Titel: | Landwirthschaftliche Maschinen.Einiges über Säemaschinen. |
Autor: | Victor Thallmayer |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 155 |
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Landwirthschaftliche
Maschinen.Einiges über Säemaschinen.
Von Victor Thallmayer,
Professor an der landwirthschaftlichen Akademie in Ungarisch-Altenburg.
(Fortsetzung des Berichtes S. 130 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Einiges über Säemaschinen.
Beschreibung einiger Bergdrills mit, den amerikanischen
nachgebildeten Säeapparaten, deutscher und österreichischer
Herstellungsart.
Bergdrill von Umrath und
Co. (Prag). Genannte Firma benutzt für ihre Bergdrills die in Fig. 200
abgebildeten amerikanischen sogen. „Superior“-Streuräder. Diese sind
sammt ihrem Gehäuse an dem Boden des Saatkastens befestigt. Das mit A bezeichnete Streurad (Fig. 200 und 201) weicht
insofern von den gewöhnlichen Säerädern ab, als es, aus einem Boden und einem
einseitigen gerippten Kranz bestehend, eigentlich eine flache Schale bildet. Ihr
Durchmesser beträgt 9 cm, ihre Tiefe 1 cm.
Textabbildung Bd. 307, S. 155
Bergdrill von Umrath und Co.
Der die Schale einsäumende Kranz ist mit kleinen Rippen aaa versehen, welche den Samen bei der Drehung vor sich her- und bei
den mit mn und m1n1 bezeichneten Oeffnungen hinausschieben (Fig. 200 und 201).
In Fig. 201 ist das
Säegehäuse aus einander geklappt gezeichnet und man muss sich das
Auseinanderklappen ähnlich so, wie das Oeffnen eines Buches vorstellen.
Die eine Hälfte des Gehäuses – in der Abbildung auf der rechten Seite
befindlich – bildet eine Platte und hindert das in der zweiten, vertieften
Hälfte des Gehäuses befindliche Streurad am Herausfallen. Diese Hälfte ist
nebenbei auch trichterförmig gestaltet und so bilden die zwei Hälften, wenn
diese auf einander befestigt werden, einen wirklichen, das Streurad A in sich aufnehmenden Trichter in der Weise, dass
der concave Theil des Streurades gegen die trichterförmig geformte Hälfte
gekehrt ist.
Wenn nun die Säewelle sich dreht, so bekommt der Trichter gewissermaassen einen
sich drehenden Seitentheil, welcher den Samen fortwährend gegen das untere
offene Ende des Gehäuses schiebt, von wo er herab- und durch ein untergehängtes
Saatleitungsrohr in die Reihe fällt.
Zur Regulirung der Menge des aus dem Gehäuse fallenden Samens dient eine Zunge
N, welche um den Punkt O pendelartig in das Gehäuse eingefügt ist.
Wenn diese Zunge so weit herausgeschoben ist, wie in Fig. 200, so kann
das Streurad aus dem Gehäuse nur durch eine schmale Oeffnung, die mit m1n1 bezeichnet ist,
Samen herausdrängen, demnach nur wenig streuen; wenn jedoch die Zunge N ganz eingezogen ist, dann bleibt eine grosse
Streuöffnung frei, die in der Abbildung mit m1n1 bezeichnet ist.
Die Einstellung der Zungen in den einzelnen Gehäusen geschieht mit einem Mal mit
Hilfe einer entsprechenden Hebelconstruction; auch kann, wenn nothwendig, behufs
Variation des Streuquantums ausserdem noch der Säewelle t verschiedenerlei Geschwindigkeit gegeben werden.
Bergdrill von Zimmermann und
Co. (Halle a. d. Saale). Genannte Firma benutzte an ihren älteren
Bergdrills den in Fig. 202 abgebildeten
Streuapparat, welcher eine Nachahmung des amerikanischen sogen. doppelten
„Superior“-Streuapparates ist. Das Gehäuse dieses Streuapparates
besteht aus zwei trichterförmig ausgebauchten Hälften, die in der Abbildung mit
I und II
bezeichnet erscheinen; die Abtheilung I dient als
schmälere zur Aufnahme feiner, jene II als breitere
zur Aufnahme von Getreide- und anderen grösseren Körnern.
Den Boden des Doppelgehäuses füllt das ebenfalls doppelte Streurad aus, welches,
wie aus der Abbildung ersichtlich, zwei Streukränze besitzt, einen schmalen,
correspondirend mit der schmalen Abtheilung, und einen breiten, correspondirend
mit der breiten Abtheilung des Gehäuses. Aus dem Durchschnitt des Streurades
ersieht man auch den Unterschied in der Streubreite der Kränze. In der Abbildung
sind die zwei Abtheilungen des Streugehäuses auch separat gezeichnet. In das
Loch B der Abtheilung I kommt die mit B bezeichnete, mit
Kuppelungsklauen versehene Nabe des Streurades, in das Loch A der Abtheilung II
hingegen kommt der Ring A, welcher eine viereckige
Oeffnung für die Säewelle hat. In die am Obertheile der zwei Gehäuseabtheilungen
ersichtlichen Einschnitte passen die Kränze des Streurades hinein.
Textabbildung Bd. 307, S. 156
Fig. 202.Bergdrill von Zimmermann und Co.
Das Streurad wird in die Gehäusehälfte I
hineingelegt, die Gehäusehälfte II darübergelegt,
und das Ganze dann mit drei Schrauben zu einem Doppelgehäuse
zusammengeschraubt.
Textabbildung Bd. 307, S. 156
Fig. 203.Bergdrill von Zimmermann und Co.
Um nun das Ganze zu einem vollständigen Streuapparate zu machen, braucht man nur
die vierkantige Säewelle hindurchzustecken. Damit diese das Streurad bei der
Drehung mitnehme, ist ein Kuppelungsring neben jedem Gehäuse auf die vierkantige
Welle aufgeschoben, welcher mit einem Hebel in die Nabe B des Streurades eingeschoben werden kann. Der erwähnte Kuppelungsring
ist links in der Abbildung besonders herausgezeichnet. Das Streurad kann sich
selbstverständlich nicht drehen und demnach nicht anbauen, wenn der
Kuppelungsring aus der Nabe herausgeschoben ist. Wie schon erwähnt, geschieht
das Einstellen der Kuppelung mittels des aus der Abbildung ersichtlichen
Gabelhebels. Diese sind alle an einer gemeinschaftlichen Schiene angebracht, und
so kann man alle Streuräder auf einmal zum Stillstande bringen; soll dies nur
mit einzelnen geschehen, so nimmt man die betreffenden Gabelhebel von der
gemeinschaftlichen Schiene ab, und kuppelt die Streuräder aus.
Bergdrill „Hallensis“ von Zimmermann und Co. Genannte Firma verwendet an
ihrer „Hallensis“-Säemaschine den in Fig.
203 abgebildeten Säeapparat, in dessen Gehäuse sich der in Fig. 204 ersichtlich gemachte Streu- oder
Schubring dreht. In der Abbildung Fig. 205 ist
das Gehäuse mit H, der Ring mit R bezeichnet. Den Ring, auf dessen innerer Umfläche
sich schmale Rippen befinden, bringen im Gehäuse die mit r bezeichneten Mitnehmerscheiben in Umdrehung, welche zu diesem Zwecke
einestheils auf die Säewelle befestigt, anderentheils hingegen an ihrer
Peripherie eingekerbt sind.
Textabbildung Bd. 307, S. 156
Fig. 204.Bergdrill „Hallensis“ von Zimmermann und Co.
Die Einkerbungen üben, wenn die Saatwelle sich dreht, einen Druck auf die Rippen
aus, und zwingen den Streuring zur Drehung. Die Mitnehmerscheibe füllt das
Innere des Ringes ganz aus.
Wird die Säewelle in der Richtung ihrer Länge verschoben, so verschiebt sich die
Mitnehmerscheibe im Inneren des Streuringes; auf diese Weise ist es möglich, von
den Rippen des Streuringes einen grösseren oder kleineren Theil zum Mitnehmen
des Samens frei zu legen, wonach dann die Aussaat entsprechend dichter oder
dünner wird.
Textabbildung Bd. 307, S. 156
Fig. 205.Bergdrill „Hallensis“ von Zimmermann und Co.
Zur Verschiebung der Säewelle dient der aus der Abbildung Fig. 205 ersichtliche Zeiger, welcher sich durch
eine Schraubenspindel auf einem Gradbogen auf verschiedene Punkte einstellen
lässt; jedem Grade des Gradbogens entspricht ein bestimmtes Aussaatquantum.
Der aus Fig. 205 ersichtliche Muff G, der mit einer Rippe versehen ist, reicht bis zur
Mitnehmerscheibe r und verschiebt sich gleichzeitig
mit diesem. Die Rippe des Muffes G dient
gewissermaassen als Riegel zum Absperren des Obertheiles des Saatgehäuses, damit
von dorther Samen nicht über die Säewelle herausfallen könne.
In der Abbildung Fig. 206 sehen wir in
einfachen Contourlinien den Säeapparat der „Hallensis“ als Ganzes, und in
seine einzelnen Theile zerlegt, gezeichnet; Fig.
207 stellt seine einzelnen Theile in mehr plastischer Weise, schattirt
gezeichnet, vor.
Den Säeapparat der „Hallensis“ benutzt an seinen, „Mosoni“-Drill
genannten Maschinen auch E. Kühne in
Wieselburg.
Textabbildung Bd. 307, S. 157
Fig. 206.Säeapparat der „Hallensis“.
Der ursprüngliche „Hallensis“-Säeapparat wird von Zimmermann und Co. jetzt auch vereinfacht mit solchen Modificationen
gebaut, die ein Wegheben der Säewelle vom Saatkasten gestatten.
Der „Hallensis“-Säeapparat scheint in Deutschland das zweite Mal erfunden
worden zu sein, weil das amerikanische Patent Nr. 325125 von C. L. Smith einen ganz ähnlichen Säeapparat
betrifft.
Textabbildung Bd. 307, S. 157
Fig. 207.Säeapparat der „Hallensis“.
Bergdrill „Columbia“ von Clayton-Shuttleworth. Den Säeapparat der
„Columbia“ sehen wir in den Abbildungen Fig.
208 veranschaulicht. Von anderen, aus Säegehäusen heraus den Samen
streuenden Säeapparaten unterscheidet sich der „Columbia“-Säeapparat
dadurch, dass sich sein Streurad nicht im Inneren, sondern zur Seite des
Gehäuses befindet.
Durch die seitliche Anbringung des Streurades wird die Construction des Gehäuses
bedeutend vereinfacht, indem das Innere desselben auf diese Weise frei bleibt
von jedweder Complication.
Aehnliche einfache Säeapparate haben auch in Amerika Anklang gefunden, so
z.B. jene der Empire Company in Shortsville,
Indiana.
Der Säeapparat der „Columbia“ ist insofern der einfachste unter den
Säeapparaten dieser Gattung, weil er thatsächlich nur aus zwei Theilen, dem
Streurad und dem Gehäuse, besteht.
Bei der „Columbia“-Säemaschine geschieht die Regulirung der Aussaatmenge
mit Hilfe von Wechselrädern; auch sind zum Aussäen der verschiedenen
Samengattungen dreierlei Streuräder, wie dies ja für unsere Wirthschaften im
Allgemeinen unerlässlich ist, in Verwendung.
Die verschiedenen Streuräder (Fig. 209)
unterscheiden sich von einander durch die Breite und Tiefe ihres zum
Herausschieben des Saatgutes dienenden, vertieft wulstförmigen Ringes, welcher
bei dem zum Aussäen von feinen Samen dienenden Streurade schmal und seicht, bei
dem zum Aussäen von Mais- und Rübenkernen bestimmten Säerade hingegen breit und
tief ist, wie dies aus dem Durchschnitte der Räder in Fig. 209 zu ersehen ist, wo mit I das
zum Säen feiner Samen, mit II das zum Säen von
Getreide, und mit III das zum Säen von grossen
Körnern bestimmte Streurad bezeichnet ist.
Textabbildung Bd. 307, S. 157
Fig. 208.Bergdrill „Columbia“ von Clayton-Shuttleworth.
In der Abbildung Fig. 210 ist in der oberen Reihe
durch Ia,
IIa und
IIIa
ebenfalls der Unterschied in den Streuringen der Streuräder dargestellt; in der
unteren Reihe hingegen ist durch Ib, IIb und IIIb derjenige Theil der
Gehäuseöffnung dargestellt, welcher zum Auslaufen der Saatkörner aus dem Gehäuse
in die Streurinne offen bleibt, und der logischer Weise für feine Samen am
kleinsten, für Getreide mittelgross und für grosse Körner am grössten sein muss;
was also bei anderen Streuapparaten durch im Inneren derselben angebrachte
Riegel, Schieber oder Klappen, sowie mehr oder weniger complicirte Hebel- und
andere Stellvorrichtungen erreicht wird, geschieht hier durch das Auswechseln
der Streuräder, woran unsere Landwirthe von den Löffel- und Schöpfrädermaschinen
her ohnedies gewöhnt sind.
Textabbildung Bd. 307, S. 157
Fig. 209.Verschiedene Streuräder.
Schraffirt sind in der Abbildung Fig. 210 die
kreisförmigen ebenen Flächen der Streuräder, welche vermöge ihrer verschiedenen
Durchmesser die Auslauföffnungen der Gehäuse in verschiedener Ausdehnung bedeckt
halten, wenn das Streurad an das Gehäuse angeschoben wird.
So einfach die Streuräder der „Columbia“ sind, ebenso gleichförmig und
genau streuen dieselben den Samen auf ebenem, sowie unebenem Terrain in die
Reihen ein.
Textabbildung Bd. 307, S. 158
Fig. 210.Verschiedene Streuräder.
Bergdrills von Naumann
und von Siedersleben. In der Abbildung Fig. 211 ist mit I
das Naumann'sche Streurad, welches die Erzgebirgische Maschinenfabrik in Schlettau
verwendet, bezeichnet. Das Streuelement ist eigentlich eine canellirte
Schöpfwalze, welche zwischen zwei festen, eine Säeabtheilung bildenden Wänden
eingepasst ist. Zu ¾ Theilen ist der Umfang der Schöpfwalzen im Saatgut
befindlich und ist derselbe oben von einem Kautschukabstreifer, unten von dem
Auffangtrichterblech begrenzt.
Die Naumann'sche Schöpfwalze nimmt den Samen von
unten auf und entleert ihn, nachdem die Abstreifer die einzelnen Zellen
desselben abgestrichen haben, von oben: es wird also das Saatgut von der Naumann'schen Walze nicht geschoben, sondern
geschöpft, und dann entleert. Bei Naumann's Drill
sind die Säeabtheilungen durch hölzerne Einsatzstücke gebildet, was nicht gut
erscheint, weil von einer Seite Eisen (nämlich die Streuwalze) und von der
anderen Seite knapp daran das die Säeabtheilung begrenzende Holz durch Schwinden
des letzteren leicht Ritzen entstehen, in welche sich Saatkörner festklemmen
können.
Textabbildung Bd. 307, S. 158
Fig. 211.Bergdrills von Naumann und von Siedersleben.
Je nach der Art des zu streuenden Saatgutes sind verschiedene auswechselbare
Schöpfwalzen vorhanden.
Mit II ist in Fig.
211 der Säeapparat von Siedersleben
(Bernburg) bezeichnet, wo mit Warzen versehene Streuwalzen zum Aussäen
verwendet sind. Diese Streuwalzen wirken nach Art der Schub walzen, indem
dieselben das Saatgut mit ihrem Untertheile vor sich her- und aus den
Säeabtheilungen des Saatkastens herausschieben.
Der Boden der einzelnen Säeabtheilungen ist federnd eingerichtet, damit derselbe
bei etwaigen Hindernissen nachgeben könne.
Bei Naumann's sowohl, als auch bei Siedersleben's Säeapparat geschieht die Regulirung
der Aussaatmenge mit Wechselrädern.
Bei dem Bergdrill „Berolina“ der Actiengesellschaft Eckert (Berlin) bilden den
Saatvertheilungsapparat zwei gegen einander rotirende Wellen, von denen sowohl
die eine als auch die andere mit gusseisernen Scheiben besetzt ist, nur sind die
Scheiben der einen Welle ausserdem auch noch mit Kautschuk überzogen. Die Welle
mit den nicht überzogenen Walzen bildet zugleich den Boden des Saatkastens.
Wegen Aussäens der verschiedenen Gattungen Samen können die beiden gegen
einander rotirenden Wellen auf verschiedene Entfernung zu einander eingestellt
werden, die Saatquanten werden mit Wechselzahnrädern regulirt.
Textabbildung Bd. 307, S. 158
Fig. 212.Säeapparat von Friedländer.
Auch diese Art der Saatvertheilung ist den Amerikanern nacherfunden; bei der
Centennialausstellung in Philadelphia 1876 waren solche Maschinen nach Patent
Keller von der Hagerstown agricultural Implement Manufacturing Company (Hagerstown,
Maryland) ausgestellt. Von dieser Gattung Maschinen ist man aber in Amerika
gänzlich abgegangen, was natürlich erscheint, denn gegen einander rotirende
glatte Walzen eignen sich wohl gut zum Auflösen von Mahlgut, nicht aber zum
Herausschaffen von Körnern aus Saatbehältern; ausserdem ist Kautschuk kein
wetterfestes Material, wird deshalb leicht hart und brüchig. Wir können also von
dieser Art der Saatvertheilung um so mehr ganz absehen, weil es genug andere,
viel besser entsprechende gibt.
Manche Fabrikanten, wie z.B. Wichterle in Prossnitz
(Mähren), geben in ihre Bergdrills Wellen mit Reid'schen Scheiben, wobei das Reguliren der Saatquanta durch
Vergrösserung und Verkleinerung der unter den Scheiben im Boden befindlichen
kreisrunden Auslauföffnungen geschieht, andere wieder, wie z.B. Friedländer und Hofherr (beide in Wien), verwenden den Hoosier-Säeapparat. Bei Friedländer'sMaschine geschieht das Reguliren des
Saatquantums, d. i. das Verschieben der canellirten Schubwalzen, mit einem
einfachen Klauenhebel, wie aus Abbildung Fig. 212
zu ersehen.
(Fortsetzung folgt.)