Titel: | Eisenhüttenwesen.Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe. |
Autor: | Weeren |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 152 |
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Eisenhüttenwesen.Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
Von Dr. Weeren in
Charlottenburg.
(Fortsetzung des Berichtes S. 134 d.
Bd.)
Neuerungen im Eisenhüttenbetriebe.
G. Rückkohlungsverfahren für Flusseisen.
Diesem wichtigen Gebiete des Eisenhüttenwesens ist in den letzten Jahren eine erhöhte
Aufmerksamkeit gewidmet worden. Bekanntlich ist das aus der Birne oder dem
Martin-Ofen kommende Flusseisen durchaus kein gebrauchsfertiges Product. Bei allen
diesen Processen hat es sich als nothwendig erwiesen, zwecks einer möglichst
vollständigen Abscheidung des Siliciums und Phosphors zuvörderst den gesammten
Kohlenstoff herauszuschaffen. Der basische Process kann sogar gar nicht anders
geführt werden, da die vollständige Oxydation des Phosphors erst nach der Verbrennung des Kohlenstoffes erreicht werden
kann. Gleichzeitig mit der Abnahme des Kohlenstoffgehaltes tritt aber eine immer
energischer werdende Oxydation des Eisens selbst ein. Ein völlig entkohltes Eisen
ist somit stets sauerstoffhaltig. Um dasselbe in ein brauchbares Product zu
verwandeln, ist eine vollständige Fortschaffung dieses Sauerstoffes durchaus
nothwendig. Gleichzeitig ist auch, je nach dem späteren Verwendungszwecke des
Eisens, eine mehr oder minder beträchtliche Erneuerung seines Kohlenstoffgehaltes
erforderlich. Beiden Forderungen entsprach man durch Zusatz eines kohlenstoff- und
mangan- oder siliciumreichen Productes, wobei das Mangan bezieh. Silicium die
Desoxydation, der Kohlenstoff die Rückkohlung des Flusseisens übernahm. Als
besonders geeignet hierfür haben sich bekanntlich Spiegeleisen und Ferromangan, weniger das Ferrosilicium erwiesen.
Indessen zeigte es sich, dass durch unvorsichtige Handhabung dieser Mittel der
Qualität des Eisens sehr leicht Schaden zugefügt werden könne, indem bei zu starkem
Zusätze das zugegebene Mangan bezieh. Silicium zum Theil in das Eisen übergeht und dessen
gute Eigenschaften erheblich vermindert. Bei dem immerhin geringen Kohlenstoffgehalt
dieser Körper war indessen eine derartige Ueberführung nicht immer zu vermeiden,
namentlich dann nicht, wenn dem rückzukohlenden Eisen ein etwas grösserer
Kohlenstoffgehalt gegeben werden sollte. Ein hochgekohltes Eisen war auf diesem Wege
überhaupt nicht herzustellen.
Unter diesen Umständen war der Vorschlag des Engländers Darby, die Rückkohlung statt mit Spiegeleisen oder Ferromangan mit reinem Kohlenstoff auszuführen, ein bedeutsamer
Fortschritt, durch den die Möglichkeit geschaffen wurde, einem vollständig
entkohlten Eisen einen beliebig hohen Kohlenstoffgehalt zu geben, ohne gezwungen zu
sein, gleichzeitig seinen Gehalt an Mangan oder Silicium irgendwie zu vermehren
bezieh. ohne dem Eisen mehr Mangan zuführen zu müssen, als zu seiner
DesoxydationDiese gleichfalls
durch Kohlenstoff zu bewerkstelligen, hat sich deshalb als unzweckmässig
erwiesen, weil der Kohlenstoff in jenen hohen Temperaturen den Sauerstoff
des Eisens erheblich langsamer und unvollständiger als Mangan und Silicium
zu binden vermag. unumgänglich nothwendig ist. Gebührt somit
dem Engländer Darby für seinen Vorschlag volle
Anerkennung, so verdient es andererseits nicht unerwähnt zu bleiben, dass „die
Eisenhütte Phönix in Laar bei Ruhrort das Verfahren
Darby's, welches mehr auf einem glücklichen
Erfindungsgedanken, als auf einer schon zweckmässigen Ausführungsform beruhte,
in die Praxis eingeführt und es durch zahlreiche jahrelange Versuche in eine
anwendbare Form gebracht hat“.Wedding:„Die Kohlung des Flusseisens“, Stahl und
Eisen, 1894 S. 465 u. ff.
Angesichts der hohen Bedeutung des Darby'schen
Rückohlungsprocesses ist eine kurze Zusammenfassung der weiteren Versuche des
Hüttenwerkes Phönix um so mehr von Werth, als gerade in
der allerjüngsten Zeit die Rückkohlung des Flusseisens mit Kohlenstoff weitere
wesentliche Verbesserungen erfahren hat.
Der Vorschlag von Darby ging dahin, das entkohlte
Flusseisen durch einen mit Koksstücken angefüllten Trichter in die Giesspfanne
fliessen zu lassen, wobei das Flusseisen während der kurzen Zeit seiner Berührung
mit den Koksstücken Kohlenstoff absorbiren sollte. Dieser Versuch gelang wider
Erwarten; die Zeit genügte durchaus zur Rückkohlung des Flusseisens, welches in
Folge seiner starken Erhitzung befähigt war, sich fast momentan mit Kohlenstoff zu sättigen. Zugleich konnte an der Hand von
Analysen eine weitere, nicht minder wichtige Thatsache constatirt werden. Man fand,
dass bei dem Darby'schen Verfahren nur eine
Kohlenstoffaufnahme stattfand, dass aber die übrigen
Bestandtheile des Flusseisens keinerlei Zunahme durch den Process erfuhren.
Es erfolgte keine Aufnahme von Mangan und keine Rückphosphorung. Die oft recht
erhebliche Zunahme an Mangan bei der früheren Rückkohlung mittels Spiegeleisens
macht bekanntlich das rückgekohlte Material für viele Zwecke unbrauchbar. Auch in
finanzieller Beziehung konnte gegenüber den bisherigen Rückkohlungsverfahren ein
erheblicher Fortschritt constatirt werden.
Die vorbeschriebene Durchführungsart des Darby'schen
Verfahrens erwies sich indessen zwar als sehr wirksam, aber auch als sehr
unpraktisch. Es war unmöglich, damit das Flusseisen auf einen bestimmten vorgeschriebenen Kohlenstoffgehalt zu bringen. Weitere
praktische Versuche zeigten, dass nicht der ganze Kohlenstoff von dem Flusseisen
gelöst wurde, sondern dass stets ein Theil desselben – etwa 25 Proc. – verbrannte.
Ferner fand man auch, dass es gar nicht erforderlich sei, das Flusseisen durch eine
Schicht von Kohlenstoff zu filtriren, sondern dass es vollkommen genüge, den
feinzertheilten Kohlenstoff auf den ausfliessenden Flusseisenstrahl auftreffen zu
lassen, wobei der grösste Theil desselben augenblicklich von dem Eisen aufgenommen
wurde; der Rest verbrannte. Dabei wurde festgestellt, dass „unter sonst gleichen
Umständen, nämlich bei gleicher Hitze des flüssigen Eisens, bei gleich starkem
Strom desselben und bei gleicher Kohlenmenge der Procentsatz des verbrennenden
Kohlenstoffes ziemlich genau derselbe blieb, so dass man mit einiger Sicherheit
auf einen bestimmten Kohlungsgrad losarbeiten konnte“.A. a. O. S. 471.
Der gegenwärtige Betrieb gestaltet sich folgendermaassen:
„Die Roheisenpfanne wird, da die Hochöfen nicht genügende Massen passenden Eisens
herstellen, nur zu einem Theil aus diesen, zu einem anderen Theil aber aus
Cupolöfen gefüllt, durch eine Locomotive in das Bessemer-Werk zu dem in der
Mitte vor drei basischen Birnen stehenden Pfannenkrahn gefahren, von diesem bis
vor die Mündung der zu füllenden Birne gehoben und in diese durch Kippen
entleert. Das Blasen findet in gewöhnlicher Weise statt. Die Schlacke wird
abgegossen, erwärmtes Ferromangan in thunlichst kleinen Mengen zugesetzt und
nach Herstellung einer Brücke zum Zurückhalten des Schlackenrestes wird die
Birne in die auf dem Mittelkrahne befindliche Giesspfanne entleert. Hierbei
wird, nachdem der Boden der Pfanne sich mit Eisen bedeckt hat, durch ein an der
oberen Bühne pendelnd aufgehängtes Rohr mit Trichter und Entleerungsschieber
Kokspulver in genau abgewogener Menge dem Eisenstrahle zugeführt. Beim basischen
Flammofenprocess wird über die Ausflussrinne des Ofens ein mit Kokspulver
gefüllter Trichter gestellt, der durch Aufziehen des Schiebers sich auf den
Eisenstrahl entleert.
Das Kokspulver wird in der Weise hergestellt, dass Koks auf einer Mühle gemahlen,
dann zur Abscheidung des Staubes gesiebt und das gröbere Korn getrocknet wird,
so dass alle Feuchtigkeit entweicht.
Beim Zusammentritt des Eisens und des Kokspulvers entwickelt sich eine massige
Flamme von nicht sehr hoher Temperatur. Sie entsteht aus der Verbrennung
desjenigen Theiles des Koks, dessen Kohlenstoff sich nicht mit dem Eisen
vereinigt. Dass thatsächlich (wie ja auch die auf Analysen sich gründende
Erfahrung zeigt) nicht alle Kohle sich mit dem Eisen vereinigt, sieht man am
besten beim Abstich des Martin-Ofens, wo ein Theil des in die Abstichrinne
zwischen Ofen und Giesspfanne geführten Kokspulvers auf dem Eisenstrahle
fortschwimmt und verbrennt. In der Giesspfanne sieht man aber in keinem Falle
mehr Kokstheile auf der Oberfläche des Eisens. Der Kohlenstoffverlust wird auf
rund 25 Proc. berechnet; jedoch hat man sorgfältige Erfahrungen für alle
einzelnen Kohlungsgrade gesammelt, die man für die Abwägung der zuzusetzenden
Koksmengen benutzt.“
Das Darby'sche Rückkohlungsverfahren hat sich in den
wenigen Jahren seines Bestehens als eine Erfindung von grosser Bedeutung erwiesen,
die, wie aus den vorstehenden kurzen Angaben hervorgeht, allen anderen
Kohlungsverfahren durch Billigkeit und die Güte des erzeugten Productes weit
überlegen ist. Das Verfahren selbst ist nicht Gegenstand eines Patentes; es sind dem
Hüttenwerke Phönix nur verschiedene Einrichtungen zur
Ausführung desselben geschützt worden. Das Rückkohlen mittels reinen Kohlenstoffes
hat deshalb in Deutschland eine überaus rasche Verbreitung gefunden, da es ja nur
nöthig war, die Einrichtungen derart abzuändern, dass sie nicht in den Bereich der
Phönix-Patente fielen. An erster Stelle mögen die
Abänderungen angeführt werden, die J. Meyer, Director
des Hüttenwerkes Düdelingen in Luxemburg, der Darby'schen Erfindung angedeihen liess, die ihm in
Deutschland unter Nr. 74819 und 80340 geschützt sind.
Flüssiges Roheisen oder irgend eine eisenhaltige Mischung, die entweder in der sauren
oder in der basischen Bessemer-Birne, oder im sauren oder basischen Martin-Ofen
entkohlt und von Mangan, Silicium, Phosphor u.s.w. befreit worden ist, wird durch
Zuführung eines geeigneten Kohlungsmaterials sogleich in der Giesspfanne einer
Kohlung unterworfen, wobei jeder gewünschte und im Voraus bestimmte
Kohlenstoffgehalt und damit jeder Härtegrad erhalten werden kann.
Der Zweck wird dadurch erreicht, dass das Kohlungsmaterial in einer solchen Gestalt
zugefügt wird, dass ein schnelles und gleichmässiges Auflösen, sowie eine
gleichmassige Vertheilung in der ganzen Masse des flüssigen Metalles erfolgt,
während andererseits der Zeitpunkt so gewählt ist, dass die Kohlung vollständig
beendet ist, bevor das flüssige Metall aus der Giesspfanne in die Gussform
abgelassen wird.
Zur Herstellung des Kohlungsmaterials werden die kohlenstoffhaltigen Substanzen bis
auf eine geringe Korngrösse zerkleinert und dann mit einem geeigneten Binde- und
Reinigungsmittel zu Ziegeln oder ähnlichen Körpern geformt.
Als kohlenstoffhaltige Substanz eignen sich besonders wegen ihrer Reinheit
Anthracitkohlen und aschenarmer Koks. Als Binde- und Reinigungsmittel hat sich
besonders reiner gebrannter Kalk, welcher in Wasser gelöst und in Kalkmilch
übergeführt worden ist, bewährt.
Die Kohlungssubstanzen werden mit dem Binde- und Reinigungsmittel innig gemischt und
zu einer teigigen Masse verarbeitet, welche man 12 bis 24 Stunden stehen lässt, ehe
das Formen derselben zu Ziegeln oder festen Stücken erfolgt. Letztere werden zuerst
an der Luft und nachher im Trockenofen getrocknet.
Die Zusammensetzung der scharf getrockneten Masse istStahl und Eisen,
1895 S. 574.:
Anthracit
87,08
Proc.
Calciumcarbonat
9,41
„
Calciumhydrat
2,02
„
Phosphorsäure
0,09
„
EisenoxydThonerde
0,36
„
Magnesia
0,11
„
Alkalien
Spuren
Wasser, welches neben con- centrirter H2SO4
entweicht
1,12
„
Die praktische Ausführung des Meyer'schen
Rückohlungsverfahrens geht nach einem Berichte von WeddingStahl und Eisen, 1894 S. 474 u. ff.
gewöhnlich in folgender Weise vor sich:
Das zu verarbeitende Roheisen enthält durchschnittlich 2,2 bis 2,3 Proc. Phosphor,
1,5 bis 2,0 Proc. Mangan und 0,5 Proc. Silicium. Von jedem Abstich wird eine kleine
Probe genommen, nach deren Bruchaussehen die Behandlung des Satzes in der
Thomas-Birne, namentlich auch der Kalkzusatz bestimmt wird. Der Bessemer-Process
verläuft in gewöhnlicher Weise. Die Desoxydation des Flusseisens erfolgt für niedrig
gekohltes Eisen durch im Piat-Ofen geschmolzenes
Ferrosilicium mit rund 13 Proc. Silicium, für hochgekohltes Eisen der Regel nach
durch Zusatz von im Flammofen auf Rothglut erhitztes Ferromangan.
Nach diesem Zusätze wird die Birne zur Erzielung einer guten Mischung mehrfach auf
und ab bewegt und dann in die Giesspfanne entleert, auf deren Boden sich die
Kohle-Kalkziegel befinden.
Die Herstellung der Ziegel erfolgt folgendermaassen:
Anthracit mit 5 bis 6 Proc. Asche und weniger als 9 Proc. flüchtiger Bestandtheile
wird zuerst im Kollergang, dann im Desintegrator zu einer kleinkörnigen Masse
zerkleinert. Ueber diese wird Kalkbrei gegossen, der thunlichst aus kieselsäure-, thonerde-
und magnesiafreiem Kalkstein durch Brennen hergestellt worden ist. Der gebrannte
Kalk beträgt 7 Proc. des Anthracits. Die innig gemischte Mischung wird in einer
Handhebelpresse zu Ziegeln von 30 × 15 × 8 cm Grösse geformt. Diese werden zuerst
auf Holzgestellen an der Luft, dann bei etwa 100° C. in einem Trockenofen
getrocknet, wodurch alles Wasser bis auf das Hydratwasser des Kalkes beseitigt wird.
Die vollkommene Trocknung ist so wichtig, dass sie durch regelmässige
Laboratoriumsuntersuchungen controlirt werden muss.
Von diesen Ziegeln wird eine dem Kohlungsgrade entsprechende Menge in die Giesspfanne
gelegt. Beim Auftreffen des Flusseisens, während dessen die Pfanne bewegt wird,
entsteht eine starke Flamme, welche zuerst eine gelbrothe und zuletzt fast weisse
Farbe zeigt; dabei hört man ein heftiges knatterndes Geräusch in der Giesspfanne.
Mit dem Aufhören desselben sinkt auch die Flamme, die Reaction ist beendet; auf dem
Eisen hat sich eine dünne Schlackendecke abgeschieden. Das Einfüllen des Eisens in
die Formen geht in gewöhnlicher Weise vor sich.
Von dem Anthracit werden je nach der Temperatur des Flusseisens 50 bis 61 Proc.
absorbirt. Die Gleichmässigkeit der Rückkohlung ist sehr gross, wie aus
nachfolgender Tabelle hervorgeht:
I. Thomas-Flusseisen.
Gewünschter
Kohlenstoffgehalt
0,39 bis
0,40 Proc.
Gefundener Kohlenstoffgehalt:
1.
Hitze
0,36
Proc.
7.
Hitze
0,39
Proc.
2.
„
0,41
„
8.
„
0,38
„
3.
„
0,37
„
9.
„.
0,38
„
4.
„
0,41
„
10.
„
0,39
„
5.
„
0,40
„
11.
„
0,39
„
6.
„
0,37
„
12.
„
0,36
„
II. Martin-Flusseisen.
GewünschterKohlenstoffgehalt
GefundenerKohlenstoffgehalt
1.
Hitze
0,39
bis
0,40
Proc.
0,37
Proc.
2.
„
0,99
„
0,60
„
3.
„
0,40
„
0,43
„
0,46
„
4.
„
0,55
„
0,58
„
0,58
„
5.
„
0,40
„
0,49
„
0,45
„
6.
„
1,60
„
1,50
„
In Düdelingen wird der Kohlenstoffgehalt in den Grenzen von 0,05 und in gewissen
Fällen selbst von 0,02 Proc. gewährleistet, und es fällt ungefähr auf 300 Hitzen
eine ausserhalb dieser Grenzen.
Das Meyer'sche Rückkohlungsverfahren ist unter anderen
auf folgenden Werken eingeführt:
1)Düdelinger Hütten-Actienverein in
Düdelingen,
2)Société anonyme in Ougrée,
3)Les petits fils de Fr. de Wendel in
Hayingen,
4)de Wendel und Co. in Joeuf,
5)Schneider und Co. in Creusot,
6)Société anonyme de Chatillon et Commentrie in Mont
Luçon.
Nach den bisherigen Kohlungsverfahren mittels Kohlenstoffs wurde die Recarburirung
des Flusseisens gewöhnlich in der Giesspfanne oder beim Ein- bezieh. Ausfliessen des
Eisens vorgenommen. Diese Operation im Martin-Ofen selbst vorzunehmen, war deshalb
nicht angängig, weil die auf dem Flusseisen schwimmende phosphorsäurehaltige
Schlacke durch das Kohlungsmittel eine Reduction erfuhr und Phosphor in das Eisen
zurück wanderte.
Zur Darstellung von Flusseisen mit 0,04 bis 0,10 Proc. sowie von mittelweichem und
hartem mit 0,10 bis 0,40 Proc. Kohlenstoff werden die geformten Ziegel oder Blöcke
sämmtlich auf dem Boden der Giesspfanne vertheilt und sodann wird das flüssige
Metall in einem starken Strahle in die Giesspfanne eingelassen, welche dabei hin und
her bewegt wird.
Zur Darstellung der härteren Flusseisensorten mit über 0,40 Proc. Kohlenstoff werden
die Ziegel oder Blöcke dem Metalle in der Giesspfanne zugesetzt, und zwar ein Theil
vor dem Abgiessen des Metalles in die Pfanne, der Rest nach erfolgter Reaction
dieses Theiles, wobei das Quantum des Metalles im Voraus so bestimmt ist, dass dem
entkohlten Metall so viel Kohlenstoff zugefügt wird, als dem zu erreichenden
Härtegrad des herzustellenden Productes entspricht.
Ist die Reaction, welche kaum 3 bis 5 Minuten dauert, in der Giesspfanne vollständig
beendet, so wird das flüssige Metall in die Giessform übergeführt, wobei der Guss
ruhig und ohne Steigung vor sich geht, so dass vollständig dichte (blasenfreie)
Gussblöcke erzielt werden.
Ueber die erforderliche Menge von Kohlungsmaterial wird Folgendes angegeben: Das
Verhältniss des Kohlungsmaterials richtet sich erstens nach dem Kohlenstoffgehalte
desselben und zweitens nach dem Härtegrade des Productes. Die praktischen
Betriebsergebnisse zeigten, dass auf 1000 k Roheisen zur Erzeugung von Flusseisen
mit einem Gehalte von
Kohlenstoff
Kohlekalkziegel
0,04
bis
0,06
Proc.
1,00
bis
1,20 k
0,06
„
0,10
„
1,20
„
2,00 k
0,10
„
0,15
„
2,50
„
2,80 k
0,15
„
0,20
„
3,00
„
3,50 k
0,25
„
0,30
„
4,00
„
4,50 k
0,30
„
0,35
„
5,00
„
5,30 k
0,40
„
0,45
„
7,00
„
7,50 k
0,45
„
0,50
„
7,50
„
7,80 k
1,60
„
1,65
„
20,00
„
25,00 k
erforderlich sind.
Bei diesem Verfahren, bei welchem sich durch mehrmalige Probenahme einer jeden Hitze
vor dem Einführen des flüssigen Metalles in die Giesspfanne genau der erforderliche
Zusatz von Kohlungsmaterial für den gewünschten Härtegrad des herzustellenden
Productes bestimmen lässt, genügt die Wärme vollständig, um die unverbrennlichen
Theile des Kohlungsmaterials in der Giesspfanne selbst zum Schmelzen zu bringen und
den Kieselsäuregehalt, der einerseits aus der Asche des Koks, andererseits aus dem
Abriebe der sauer gefütterten Giesspfanne stammt, mit dem Kalke, der als Bindemittel
in dem Kohlungsmaterial vorhanden ist, zu einer flüssigen Schlacke zu verbinden,
welche sich mit den im Bade noch etwa zurückgebliebenen Birnenschlacken leicht
vereinigt und auf die Oberfläche des Metallbades steigt.
Nach angestellten Versuchen soll sich auch der Schwefelgehalt des gekohlten Metalles
durch die Kohlung selbst wesentlich vermindern.
Die nach diesem Verfahren hergestellten Flusseisensorten sind bis jetzt mit einem
Koblenstoffgehalte von 0,40 bis 1,60 Proc. in einer vorausbestimmten Höhe auch ohne
jeden Zusatz von Ferromangan oder Spiegeleisen fabricirt.
Nach einem Zusatzpatent Nr. 80340 kann das Kohlungsmittel auch in Pulverform mit oder
ohne Umhüllung und nicht nur in der Giesspfanne, sondern auch in der Birne, dem
Flammofen, der Gussform oder durch Mischung mit dem Strahle des fliessenden Metalles
verwendet werden.
Karl Stobrawa in Gleiwitz schlägt hierfür folgendes Verfahren vor,
welches eine Rückphosphorung ausschliessen soll:
Nach der Entphosphorung und Desoxydation wird die Basität der Schlacke durch Zusatz
von gebranntem Kalk erhöht und dann ein mit gebranntem Magnesit oder Dolomit
umkleideter eiserner Ring auf das Bad gelegt. Derselbe sinkt in Folge seiner Schwere
durch die Schlackendecke bis in das eigentliche Flusseisenbad ein und schwimmt auf
ihm. Seine Höhe muss nun so bemessen sein, dass er aus der Schlackendecke emporragt.
Die innerhalb des Ringes befindliche Schlacke wird mittels eines Schöpflöffels
ausgeschöpft und dadurch eine vollständig schlackenfreie Metallfläche innerhalb des
Ringes geschaffen. In diesen Raum lässt man das Kohlungsmittel (Kokspulver) in einem
continuirlichen Strome einfliessen, wobei der Koks sehr begierig von dem Eisen
aufgenommen wird. Um eine gleichmassige Kohlung zu bewirken, wird der Ring während
dieses Processes auf dem Bade bewegt und dasselbe aufgerührt. (D. R. P. Nr.
92760.)
(Fortsetzung folgt.)