Titel: | Leschinsky's Knallsignal. |
Fundstelle: | Band 306, Jahrgang 1897, S. 255 |
Download: | XML |
Leschinsky's Knallsignal.
Mit Abbildungen.
Leschinsky's Knallsignal.
Textabbildung Bd. 306, S. 255
Leschinsky's Knallsignal.
Ausser den meteorologischen Verhältnissen, wie Nebel, Regengüsse, Schneestürme, gibt es auch noch andere, ähnlich nachtheilige
Umstände, welche die Wirksamkeit sichtbarer Eisenbahnsignale beeinträchtigen, wie beispielsweise der Umstand, dass
während der
Dunkelheit Signallampen verlöschen, oder dass der Locomotivführer eines schnell fahrenden Zuges, durch irgend eine
sich zufällig
nöthig machende Dienstverrichtung abgezogen, ein optisches Haltsignal nicht rechtzeitig bemerkt u.s.w. Diesen gefährlichen
Möglichkeiten tragen die meisten Signalordnungen bekanntlich dadurch Rechnung, dass sie für gewisse Verhältnisse
die Unterstützung
oder vielmehr Ergänzung der sichtbaren Haltsignale durch Knallsignale vorschreiben. Im Zusammenhange
damit sind namentlich in England, wo der häufigen schweren Nebel wegen dieses combinirte Signalsystem sich hervorragend
entwickelt
hat, ebenso auch in Frankreich vielfach Vorrichtungen erdacht worden, welche, mit den gewöhnlichen Stellvorrichtungen
der sichtbaren
Signale verbunden, die Aufgabe erfüllen, Knallkörper auf die Schienen zu legen, wenn und so lange die Zugsfahrten
verboten sind. Neben
derartigen mechanischen Anordnungen (vgl. 1894 294 * 158) gibt es bekanntlich auch elektrische (vgl. 1892
283 * 237. * 266), die in der Regel einfacher und dauerhafter, also auch verlässlicher sind, als die
ersteren, ferner die Verwendung kräftigerer Detonationen ermöglichen und sich auch noch in mannigfacher Weise als
Nothsignal ausnutzen lassen. Charakteristisch für die elektrischen Einrichtungen ist es auch, dass sie
die Knallkörper nicht auf die Fahrschienen legen, wo dieselben durch das erste Räderpaar des Zuges zur Explosion gebracht werden
sollen, mitunter aber auch ungelöst weggeschoben werden, sondern in einer eigenen Schiessvorrichtung neben dem Eisenbahngleise
zur
Entladung bringen.
Zu dieser Art zählt eine neue, vom kgl. Regierungsbaumeister Leschinsky erdachte, bei C. Lorenz in Berlin ausgeführte Knallsignalvorrichtung, welche auf der Strecke Breslau-Liegnitz längere
Zeit und mit Erfolg erprobt worden ist. Die Schiessvorrichtung besteht aus dem Patronenlauf l (Fig. 1), der oben als vierkantige Platte p abschliesst, mit deren Hilfe er seitlich in zwei Falze eingeschoben und an den in der Zeichnung dargestellten Platz
gebracht werden kann, wo er durch einen senkrechten Verschlussriegel selbsthätig festgelegt wird. Um den Lauf mit
der mit
Centralzündung versehenen Patrone m beschicken zu können, muss sonach vorerst die Sperrung des Laufes
behoben werden, was durch Rechtsdrehen des Schlüsselhandgriffes o geschieht, sodann der Lauf l nach links aus den Falzen herausgezogen, das Verschlusstück abgehoben und die Patrone eingeschoben
werden. Ist der Lauf nach erfolgter Ladung wieder in seine richtige Lage zurückgebracht worden, so steht das Signal
zum Gebrauche
bereit. Eine Entladung des Schusses findet statt, wenn der in doppelter Führung laufende Schlagbolzen i
durch eine Oeffnung der Laufverschlussplatte auf die Zündkapsel der Patrone stösst. Dieser Stoss erfolgt in erforderlicher
Kraft
vermöge der Wirkung der Feder k, sobald der Bolzen i, welcher sich für
gewöhnlich mit einem vorspringenden Absatze auf den Querriegel h stützt, diesen Halt verliert, d.h.
sobald h eine genügende Verschiebung nach rechts erfährt. Der wagerecht in Führungen liegende, durch eine
Feder v stetig nach links gedrückte Riegel h wird gezwungen, sich nach
rechts zu bewegen, sobald der senkrecht in Führungen laufende, von einer Wurmfeder nach abwärts gedrückte Bolzen
d hochgeht, wobei eine seitlich aus d vorstehende Nase y in einen Schlitz von h gelangt. Das Hochgehen des Bolzens d kann lediglich die gleichfalls in Führungen laufende Stange c veranlassen,
doch besteht zwischen c und d keine directe Verbindung, sondern eine solche
wird erst in elektrischem Wege und unter bestimmten Voraussetzungen hergestellt. Am unteren Ende von d
ist nämlich ein Sperrkegel e angelenkt, der gleichzeitig den Anker eines Elektromagnetes f bildet, und welchen die Abreissfeder g derart beeinflusst, dass er sich,
falls kein Strom in den Elektromagnetspulen vorhanden ist, gegen c lehnt und daselbst in eine Einkerbung
eingreift. Bei stromdurchflossenen Spulen zieht jedoch der Elektromagnet den Sperrkegel e so weit nach
rechts, dass letzterer der Hebestange c vollkommen aus dem Wege tritt. So lange e in der angezogenen Lage verharrt, werden sonach allfällige Auf- und Abbewegungen der Hebestange c keinerlei Wirkung auf d ausüben, hört jedoch die magnetische Anziehung auf und geht in dieser
Zeit c hoch, dann werden e und d mit in die
Höhe geschoben, wodurch h nach rechts gerückt, der Schlagbolzen i ausgelöst
und somit der Schuss abgefeuert wird. Das Hochheben der Stange c hat der Zug, für den die Detonation als Haltsignal dient, selber zu bewerkstelligen, indem jedes Rad
seiner Fahrzeuge beim Passiren der Signalstelle einen Stahlbügel a (Fig. 1 und 2), der in gewöhnlicher Art mit Hilfe der Klemmplatten r, r und s
am Fusse der Fahrschiene festgeschraubt ist und die Schienenoberkante ein wenig überragt, niederdrückt. Wie sich
diese Bewegungen von
a durch den doppelarmigen Hebel b1b2 auf c übertragen, lässt Fig. 1 ohne weiteres ersehen, ebenso klar ist es, dass die Auslösung des
Knallsignals gleich durch das erste auf a gelangende Rad herbeigeführt wird, wenn in diesem Momente der
Elektromagnet f stromlos ist. Die Verbindung des Bügels a mit dem auf einem
im Bahnkörper eingegrabenen, in Fig. 1 nur zum Theile
angedeuteten Fussgestelle t1t2 befestigten Apparatgehäuse ist ersichtlichermaassen vermöge der beweglichen aus dem ⋃-Eisen u und den Drehbolzen x1 und x2 hergestellten Kuppelung in ganz
einfacher Weise vor allen nachtheiligen Rückwirkungen geschützt, die sonst etwa durch Wandern, Senkungen oder Erzittern
der Schienen
herbeigeführt werden könnten. Es gibt auch Vorrichtungen, welche zwei Schüsse hinter einander abgeben, sich aber
von den einschüssigen
Apparaten nur dadurch unterscheiden, dass zwei Patronenläufe und ebenso zwei Schlagbolzen i vorhanden
sind, welch letztere, obwohl sie der Querriegel h gleichzeitig auslöst, das Losbrennen der beiden Schüsse
nicht gleichzeitig bewirken, weil der zweite Schlagbolzen durch eine eigens zu diesem Zwecke vorhandene Hemmung im
ersten Theil seines
Niedergehens eine kleine Verzögerung erleidet, die beiläufig 1 Secunde beträgt.
Nach jedesmaliger Gebrauchsnahme des Knallsignals geschieht das Rückstellen, nämlich das neuerliche Spannen des Schlagstiftes
i bezieh. der beiden Schlagstifte, gleichzeitig mit der weiter oben erwähnten, zum Zwecke der
Patronenerneuerung vorzunehmenden Entriegelung des Laufverschlusses, d.h. durch Rechtsdrehen des Schlüssels o, welcher sich nebst einem Patronenvorrath in den Händen des mit der Ueberwachung und Pflege der Signalvorrichtung
betrauten Beamten oder Wärters befindet, der ihn lediglich im Bedarfsfalle ansteckt.
Zur Auslösung des Signals bedarf es erläutertermaassen der Erfüllung zweier Vorbedingungen, und zwar muss erstens der Stromkreis,
in
welchem der Elektromagnet des Knallsignals eingeschaltet ist, unterbrochen sein, und zweitens ein Zug die Signalstelle
befahren. Bei
den bisher zur Anwendung gelangten elektrischen Knallsignalvorrichtungen fällt dem Zuge stets die Aufgabe zu, bei
oder kurz vor der
Signalstelle einen Streckencontact zu schliessen und durch die hierbei erfolgende Stromgebung das Abfeuern der Schüsse
zu
bewirken.
Wenn bei solchen Anordnungen der Leitungsdraht abreisst, die Batterie schlecht wird oder Erdschlüsse entstehen, versagt das
Knallsignal, wogegen unter denselben Verhältnissen das Leschinsky'sche Signal nicht versagen, sondern
schlimmstenfalls nur unnöthig ausgelöst werden kann. Dasselbe entspricht somit einer der wesentlichsten Hauptbedingungen
für die
correcte Anordnung von Deckungssignal Vorrichtungen, insofern bei diesen bekanntlich Versagungen niemals Gefährdungen
der Züge,
sondern höchstens nur Verzögerungen im Zugs verkehr nach sich ziehen dürfen. Uebrigens bietet die Anwendung des Ruhestromes
auch noch
manche andere Vortheile, denen zufolge sich das Anwendungsgebiet des Signals wesentlich erweitert.
Die einfachste, naheliegendste Verwendung der Knallsignalvorrichtung ist natürlich jene als Vorsignal in
Verbindung mit optischen Deckungssignalen, seien dies Bahnhofabschluss-, Wege-, Ausfahrt-, Brücken-, Tunnel- oder
Blocksignale u.s.w.
Der Knallsignalständer erhält in diesem Falle seinen Platz in einer den örtlichen Verhältnissen entsprechenden Entfernung
vor dem
zugehörigen Hauptsignal –
„Hauptsignal“ im Gegensatze zum „Vorsignal“ –, mit welchem er durch die elektrische Drahtleitung und einen
Stromschliesser in Verbindung gebracht wird. Das Oeffnen und Schliessen dieses Stromschliessers geschieht selbsthätig
durch
Vermittelung des Signalkörpers (Flügel, Scheibe) des Hauptsignals derart, dass der Stromweg zur Knallsignal Vorrichtung
während jener
Lage des optischen Hauptsignals, welche den Zügen die Fahrt verbietet, unterbrochen, und während der zweiten Lage
jedoch, welche die
Fahrt gestattet, geschlossen bleibt. Die Knallsignalbatterie erhält dabei im Stationsgebäude oder in der nächsten
Bahnwärterbude
Aufstellung, wo es unter Umständen zweckdienlich sein wird, noch einen zweiten Stromschliesser anzubringen, der in
Nothfällen von
denjenigen Beamten in Gebrauch genommen werden soll, welche die Verantwortung für die richtige Handhabung des Hauptsignals
zu tragen
haben. Wenn z.B. Ereignisse eintreten würden, welche die schleunige Rücknahme eines ertheilten Freisignals erheischen,
könnte dies
kaum in irgend einer anderen Weise rascher und wirksamer eingeleitet werden, als indem der Beamte die Kurbel seines
Knallsignalumschalters umlegt, wodurch letzteres Signal trotz der Freilage des zugehörigen Hauptsignals thätig wird.
Und weil nun derartige Stromschliesser selbstverständlich an jeder beliebigen Stelle der zum Knallsignal führenden Leitung
– etwa auch
in Weichenstellvorrichtungen, in Brückenverriegelungen, in Auffahrschienen (Contactschienen), welche zunächst der
Weichengrenzen ins
Gleis gelegt werden, ins Hebezeug der Schlagbäume bei Bahnüberwegen u.s.w. – eingeschaltet werden können, und sich
auch die
Stromleitung beliebig verlängern und führen lässt, so gestattet es die in Betracht gezogene Signalvorrichtung, dass
sie ganz gut auch
ohne Verbindung mit einem Hauptsignal angewendet werden und den Charakter eines selbständigen, örtlichen Bahnzustands-Signals
annehmen
kann.
So würde beispielsweise durch die Anbringung und zweckmässige Vertheilung einzelner oder mehrerer solcher akustischer Localsignale,
insbesondere in ausgedehnteren Bahnhöfen mit starkem Rangierdienst und schlecht zu übersehenden Einfahrten oder auch
auf Bahnhöfen, wo
etwa wegen Umbaues häufige Einfahrtsänderungen stattfinden oder Gleisprovisorien eingelegt werden müssen, zur Sicherung
des
Zugverkehrs nennenswerth beigetragen. Für die letztgedachten Anwendungen mehr vorübergehender Natur fällt auch noch
der Umstand
günstig ins Gewicht, dass die Knallsignalvorrichtung weitaus mobiler ist als ein Mastsignal oder eine Signalscheibe.