Titel: | Faserstoffe.Ueber die Prüfung des Papieres. |
Autor: | Nic. Teclu |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 79 |
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Faserstoffe.Ueber
die Prüfung des Papieres.
Von Nic.
Teclu.
Mit Abbildung.
Ueber die Prüfung des Papieres.
Um die Untersuchung des Papieres auf seine Festigkeit und Dehnung rascher und genauer
bewerkstelligen zu können, benutze ich eine Methode, bei welcher verhältnissmässig
kleine Papierblättchen, von nicht genau beschnittenen Rändern, in Anwendung kommen
und die mechanische Kraft automatisch, gleichmässig wirksam wird, sowie die Prüfung
des Papieres gleichzeitig nach allen Richtungen erfolgt.
Das Princip dieser Methode beruht auf der Anwendung der Spannkraft gepresster Luft.
Die Einrichtung des Apparates wird durch Fig. 1
veranschaulicht.
A ist ein metallener, 8 l fassender Compressionsapparat,
welcher mit Wasserstandsanzeiger, Sicherheitsventil und Manometer versehen ist. Eine
Bleiröhre verbindet denselben mit der Wasserleitung, von welcher der Hahn a die Zuführung des Wassers gestattet. Durch b, einem Hahn mit Kegelverschluss, wird die gepresste
Luft, die durch einen Hahn aus dem Gefässe dringt, regulirt. Der Compressionsapparat
besitzt noch ein Wasserabflussrohr, das mit dem Hahn d
versehen ist. B ist der Zerreissapparat, im
Wesentlichen aus einem aufrecht stehenden MetallcylinderDie kreisrunde Oeffnung des Cylinders hat einen
Durchmesser von 6 cm, welche Weite zur Prüfung der gewöhnlich im Handel
vorkommenden Papierqualitäten ausreicht. bestehend, auf dessen
Oeffnung mittels einer eisernen Schraubenvorrichtung eine eiserne Platte
aufgeschraubt werden kann. Die Platte trägt ein ⊤-Rohr,
dessen eine der drei Röhrenmündungen luftdicht in die Platte eingelassen ist,
während die anderen e und f freistehen. Im Inneren des Cylinders, bis gegen die Mitte der
Oeffnung reichend, befindet sich der eine Hebelarm eines mit Sperrhaken versehenen
zweiarmigen Hebels, welcher seinen Unterstützungspunkt in h hat. Der andere Hebelarm functionirt ausserhalb des Zerreissapparates
als Zeiger und dient zur Angabe der Dehnung.
C ist ein Rückschlussventil mit den Ansatzröhren k und l.
D ist ein Druckregulator, bestehend aus einer spiralig
gewundenen Metallröhre von 7 mm innerem Durchmesser mit den Mündungen m und n.
Textabbildung Bd. 307, S. 79
Fig. 1.Prüfung des Papieres.
E ist ein Quecksilbermanometer, dessen eine Schenkel mit
der Zuflussöffnung o und dem Hahn p versehen ist. Alle diese einzelnen Apparate A, B, C, D und E sind bei
b, e, f, k, l, m, n und o durch dickwandige Kautschukschläuche mit einander luftdicht
verbunden.
Die Untersuchung wird in folgender Weise ausgeführt:
Aus dem Probepapier wird ein Blatt von etwa 9 cm Breite und 11 cm Länge
ausgeschnitten, dieses sonach beiläufig in der Mitte mit einer
GuttaperchascheibeWenn man Luft unter
geeigneten Umständen gegen ein Papierblatt presst, dann kann man in den
meisten Fällen die Beobachtung machen, dass letzteres, bei einem gewissen
Druck, für die Luft durchlässig wird und demnach nicht zerreisst, wenn der
Luftdruck allmählich ansteigt. Aus diesem Grunde wird das Papierblatt mit
der dünnsten, im Handel vorkommenden Guttaperchafolie bedeckt, welche das
Papier vollständig dichtet. Erstere ist dehnbarer und weniger
widerstandsfähig gegen das Zerreissen, als irgend eine Papiergattung; ihr
Widerstand erscheint, bei den Untersuchungen dieser Art, unmessbar
klein. von etwa 8 cm Durchmesser bedeckt, auf welche ein
ringförmiges Band
von vulkanisirtem KautschukDer Kautschukring
bezweckt die Herstellung der seitlichen Dichtung. gelegt wird,
dessen Breite 1,5 cm und innerer Radius 3 cm beträgt. Die Papierprobe sammt Beleg
wird hierauf, anstossend an eine Metalleiste, auf die Mündung des Zerreissapparates
geschoben und die Eisenplatte aufgeschraubt. Während nun die Hähne c und d geschlossen sind,
wird durch den Hahn a so lange Wasser in den
Compressionsapparat einfliessen gelassen, bis das Manometer desselben den Druck von
1,25 at anzeigt, dann werden die Hähne a und p geschlossen und bei geöffnetem Hahn bDieser Hahn
gestattet, die Ausflussöffnung nach Bedarf zu regeln und
einzustellen. der Hahn c plötzlich
aufgemacht. Die gepresste Luft dringt nun in das ⊤-Rohr
auf die Papierprobe, von da durch das RückschlussventilDieses Ventil hat die Einrichtung, die
gepresste Luft hindurchtreten zu lassen; ihre Bewegung aber in
entgegengesetzter Richtung zu verhindern. in den
DruckregulatorDer Druckregulator
hat den Zweck, die Schwankungen des Quecksilbers im Manometer zu beheben,
welche stets entstehen, wenn die gepresste Luft plötzlich, ohne anfänglich
verminderte Spannung, in das Manometer eindringt, wodurch die Richtigkeit
der Bestimmungen wesentlich beeinträchtigt wird. und das
Quecksilbermanometer, wo es das Quecksilber in dem zunächst befindlichen Schenkel
zum Sinken bringt, in dem anderen aber so lange emporhebtDie Schnelligkeit, mit welcher das Quecksilber
im Manometer steigt, ist auch von der Ausflussöffnung des Hahnes b abhängig. Zu rasches Steigen des Quecksilbers
führt zu ungenauen Versuchsergebnissen, während eine zu langsame Bewegung
desselben zu viele Zeit für den einzelnen Versuch in Anspruch nimmt; die
Oeffnung des Hahnes b wird daher derart
gestellt, dass 760 mm Niveaudifferenz in einem Zeitraum von 10 Secunden
erreicht werden., bis die Papierprobe zerreisst, in welchem
Augenblick das Quecksilber vermöge der Wirkung des Rückschlussventiles auf seinem
erlangten Höhenniveau unbeweglich stehen bleibt. Nun wird der Hahn c geschlossen, der Stand des Quecksilbers und des
Dehnungszeigers, sowie auch die Temperatur von einem in nächster Nähe sich
befindenden Thermometer abgelesen. Man öffnet hierauf den Hahn p1 wodurch sich das
Quecksilber im Manometer wieder gleich hoch stellt, schliesst sodann diesen Hahn,
öffnet die Hähne c und d,
um das Wasser aus dem Compressionsapparat ausfliessen zu lassen, schliesst hierauf
beide Hähne, bringt auch den Dehnungszeiger durch Oeffnen des Sperrhakens in
wagerechte Lage, womit der Apparat in den Anfangszustand versetzt wird und eine neue
Prüfung vorgenommen werden kann. Die abgelesenen Werthe des Quecksilberstandes und
der Temperatur ergeben aus der Gleichung:
W_r=\frac{[b\,(1-\alpha\,t)\,r^2\,\pi\,s]}{2\,g},
in welcher
Wr den relativen
Widerstand in Atmosphären,
b die Niveaudifferenz in Centimeter,
t die während des Versuches herrschende Temperatur,
r den Radius des Zerreissapparates in Centimeter,
s das specifische Gewicht des Quecksilbers und
g den Druck einer Atmosphäre in Gramm
bedeuten, den relativen Widerstand in Atmosphären und für
einen speciellen Fall, wo
b = 41,05 cm, t = 15° C., r = 3 cm
ist, der Gleichung entsprechend:
W_r=\frac{[41,05\,(1-0,00018\,\times\,15)]\,3^2\,\times\,3,141\,\times\,13,59}{2\,\times\,1032,8}=7,614\mbox{
at,}
aus welchem Werth der absolute Widerstand Wa durch
Beziehung auf die DickeSiehe meine
diesbezüglichen Publicationen in D. p. J. 1892
286 155 und 1894 294 106, wo ich die Dicke des Papieres, statt dessen Gewicht, für
die Bestimmung des absoluten Widerstandes in Rechnung brachte.
des Papieres von 1 mm erhalten wird. Es resultiren nämlich aus der Gleichung:
Wr : d = Wa : 1,
in welcher d die Dicke des
Papieres in Millimeter bedeutet und in diesem besonderen Falle 0,0512 mmDie Dickenmessungen führe ich mit dem von mir
angegebenen optischen Dickenmesser aus. Siehe D. p.
J. 1895 298 187. beträgt, der
Gleichung entsprechend:
7,615 : 0,0512 = Wa : 1
für
W_0=\frac{7,615}{0,0512}=148,7\mbox{ at}
absoluter Widerstand.
Für die Bestimmung des absoluten Widerstandes in der üblichen Form, als Reisslänge in
Meter, bietet diese Methode, durch den Werth des relativen Widerstandes in
Atmosphären, gleichzeitig den relativen Reisswiderstand in Gramm für einen
Papierstreifen von 35,4493 mm Breite, entsprechend der Peripherie einer Kreisfläche
von 1 qc. Demnach für diesen Fall, da der Druck einer Atmosphäre 1032,8 g
beträgt:
7,614 × 1032,8 = 7863,74 g
als relativen Reisswiderstand, aus welchem sich mit Bezug auf
das Gewicht von 1 qm des erwähnten Papieres, welches 58,74 g entspricht, mit Hilfe
der bekannten Gleichung:
R=\frac{p}{g\,.\,b}\,\times\,1000
eine Reisslänge in Metern von:
R=\frac{7863,74}{58,74\,\times\,35,4493}\,\times\,1000=3777
ergibt.
Nachdem die Untersuchungen von Papieren keine so weit gehende Genauigkeit der
Bestimmung beanspruchen, um auch die während des Versuches herrschende Temperatur
berücksichtigen zu müssen, vereinfacht sich die Gleichung zu dem Ausdrucke:
W_r=\frac{b\,.\,r^2\,\pi\,.\,s}{2\,g}
und da ferner, bei ein und demselben Apparate r eine constante Grösse ist, ergibt die Niveaudifferenz
b multiplicirt mit dem Factor:
\frac{r^2\,\pi\,s}{2\,g}=\frac{3^2\,\times\,3,141\,\times\,13,59}{2\,\times\,1032,8}=0,1861
den relativen Druck in Atmosphären bezieh. den relativen
Reisswiderstand in Gramm. Demnach
41,05 × 0,1861 = 7,639 at,
entsprechend
7,639 × 1032,8 = 7889,5 g
bezieh. 3789 m Reisslänge.
Die Bestimmung der Dehnung, die gleichzeitig mit der Festigkeitsprüfung erfolgt,
ergibt sich aus der Function des erwähnten zweiarmigen Hebels, von welchem der eine
Arm als Contacthebel figurirt, indem derselbe mit seinem äussersten Ende von unten
das Papier berührt und den Bewegungen der Dehnung des Papieres folgt, während der
andere Arm ausserhalb des Zerreissapparates, als Zeiger über eine Millimeterscala
gleitend, diese Bewegungsgrösse anzeigt.Der
Zeiger steht mit einem Zahnrad und einem Sperrhaken in Verbindung, wodurch
ersterer, der im Verhältniss mit der Dehnung des Papieres weiter wirkt, eine
entgegengesetzte Bewegungsrichtung nicht vollziehen kann. Zerreisst das
Papier bei seiner Maximaldehnung, dann sollte der Zeiger in der betreffenden
Stellung zur Ruhe kommen. Dies geschieht aber unter diesen Umständen nicht,
da die Spannkraft der gepressten Luft den Contacthebel und somit auch den
Zeiger plötzlich noch weiter bewegt, wodurch die Bestimmung der Dehnung
illusorisch wird. Um diese nachtheilige Wirkung aufzuheben, ist an dem
Zerreissapparate ausser dem schon erwähnten noch ein zweiarmiger Hebel
angebracht, dessen Unterstützungspunkt sich bei r befindet. Der eine Arm desselben ist knapp über den seitlichen
Oeffnungen des Apparates in wagerechter Lage als kreisrunde Metallscheibe
angebracht, während der andere Arm als Sperrhaken dient und im geeigneten
Augenblicke, durch den Windstoss mittelbar bewegt, hemmend in ein gezahntes
Rad einschlägt, welch letzteres derselben Achse angehört, wie das Zahnrad
der Zeigersperrvorrichtung. Auf Grund der Vorstellung nämlich,
nach welcher der Radius jener Papierkreisfläche, welche dem Luftdruck ausgesetzt
ist, und der Abstand seiner Verschiebungsgrösse als Katheten eines rechtwinkligen
Dreieckes in senkrechter Ebene gedacht werden, unter welchen Umständen die
Hypotenuse um die Dehnungsgrösse länger ist als die erstgenannte Kathete, folgt der
Werth für die Dehnung aus der Gleichung:
x=\sqrt{a^2+b^2}-a,
in welcher x die Dehnung, a den Radius und b die
Länge des an der Scala abgelesenen und reducirten Werthes bedeuten. Mit Bezug auf
die erwähnte Papierprobe ist a = 20 mmDamit der Contacthebel nicht der vollen Wirkung
der gepressten Luft beim Zerreissen des Papieres ausgesetzt werde, berührt
hier die Spitze desselben nicht den Mittelpunkt der Papierfläche, sondern
eine Stelle, welche von der Peripherie, in der Richtung des Radius
gerechnet, 20 mm entfernt ist., b =
3,784 mmDiese reducirte Länge
ergibt sich aus dem Verhältniss 1 : 1,85 der Hebelarme; der Ausschlag des
Zeigers entspricht hier 7 mm. und somit die Dehnung:
x=\sqrt{20^2+3,784^2}-20=0,3548
Das Papier dehnt sich somit auf eine Länge von 20 mm um 2 × 0,3548 mm aus und es
entspricht sonach, bezogen auf 100, seine Dehnung 3,55 Proc. Mit Rücksicht auf den
Umstand, dass bei ein und demselben Apparate sowohl das Hebelarmverhältniss als auch
die Länge des Contacthebels gleichbleibende Grössen sind, ergeben sich die Procente
der Dehnung als Product aus der Millimeteranzahl des Zeigerausschlages und dem
Factor 0,507.
Vergleichende Prüfungsversuche dieses Papieres, welche sorgfältigst sowohl mit einem
Feder- als auch mit einem Gewichtszerreissapparate ausgeführt wurden, wobei zur
Regulirung der Kraft Wirkung der regelmässige Schlag eines Metronomes in Anwendung
kam, ergaben eine Reisslänge von 3870 m und eine Dehnung von 3,20 Proc. gegen 3789 m
Reisslänge und 3,55 Proc. Dehnung bei Benutzung des hier beschriebenen
Apparates.Derselbe wird vom
Mechaniker Anton Schuda, Wien IV, Pressgasse
Nr. 1, angefertigt.
Wien, Chemisches Laboratorium der Wiener Handelsakademie, im October 1897.