Titel: | Kraftmaschinen.Der Hornsby-Akroyd-Oelmotor. |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 197 |
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Kraftmaschinen.Der Hornsby-Akroyd-Oelmotor.
Mit Abbildungen.
Der Hornsby-Akroyd-Oelmotor.
Textabbildung Bd. 307, S. 196
Fig. 1.Hornsby-Akroyd-Oelmotor der Maschinenfabrik und Eisengiesserei von
Gebr. Pfeiffer.
Das Bestreben der Kraftmaschinenconstructeure ist seit Jahren darauf gerichtet, bei
den mit flüssigen Kohlenwasserstoffen arbeitenden Kraftmaschinen die den Verdampfer
und Zündkörper erwärmenden Heizlampen entbehrlich zumachen. Diese Bemühungen sind in
gewissen Uebelständen begründet, welche mit der Benutzung von Vergaser- und
Zündlampen verknüpft sind. Im Betriebe stationärer Motoren macht sich hauptsächlich
der Erdölverbrauch der Lampen, die geringe Haltbarkeit der den Stichflammen
ausgesetzten Lampentheile und die Empfindlichkeit der Brenner störend bemerkbar.
Nicht in letzter Linie sind auch die unangenehmen Ausdünstungen, welche zahlreiche
Erdölmaschinen im Motorraume verbreiten, auf die Heizlampen zurückzuführen, da
letztere nur bei äusserst sorgsamer Behandlung und peinlichster Instandhaltung eine
leidlich geruchfreie Verbrennung ermöglichen. Hierzu gesellt sich bei den
locomobilen Motoren noch der Uebelstand, dass die Lampen nur schwer windsicher
gestaltet werden können und eine erloschene Lampe unter ungünstigen
Witterungsverhältnissen im Freien überhaupt nicht wieder zum Brennen gebracht werden
kann. Es möge dies genügen, zu zeigen, dass es eine lösenswerthe Aufgabe ist, den
Erdölkraftmaschinenbetrieb von der Benutzung offen brennender Heizlampen unabhängig
zu machen.
Die erste und bisher wohl vollkommenste Lösung dieser Aufgabe dürfte unseres Wissens
in den Hornsby-Akroyd-Oelmotoren (gebaut von der
Maschinenfabrik und Eisengiesserei von Gebr. Pfeiffer
in Kaiserslautern) verkörpert sein, und es ist kennzeichnend, dass diese in mancher
Hinsicht bemerkenswerthe Motorengattung gerade durch das Fehlen einer
Betriebsheizlampe die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf sich gelenkt hat. Zeigt doch
der bereits in Tausenden von Ausführungen und für Leistungen von mehr als 40 W in Betrieb befindliche Motor in schlagender Weise,
dass es in der That möglich ist, eine bei allen Belastungen gleich sichere,
vollkommene und örtlich genaue Zündung zu erzielen, ohne zu besonderen, im Betriebe
zu beheizenden Zündkörpern u.s.w. greifen zu müssen (Fig.
1). Denn gerade an der Unsicherheit und Ungleichmässigkeit der Zündungen
der lampenlosen Erdölmotoren scheiterten bislang alle Versuche in gedachter
Richtung, eine Thatsache, die noch einleuchtender wird durch die Erwägung, dass die
Erdölmaschinen ihrem ganzen Wesen nach auf vollkommenste Verbrennung hingewiesen
sind.
Es ist von Belang, bei der Betrachtung der wesentlichen Eigenthümlichkeiten des Hornsby-Akroyd-Motors zunächst festzustellen, mit welch
günstigem Erfolg ein an sich bekannter Gedanke in eine neue Anwendungsform gebracht
werden kann. Fig. 2
zeigt schematisch die Verbindung des Cylinderraumes a
mit der Verbrennungskammer b durch einen engen Kanal
c. Die im Raume a
befindliche Luft oder Ladung wird während der Bewegung des Kolbens d in der Pfeilrichtung mit grosser Geschwindigkeit
durch den Kanal c nach Raum b strömen, und zwar um so schneller, je kleiner der Querschnitt von c und je grösser die Kolbengeschwindigkeit ist. Mit
Verlangsamung des Kolbenlaufes lässt auch die Geschwindigkeit des Luftstromes im
Kanal c nach und diese wird endlich gleich Null, wenn
der Kolben seinen Ruhezustand erreicht.
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Verbindung des Cylinderraumes mit der Verbrennungskammer.
Bringen wir in diesem Augenblick die in Raum b
befindliche Ladung zur Entzündung, so wird dieselbe in Folge der erheblichen
Volumenzunahme in den Raum a expandiren und während des
Uebertretens den Kanal c in umgekehrter Richtung wie
vorher durchströmen (vgl. Fig.
3). Nehmen wir nun an, die Entzündung in dem Verbrennungsraume b würde nicht bei ruhendem Kolben, sondern während des
Kolbenrücklaufes eingeleitet, so werden in dem Kanäle c
zwei Ströme auf einander stossen (und zwar der eine in der Richtung von a nach b und der andere
von b nach a) und
derjenige wird seinen Weg in den Nebenraum fortsetzen können, welcher die grösste
Geschwindigkeit hat. Ist also der Querschnitt des Kanales c im Verhältniss zum Kolbenquerschnitte so klein, dass die beim
Kolbenrücklaufe verdrängte Luft mit genügender Geschwindigkeit von a nach b strömt, so wird
die im Raume b zur Entzündung gebrachte Ladung nicht
nach a expandiren können, da sie in dem Kanäle c von dem entgegengesetzt gerichteten Luftstrome
einfach zurückgedrängt wird. Erst wenn die Kolbengeschwindigkeit sich so weit
vermindert hat, dass die Schnelle der Luft in c kleiner
ist als diejenige der Verbrennungsgase, beginnen letztere das Ueberströmen von b nach a. Durch
entsprechende Wahl der Abmessungen des Kanales c kann
dieser Augenblick für bestimmte Kolbengeschwindigkeiten bezieh. Kurbelstellungen
festgelegt werden und bietet sich dadurch in der oben angedeuteten flaschenartigen
Gestaltung des Verbrennungsraumes ein bequemes Mittel zur selbsthätigen Regelung der
Zündungen im Motorbetriebe.
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Phasen des Arbeitsvorganges.
Bei den Hornsby-Akroyd-Motoren gelangt dieses Mittel mit Erfolg zur Anwendung. Wie
schon Fig. 1 erkennen lässt, schliesst sich an den
eigentlichen Cylinderraum, mit diesem durch einen engen Hals verbunden, eine
retortenförmige Verbrennungskammer an. Dieselbe ist ohne Wasserkühlung und dient
sowohl zur Verdampfung des Erdöles als zur Entzündung der Ladung. Vor der
Inbetriebsetzung des Motors wird die Retorte mittels einer kräftigen
Gebläseerdöllampe innerhalb 6 bis 8 Minuten dunkelroth erhitzt, worauf die Lampe
erlischt und die Verbrennung in der Retorte die
Beheizung derselben übernimmt. Sobald der Motor in Gang gesetzt worden ist, fällt
also jede äussere Flamme fort.
Fig. 4 bis 6 veranschaulichen die
drei charakteristischen Phasen des Arbeitsprocesses; die Zusammensetzung bezieh.
Lagerung des Gemisches ist darin mit + (Luft), O (Oeldampf) und □ (verbrannte Gase)
angedeutet. Während des Saughubes wird das Erdöl, fein zerstäubt, in den Verdampfer
gespritzt und an den erhitzten Wänden desselben vergast. Gleichzeitig saugt der
Kolben reine Luft direct in den Arbeitscylinder (Fig. 4). Am Ende des
Saughubes ist also in der Retorte nur Erdöldampf, im Cylinderraum nur Luft
vorhanden. Beim Kolbenrücklaufe wird letztere verdichtet, wobei ein Theil derselben
in den Vergaser gedrückt wird und sich mit dem darin aufgespeicherten Oeldampfe
vermischt. Gegen Ende des Kolbenhubes ist so viel Luft in die Retorte gelangt, dass
das Gemisch entzündbar geworden ist. Wegen der oben dargestellten Wirkung des engen
Verbindungskanales beginnt das Ueberexpandiren der Ladung in den Cylinder erst im
inneren Todtpunkte, in welchem die Kolbengeschwindigkeit also momentan gleich Null
ist. In dieser Stellung (Fig.
5) ist der Raum zwischen Kolben und Cylinderboden noch mit Luft gefüllt,
in welche nun die im Augenblicke der höchsten Compression entzündete Ladung aus der
Retorte hineinexpandirt, dabei den Kolben nach auswärts treibend. Das in dem
Cylinder gelagerte überschüssige Luftquantum sichert eine durchaus vollkommene
Verbrennung des Gemisches und verhütet zudem eine Berührung der verbrannten Gase mit
den Kolbenflächen (vgl. Fig.
6). Dass dieser Zweck des Luftüberschusses thatsächlich erreicht wird,
geht zweifellos aus der Reinheit und Geruchlosigkeit der Auspuffgase, sowie aus den
nach monatelangem Betriebe kaum merklichen Niederschlägen im Cylinder hervor.
Die Geschwindigkeitsregulirung besorgt ein von der Steuerwelle aus betriebener
Centrifugalregulator derart, dass er bei jeder Zündung die Menge des in den Vergaser
gelangenden Erdöles der jeweiligen Kraftleistung anpasst. Der Motor arbeitet also je
nach der Beanspruchung mit starken oder schwachen Ladungen, wodurch derselbe eine
hohe Gleichmässigkeit des Ganges erhält. Dass die Verschiedenheit der Ladungen
keinen Einfluss auf die Genauigkeit der Zündungen und auf die Vollkommenheit der
Verbrennungen hat, geht ohne weiteres aus den nachstehenden beiden Schaulinien
hervor, von denen die in Fig. 7 bei abgestelltem und
die in Fig. 8 bei wirkendem Regulator genommen wurde.
Man sieht, dass selbst bei der schwächsten Ladung die Verbrennung noch genau im
Todtpunkte eingeleitet wird, wohingegen auch bei reichstem Gemische keinerlei
Frühzündungen eintreten.
Als Kraftstoff der Hornsby-Akroyd-Motoren dienen in erster Linie die überall zu
habenden minderwerthigen Erdöle (Motorkraftöl, Solaröl, Roherdöl, Naphtarückstände
u. dgl.). Brennöle dieser Art kosten bei uns durchschnittlich 10 bis 11 M. die 100
k, woraus sich, bei einem Verbrauche von 0,4 k für 1 /Std., die stündlichen
Betriebskosten eines 5pferdigen Motors bei voller Belastung zu etwa 20 bis 22 Pf.
ergeben. Es ist dies ein Grad von Wirtschaftlichkeit, welcher durch andere
Kraftmaschinengattungen nicht annähernd erreicht wird.
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Fig. 7.
Bei der ungetheilten Beachtung, welche den Hornsby-Akroyd-Motoren in Fachkreisen
entgegengebracht worden ist, ist es natürlich, dass dieselben wiederholt
zuverlässigen Prüfungen unterzogen wurden.
Unter den hierbei gewonnenen Ergebnissen greifen wir die von dem Prof. William Robinson der Universität Nottingham an
einem 5--Modell ermittelten Werthe heraus. Bei diesen Versuchen wurde
minderwerthiges russisches Erdöl (sogen. Russoline) von 0,8235 spec. Gew. und einem
Entflammungspunkte von 49° C. benutzt. Der Preis desselben betrug 0,412 penny für 1
pint, also rund 7,50 M. für 100 kg. Die Prüfungen ergaben einen Oelverbrauch für 1
Bremspferd und Stunde von 0,554 bis 0,428 kg, je nach der Belastung des Motors.
Zurückgeführt auf den Preis des Erdöles, würde der letztere Werth einem Kostenpunkte
von weniger als 3,5 Pf. für das Stundenpferd entsprechen.
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Fig. 8.
Bei einem dieser Versuche hat Prof. Robinson auch die
Auspuffgase untersucht, um deren Unschädlichkeit festzustellen und gleichzeitig die
Vollkommenheit der Verbrennung im Motor zu ermitteln. Die Untersuchung ergab
folgende Durchschnittszusammensetzung der Abgase (im Volumprocent): Kohlensäure 8,73
Proc. Sauerstoff 9,09 Proc. Stickstoff 82,18 Proc. Wasserstoff und Kohlenoxydgas
wurde nicht in Spuren vorgefunden, woraus die Vollkommenheit der Verbrennung bezieh.
der günstige Einfluss des Luftüberschusses und die Unschädlichkeit der Abgase
hervorgeht.
Ueber die Beschaffenheit der inneren Vergaser- und Cylinderwandungen am Schlusse der
Versuche äussert sich Prof. Robinson wie folgt: „Am
Schlusse des sechsten Versuches wurde der Motor stillgesetzt und danach alle
Zapfenlager vollkommen kalt befunden; in der That arbeitete die Maschine auch
während der ganzen Versuche ruhig und mit gleichförmiger Geschwindigkeit. Der
Verdampfer wurde so schnell als möglich losgenommen, wobei dann die inneren
Metallflächen desselben durchaus rein, ganz gewiss noch reiner als die
Aussenflächen gefunden wurden. In dem Cylinder zeigte sich keine Spur von
theerigen Producten und keine Stellen, welche einen dunklen Anschein hatten. Die
Oberfläche war vielmehr rein und genau in derselben Beschaffenheit, wie sie sich
einen Monat vorher bei der Untersuchung erwiesen hatte. Der Kolben war mit einer
dünnen Schicht Schmieröl überzogen.“
Zum Schlusse möge hier noch ein Gutachten des Prof. M.
Schröter von der technischen Hochschule in München, welches sich besonders
mit der allgemeinen Bauart der Hornsby-Akroyd-Motoren befasst, auszugsweise
Erwähnung finden. Es heisst darin unter anderem: „.... Von den mannigfachen
Constructionen der heutigen Erdölmotoren ist zu erwarten, dass schliesslich
(gerade wie wir es auf dem Gebiete der Dynamomaschine erlebt haben) nur wenige,
und zwar die einfachsten Typen übrig bleiben werden; um so höher muss das
Verdienst des Constructeurs des sogen. Hornsby-Akroyd-Motors angeschlagen
werden, welcher es verstanden hat, seinem System von Anfang an eine schwer zu
überbietende Einfachheit der Anordnung zu geben. Dieser Vorzug ist für
diejenigen Anwendungsgebiete, welche dem Erdölmotor naturgemäss zufallen werden,
von solcher Bedeutung, dass er auch ohne die durch exacte Versuche
festgestellten ökonomisch günstigen Betriebsergebnisse hinreichen würde, dem
gedachten System eine dauernde Zukunft zu sichern.“