Titel: | Landwirthschaftliche Maschinen.Einiges über Säemaschinen. |
Autor: | Victor Thallmayer |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 177 |
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Landwirthschaftliche
Maschinen.Einiges über Säemaschinen.
Von Victor Thallmayer,
Professor an der landwirthschaftlichen Akademie in Ungarisch-Altenburg.
(Fortsetzung des Berichtes S. 155 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Einiges über Säemaschinen.
Anspannvorrichtungen.
Neuerer Zeit verwendet man, damit sich Stösse dem Maschinengestelle und dem
Saatkasten weniger mittheilen, eine Art der Anspannung der Zugthiere, bei welcher
der Angriffspunkt der Zugkraft nicht vorn am Vordergestelle, sondern hinten an der
Achse der Fahrräder sich befindet.
In Fig. 213, Abbildung I,
sehen wir die ältere Anordnung veranschaulicht, bei welcher der Anspannungspunkt A sich vorn befindet, Abbildung II bezieht sich auf jene neuere Anordnung, wo der Anspannungspunkt mit
Hilfe einer Zugstange an die Achse der Fahrräder verlegt ist; bei Anordnung I wird also die Maschine vom Vordergestelle aus, bei
Anordnung II hingegen von hinten, von der Fahrradachse
aus, gezogen; zur besseren Veranschaulichung des Unterschiedes ist in I das Vordergestell, in II
hingegen der Hintertheil der Maschine mit stärkeren Linien gezeichnet.
Ist die Zugkraft unmittelbar vom Vordergestelle weg wirkend, so kommt das
Vordergestell bei rascherem Gangtempo der Zugthiere leicht in schwingende Bewegung,
die sich auch dem Saatkasten mittheilt und wellige Aussaat zur Folge hat. Ist
hingegen die Zugkraft unmittelbar von hinten angreifend, so kann sich das Auf- und
Abschwingen des Vordergestelles nicht einstellen, auch theilen sich dann die Stösse,
die das Vordergestell erfährt, nicht in dem Maasse der Maschine mit, als wie wenn
die Zugkraft unmittelbar vorn angreift.
Zwecks Erreichung einer gleichmässigen, nicht welligen Aussaat ist es angezeigter,
eine Maschine mit Hinterzug (Fig. 213, Abbildung II), als eine solche mit Vorderzug (Fig. 213, Abbildung I) zu
verwenden.
Damit das Ausstreuen des Samens, sowie der Zug der Maschine möglichst gleichmässig
sein könne, und damit die Zugthiere von den beim Anbau vorkommenden Stössen nicht zu
sehr zu leiden haben, ist es zweckmässig, zwischen dem Anspannungspunkt und der
Anspannwage einen Stossfänger einzuschalten.
Bei den verschiedenen Arten der Stossfänger bildet immer eine elastische Feder oder
Zwischenlage den Haupttheil, weil eben nur elastische Einschaltungen oder Einlagen
einen Stoss auffangen und seine Gewalt brechen können.
Einfach, gut und verhältnissmässig billig sind die Stossfänger von Sack in Plagwitz-Leipzig, welche in Fig. 213 in IIIa und IIIb abgebildet sind. Dieselben bestehen aus
einem Scharnierrahmen mit eingelegter Feder; IIIa stellt den Stossfänger in ungespanntem,
IIIb in
gespanntem Zustande dar, in Fig. 214 sehen wir die
Art seiner Einschaltung zwischen das Vordergestell der Säemaschine und die
Zugwage.
Textabbildung Bd. 307, S. 177
Fig. 213.Fig. 213 I und II. Anspannvorrichtung; Fig. 213 III a und III b
und IV. Stossfänger von Sack.
Je stärker die Thiere anziehen, desto mehr streckt sich der im Ruhezustande
viereckige Scharnierrahmen zu einem sechseckigen aus (IIIb).
Der Stossfänger, der gleichzeitig auch eine Federwage ist, kann auch zur Angabe der
von den Thieren ausgeübten Zugkraft dienen, wenn an der aus der Feder herausragenden
Schiene (IIIb)
eine entsprechende empirische Scala sich befindet.
Gewöhnlich sind die auch gleichzeitig als Kraftmesser dienenden Stossfänger von Sack mit einem Blechquadranten versehen, längs dessen
Scala ein Zeiger spielt (Fig. 213, Abbildung IV).
Die Verwendung eines Stossfängers, weil derselbe von den Thieren sowohl, als auch von
der Maschine die nachtheilige Einwirkung der Stösse abwendet, ist nicht genug zu
empfehlen, besonders wenn noch in Betracht gezogen wird, dass seine Anschaffung
nicht grosse Auslagen verursacht.
Textabbildung Bd. 307, S. 178
Fig. 214.Stossfänger von Sack.
Mit dem Anbringen einer Stossfangvorrichtung an den Säemaschinen und Einrechnung
derselben in den Verkaufspreis würde mehr Gutes gethan sein, als mit dem
Herumkünsteln an einzelnen Details der Säemaschinen, durch welches dieselben um
nichts besser werden.
Der Säemaschinenfabrikant A. Reissenzahn in Prag-Bubna
hat an einigen seiner Maschinen eine Zugvorrichtung (Fig.
215) angebracht, welche beim Wenden an den Kopfenden des Feldes auch die
Schare aus dem Boden emporheben hilft.
Textabbildung Bd. 307, S. 178
Fig. 215.Zugvorrichtung von Reissenzahn.
Wie aus Fig. 215 zu ersehen, steht der Winkelhebel cod mit der Zugschiene dd1 in Verbindung. Der Drehpunkt des
Winkelhebels befindet sich an einer an die Fahrradachse nn befestigten Gabel. Der Arm oc des
Winkelhebels greift unter die excentrisch auf das Gestell gelagerte Schiene rr, an welche die Scharhebel gehängt sind.
Von der Zugschiene dd1
aus zweigen sich nach vorn die zwei Ketten KK ab,
welche an die Zugwage dd gehakt sind. Der Zughaken, vor
welchen die Thiere gespannt werden, ist mit Z
bezeichnet, und mit zwei Seitenstreben nach der Wage hin versteift. Die Zugwage ist
drehbar um die senkrechte Achse A des Vordergestelles
angebracht.
Wenn nun beim Wenden die Pferde den Zughaken in der Richtung des Pfeiles aus
seiner Mittelstellung herausschwenken, so gibt die eine Kette nach und die andere
zieht die Zugschiene dd1 nach sich, wodurch der Arm oc in der
Richtung des Pfeiles an die Scharaushebeschiene rr
angedrückt und diese sammt den an ihr hängenden Scharen um ihre excentrischen
Endstummeln in die Höhe gehoben wird.
Mit mm ist die die Scharhebelenden tragende Stange, mit
ss die vordere Gestellquerschiene bezeichnet.
Zum Fixiren der ausgehobenen Schare ist der gewöhnliche Scharaushebehebel vorhanden.
Die in Fig. 215 ersichtlich gemachte Construction
soll dem Arbeiter das Ausheben der Schare erleichtern, kann ihn aber, wenn die
Pferde plötzlich einen Ruck machen und so der Hebel geschnellt wird, auch verletzen,
weshalb Vorsicht geboten erscheint.
Wichtige Abmessungen der Reihensäemaschinen. Da im
Nachfolgenden auf diese des Oefteren Berufung stattfindet, so sollen dieselben der
Kürze halber mit Buchstaben bezeichnet werden, deren Bedeutung aus Fig. 216 erhellt. Wir nennen:
V den Vorderradstand,
A den Abstand der Vorderräder von
der Halbirungs- oder der Symmetrielinie der Maschine,
d den Abstand zwischen Vorder- und
Hinterradspur zu beiden Seiten der Maschine,
w die Reihenweite,
H den Hinterradstand,
e die Entfernung der äussersten
Schare von der Hinterradfelgenmitte. Es bedeutet ausserdem:
S die Säebreite der
Maschine,
u die Peripherie der
Hinterräder,
D den Durchmesser der
Hinterräder,
n die Anzahl der Reihen,
F die Weite der hinteren
Scharfront.
Textabbildung Bd. 307, S. 178
Fig. 216.Abmessungen der Reihensäemaschine.
Reihenweite. Die Reihen weite (Abstand zwischen je zwei
Scharspitzen) beträgt zumeist 3 bis 4½ Zoll (8 bis 12 cm) bei Getreidebau und 18 bis
24 Zoll (46 bis 62 cm) bei Hackfrüchtebau. Die Befestigung der Schare an die
Maschine muss eine solche sein, dass es leicht möglich wird, dieselben auf alle
zwischen den obigen Grenzen gelegenen Maasse als Reihenweite einzustellen. Beim
Getreideanbau benutzt man stellenweise schon die engste Reihenweite, nämlich 3 Zoll
= 8 cm. Wo dieselbe hierfür acceptirt wurde, dort ist das Einstellen der Maschine
auf die häufig vorkommenden Vielfachen von 3 Zoll, nämlich 6, 9, 12, 18, 24 Zoll,
sehr leicht gemacht, indem dann die überflüssig werdenden Schare nur abzunehmen
sind.
Anordnung der Schare. Die Schare sind, um auf nicht
ganz reinem Felde Stoppelreste, Schollen u. dgl., leichter zwischen sich
hindurchzulassen, bei unseren Maschinen gegen einander versetzt, nämlich nicht alle
in einer, sondern in zwei Fronten, in einer vorderen und einer hinteren angeordnet.
Gewöhnlich ist es die hintere Front, welche zwei Schare mehr zählt. Bei der engsten
Scharstellung fällt immer eine Schar in die Symmetrielinie der Maschine.
Reihenanzahl (n). Dieselbe
ist 9 bis 33. Die ungerade Reihenzahl ist eine Folge der Scharstellung in zwei
Fronten und der Annehmlichkeit, dieselbe symmetrisch angeordnet zu haben. Da die
Scharenanzahl der Säemaschinen von Grössennummer zu Grössennummer um je zwei
zunimmt, so kann die der Stärke der Zugthiere entsprechende Grössennummer der
Maschine immer leicht gewählt werden; wenn z.B. gefunden wird, dass die Thiere eine
19reihige Maschine nur schwer, eine 15reihige ganz leicht ziehen, so wird man sich
für die 17reihige Maschine entscheiden.
Textabbildung Bd. 307, S. 179
Fig. 217.Anbau mit der Reihensäemaschine.
Anbau mit der Reihensäemaschine. Beim Anbau mit
Reihensäemaschinen lässt man (Fig. 217) Vorbeete ABCD stehen und baut den zwischen diesen liegenden
Theil des Feldes gangweise auf und ab an, wobei man von Gang zu Gang an den
Kopfenden stets mit der Maschine wendet, um mit ihr zum Schlusse die Vorbeete quer
zur früheren Fahrrichtung anzubauen.
Säebreite der Maschine (S).
Als Säebreite S einer Säemaschine oder als Breite des
Streifens, welcher als während eines Ganges der Maschine bebaute Fläche
anzusehen ist, muss, wie aus der, einem mit einer 9reihigen Maschine ausgeführten
Anbau entsprechenden Fig. 217 zu entnehmen, jenes
Maass S betrachtet werden, welches für die Gangseite um
eine halbe Reihenweite grösser ist, als die Weite F der
hinteren Scharfront. Es ist daher S = n × w = Reihenanzahl × Reihenweite.
Textabbildung Bd. 307, S. 179
Fig. 218.Entfernung der äussersten Schare von der Mitte der
Hinterradfelge.
Entfernung der äussersten Schare von der Mitte der
Hinterradfelge (e). Bei der engsten
Scharstellung, wie solche für den Anbau von Getreide benutzt wird, betrage die
Entfernung e (Fig. 218)
der äussersten Schare von der Mitte der Hinterradfelgenbreite, um das Verlegen des
Raumes zwischen Hinterrad und Schar mit Mist u. dgl. hintanzuhalten, und um die
Spuren der Hinterräder zur besseren Unterscheidung genügend weit weg von der vom
letzten Schar gezogenen Rille zu bekommen, das 1½fache der Reihen weite; es ist
somit zweckmässig e = 1,5 w.
Textabbildung Bd. 307, S. 179
Fig. 219.Hinterer Radstand oder hintere Spurweite.
Hinterer Radstand oder hintere Spurweite (H). Dieselbe ist gleich dem Abstande der Mittel der
Hinterrad-felgenbreiten am Boden gemessen. Sie bleibt für alle Verwendungen der
Maschine constant dieselbe, indem die hinteren Fahrräder nie verschoben zu werden
brauchen. Rechnungsmässig ausgedrückt ist H = (a – 1) w + 2e. Auf ein unter die Fahrräder der Maschine geschobenes
Brett kann der hintere Radstand (Fig. 219) leicht
angerissen werden. Die hintere Spurweite ist auch gleich dem Innenabstande der Räder
vermehrt um die Felgenbreite.
Vorderer Radstand oder vordere Spurweite (V). Diese Abmessung ist gleich der Entfernung der
Mitten der Vorderradfelgenbreiten (Fig. 220). Da jede
Aenderung in der Reihenweite wegen des richtigen Reihenanschlusses beim Wenden mit
der Maschine auch eine Aenderung des Vorderradstandes nöthig macht, so müssen zu den
verschiedenen Verwendungen der Maschine die Vorderräder verstellbar sein. Die
Verstellung der Vorderräder geschieht, wie aus der ein
Reihensäemaschinen-Vordergestell darstellenden Abbildung Fig. 220 zu ersehen, einfach durch Verschieben der Radachsen an der
Unterseite des Vordergestellrahmens nach Lösung der Klemmschrauben ss.
Textabbildung Bd. 307, S. 180
Fig. 220.Vorderer Radstand oder vordere Spurweite.
Leitspur. Beim Anbau mit der Maschine versteht man unter
Leitspur jene Radspur, auf welcher das Vorderrad nach dem Wenden mit der Maschine
geführt wird. Nach dem Wenden dient als Leitspur entweder die Spur des Hinterrades
oder jene des Vorderrades. Beim Anbau von Getreide dient gewöhnlich die Spur des
Hinterrades als Leitspur, beim Anbau von Hackfrüchten (grössere Reihenweite) zumeist
die Vorderradspur. In der Abbildung Fig. 217 ist nach
dem Wenden das Vorderrad in der Stellung gezeichnet, wo es eben in die vorherige
Spur des Hinterrades einlenkt.
(Fortsetzung folgt.)