Titel: | Schiffbau.Neues im Schiffswesen. |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 174 |
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Schiffbau.Neues im Schiffswesen.
Neues im Schiffswesen.
Die letzte Versammlung der Institution of naval architects
and marine engineers hat hervorragende wesentliche Neuheiten nicht bekannt
gegeben. Jedoch ist ein Ueberblick über die Geschichte und den Fortschritt des Schiffsmaschinenbaues in der englischen
Kriegs- und Handelsmarine beachtenswerth, der von J. Durston, dem Oberingenieur der königl. Flotte, und T. Milton, Oberingenieur am Lloyd Register of shipping,
soweit er die Zeit des Bestehens des genannten Vereins umschliesst, gegeben wurde.
Der Vortrag ist ausführlich im Engineer, 1897 * S. 27
(vgl. auch Stahl und Eisen, 1897 S. 717), abgedruckt
und erstreckt sich auf zwei Abschnitte, nämlich auf eine Betrachtung der
Fortschritte, welche in theoretischer Beziehung betreffs Erkenntniss des Wesens der
Schiffsmaschinen gemacht sind, sodann auf die Art, in welcher die theoretischen
Erkenntnisse nutzbringend in die Praxis übertragen wurden, um die gesteigerten
Arbeitsbedingungen und die Leistungsfähigkeit der heutigen Schiffsmaschinen zu
erzielen.
Zur Zeit der Gründung der Institution of naval
architects (1859) war gerade das Werk von Rankines über die Dampfmaschinen erschienen, welches noch jetzt die
maassgebenden Grundlagen für die Construction der Dampfmaschinen bietet. Es wurde
damals der grosse Vortheil betont, welcher sich aus einer Steigerung der
Dampfspannung für die Wirthschaftlichkeit der Dampfmaschine erwarten liess. Dieser
Fingerzeig ist ausgiebig benutzt und in der Praxis bis zum Aeussersten angewendet.
Hierzu trat dann die Erkenntniss des Vortheiles einer Expansion des Dampfes in
mehreren Cylindern nach einander, eine Erkenntniss, die allerdings auf rein
praktischem Wege, ohne die Hilfe der Theorie, gemacht und ausgenutzt wurde.
Die Wirthschaftlichkeit des Dampfbetriebes ist jetzt so weit getrieben, dass
Dampfmaschinen der Kriegs- und Handelsmarine bei einem Dampfdrucke von rund 13 bis
18 k auf 1 qc doppelt so wirthschaftlich arbeiten wie im J. 1860 mit 1,4 k Druck. Zu
diesem Erfolge haben beigetragen: Die allgemeine Einführung der
Oberflächencondensation und die hierdurch ermöglichte Erhöhung des Dampfdruckes, die
Einführung des Cylinderkessels und die hierdurch gestattete Erhöhung der
Dampfspannung, die Anwendung der schon früher versuchten Mehrfachexpansion, der
Uebergang zum Mehrschraubensystem, die Einführung der Wasserröhrenkessel. Zur
Ermöglichung der Fortschritte war erforderlich: Die Herstellung des Flusseisens für
Bleche und grössere Schmiedestücke in grossen Mengen bei guter Beschaffenheit,
Herstellung von Wellrohren für die Kesselfeuerungen, Ermöglichung von
Frischwasserspeisung auf See, Herstellung nahtloser Stahl- und Eisenrohre,
Metallpackungen u.s.w.
Wenn im Allgemeinen Kriegs- und Handelsmarine in ihren Neuerungen neben einander
hergegangen sind, so gibt es doch wohl drei sehr wesentliche Punkte, welche
lediglich Eigenthum der Kriegsmarine sind:
1) Trotz gesteigerter Arbeitsspannungen im Kessel die
Herabsetzung der Probedrucke im Kesselmantel, folglich bedeutende
Gewichtsersparniss hierbei;
2) allgemeine Annahme der Wasserrohrkessel, und
3) die Einführung eines luftdichten Heizraumes mit
forcirtem Zuge, der es gestattet, im Falle der Noth für eine kurze Zeit in den
Maschinen, trotz gegebenen Gewichtes, eine besonders grosse Leistung zu
erzielen.
Allerdings wendet man in der Handelsmarine auch in manchen Fällen Zugforcirung an,
indessen ist dabei das System ein gänzlich verschiedenes, indem man nicht den
Heizraum, sondern die Feuerung und besonders den Aschenraum luftdicht schliesst und
Luft unter den Rost bläst.
In der Kriegsmarine ist nun allen diesen einzelnen Stufen der Entwickelung durch
eingehende Versuche und Erfahrungen gewissermaassen ein Berechtigungs- und auch
Zuverlässigkeitszeugniss ausgestellt worden, und wenn die Handelsmarine in manchen
Punkten von den Gepflogenheiten und Gebräuchen der Kriegsmarine abweicht, so liegt
das wesentlich an den gänzlich verschiedenen Anforderungen, welche an die Schiffe
beider Kategorien gestellt werden.
Geht man die Verhandlungen der Institution mit Rücksicht auf die Errungenschaften der
Jetztzeit durch, so springen an manchen Punkten die praktischen und gesunden Ideen
vieler früherer Mitglieder hervor, Ideen, deren Ausführung nur durch einen zu frühen
Tod ihrer Vertreter, oder durch Ungunst der Verhältnisse verhindert wurde.
Als im J. 1865 über den Misserfolg der Verbundmaschinen mit Oberflächencondensation
verhandelt wurde, that Scott Russel den
bemerkenswerthen Ausspruch: „Ich selbst halte fest an der Hoffnung, dass die
Maschinen der Zukunft Hochdruckexpansionsmaschinen mit Oberflächencondensation
und Frischwasser in den Kesseln sein werden.“ Und gleicher Weise findet man
in einer Verhandlung von 1868 den Ausspruch: „Alles was dazu führen kann,
hochgespannten Dampf mit Expansion arbeiten zu lassen, ist bei weitem der
praktischste Weg, auf den wir unser Augenmerk richten sollen. Bei Anwendung von
hochgespanntem Dampf kann die Oceandampfschiffahrt viel mehr zum Nutzen unseres
Landes ausgedehnt werden, als das jetzt der Fall ist.“ Aehnlicher Aussprüche
liessen sich noch eine ganze Zahl anführen, wenn dies nicht zu weit führen
würde!
Hinsichtlich der Entwickelung der Wasserrohrkessel gibt Durston einige interessante Daten. Schon im J. 1857 baute man am Clyde auf
dem S. S. Thetis Wasserrohrkessel ein, welche mit einem
Druck von 120 Pfund gleich 8,45 k/qc arbeiteten, und von da an bis zum Jahre 1879 hat
man dann in England eine ganze Reihe verschiedener Systeme solcher Wasserrohrkessel
für Marinezwecke gebaut und versucht. Wenn auch diese Kessel in ihrem Aeusseren
grosse Aehnlichkeit mit den neueren Typen besassen, so hatten sie doch alle einen
Hauptfehler: mangelhaften Wasserumlauf und grosse Unzugänglichkeit für den Fall,
dass Reinigung oder Ausbesserungen nöthig waren. So versuchte man während der Jahre
1867 bis 1870 in der englischen Marine den sogen. Dundonald-Kessel an Bord der
Schiffe Chanticleer, Oberon, Audacious und Penelope, 1875 auf dem Spartan, allein aus obigen Gründen ging man wieder davon ab. In den Jahren
1874 und 1875 machte man böse Erfahrungen mit den Wasserrohrkesseln auf der Propontis und Montana und
anderen Schiffen der Handelsmarine, und schliesslich gab man diese Kessel
vollständig auf, zumal es andere Kesselsysteme gab, welche mit Leichtigkeit den für
die damaligen Maschinen erforderlichen Dampf lieferten, bis dann später die
Franzosen mit neuen Systemen von Wasserrohrkesseln auftraten und durchschlagenden
Erfolg erzielten. Der erste bedeutende Erfolg auf englischer Seite war der
Missionsdampfer Peace, welcher 1882 mit
Thornycroft-Kesseln ausgestattet wurde, dann im Anschlusse hieran der Ariete und endlich 1885 seitens derselben Firma ein
zweitklassiges Torpedoboot der englischen Marine. Nach Verlauf einiger Jahre (1892)
schloss sich die Firma Yarrow mit einem ähnlichen
Erfolge an und eine Zeitlang waren beide Firmen, Thornycroft und Yarrow, in ganz England die
einzigen, welche brauchbare Wasserrohrkessel für Schiffe zu liefern im Stande
waren.
Später kamen eine ganze Reihe von brauchbaren Systemen, sowohl englischen wie
französischen Ursprunges, zur Verwendung, doch gebührt den Franzosen das Verdienst,
zuerst solche Kessel mit weiten Rohren, anstatt, wie bislang üblich, mit engen
Rohren, erfolgreich construirt zu haben; den interessantesten Fall von Bemühungen
nach dieser Richtung zeigt die Firma Belleville, deren
Patente auf solche Kessel bis zu 1850 zurückreichen.
Auch hinsichtlich des Heizmaterials für die Kessel ist ein Fortschritt zu
verzeichnen, indem man dazu überging, an Stelle der festen Kohle flüssiges
Heizmaterial zu verwenden. Augenblicklich wird in der englischen Marine ein
Torpedobootzerstörer für Verbrennung flüssigen Heizmaterials in dem einen seiner
beiden Heizräume eingerichtet.
Unter Berücksichtigung der augenblicklich im Bau befindlichen Fahrzeuge ist die
englische Flotte von 450000 im J. 1860 auf 2500000 gekommen.
Während vom Jahre 1847 an die Avantgarde der kleineren Schiffe stets höhere
Dampfspannungen in ihren Kesseln aufweist, als die grossen Schlachtschiffe besitzen,
hat in der neuesten Zeit hierin ein Umschlag zu Gunsten der letzteren stattgefunden,
indem Terrible und Pelorus
Dampfspannungen von 21,84 k bezieh. von 25,20 k aufweisen, gegenüber 21,0 k in dem
neuesten Torpedobootzerstörer von 1897. Während der Jahre 1889 bis 1897 hielt sich
in den grossen Schiffen die Dampfspannung auf der gleichen Höhe von 13,0 k und zeigt
dies, dass man damals mit den üblichen Cylinderkesseln die Dampfdruckgrenze erreicht
hatte, welche unter Innehaltung der Vorschriften der englischen Marine hinsichtlich
Gewichtes und Raumes der Kessel statthaft erschien; erst mit Einführung der
Wasserrohrkessel auch an Bord dieser grossen Schiffe springt dann der Dampfdruck
plötzlich auf 25,20 k. Mit zunehmender Dampfspannung verringerten sich die
Schwierigkeiten hinsichtlich der Dampferzeugung, so dass die Steigerung von 150 bis
250 Pfund mit bedeutend weniger Mühe und geringerem Risico erreicht werden konnte,
als diejenige von 30 auf 60 Pfund; es liegt dies zum Theil daran, dass die
Wärmemenge, welche dem Dampfe zugefügt werden muss, um ihn um 1 at höher zu spannen,
bei den niedrigen Drucken bedeutend grösser ist als bei den höheren.
Ein entscheidender Grund für den Maschinenbauer, stets nach Vergrösserung der
Umdrehungszahl zu streben, liegt in der dadurch herbeigeführten Verringerung der
Maasse und des Gewichtes der Maschinen, weil dadurch wiederum die Maasse des
Fahrzeuges, besonders sein Tiefgang, und Hand in Hand damit seine Geschwindigkeit
wesentlich beeinflusst werden. Während 1860 die grösseren Schlachtschiffe kaum
mehr wie 55 Touren machten und damals die Maschinen des Bellerophon und Hercules von 6500 bezieh.
8500 W mit rund 75 Touren bemerkenswerthe Ausnahmen für
grosse Umdrehungsgeschwindigkeiten abgaben, ist man nur bei den kleineren Fahrzeugen
bis auf rund 100 Touren gegangen, und auch die Kreuzer, deren Bau erst seit 1869 mit
der Inconstant und Volage
begann, machten 75 bis 77 Touren. Vom Jahre 1875 datirt die Einführung der stehenden
Maschine und nach 1887 baute man eigentlich keine liegende Maschine mehr, da man
gelernt hatte, theils durch Seitenpanzer, theils durch ein Panzerdeck, die
stehenden, über die Wasserlinie hinausreichenden Maschinen zu schützen. Auch konnte
man bei der stehenden Maschine einen grösseren Hub anwenden als bei der liegenden,
wenngleich dies auch manchmal, wie der Vergleich der Kreuzer Orlando und Hawke zeigt, trotz einer ziemlich
bedeutend erhöhten Kolbengeschwindigkeit zu einer Reduction der Tourenzahl führte;
während Hawke bei einer Kolbengeschwindigkeit von 870
Fuss eine Tourenzahl von 102 besitzt, lauten die entsprechenden Zahlen beim Orlando 830 und 119.
Auch bei den ersten Torpedobooten ging man rasch mit der Tourenzahl in die Höhe, sehr
bald aber theilte man diese Art Schiffe in die weniger schnelle Halcyon-Klasse, 247 Touren, und in die schnellere
Klasse der Torpedobootzerstörer, hinauf bis zu 412 Touren.
Als neuartiges Schiffsbaumaterial haben neuerdings besonders Nickelstahl und
Aluminium Beachtung und über das Versuchsstadium hinausgehende Anwendung
gefunden.
Nickelstahl wird in der englischen und deutschen Kriegsmarine verschiedentlich
angewendet, und zwar besonders für die Divisionstorpedoboote, an deren Leichtigkeit
und Festigkeit rücksichtlich ihrer thunlichst grossen Geschwindigkeit hohe
Anforderungen gestellt werden. Der für Schiffsbauzwecke benutzte Nickelstahl hat
eine Zugfestigkeit von 59 bis 66 k/qmm bei 10 bis 15 Proc. Dehnung auf eine Länge von
200 mm.
Der englische Schiffsconstructeur E. Reed sprach in der
Institution of civil engineers die Ueberzeugung aus, dass Nickelstahl sowohl in der
Kriegsmarine wie in der Handelsmarine eine grosse Bedeutung erlangen werde, trotzdem
Nickelstahl seiner umständlichen Herstellung halber noch etwa dreimal so theuer sei,
als der bisher verwendete weiche Stahl. Aenderungen in der Construction können aber
den Preisunterschied nur bis zu einem verhältnissmässig geringen Grade ausgleichen.
Besonders beachtenswerth bleibt aber die Erkenntniss, dass der gefährliche Punkt bei
der Verwendung von Nickelstahl zum Schiffsbau dort liegt, wo Druckspannungen
auftreten; hier muss noch durch Versuche festgestellt werden, welche Grenzwerthe
hierfür angenommen werden dürfen.
Für einen Schnelldampfer hat Blies nach Stahl und Eisen, 1897 S. 767, in der Institution of
civil engineers folgende Rechnung aufgestellt, welche die Anwendungsfähigkeit von
Nickelstahl erläutert.
Baut man einen 10000-t-Dampfer ganz aus Nickelstahl und setzt dabei voraus, dass
Nickelstahl mit Zuverlässigkeit hergestellt werden kann, so lässt sich, da
Nickelstahl 50 Proc. mehr Festigkeit besitzt als weicher Stahl, eine
Gewichtsreduction bezüglich der auf Zug beanspruchten Theile um etwa 33⅓ Proc.
erzielen; da aber hinsichtlich des sicheren Aufnehmens der Druckkräfte eine
Reduction der
Spantentfernung, also eine Vermehrung der Spanten und Balken, erforderlich ist, so
ist der Gewichtsgewinn nach dieser Richtung hin, wie früher gezeigt, etwa nur die
Hälfte des obigen, also 16⅔ Proc. In Summa kann man bei einem 10000-t-Schiffe sagen,
dass bei einem Schiffseigengewicht von 6000 t etwa 1000 t = 16⅔ Proc. mit Sicherheit
sich ersparen lassen. Dieser Gewinn von 1000 t am Gewichte des Schiffskörpers liesse
sich nun verwerthen, um Maschinenstärke und Kohlenvorrath zu vergrössern, und Blies rechnet aus, dass z.B. der hieraus zu ziehende
Geschwindigkeitszuwachs für ein 20-Knoten-Schiff etwa 1¼ Knoten mit einem
Kohlenverbrauch von 13 Proc. betragen würde. Wollte man nun ein Schiff aus weichem
Stahl bauen, welches dieselbe nützliche Zuladung fasst und dabei 21½ Knoten Fahrt
macht, so müsste man seine Dimensionen um etwa 10 Proc., seine Maschinenstärke um
etwa 40 Proc. und seine ersten Anschaffungskosten um etwa 20 Proc. (in diesem Falle
vielleicht 70000 £ = 1400000 M.) erhöhen. Nimmt man nun
an, dass die auf beide Schiffe entfallenden Löhne die gleichen bleiben
(wahrscheinlich sind sie für das Nickelstahlschiff geringer), so würde man als
einzigen Unterschied in den Kosten dieser beiden Schiffe die Summe haben, um welche
sich die 6000 t weicher Stahl von den 5000 t Nickelstahl unterscheiden. Angenommen,
die ersteren kosteten 40000 £ = 800000 M. (133,3 M. für
1 t), so hätte man für das Nickelstahlschiff zur Verfügung 40000 £ + 70000 £ = 110000 £ = 2200000 M. Denn da das Nickelstahlschiff um so viel
leichter ist, müsste das gleichwerthige weiche Stahlschiff entsprechend vergrössert
werden, mit einem Mehrkostenaufwand von 70000 £. Ein
jeder Betrag, um welchen man das Nickelstahlschiff hinsichtlich seiner
Materialkosten für den Rumpf billiger bauen kann, als jene Summe von 110000 £ ergibt, ist als Gewinn zu betrachten, wozu noch der
Umstand hinzukommt, dass die Kohlenrechnung des weichen Stahlschiffes, wegen seiner
grösseren Maschine, um etwa 19½ Proc. höher ist als diejenige des
Nickelstahlschiffes.
Nach der augenblicklichen Preislage liessen sich heute 5000 t Nickelstahl für 75000
£ = 1500000 M. (300 M. für 1 t) beschaffen, und
dadurch hätte man schon, da 110000 £ zur Disposition
stehen, 110000 – 75000 = 35000 £ = 700000 M. gewonnen.
Es zeigen diese Zahlen den grossen Gewinn, den man daraus ziehen kann, wenn die
Festigkeitsnummern des Materials in die Höhe gebracht werden. Indessen nicht bei
allen Arten von Schiffen ist dieser Gewinn so gross, besonders nicht bei den jetzt
üblichen grossen Frachtdampfern mit geringer Maschinenstärke. Hier rechnet Blies an einem ähnlichen Beispiel aus, dass
verhältnissmässig bald eine Grenze erreicht ist, bei der es fraglich erscheint, ob
der Gewinn an Gewicht des Schiffskörpers die hohen Kosten decken würde, welche sich
aus dem noch so theuren Nickelstahl ergeben. Sehr wesentlich ist es daher und von
Seiten der Schiffbauer mit hohem Interesse verfolgt, ob es der Eisen- und
Stahlindustrie gelingen wird, jenes schöne Material billiger herzustellen, als das
bis jetzt der Fall ist; der Vortheil, den der Schiffbau hieraus ziehen könnte, würde
bedeutend sein.
Ein an gleicher Stelle gehaltener Vortrag von Hartley
West ergänzt die Biles'schen Mittheilungen.
Auch er berührt die Materialfrage, indem er die Vortheile hervorhebt, welche der
Uebergang vom Holz zum Eisen und vom Eisen zum Stahl gebracht hat, und hält
dann ebenso wie Blies den demnächstigen Uebergang zum
Nickelstahl für wahrscheinlich. Während es früher nur schwer möglich gewesen sei,
einen innigen und festen Verband der tragenden Theile eines Schiffes herzustellen,
habe schon die Verwendung des Eisens hierin einen grossen Fortschritt gebracht, und
waren die Hoffnungen, welche seiner Zeit die Rheder auf ihre Eisenschiffe setzten,
so sanguinische, dass sie dieselben für unverwüstlich hielten. Allein eine grosse
Sorglosigkeit, wenn nicht Nachlässigkeit in der Behandlung dieser Fahrzeuge führte
sehr bald zu ihrer Zerstörung durch Rost. So wurde den Eigenthümern eine zwar
heilsame, zum Theil aber auch sehr kostspielige Belehrung zu theil.
Indessen wuchsen die Maasse der Schiffe, besonders die Länge, und nun zeigten auf
einmal die früher so gerühmten Eisenschiffe starke Zeichen von mangelnder
Längsfestigkeit, und hierauf ist es zurückzuführen, dass man ein neues, festeres
Material, den Stahl, lebhaft begrüsste. Weil aber eine Reihe der damaligen ersten
Stahlsorten, besonders der Bessemer-Stahl, in sehr verschiedener Güte hergestellt
wurde, so kamen sie, trotz verschiedentlicher Verwendung, doch niemals so recht in
Aufnahme. Das einzige Mittel, diesen Sorten Vertrauen zu schaffen, wäre eine
sorgfältige regelmässige Abnahmeprobe derselben gewesen, um dadurch ihre
Brauchbarkeit und stete Gleichartigkeit festzustellen. Erst die grossen
Dampfschiffahrtsgesellschaften, denen es in allererster Linie auf gutes Fabrikat,
weniger auf Reduction der Anschaffungskosten eines neuen Schiffes ankam, gingen nach
dem Beispiele der englischen Admiralität zur Verwendung des zwar theuren, aber
zuverlässigen Siemens-Martin-Stahles über, und bewirkten durch die entstehende
starke Nachfrage nach diesem Material sehr bald eine derartige Preisermässigung
desselben durch Fortschritte in seiner Herstellung, dass es sogar später sich
billiger stellte als wohl jenes erste Schiffbaueisen im eisernen Zeitalter. Auch
schwand mit der Verwendung dieses guten Stahlmaterials das Gefühl der Unsicherheit
und Besorgniss, welches die mangelhafte Festigkeit der grossen Eisenschiffe stets
hervorrief. Allein nicht nur das bessere Material, sondern auch eine Reihe von sehr
zweckmässigen Berechnungen und Aenderungen in der Construction eines Schiffes
ermöglichten den Bau der neueren grossen Schiffe und vor allem eine auf stete
Beobachtung und sorgfältigste Ueberwachung gestützte Beaufsichtigung des
eigentlichen Baues des Schiffes, in allererster Linie der überall auftretenden
Nietungen.
Auf diesen letzten Punkt legt der Verfasser einen besonderen Werth und spricht davon,
wie man gerade beim Uebergange vom Eisen zum Stahl hinsichtlich der Nietung
wesentliche Fortschritte, sowohl bezüglich ihrer genauen Berechnung wie auch ihrer
sauberen, sorgfältigen Ausführung gemacht habe, und diesem Umstände sei es mit
zuzuschreiben, wenn öfters Stahlschiffe, die auf Strand gerathen, sich so lange noch
fest und unversehrt gehalten hätten, bis ihre Bergung möglich geworden, und dies
unter Verhältnissen, unter welchen Eisenschiffe wohl längst in Stücke zerschlagen
worden wären. Freilich sei es bezüglich des jetzt gebräuchlichen Flusstahles
dringend nöthig, das Fahrzeug vor dem Rosten zu schützen, besonders da Flusstahl
stärker vom Roste angegriffen werde als Eisen, und deshalb könne ein öfteres
Abkratzen, Reinigen und Neustreichen der Schiffe nur dringend empfohlen werden. Lasse man diese
Vorsichtsmaassregeln ausser Acht, so könne dadurch Stahl stark in Misscredit
kommen.
Ueber das Gesetz des Schiffswiderstandes schreibt E.
Heubach in der Deutschen Bauzeitung, 1897 S.
467, indem er aus einigen Versuchsreihen hier nicht weiter interessirende
theoretische Formeln ableitet. Es seien aus der umfangreichen Abhandlung hier nur
die Mittheilungen über die Versuche selbst wiedergegeben.
Im Auftrage der französischen Regierung wurden durch den Oberingenieur de Maas zahlreiche Versuche über den Schiffswiderstand
auf Flüssen und Kanälen vorgenommen. Diese Versuche, systematisch, mit grösster
Genauigkeit und vorzüglicher Sachkenntniss durchgeführt, geben ein
Beobachtungsmaterial, wie es in gleicher Vollkommenheit und Zuverlässigkeit früher
nicht vorhanden war, und legen daher den weiteren Versuch nahe, mit ihrer Hilfe dem
Gesetze des Schiffswiderstandes auf analytischem Wege nachzuforschen.
Es mag vielleicht gewagt erscheinen, aus verhältnissmässig wenigen Zahlenreihen ein
Naturgesetz ableiten zu wollen; indessen dürfte doch das Ergebniss der folgenden
Untersuchung für die Berechtigung des Verfahrens sprechen. Ein Hauptbeweis für diese
Berechtigung möchte darin liegen, dass die Untersuchung zu einem allgemeinen,
einheitlichen Gesetz führt, dem der Schiffswiderstand sowohl im Strome als im
Kanäle, sowohl beim kleineren Binnenfahrzeuge als beim grossen Seeschiffe folgt. Es
ist durchaus unwahrscheinlich und schwer mit dem systematischen Walten der Natur in
Einklang zu bringen, dass der Schiffswiderstand im engen Kanalprofile etwas
grundsätzlich Anderes sein soll, als jener im freien Strome, und dieser wiederum
etwas dem Wesen nach Verschiedenes von dem Widerstände im Meere. Es musste vielmehr
vermuthet werden, dass im Kanäle, im Flusse, im Binnensee, sowie auf dem Meere nur
besondere Fälle ein und derselben Grunderscheinung vorliegen. In dem Umstände, dass
die Untersuchung jene Wahrscheinlichkeit durchaus bestätigt, dürfte eine wesentliche
Gewähr für die Richtigkeit der gezogenen Schlüsse zu erblicken sein.
(Fortsetzung folgt.)