspruchung des Bleches
in der
Schweissnaht lockert nach und nach die nur leicht an einander gebackenen Stellen, und ein Riss wird unvermeidlich.
Dem Berichterstatter sind zwei Fälle bekannt, in denen die geschweisste Längsnaht eines Domes sich unter Dampfdruck plötzlich
öffnete.
Und was ist die Ursache der neuerdings so sehr in Mode gekommenen Schweissungen?: lediglich Herabminderung der Erstellungskosten
um
einige Mark; aus diesem Grunde wird auf Kosten der Sicherheit gesündigt, die festzustellen ein Aufsichtsbeamter
gar nicht in der
Lage ist.
Bereits vor einer Reihe von Jahren hat sich Referent gegen das Schweissen ausgesprochen und möchte wiederholt davor warnen.
Seiner
Meinung nach sollten Theile an Dampfkesseln nur dann geschweisst werden, wenn sie auf Druck beansprucht werden und
wenn die
Verbindung auf Nietung nicht gut herzustellen ist; niemals sollte man Dome, Mäntel u.s.w., noch viel weniger aber
ganze
Dampfkessel durch Schweissung herstellen, wie in letzter Zeit leider geschehen, denn es gibt Dampfkessel, an denen
überhaupt kein
Niet mehr vorkommt.
Die immer mehr zunehmende Spannung unserer Dampfkessel, in Verbindung mit der vielfachen, in manchen Kesselschmieden fast
ausnahmslosen Verwendung von Flusseisen mit seinen vorzüglichen, in den Händen ungeübter Kesselfabrikanten aber gefährlichen Eigenschaften, fordert gebieterisch, dass alles vermieden
werde, was als eine Schwächung eines Constructionstheiles angesehen werden muss, insbesondere aber dann, wenn sich
der
Constructeur und der Aufsichtsbeamte keine genügende Sicherheit über die Festigkeit verschaffen können. – Jede Nietnaht
lässt sich
genau berechnen und controliren, eine Schweissnaht aber nicht; deshalb: fort mit dieser letzteren von der unrichtigen
Stelle,
bevor Unfälle an unseren Dampfkesseln sich mehren.“
Dieselbe Verbandszeitschrift theilt die im Januar 1896 erlassenen Vorschriften mit, welche zur Prüfung von Flusseisenblechen
von Seiten
des Staatsamtes der Dampfkesselüberwachung erlassen worden sind, aus denen wir Nachstehendes entnehmen:
„Um die Zugfestigkeit und andere Eigenschaften von Stahlblechen kennen zu lernen, sollen von jedem Blech, welches sowohl zum
Mantel
wie auch zu anderen Kesseltheilen, die auf Zug beansprucht werden, bestimmt ist, Probestreifen entnommen werden.
Der gerade Theil soll 9 Zoll (engl.) lang und 1 Zoll breit sein, und auf seiner Fläche sollen mit leichten Körnerschlägen
acht
Abtheilungen von je 1 Zoll Länge angezeichnet werden. Die anschliessenden gekrümmten Flächen haben 1 Zoll Radius
und die breiteren
Enden zum Einspannen in die Zerreissmaschine macht man 3 bis 6 Zoll lang und 1½ bis 2 Zoll breit. Das Probestück
muss beim
Zerreissen eine Dehnung von wenigstens 25 Proc. auf eine Länge von 2 Zoll zeigen bei Blechstärken von ¼ Zoll, und
auf eine Länge
von 4 Zoll bei Stärken von ¼ bis 7/16 Zoll, auf eine Länge von 6
Zoll bei 7/16 bis 1 Zoll Dicke, und auf die Länge von 8 Zoll bei
allen Blechstärken von über 1 Zoll.“
Ueber die Contraction, welche bereits früher festgestellt wurde, sagen die amerikanischen Normen:
„Alle Stahlbleche von ½ Zoll Dicke und darunter müssen eine Contraction von 50 Proc. zeigen. Von ½ bis ¾ Zoll Stärke muss
die
Contraction noch 45 Proc. betragen; bei ¾ Zoll und mehr ist eine Contraction von nicht weniger als 40 Proc. vorgeschrieben.
– (Bei
allen Reparaturen an Kesseln, welche vor dem 1. April 1886 gebaut wurden, ist eine Contraction von mindestens 40
Proc.
erlaubt.)
Keine Platte soll mehr als 0,06 Proc. Phosphor enthalten und 0,04 Proc. Schwefel; dieser Gehalt ist durch Analyse festzustellen
und
von den Fabrikanten zu garantiren. Bei der Abnahme soll der Oberrevisor nach seinem Ermessen diese Analyse auf Kosten
des
Fabrikanten durch einen unparteiischen Sachverständigen controliren können.
Bei Lieferung der Platten hat der Blechlieferant eine Bescheinigung mitzuliefern, welche besagt, durch welches Verfahren der
Stahl
erzeugt wurde. – Dabei ist besonders ausgeschlossen, dass mittels des Bessemer-Processes entstandene Bleche zu Marinekesseln
verwendet werden. Müssen Bleche über 1 Zoll Dicke verwendet werden, so ist es gestattet, dieselben im Probestreifen
gerader Länge
bis auf 1 Zoll Dicke zu reduciren, wenn auf der Blechprüfungsmaschine grössere Dicken nicht zerrissen werden können.
Wenn bei Verträgen für Kessel der überseeischen Dampfschiffe eine Prüfung nach den Regeln des britischen Handelsamtes, des
englischen Lloyds oder des Bureaus Veritas vorgeschrieben sind, so sind die amtlichen Inspectoren angewiesen, ihren Prüfungen
diese Vorschriften zu Grunde zu legen.
Für die Biegung der Probestreifen gilt als Regel, dass dieselben um einen Dorn gebogen werden können, dessen Radius nicht
mehr als
1½mal die Dicke der Platten beträgt, nachdem sie gleich massig auf Rothwarmhitze erwärmt und dann in Wasser von
28° abgelöscht
sind (Härtebiegeprobe).“ (Nach Locomotive.)
Einer der Vorstandsversammlung des Kesselüberwachungsvereins in Berlin vorgelegten Zusammenstellung der Gutachten der Einzelvereine
über die Verwendung von Flusseisenblechen zum Dampfkesselbau und die damit gemachten Erfahrungen entnehmen wir das
Folgende:
„Zum Dampfkesselbau wurde, namentlich in den Seestädten (Hamburg, Stettin), für Schiffskessel Flusseisen, vorzüglich englischer
Herkunft, schon seit etwa 20 Jahren verwendet. Landkessel findet man vereinzelt aus diesem Material erst seit etwa
10 bis 12
Jahren. Sämmtliche Vereine constatiren seit etwa 5 Jahren eine derartige Zunahme in der Verwendung des Flusseisens
zum Kesselbau,
dass zur Zeit nur auf besonderen Wunsch ganze Kessel oder einzelne Theile derselben aus Schweisseisen hergestellt
werden. Zur
Verwendung gelangt in der Neuzeit nur deutsches Material. Alle Vereine sind darin einig, dass für den Kesselbau
nur basisches,
weiches, zähes, nicht härtbares Flusseisen verwendet werden soll, wie solches in den deutschen Werken in vorzüglicher
Qualität in
den Siemens-Martin-Flammöfen hergestellt wird. Zu hartes Material von grosser Festigkeit, wie in den früheren Jahren
verarbeitet,
und welches meist im Converter hergestellt wurde, bewährte sich nicht.
Es zeigten sich bei diesem Material oft schon bei der Verarbeitung und auch im fertigen Arbeitsstück Risse und Sprünge, welche
auf
starke Materialspannungen im Blech zurückgeführt werden konnten.
Die Anforderungen, welche an Flusseisen als Material für den Dampfkesselbau gestellt werden müssen, hat der Internationale
Verband
der Dampfkesselüberwachungsvereine gemeinsam mit dem Verein deutscher Eisenhüttenleute und hervorragenden Industriellen
festgestellt, und sie finden als sogen. 'Würzburger Normen' allgemeine Anerkennung.
Die Prüfung, ob die Kesselbleche den hier gestellten Anforderungen genügen, wird von allen Vereinen gewünscht. Einige Vereine
stellen sogar die Bedingung, dass diese Prüfung erfolgen muss. Thatsache ist, dass zur Zeit ein grosser Theil der
unter
Vereinsüberwachung gebauten Kessel aus Material hergestellt wird, welches auf den Walzwerken geprüft worden ist.
Besonderen Werth legen einige Vereine noch darauf, dass auch innerhalb der Grenzen, welche die Würzburger Normen vorschreiben,
immer
nach Möglichkeit das weichere Material verwendet wird und die Marke 'Flusseisen-Mantelblech II' (F. III) nur bei
nicht vom Feuer
berührten Flächen, wie Schiffskesselmänteln u.s.w., ausnahmsweise Verwendung findet.
Als Nieteisen wird, soweit sich die Vereine in ihrem Gutachten hierüber äussern, nur Schweisseisen verwendet.
Kesselbleche aus weichem Flusseisen verarbeiten sich nach dem übereinstimmenden Urtheil aller Vereine in den Kesselschmieden
ausserordentlich gut, und es ist besonders angenehm, dass weniger
Nietnähte nöthig sind, da grössere Platten als aus Schweisseisen tadellos hergestellt werden können. Die meisten
Vereine heben
jedoch hervor, dass die Kesselschmiede sich erst an die Bearbeitung des neuen Materials gewöhnen mussten und dass
besonders in der
Blau wärme das Material nicht bearbeitet werden soll. Ferner fordern einzelne Vereine, dass die Nietlöcher nur gebohrt
werden
dürfen und geschweisste und gekrempte Kesseltheile vor der weiteren Bearbeitung im Glühofen vollständig ausgeglüht
werden
müssen.
Auch über das Verhalten im Betriebe haben alle Vereine, soweit das deutsche Flusseisen für den Kesselbau Verwendung gefunden
hat,
nur Günstiges zu berichten; auch bei durch Wassermangel hervorgerufenem Erglühen derartiger Bleche hat ein Verein
in mehreren
Fällen festgestellt, dass das Material bei starken Deformationen noch keine Risse bekam.
Ob bei Flusseisenblechen in Dampfkesseln stärkere Abrostungen eintreten als bei Schweisseisenblechen gleicher Qualität, ist
aus dem
Gutachten nicht zu erkennen. Fünf Vereine glauben, derartige Beobachtungen gemacht zu haben. Der Internationale
Verband der
Dampfkesselüberwachungsvereine hat eine Commission ernannt, welche gemeinsam mit einigen Industriellen diese Frage
durch
umfassende Versuche zu lösen bestrebt ist. Die Versuche können jedoch erst in einigen Jahren zum Abschluss kommen.
Ueber an Dampfkesseln aus Flusseisen vorgekommene Explosionen hat kein Verein berichtet.“
Es sei hier noch der Dampfkessel aus Wellblech von F. Ljungstrom in Stockholm (D. R. P. Nr. 91617)
erwähnt. Der Dampfkessel besteht aus einer oder mehreren Kammern, von denen eine jede durch ein Paar Platten, welche
in verschiedener
Richtung gewellt sind, oder durch eine zusammengebogene, in gleicher Richtung gewellte Platte oder durch ein flachgedrücktes
Rohr,
welches mit einer schraubenförmig verlaufenden Nuth versehen ist, derart gebildet ist, dass die Wellenrücken der
einen Wandung die
Wellenrücken der gegenüberliegenden Wandung in den Kreuzungspunkten berühren. Mehrere Kammern werden neben einander
so angeordnet,
dass die Wellen auf der Aussenseite der einen Kammer die Wellen auf der Aussenseite der benachbarten Kammer kreuzen
und die
Wellenrücken in den Kreuzungspunkten sich berühren, so dass gleichartige, neben einander liegende Räume gebildet
werden, die
abwechselnd zur Aufnahme von Wasser und Dampf und der heizenden Flüssigkeit dienen.
Wir verfehlen nicht, auf einen sehr lesenswerthen Aufsatz über die Untersuchung des für Dampfleitungen und Dampfkessel zu
benutzenden
Materials hinzuweisen, der sich in der Nummer vom 15. September 1896 der Zeitschrift des Verbandes der
Dampfkesselüberwachungsvereine vorfindet. Leider verbietet uns der Raum dessen Wiedergabe.
Obwohl das Nachstehende, genau genommen, nicht in den Rahmen unseres Berichtes gehört, möchten wir hier doch noch die Deckplatten für Dampfkessel erwähnen.
Die Abdeckung der Oberseite von Dampfkesseln erfolgt in der Regel durch Ueberwölbung mittels gewöhnlicher Ziegelsteine, wenn
nicht
überhaupt nur eine Sand- oder Lehmschicht als Schutz gegen Wärmeverlust zur Anwendung gelangt.
Derartige Abdeckungen haben den Nachtheil, dass, um die Oberfläche des Kessels freizulegen, eine grosse Staubentwickelung
unvermeidlich ist.
Auch sind derartige Ueberdeckungen nie völlig fugendicht zu halten, so dass Spalten entstehen, welche den Kessel abkühlen;
auch ist bei
einem solchen Gewölbe eine Freilegung der oberen Kesselwandung lästig auszuführen.
Textabbildung Bd. 306, S. 230
Deckplatten für Dampfkesseleinhüllung.
Diese Unannehmlichkeiten werden vermieden durch eine in der Deutschen Töpfer- und Ziegler-Zeitung
beschriebene Abdeckung, die von Harbison und Walker, Star Fire Brick Works in Pittsburgh, Pa., zur
Einführung gelangte. Diese Abdeckung wird mit Platten ausgeführt, welche sich der jeweiligen Rundung des Dampfkessels
anschliessen und
derartig mit Falzen versehen sind, dass jede Platte an zwei Seiten die Falze der benachbarten Ziegelplatten bedeckt,
während an den
beiden anderen Seiten die Plattenfalze von den Nachbarplatten überdeckt werden. Die Platten sind an der Unterseite
mit warzenartigen
Vorsprüngen versehen, die auf der Kesselwandung aufliegen, hierdurch wird auf der Oberseite des Dampfkessels noch
eine Luftisolirung
gebildet.
Die Ueberdeckung der Kessel mit diesen Platten bildet eine völlig geschlossene Abdeckungsfläche; das Legen und Verlegen der
Platten
kann durch jeden Arbeiter rasch und ohne irgend welche Staubentwickelung geschehen. Die Falze sind so breit gewählt,
dass durch die
Ausdehnung des Kessels ein Oeffnen der Fugen nicht eintritt.
Die Platten sind in Fig. 29 und 30 im Einzelnen und nach der Verlegung dargestellt.