Titel: | Schiffbau.Neues im Schiffswesen. |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 200 |
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Schiffbau.Neues
im Schiffswesen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 174 d.
Bd.)
Neues im Schiffswesen.
Die Versuche von de Maas auf der Seine.
Zunächst einige Angaben über das Versuchsschiff Alma und
über die Zugversuche, nach den Mittheilungen von de
Maas auf dem internationalen Binnenschiffahrtscongress im Haag 1894.
Ausmaasse der Alma
Tiefgang
1,0
1,3
1,6 m
Länge
37,54
37,74
37,99 m
Breite im Hauptspant
5,02
5,02
5,02 m
Völligkeitscoëfficient
0,957
0,954
0,950
Deplacement
180
235
290 cbm
Eingetauchte Hauptspantfläche
5,02
6,53
8,03 qm
Benetzter Umfang am Haupt- spant
7,02
7,62
8,22 m
Benetzte Gesammtoberfläche
264
288
313 qm
Tauchtiefe
Gesammtschiffswiderstand bei der
Fahrgeschwindigkeit
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5 m
1,0 m
39 k
129 k
280 k
502 k
805 k
1,3 m
44 k
143 k
315 k
579 k
953 k
1,6 m
54 k
162 k
355 k
664 k
1119 k
Es werde nun die Fahrgeschwindigkeit constant, und zwar = 1 m, die Tauchtiefe
veränderlich angenommen, um den Einfluss der letzteren klar zu stellen.
Eine nähere Betrachtung der de Maas'schen Ergebnisse
führt zu der Annahme, dass sich bei constanter Fahrgeschwindigkeit (= 1 m) der
Schiffswiderstand als eine Function 1) des Hauptspantquerschnittes, 2) der
Tauchtiefe und 3) der Schiffsform darstellen lässt, also w =
φ (f1k), wobei der Coefficient k den Einfluss von 2 und 3 enthält.
Wenn nun bezeichnet:
f1 den
Hauptspantquerschnitt bei 1 m Tauchtiefe,
k einen von Tauchtiefe und Schiffsform
abhängigen Coëfficienten,
k1, k1, 3 u.s.f.
diesen Coëfficienten bei 1,0, 1,3 m Tauchtiefe,
t die Tauchtiefe,
v die Fahrgeschwindigkeit,
so hat man nach den Versuchen, bei v = 1 m, für t = 1,0 m:
w1 = 129
k = f1
k1;
hieraus
k_1=\frac{129}{5,02}=25,8;
für t = 1,3 m:
wl,3 =
143 k = f1,3
k1,3;
hieraus
k_{1,3}=\frac{143}{6,53}=21,9;
für t = 1,6 m:
w1,6 =
162 k = f1,6
k1,6;
hieraus
k_{1,6}=\frac{162}{8,03}=20,2.
Der Widerstandscoëfficient wird somit kleiner, wenn die Tauchtiefe wächst.
Untersucht man das Verhältniss der Abnahme näher, so ergibt sich die einfache
Beziehung:
k_{1,3}=\frac{k_1}{\sqrt{1,3}};
k_{1,6}=\frac{k_1}{\sqrt{1,6}};
daher wird für v = 1,0 m:
w1= f1k1;w_{1,3}=f_{1,3}\,\frac{k_1}{\sqrt{1,3}};w_{1,6}=f_{1,6}_\frac{k_1}{\sqrt{1,6}};
allgemein:w_{v=1}f\,\frac{k_1}{\sqrt{t}}\ .\ .\ (1
Um nun den Einfluss der Fahrgeschwindigkeit festzustellen, sei nunmehr die Tauchtiefe
constant, die Fahrgeschwindigkeit veränderlich.
Zu den bisherigen Einflüssen auf w tritt jetzt noch eine
Function von v, d.h.
w = fk × φ (v).
Aus der Versuchsreihe folgt nun für t = 1,0 m:
v = 1,0 m; w
= 129 k = f1k1 × φ͵ (v);
\varphi_'\ (v)=\frac{129}{5,02\,\times\,25,8}=1; v2 = 12 = 1.
v = 1,5 m; w
= 280 k = f1k1 × φ͵͵ (v);
\varphi_{''}\ (v)=\frac{280}{5,02\,\times\,25,8}=2,2v2 = 1,52 = 2,25.
v = 2,0 m; w
= 502 k = f1k1 × φ͵͵͵ (v);
\varphi_{'''}\ (v)=\frac{502}{5,02\,\times\,25,8}=3,9; v2 = 22 = 4.
v = 2,5 m; w
= 805 k = f1k1 × φ͵͵͵͵ (v);
\varphi_{''''}\ (v)=\frac{805}{5,02\,\times\,25,8}=6,25; v2 =
2,52 = 6,25.
Man sieht, dass φ (v) sehr
nahe mit v2
übereinstimmt, dass man also schreiben kann:
wv = 1 = f1k1v2 . . . . . . (2
Verbindet und verallgemeinert man die Formeln 1 und 2, so erhält man für grosse
Wasserprofile, wo das Verhältniss n=\frac{\mbox{Wasserquerschnitt}}{\mbox{Schiffsquerschnitt}} hohe Werthe annimmt,
w=v^2\,f\,\frac{k_1}{\sqrt{t}} . . . . . (3
Hierbei drückt k1 den auf die Flächeneinheit des
Hauptspantquerschnittes bei v = 1 und t = 1 treffenden Widerstand aus.
Kennt man für bestimmte Schiffstypen, wie z.B. eiserne Rheinkähne, Elbkähne, den
Coëfficienten k1, so
kann man mit Formel 3 den Widerstand für beliebige Geschwindigkeiten und Tauchtiefen
auf grösseren Flüssen rechnen.
Um die Formel 3 zu prüfen, soll die Versuchsreihe der Alma mit ihrer Hilfe berechnet und neben die Ergebnisse der Versuche
selbst gestellt werden:
Tauchtiefe
Gesammtwiderstand bei den
Fahrgeschwindigkeiten
0,5 m
1,0 m
1,5 m
2,0 m
2,5 m
V.1
R.2
V.
R.
V.
R.
V.
R.
V.
R.
1,0 m
39
33
129
129
280
290
502
516
805
807
1,3 m
44
37
143
148
315
332
579
592
953
924
1,6 m
54
42
162
163
355
375
664
667
1119
1040
1 V = Versuchsresultat. 2 R = Rechnungsergebniss.
Die Uebereinstimmung zwischen Versuchs- und Rechnungsergebniss darf als befriedigend
bezeichnet werden. Abweichungen sind vermuthlich in erster Linie dadurch zu erklären, dass wohl
die Fahrgeschwindigkeit bei derartigen Versuchen auf einer bestimmten Höhe zu halten
ist, dass aber bei einem und demselben Versuche die Wassergeschwindigkeit mit der
Oertlichkeit wechseln kann, so dass die für den Schiffswiderstand maassgebende Summe
beider Geschwindigkeiten nicht genau gleich bleibt. Dieser Umstand gewinnt natürlich
bei geringer Fahrgeschwindigkeit erheblich an Bedeutung.
Die de Maas'schen Versuche auf dem Kanale von Burgund.
Verhältnisse der Wasserstrasse:
Durchschnittliche
Sohlenbreite
8,3
m
„
Wasserspiegelbreite
18,7
m
„
Wassertiefe
2,19
m
„
Wasserquerschnitt.
29,53
qm
Für unbegrenzten Wasserquerschnitt (n = ∞)Diese Schreibweise ist hier nicht streng
mathematisch, sondern mehr conventionell aufzufassen, da sie schon bei n = 8 – 10 üblich ist. ergab die
Untersuchung im ersten Theile die Formel
w=v^2\,f\,\frac{k_1}{\sqrt{t}};
hier soll nunmehr das Gesetz des Schiffswiderstandes auf
engbegrenzten Kanalprofilen an der Hand der de
Maas'schen Versuche gesucht werden.
Diesem Vorhaben ist der Umstand ungünstig, dass de Maas
nicht dasselbe Schiff Alma, mit welcher die Versuche
auf der Seine stattfanden, auch auf dem Kanäle von Burgund verwendete. Nachdem
indessen das auf dem Kanäle untersuchte Fahrzeug Avantgarde genau die gleichen Ausmaasse und dieselbe Bauart besitzt wie
Alma, so dürfte es keinem Bedenken unterliegen, die
Versuche von Alma und Avantgarde als mit einem Schiffe gemacht
anzusehen; die nachstehenden Dimensionsangaben mögen diese Annahme
rechtfertigen:
Ausmaassverhältnisse
Tiefgang 1,0 m
Tiefgang 1,3 m
Tiefgang 1,6 m
Avant-garde
Alma
Avant-garde
Alma
Avant-garde
Alma
Länge (L)
37,54
37,521
37,74
37,70
37,99
87,93
Breite im Haupt- spant (l)
5,02
5,02
5,02
5,021
5,02
5,02
Verhältniss (L/l)
7,47
7,47
7,51
7,51
7,56
7,56
Völligkeitscoëffi- cient
0,957
0,957
0,954
0,954
0,950
0,950
Deplacement
180
180
235
235
290
290
Aus den Versuchen auf dem Kanäle sind nun für das früher auf dem Flusse betrachtete
Schiff folgende Angaben zu entnehmen:
Schiff „Avantgarde“.
Tauch-tiefe
Wasser-quer-schnitt
Eigent.Haupt-spant-quer-schnitt
n
Gesammtwiderstandbei
Geschwindigkeiten von
0,25 m
0,50 m
0,75 m
1,00 m
1,25 m
1,0
29,53
5,02
5,88
16
48
106
191
327
1,3
29,53
6,53
4,50
22
70
156
284
491
1,6
29,53
8,03
3,66
32
112
258
481
845
Zu einer analytischen Untersuchung obiger Versuchsergebnisse führt nun folgende
Ueberlegung:
1) Der Schiffswiderstand im engen Kanalprofil ist nur ein besonderer Fall des
Widerstandes im früher betrachteten, unbegrenzten Wasserprofil, indem das
Verhältniss n, welches vorher = ∞ gesetzt werden
durfte, hier kleine Werthe annimmt.
2) Zu den Einflüssen, welche im unbegrenzten Profil den Schiffswiderstand
bedingten (v, f, k, t), tritt hier noch die Einwirkung
des Factors n, welcher den Widerstand vergrössert. Man
kann also allgemein sagen:
w (Kanal) = w (Fluss) × einer Function von n,
wobei φ (n) > 1 ist.
Es sei nun wieder v constant = 1 m und t veränderlich, dann ergeben die Versuchsreihen:
Tauchtiefe
Widerstand bei v
= 1 m
im Fluss
im Kanal
1,0 m
129
191
1,3 m
143
284
1,6 m
162
481
Auf Grund der früheren Ueberlegung hat man also:
w
1
= 129 × φ (n1),
φ (n1)
= 1,48,
w1,3
= 143 × φ (n1,3),
φ (nl,3)
= 1,985,
w
1,6
= 162 × φ (n1,6),
φ (n1,6)
= 2,970.
Es handelt sich nun darum, φ (n) analytisch zu bestimmen. Aus der vorstehenden Berechnung ergeben sich
folgende zusammengehörige Coordinatenwerthe:
Für n =
5,88
ist φ (n)
=
1,48
4,50
1,985
3,66
2,97.
Zwei weitere Werthepaare erhält man durch die Ueberlegung, dass:
1) Im Strome, also n = ∞, φ (n) = 1 wird, d.h.
dass hier der Einfluss der Profilenge verschwindet.
2) Für n = 1, wenn also kein
Wasser mehr vorhanden ist, der Schiffswiderstand und damit auch φ (n) unendlich gross
wird.
Aus den fünf Werthepaaren:
n =
∞
φ (n) =
1,0
5,88
1,48
4,50
1,985
3,66
2,970
1,00
∞
erkennt man sofort, dass der Zusammenhang zwischen n und φ (n) durch eine mit beiden Aesten asymptotisch
verlaufende Curve dargestellt wird. Sieht man näher zu, so zeigt eine umständliche
Entwickelung, von deren Widergabe hier wohl abgesehen werden darf, dass
(n-1)\,\left(\frac{\varphi\,(n)}{t}-1\right)
das Product der auf die Asymptoten bezogenen Coordinaten einer
gleichseitigen Hyperbel mit der Excentricität e ist und
dass
\varphi\,(n)=f\,(t)\,\frac{\left(\frac{e}{2}\right)^2+(n-1)}{n-1} . . . (4
ist.
Formel 4 zeigt, dass zu der Wirkung von n auch hier der
Einfluss von t hinzutritt, ein Umstand, den schon die
bekannte Beobachtung vermuthen liess, dass in Kanalprofilen bei zunehmender
Tauchtiefe der Widerstand rascher wächst als n, was
übrigens zum Theil die trapezähnliche Gestalt der Kanalprofile erklären dürfte.
Ganz allgemein wird daher die Formel für den Schiffswiderstand
w = v2fkv . . . . . (5
wobei der Form- und Tiefencoëfficient
k=\frac{k_1}{\sqrt{t}},
der Profilcoëfficient
v=f\,(t)\,\frac{\left(\frac{e}{2}\right)^2+(n-1)}{n-1}
und
vn= ∞ = 1,
endlich f(t) ein Factor ist, der hauptsächlich von der Tauchtiefe abhängt.
Auch mit den Rechnungsergebnissen dieser Formel sollen die de
Maas'schen Versuchsreihen in nachstehender Zusammenstellung verglichen
werden, wobei für den Factor f(t) des Profilcoëfficienten v vorläufig t selbst eingesetzt wird.
Durch die Versuche ist bekannt
k1 =
25,8
und
vl =
1,48;
aus
v_1=f_1\,\times\,\frac{\left(\frac{e}{2}\right)^2+(n-1)}{n-1}
folgt
\left(\frac{e}{2}\right)^2=2,35,
womit nun v1,3 und v1,6 gerechnet werden können.
Tauchtiefe
Hauptspant-querschnitt
k
n
γ
Gesammtwiderstand b. d.
Fahrgeschwindigk.
0,25 m
0,50 m
0,75 m
1,00 m
1,25 m
t
f
V.
R.
V.
R.
V.
R.
V.
R.
V.
R.
1,0
5,02
25,8
5,88
1,48
16
12
48
48
106
108
191
192
327
300
1,3
6,53
21,9
4,50
2,17
22
19
70
77
156
174
284
310
491
485
1,6
8,03
20,2
3,66
3,06
32
31
112
124
258
278
481
496
845
775
(Fortsetzung folgt.)