Titel: | Glasindustrie.Zur Technologie des Glases. |
Autor: | R. Zsigmondy |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 182 |
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Glasindustrie.Zur Technologie des Glases.
(Schluss des Berichtes S. 164 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Zur Technologie des Glases.
Geräthe- und Cylinderglas, Thermometer.
Im Anschluss an ihre Arbeit über die thermischen Widerstandscoëfficienten theilen Winkelmann und Schott
einige Beobachtungen mit einem neuen Gerätheglas mit
(Zeitschrift für Instrumentenkunde, 1894). Die
Bechergläser, Kolben und Abdampfschalen aus diesem Glase, welche von der Firma Schott und Genossen in Jena hergestellt werden, haben
sich ja inzwischen einen Weltruf erworben und werden in den Laboratorien wegen ihrer
grossen Unempfindlichkeit gegen Temperaturänderungen mit Vorliebe verwendet.
Die Verfasser selbst theilen über dieses Glas mit, dass mit Wasser gefüllte Gefässe
aus Jenaer Gerätheglas ohne Drahtnetz den intensivsten Flammen ausgesetzt werden
können, ohne zu springen.
Als Wärmequelle wurde ein Fletscher-Brenner gewählt; die Gefässe wurden mit Wasser
gefüllt und ohne Drahtnetz der Flammen Wirkung ausgesetzt:
a) Von 13 Kochflaschen, deren Hohlraum zwischen 3,3 und 0,5 l variirte, sprang keine
Flasche;
b) von 24 Flaschen nach Erlenmayer mit 1,1 bis 0,2 l
Inhalt sprang bei dieser Behandlung keine;
c) von 31 Bechergläsern, deren Inhalt zwischen 3,6 und 0,2 l lag, sprangen bloss 2
Gefässe.
Welche bedeutende Zeit- und Gasersparniss bei Benutzung dieser Glasgefässe erzielt
werden kann, geht aus folgenden Versuchen hervor.
Ein Becherglas wurde mit 1 l Wasser gefüllt und einmal mit, das andere Mal ohne
Drahtnetz so lange erhitzt, bis das Wasser zum Sieden kam. Ohne Drahtnetz wurde das
Wasser in 11 Minuten, mit Drahtnetz in 28 Minuten zum Sieden gebracht.
Auch in der Alkalimetrie wird das neue Glas mit bedeutendem Vortheil verwendet, wie
aus Versuchen von B. Reinitzer hervorgeht (Zeitschrift für angewandte Chemie, 1894 Heft 19).
Verfasser hatte sich überzeugt, dass beim Auskochen der Kohlensäure aus
Flüssigkeiten, welche unter Anwendung von Lackmus als Indicator mit 1/10-Normalalkali
oder Säure titrirt werden sollten, geringe Mengen von Alkalien aus dem Glase in
Lösung gingen und die Schärfe der Analyse bedeutend beeinträchtigten, wenn
gewöhnliche Kochkolben oder solche aus böhmischem Kaliglase verwendet wurden. Bei
Anwendung von Jenaer Gerätheglas wird dagegen die Aufnahme von Alkalien aus dem
Glase so gering, „dass die Verwendung von 1/10-Normalsäure und Alkali erst durch das
Arbeiten in Geräthen aus Jenaer Glas jene Vortheile erlangt und zu jener Schärfe
und Genauigkeit der Ergebnisse führt, die man ihm unberechtigter Weise schon
früher zugeschrieben hat“.
Die geringe Alkaliabgabe des Jenaer Gerätheglases ist auch aus Versuchen der
physikalisch-technischen Reichsanstalt zu entnehmen, deren Resultate in der
folgenden Tabelle wiedergegeben sind.Nach einer
gedruckten Mittheilung der Firma Schott und
Genossen.
Bezogen auf 100 qc Oberfläche.
Bezeichnung des Glases
1) Alkaliabgabean Wasser von
2) Alkaliabgabean Wasser von
Gewichtsabnahme in Milligrammen bei
derBehandlung mit
in \frac{\mbox{mg}}{1000} Na2O ausgedrückt
3) Natronlauge
4) Sodalösung
5) Schwefel-säure
Jenaer Gerätheglas ungekühlt
4,3
18,2
59,2
24,2
0,3
Desgleichen gekühlt Kolben
a „ b
3,0 3,0
4,3 6,0
–
–
–
Böhmisches Gerätheglas von Kavalier
13,8
56,0
39,8
76,9
–
Eine noch grössere Bedeutung als das Jenaer Gerätheglas haben die von der Firma Schott und Genossen seit dem Jahre 1894 erzeugten neuen Gasglühlichtcylinder erlangt. Durch Einführung
dieser Cylinder ist einem bisher sehr fühlbar gewesenen Uebelstande des Auer-Lichtes
– der durch Springen der Glasröhren bedingten Zerstörung der Glühstrümpfe – Abhilfe
geschaffen worden, und wie das Auer-Licht selbst, sind auch sie aus rein
wissenschaftlichen Untersuchungen hervorgegangen.
Welche aussergewöhnliche, von einem Glase auf das höchste überraschende
Widerstandsfähigkeit diese Cylinder gegen Temperaturänderungen besitzen, ist aus
einem Berichte von Director M. Müller in Doesborgh
(Holland)Vgl. auch D. p. J. 1895 296
187. zu entnehmen, der die durch die Flamme erhitzten Cylinder
aus Gerätheglas mit kalten Eisenstücken berührte, mit kalter Luft anblies, mit
Wasser bespritzte und schliesslich in kaltes Wasser tauchte, ohne dass dieselben
sprangen. Da der Bericht des Directors Müller in D. p. J. 1895 295 239
wörtlich übersetzt ist, so können wir die Leser auf den ausführlicheren Text
daselbst verweisen.
Nach einer Mittheilung des glastechnischen LaboratoriumsSchilling's Journal für
Gasbeleuchtung, 1895, nach der holländischen Zeitung Het Gas. stellt sich das Verhältniss
des Verbrauches an Auer-Cylindern bei 6stündiger täglicher Brennzeit in 7
Wochen:
Gewöhnlicher Cylinder
Grünstempelcylinder(Jena)
Goldstempelcylinder
186
30
7
Director Muchall in Wiesbaden hatte vor Einführung der
Jenaer Cylinder Versuche mit Glimmercylindern angestellt. Diese Versuche wurden aber
nach Einführung der Jenaer Cylinder wieder aufgegeben, da er mit diesen so günstige
Resultate erzielte, dass das Bestreben, an Stelle des Glases bei Glühlichtlampen ein
anderes Material einzuführen, überflüssig erschien.
Es mag noch erwähnt werden, dass das Glaswerk in Jena auch Erdöllampencylinder aus
dem neuen Cylinderglase erzeugt; leider findet diese vorzügliche Waare noch nicht
genügend Beachtung im Publicum.
Später brachte O. Schott eine für den Gebrauch der
Auer-Lampen wichtige Neuerung durch Einführung gelochter Cylinder (Schilling's Journal für Gasbeleuchtung, 1897). Wie aus
Fig. 2 ersichtlich, strömt die Luft nicht wie
bisher zwischen Brenner und Galerie ein, sondern durch kranzförmig angeordnete
Löcher im Cylinder selbst. Sechs Löcher von 12 bis 15 mm Durchmesser sind am
Cylinder derart angebracht, dass die Oberkante des Brennerkopfes über der Unterkante
der Löcher 3 bis 4 mm hervorragt. Durch diese Anordnung ist es gelungen, einen
Lichtgewinn von 25 bis 60 Proc. zu erzielen und die Gefahr des Springens noch
bedeutend zu verringern.
Textabbildung Bd. 307, S. 183
Fig. 2.Gelochte Cylinder für Auer-Lampen von Schott.
Ueber Schott'sche Compensationsthermometer von Dr. W. Hoffmann in Jena (Zeitschrift für Instrumentenkunde, 1897 S. 257). Durch Einführung des
Jenaer NormalglasesVgl. D. p. J. 1893 289
256. ist es bekanntlich gelungen, die thermische Nachwirkung,
welche nach vorheriger Erwärmung auf 100° C. bei dem gewöhnlichen Thüringer Glase
0,38 bis 0,66° C. beträgt, auf 0,05 C. herunterzudrücken. Bei dem Borosilicatglase
59III, welches zu den hochgradigen
Thermometern (bis 500° C. brauchbar) verwendet wird, ist die Nachwirkung eine noch
geringere, nach Wiebe nur 0,02° C.
Textabbildung Bd. 307, S. 183
Fig. 3.Schott's Thermometer.
Um die thermische Nachwirkung, namentlich auch für höhere Temperaturen, möglichst zu
beseitigen, hat O. Schott Thermometer anfertigen
lassen, bei welchen in einem Thermometergefässe aus einem Glase von geringer
Nachwirkung ein Glasstab von hoher thermischer Nachwirkung angebracht ist, derart,
wie aus Fig. 3 ersichtlich ist.
Als Glas von hoher thermischer Nachwirkung wird zweckmässig das Glas 335III, bestehend aus
SiO2
67,1
As2O3
0,3
B2O3
7,0
MgO
5,0
Al2O3
3,0
K2O
9,0
Na2O
8,5
Mn2O3
0,1
–––––
100,0
verwendet; dasselbe muss derart im Innern des Thermometers
angebracht werden, dass keine scharfen Winkel entstehen, sondern überall
Abrundung vorhanden ist, weil sonst durch Capillardepression des Quecksilbers
Hohlräume auftreten würden.
Es ist ersichtlich, dass das Verhältniss zwischen dem Volumen v des eingeschmolzenen Glasstabes und demjenigen V des vom Quecksilber erfüllten Hohlraumes von Wichtigkeit für die
Compensation der thermischen Nachwirkung sein muss.
Verfasser hat nun die thermische Nachwirkung einiger Thermometer dieser Art
(Compensationsthermometer) mit verschiedenen Verhältnissen \frac{v}{V} untersucht und
gefunden, dass das Verhältniss \frac{v}{V}=\frac{1}{8} bis \frac{1}{10} das beste bei Anwendung der
beiden Gläser 16III und 335III ist. Bei Einhaltung dieses Verhältnisses kann
die thermische Nachwirkung als nahezu beseitigt betrachtet werden.
Opal- und Farbgläser.
Die in der Glas- und Keramfabrikation verwendeten Färbungs-
und Entfärbungsmittel von G. H. (Sprechsaal, 1896 S. 155, 185, 213, 243, 271, 299). Eine
ausführliche Abhandlung über die zum Färben von Glas und Glasuren verwendeten
Farbpräparate, ihre Eigenschaften, ihre Darstellung und Prüfung auf Reinheit. Von
den vielen eingestreuten Bemerkungen über das Verhalten einzelner Oxyde im Glase
wollen wir nur eine über das Arsentrioxyd herausgreifen: Arsenik wirkt auf gewisse
Verunreinigungen des Glases oxydirend ein, ebenso wie Braunstein. Es muss aber dem
Arsentrioxyd in vielen Fällen auch eine reducirende Wirkung zugeschrieben werden, so
z.B. bei einem durch Braunstein violett gefärbten Glase. Gibt man demselben etwas
As2O3 zu, so
findet, unter Bildung von As2O5, eine Reduction des Manganoxydes zu Manganoxydul
statt und der stark violette Ton geht in einen schwächer violetten über. Der
Arsengehalt wirkt keinesfalls mit, denn die mit Arsenik behandelten Gläser zeigen
nie einen Gehalt von Arsen bei der Analyse. Nur bei grösseren Zusätzen von Arsenik
zum Glasgemenge zeigen die fertigen Gläser einige
Tausendstelprocente Arsenik. (Grössere Mengen von Arsen lassen sich dem Glase
einverleiben, wenn Gelegenheit zur Bildung von nichtflüchtigen Arsenaten geboten
wird. D. R.)
Der Sprechsaal, 1896, enthält S. 692 eine interessante
Mittheilung über Schwefelrubin. Durch Zusetzen von 10 k
Schwefelblüthe und 1 bis 2 k Holzkohle auf 100 k Sand enthaltendes Gemenge werden
tief rubinrothe Gläser erhalten. Wichtig ist die Behandlung der Schmelze. Das zuerst
in den gedeckten Hafen eingelegte Gemenge, denselben halb anfüllend, muss vollkommen
lauter geschmolzen sein, ehe die nächste kleine Menge eingetragen wird. Nach Füllung
des Hafens wird das Rubinglas wie das weisse Glas verarbeitet und es bedarf nicht
des Anwärmens, Anlaufens der Farbe, wie die Gold- und Kupferrubine, es ist rubinroth
nach dem ersten Erkalten, verändert die Farbe auch nicht bei mehrmaligem Anwärmen
während der Arbeit.
Ein Kathedralglas mit tiefrother Farbe kann hergestellt werden aus:
Reinstem Quarzsand
100,00
Th.
Calcinirter Soda
50,00
„
Weissem Marmor
25,00
„
Schwefelblüthe
10,00
„
Kohle aus Fichtenholz
1,50
„
Vorschriften zur Herstellung von Zapfen- und Ueberfanggläsern finden sich im Sprechsaal, 1894 S. 1058.
Als Krystallglas für das Grundglas eignen sich:
I. Krystallglas für Krystallüberfang.
Quarzsand, reinster
100
k
Potasche, ungarische
35
k
Bleiglätte, chemisch rein
15
k
Kalisalpeter
1¼
k
Antimonoxyd
⅝
k
Nickeloxydul, grünes kohlensaures etwa
10
g
Brocken derselben Composition, etwa
100
k
II. Krystallglassatz für Emailüberfang.
Quarzsand, reinster
100
k
Potasche, ungarische
27
k
Bleiglätte, chemisch rein
60
k
Kalisalpeter
2
k
Nickeloxydul, grün etwa
5
g
Brocken derselben Composition, etwa
100
k
Zum Ueberfangen dieser Gläser wendet man folgende Zapfen an:
1) Rosakrystall I zu Rosazapfen.
Quarzsand, reinster
50,0
k
Kalisalpeter
12,5
k
Borax, calcinirt
5,0
k
Arsenikmehl
1,0
k
Mennige, chemisch rein
1,0
k
Diesem Gemenge die Goldchloridlösung von 10 ungarischen Ducaten
mit 0,5 k Zinnsalzlösung- und 0,3 k Zinnasche innig untermischt.
2) Rosakrystall II zu Rosazapfen.
Quarzsand, reinster
50,0
k
Kalisalpeter, krystallisirt
20,0
k
Borax, calcinirt
6,0
k
Borax, krystallisirt
2,5
k
Arsenikmehl
1,5
k
Mennige, chemisch rein
1,0
k
Diesem Gemenge die Goldchloridlösung von 16 ungarischen Ducaten
mit 0,75 k Zinnsalzlösung und 0,5 k Zinnasche innig untermischt.
3) Kupferrubin zu Rubinzapfen.
Quarzsand, reinster
100,00
k
Potasche, ungarische
32,00
k
Soda, 90procentig
6,00
k
Borax, calcinirt
10,00
k
Mennige, chemisch rein
1,00
k
Arsenikmehl
2,00
k
Eisenhammerschlag
0,66
k
Zinnasche
2,00
k
Kupferoxyd
1,33
k
Die Rosa- und Rubingemenge müssen, um nicht auszuschüren, nicht
mit dem gewöhnlichen Gemenge zusammen eingelegt werden, sondern einige Stunden
später. Ein Ausschöpfen in Wasser, nochmaliges Einlegen und Umschmelzen ist
zweckmässig.
Der von A. M. verfasste Artikel enthält dann noch Sätze
von rosarothen, blauen und grünen Zapfen.
Zur Herstellung von Kupferrubinzapfen eignet sich nach A.
M. (Sprechsaal, 1895 S. 439) noch folgendes
Gemenge:
Quarzsand, reinster
100,0
Th.
Potasche, 90procentig
30,0
„
Soda, 90procentig
6,0
„
Borax, calcinirt
10,0
„
Mennige
1,0
„
Arsenikmehl
3,0
„
Eisenhammerschlag
0,3
„
Zinnasche
0,9
„
Kupferoxyd
0,6
„
Man mischt zunächst Sand, Potasche und Soda gut durcheinander und theilt das Gemisch
in vier gleiche Theile. Man schmilzt hiervon drei Theile hinter einander blank
herunter und mischt inzwischen den vierten Gemengtheil innig mit den restirenden
Gemengsubstanzen. Nach dem Abschmelzen der ersten drei Gemengtheile legt man (bei
höchster Weissglut) den letzten Gemengtheil ein und schmilzt blank.
Das blankgeschmolzene Gemenge wird zu Zapfen verarbeitet und erkalten lassen.
Leberige Rubine müssen wiederholt umgeschmolzen werden.
Der Artikel enthält dann noch Vorschriften zur Herstellung von Baryt-Kalkgläsern.
Nach einer anderen Vorschrift schmilzt man zweckmässig:
Erste Schmelze
Zweite Schmelze
Sand
100,00
Gew.-Th.
100
Gew.-Th.
Borax
65,50,
„
–
„
Kupferoxydul
1,85
„
–
„
Zinnoxyd
1,85
„
–
„
Kalisalpeter
–
„
80
„
Beide Gemenge werden, je einzeln, vollkommen sandfrei ausgeschmolzen, sodann in
Wasser geschöpft und wieder eingeschmolzen. Bei Nr. 1 wiederholt man das Abschrecken
noch einmal, auch muss diese Schmelze öfters geblasen werden.
Beide Schmelzen werden fein gepocht, gemengt, zusammengeschmolzen und gut geblasen.
Dieselben liefern ein feuriges sattes Rubinroth, welches nicht leicht leberig
wird.
A. M. gibt im Sprechsaal,
Bd. 27 S. 557, Vorschriften zur Herstellung von Emailfarben für Glasdecor. Es werden
hergestellt:
I. Krystallemail aus:
Sand, reinster
30
Gew.-Th.
Mennige, chemisch rein
10
„
Borax, calcinirter
7
„
II. Opakemail aus:
Sand, reinster
30
Gew.-Th.
Calcine
75
„
Borax, calcinirter
20
„
Die Calcine wird gewonnen durch Oxydation von 40 Gew.-Th. feinstem Blei und 10
Gew.-Th. feinstem Zinn.
Daran schliessen sich 14 Vorschriften zur Herstellung farbiger Emails; so wird
Purpurrothemail dargestellt durch Mischen von 120 Th. Krystallemail mit 10 Th.
Cassiuspurpur.
Für Blauemail nimmt man:
Krystallemail
120
Th.
CuO
4
„
KNO3
10
„
Selen wird nicht nur zum Färben des Glases, sondern auch
zum Entfärben desselben verwendet. Ueber Färbung des
Glases mit Selen vgl. D. p. J. 1893 290 11, ferner 1895 297
281.
Nach G. Richter in Dresden genügen 1 bis 5 g Selen auf
100 k Sand, um die Glasmasse vollständig zu entfärben. Um an diesem theuren Material
zu sparen, kann man bei weniger reinen Gläsern vorher gewöhnliche Entfärbungsmittel,
wie Braunstein, verwenden.
Nach G. Rauter ist eine Hauptschwierigkeit bei der
Glasfärbung die Herstellung eines vollkommen farblosen Glases. Glas, welches,
langsam gekühlt, farblos sein soll, muss in einer Probe, rasch gekühlt, einen
violetten Stich haben, sonst wird es grün, weshalb dem Gemenge für Weisshohlglas nur
eine begrenzte Menge weisser Scherben zugesetzt werden darf. Auch ein Zusatz von
Flusspath zur Beseitigung des durch Eisen hervorgerufenen grünen Stiches ist
empfohlen worden, unter der Annahme, dass die Eisenverbindungen durch Gegenwart von
Fluor im Glassatze verflüchtigt werden.
Nach Chr. Dralle (Chemiker-Zeitung, 1897 S. 342) ist die Behauptung Rauter's, die Braunfärbung der Weinflaschen werde durch einen Zusatz von
Eisenverbindungen zum Gemenge verursacht, nicht den Erfahrungen der Praxis entsprechend. Es
wird vielmehr die feurig rothbraune Färbung der Rheinweinflaschen durch einen Zusatz
von möglichst eisenfreiem Braunstein zum Gemenge bewirkt. Neben 7 bis 8 Proc. MnO
weisen diese Flaschen einen Gehalt von 1 bis 1,25 Proc. F2O auf.
Der Braunstein färbt nur bei oxydirender oder neutraler Flamme das Glas violett, bei
reducirender Flamme dagegen rothbraun. Als Beweis führt Verfasser einen Fall aus der
Praxis an. In der grossen Wanne wurde Sulfat zum Gemenge genommen und reducirend
geschmolzen, in den Neben wannen sodahaltiges Gemenge bei oxydirender Flamme
geschmolzen. Die Färbung des aus den Nebenwannen gearbeiteten Glases war eine schön
violette mit Stich ins Röthliche, in der Hauptwanne wurde rothbraunes Glas
geschmolzen. (Ob bei der rothbraunen Färbung nicht auch das Sulfat eine Rolle
spielt? D. Ref.)
Belgisches Ueberfangtafelglas. Technische Notizen über
Abfärbung von belgischem, farbigen Tafelglas (Sprechsaal, 1897 S. 215, 247, 304).
Farbengläser (Sprechsaal,
1897 S. 497). Vorschriften zur Herstellung von gefärbten Alabaster-, Milch- und
Beingläsern.
Die Fabrikation des Opalglases von W. M. (Sprechsaal, 1897 S.
556). Eine Reihe von Vorschriften für die Herstellung von Kopolith-, Späth- und
Knochenglas. Von Interesse sind zwei nach Angabe des Verfassers bewährte Sätze, bei
welchen Fluornatrium und Thonerde als Trübungsmittel verwendet werden:
Sand
100
k
Sand
100
k
Potasche
10
k
Potasche
10
k
Soda
14
k
Soda
12
k
Fluornatrium
10
k
Fluornatrium
6
k
Alaunerde
14
k
Alaunerde
10
k
Salpeter
2
k
Flusspath
10
k
Zinkweiss
3
k
Feldspath
8
k
Salpeter
2
k
Zinkweiss
4
k
Bleiglas (Sprechsaal, 1897
S. 617).
Ein Färbemittel, Antikroth für Glas, kommt gegenwärtig
in den Handel. Nach Strohbach ist bei dessen Verwendung
erforderlich: 1) dass der Satz 1 Th. Bittererde enthält und aus Sand, Kalk, PbO und
Soda besteht; 2) dass mit reducirender, stark russender Flamme gearbeitet wird;
sollte dies nicht möglich sein, so muss während des Schmelzprocesses ein geeignetes
Reductionsmittel zugesetzt werden, als welches sich besonders Zinkstaub empfiehlt;
3) ist erforderlich, dass auf 100 k Gemenge 0,5 k Antikroth genommen werde.
Ist nach diesen Vorschriften gearbeitet worden, so nimmt man aus dem Hafen theils
farbloses, theils rothes Glas. (Sprechsaal, 1897 S.
1288.)
Glasraffinerie.
Gemusterte Transparentfarbengläser werden nach Sprechsaal, Bd. 26 S. 808, in folgender Weise
hergestellt: Ein Arbeiter bildet aus farbloser Glasmasse ein Kölbchen, das mit
Weissemail überfangen wird; aus diesem stellt er einen länglichen, offenen Trichter
dar, der nach dem Erkalten im Kühlofen von einem Schleifer mit Gravirungen versehen
wird. Diese Muster können rauh behandelt werden. Die verzierten Trichter werden nun
in der Hütte am Formsteine vorgewärmt und durch Einblasen eines farblosen oder
farbig – transparenten Kölbchens als gewöhnlicher Trichterüberfang gearbeitet.
Man erhält auf diese Weise Hohlgläser mit Verzierungen von zartester
Schattenabtönung.
In einem Artikel über das chemische Glasmattiren und die
Essigsäure empfiehlt Havránek (Sprechsaal, 1895 S. 28) den Zusatz von Essigsäure zum
Mattbade der Glasätzerei. In diesem mit chemischen Formeln geschmückten Aufsatze,
der, nach offenbarer Absicht des Verfassers, ein populärwissenschaftliches Gepräge
tragen soll und uns darüber belehrt, dass in der Flussäure HF das Fluor F mit dem
Wasserstoffe H chemisch verbunden ist, hat der Verfasser sich derartige Blössen
gegeben, dass wir ihm nur anrathen können, künftighin seine Erfahrungen ohne den
Versuch einer wissenschaftlichen Erklärung mitzutheilen und diese lieber den
Fachmännern zu überlassen. Die Formel des schwefelsauren Ammoniaks wird z.B. S
(NH4) geschrieben; nach der folgenden
Formelgleichung:
SiO4H4 + C2H4O2 = SiO2
+ 2 H2O + C2H4O2
steht wörtlich zu lesen: „Wird demnach einem Mattbade
Essigsäure zugegossen, so wird durch diese die sich beim Mattiren bildende
Kieselwasserstoffsäure in Wasser und Kieselsäure zersetzt, letztere dann durch
die im Bade anwesende Flussäure in Kieselflussäure, die das Mattiren mit
Fluorsalzen bewirkt, verwandelt.“ (!!)
Aventuringlasuren von Dr. H.
Mäckler (Thonindustrie-Zeitung, 1896 Nr. 13).
Verfasser stellte Versuche an zur Gewinnung von Glasuren, welchen durch Ausscheidung
von Krystalltheilchen das Aussehen von Aventurin gegeben werden sollte. Die
Versuche, Glasuren aus gewöhnlichem Kupferaventurin auf dem Scherben herzustellen,
hatten ungünstigen Erfolg. Bessere Resultate wurden mit Gemengen von Chromoxyd,
Manganoxydul und Glasurmischung erhalten. Die brauchbarsten Aventuringlasuren wurden
erhalten durch Mischen und Einbrennen eines Gemenges von 100 g Glasfluss mit 12,9 g
FeO und 14,9 g Fe2O3. Verfasser spricht die Ansicht aus, dass die Ausscheidungen des
venetianischen Aventurins möglicher Weise dieselben seien, wie diejenigen des
Eisenaventurins, und erinnert an die verwandten Meinungsäusserungen von Pettenkofer (D. p. J. 1874
213 322) und Otto (Graham Otto, IV 1. 260).
Prof. L. PetrikThonindustrie-Zeitung, 1896; Sprechsaal, 1896 S. 548. theilt im
Anschlusse daran mit, dass er ähnliche Aventuringlasuren auf einem anderen Wege
erhalten habe. Durch Zusammenschmelzen von Eisenvitriol mit Kochsalz und Auslaugen
der Schmelze erhielt Petrik 1 bis 2 mm grosse
Krystallflitterchen von Fe2O3. Dieses Product gab, mit Steingutglasur gemischt
auf den Scherben aufgetragen und nachträglich nochmals glasirt, schöne
Aventuringlasuren, die auf der Ausstellung in Budapest im J. 1891 zu sehen waren.
(Vgl. Wartha, D. p. J. 1890 276 593, und Patsch, 1886 261 37.)
Ueber die Herstellung von Transparentpurpur und
Transparentviolett für Glas findet sich im Sprechsaal, 1895 S. 583, eine Notiz, die insofern
interessant erscheint, als dabei, abweichend von den bisherigen Vorschriften,
Thonerde neben Zinnoxyd zur Anwendung kommt. 1 g Gold wird in Königswasser gelöst,
die Lösung eingedampft und mit Wasser auf 500 cc verdünnt.
Hierauf werden 15 g Ammoniakalaun in 250 cc Wasser gelöst, beide Flüssigkeiten
gemischt und hierauf das Gold mit 4,5 g Zinnsalz, welche in 250 cc H2O gelöst wurden, und dann die Thonerde mit
verdünntem Ammoniak gefällt. Der Niederschlag wird mit heissem Wasser decantirt und
filtrirt.
Nach 24 Stunden nimmt man die Masse vom Filter und reibt 45 g Purpurfluss I dazu
und lässt trocknen. Für die Farbe sind zwei Flüsse nöthig:
Fluss I.
Fluss II.
Kies
20
Th.
Kies
15
Th.
Borax, kryst.
30
„
Borsäure, kryst.
20
„
Mennige
50
„
Mennige
65
„
Die transparenten Farben werden folgendermaassen hergestellt:
Purpur I.
PurpurkörperFluss IKohlensaures Silber
6040 1
Th.„„
innigstverrieben
Purpur II.
Purpurkörper
60
Th.
Fluss II
20
„
Kohlensaures Silber
1
„
Violett.
Purpurkörper
60
Th.
Fluss II
30
„
Färbung von Glasflüssen mit Goldpurpur von B. H. Die Farbe, welche Goldpurpur den Glasflüssen
ertheilt, ist abhängig von der Art und Menge der als Flussmittel verwendeten Basen.
Bleifreie Flüsse erhalten mehr die reine Farbe des Goldpurpurs, bleihaltige Flüsse
werden mehr violett gefärbt, und zwar um so mehr, je bleireicher dieselben sind. Bei
den bleihaltigen Flüssen der Hohlglasfabrikation ist dieser Umstand nicht so sehr
bemerkbar, weil dort das Blei nur die Stelle des Kalkes vertritt. Sehr unangenehm
macht sich die Violettfärbung jedoch bei der Herstellung von Glasfarben bemerkbar,
wo das Bleioxyd, mit wenigen Ausnahmen, ausschliesslich als Flussmittel verwendet
wird und wo meist auf 1 Aequivalent Kieselsäure 1 Aequivalent Bleioxyd kommt.
Zur Herstellung von Purpurfarben wendet man allerdings sogen. Purpurflüsse an, die
sich von anderen Glasfarben durch geringeren Blei- und grösseren Purpurgehalt
unterscheiden; derartige Flüsse zeigen aber den Nachtheil, dass sie nach dem Brennen
leicht Risse bekommen. Man hilft sich darum bei Anwendung der gewöhnlichen
bleireichen Glasflüsse durch Zusetzen einer geringen Menge von Silbernitrat, welche
bewirkt, dass der violette Ton des Purpurs einem rein rothen Platz macht. Verfasser
gibt nun eine genauere Vorschrift zur Herstellung einer schönen Purpurfarbe im
Glasfluss.
Man nimmt weissen Fluss und verschmilzt ihn mit 1 Proc. Silbernitrat. Je nach dem
Bleigehalte des ursprünglichen Flusses vermischt man denselben mit dem
silberhaltigen Flusse im Verhältniss 1 zu 1/30 bis 1/50 und nimmt auf 1 g dieses Gemenges 1 cc
Goldpurpurlösung, die 2 g Gold im Liter enthält.
Nachahmung von geeisten Gläsern und Fenstern (Sprechsaal, 1895 S. 967). Nach besonders sorgfältiger
Reinigung der Glastafel mit Alkohol und Schlämmkreide wird dieselbe mit einer
Mischung von 100 Th. Wasserglas und 1000 Th. abgestandenen Bieres übergossen. Nach
dem Trocknen, Erwärmen auf 45° C. wird die Glastafel gewaschen und hierauf mit einer
Leimlösung, welche Kaliumbichromat gelöst enthält, übergossen. Nach dem Trocknen der
Lösung im Dunkeln wird die Tafel dem Sonnenlichte ausgesetzt, nochmals befeuchtet
und wieder belichtet und erwärmt.
Ist die Leimschicht vollkommen staubtrocken geworden, so springt sie vom Glase ab,
nicht ohne die obersten Schichten des Glases mitzunehmen. Das zurückbleibende
Glas erhält dadurch das Aussehen von geeistem Fensterglase.
Vgl. auch das Demascirverfahren für glattes Tafelglas
(Sprechsaal, 1897 S. 694).
Dr. R. Zsigmondy.