Titel: | Schiffbau.Neues im Schiffswesen. |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 245 |
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Schiffbau.Neues im Schiffswesen.
(Fortsetzung des Berichtes S. 220 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neues im Schiffswesen.
In Bezug auf schnell fahrende Torpedoboote grösserer Art, der sogen.
Torpedobootzerstörer, scheint England jetzt am hervorragendsten zu arbeiten.
Wenigstens deutet der Umstand, dass die deutsche Marine bei Thornycroft ein Boot dieser Art bestellte, auf diesen Schluss hin.
Das österreichische Torpedoboot Magnet hatte nach einer
Mittheilung von Ziese in den Verhandlungen der
Petersburger polytechnischen Gesellschaft bei 450 t Wasserverdrängung 26 Knoten
Fahrt.
Es wurden bei der Probe Progressivfahrten gemacht, um die für die verschiedenen
Schnelligkeiten erforderliche Kraft zu notiren, es erwiesen sich nachstehende
Resultate:
für
5
Knot.
Geschwindigkeit
waren
erforderlich
54
Touren
90
i
„
10
„
„
„
„
102
„
313
„
„
15
„
„
„
„
154
„
760
„
„
17
„
„
„
„
180
„
1000
„
„
20
„
„
„
„
212
„
2150
„
„
23
„
„
„
„
250
„
3920
„
„
25
„
„
„
„
283
„
5652
„
„
26
„
„
„
„
292
„
5835
„
Wenn man durch Verlängern der Curve auf den Kraftverbrauch für noch grössere
Schnelligkeiten schliessen wollte, so würde man zum Resultat kommen, dass für eine
Geschwindigkeit von 30 Knoten etwa 8000 erforderlich wären.
Die beiden neuesten Panzerschiffe der deutschen Marine, Ersatz Friedrich der Grosse und Kaiser Friedrich
III, werden in Stahl und Eisen, 1897 * S. 845,
eingehend besprochen. Ersatz Friedrich der Grosse ist
von dem Chefconstructeur der kaiserlichen Marine, dem Geheimen Admiralitätsrath Dietrich, entworfen; ihm verdankt unsere Flotte eine
Reihe vorzüglicher Schiffstypen, die der deutschen Marine eigenthümlich sind. Der
Grundsatz, den grössten Gefechtswerth mit der geringsten Wasserverdrängung zu
vereinigen, ist hier in einem von keiner fremden Marine erreichten Grade
durchgeführt. Der Verzicht auf jene ungeheuren Grössenverhältnisse, welche die
neuesten Schlachtschiffe der englischen und japanischen Flotte haben, hat nicht
allein seinen Grund in den noch unzulänglichen Dockanlagen, über die unsere
Kriegshäfen verfügen, es ist vielmehr ein vorherrschender Grundgedanke unserer
Constructeure, die Schlachtschiffe so compendiös wie möglich zu gestalten und ihnen
neben einem hohen militärischen Werth auch die grösste Beweglichkeit und die besten
Seeeigenschaften zu sichern. Ersatz Friedrich der
Grosse hat eine Länge von 115 m, eine grösste Breite von 20,4 m und einen
mittleren Tiefgang von 7,85 m. Letzterem entspricht eine Wasserverdrängung von 11130
t. Das Baumaterial ist bester deutscher Stahl; die Panzerung besteht aus an der
Oberfläche gehärtetem Stahl. Der Schiffskörper ist in möglichst viele wasserdichte
Zellen getheilt, um eine hohe Schwimmfähigkeit zu erzielen. Der Panzerschutz besteht
aus einem 2 m hohen und 30 bis 15 cm starken Gürtelpanzer, der sich über ⅘ der
Schiffslänge von vorn erstreckt. Das hintere Fünftel des Schiffskörpers ist zur
Gewichtsersparniss nur mit einem 75 mm starken gewölbten Panzerdeck geschützt. Der
übrige ganze Schiffskörper wird durch ein 65 mm starkes Panzerdeck, das sich auf
die Oberkante des Panzergürtels stützt und vorn zur Verstärkung der Ramme nach unten
geneigt ist, geschützt. Verschiedene Stellen haben noch sogen. Splitterschutzdecke
von 20 mm Stärke erhalten. Einen weiteren Panzerschutz haben ferner die beiden
schwercalibrigen Geschützthürme von 250 mm Dicke, die Geschützthürme und Casematten
für die 15-em-Schnelladekanonen von 150 mm Dicke und der Commandothurm, der mit
Panzerplatten von 250 und 100 mm Stärke umgeben ist. Das Schiff erhält drei
dreicylindrige, dreifach expandirende Maschinen, die in vollständig getrennt
liegenden, wasserdichten Abtheilungen stehen und je eine dreiflügelige
Bronzeschraube treiben. Das Dreischraubensystem ist bei allen grösseren Neubauten
unserer Marine eingeführt und bietet ökonomische wie militärische Vortheile. Der
Dampf wird in Wasserrohrkesseln erzeugt werden. Die grösste Geschwindigkeit beträgt
18 Knoten bei der vollentwickelten Gesammtmaschinenleistung von 13000 . Ersatz Friedrich der Grosse ist somit eines der
schnellsten Schlachtschiffe der Welt. Das normale Kohlenfassungsvermögen ist auf 650
t bemessen, kann jedoch nach Bedarf auf 1000 t erhöht werden und gibt dem Schiffe
einen Actionsradius, der es zu einem selbständigen Schlachtschiffe für die Nordsee
wie überhaupt in europäischen Gewässern macht. Das Ruder ist als Balanceruder
construirt und liegt tief unter Wasser, vor feindlichen Geschossen und vor
Zusammenstössen geschützt. Es wird bewegt durch zwei kräftige Dampfmaschinen, die
unter dem 75 mm starken Panzerdeck des Hinterschiffes liegen. Der neue Panzer erhält
zwei Gefechtsmasten aus Stahl, der vordere ist sehr dick gehalten und gleicht einem
hohen schlanken Thurme, der durch Wendeltreppen zugänglich ist. Er trägt in seinen
Marsen leichte Schnellade- und Maschinengeschütze sowie in seinem Topp einen
mächtigen Scheinwerfer. Der hintere Mast dient lediglich zu Signalzwecken, ist
jedoch ebenfalls mit einem starken Scheinwerfer ausgerüstet. Vier weitere
Scheinwerfer stehen ausserdem auf Podesten ausserhalb der Bordwände in 4 m Höhe über
der Wasserlinie. Sie dienen vorwiegend zur Aufsuchung von feindlichen Torpedobooten
bei Nacht und erleichtern den zahlreichen Schnelladekanonen die Abwehr nächtlicher
Angriffe von Torpedobooten. Auf Grund der reichlichen Ausrüstung mit Scheinwerfern
sind auch die sonst üblichen Torpedoschutznetze weggefallen. Ein grosses Feld ist
der Elektricität an Bord eingeräumt. Sie versorgt nicht allein die gesammte
Innenbeleuchtung, sondern versieht auch die Elektromotoren, die zum Bewegen der
Geschützthürme, der Geschosshebemaschinen, der Bootshissvorrichtung u.s.w. an
zahlreichen Punkten aufgestellt sind.
Was dieses Schlachtschiff im Besonderen auszeichnet und ihm grosse Vorzüge vor den
Schiffen der Brandenburgklasse gibt, ist seine ausserordentlich starke Artillerie
und deren vorzügliche Aufstellung, die nach ganz neuen Gesichtspunkten erfolgt und
die grösste Ausnutzung jedes Geschützes ermöglicht. Es ist durchweg das
langcalibrige Geschütz zur Verwendung gekommen, das den Geschossen die grösste
Durchschlagskraft gibt. Ersatz Friedrich der Grosse
führt 4 × 40 Caliber lange 24-cm-Geschütze in je zwei drehbaren Panzerthürmen, vorn
und achtern. Dieses Geschütz vermag alle zur Zeit auf Kriegsschiffen verwendeten
Panzerungen zu durchschlagen. Ferner 18 × 40 Caliber lange
15-cm-Schnelladekanonen. Hiervon stehen 12 in gepanzerten Einzelcasematten und 6 in
gepanzerten Drehthürmen. 12 × 8,8-cm-Schnelladekanonen hinter Stahlschilden, 12 ×
3,7-cm-Maschinenkanonen und 12 × 8-mm-Maschinengewehre. Im Ganzen 58 Geschütze. Die
Gesammtarbeitsleistung einer Breitseite in 1 Minute berechnet sich wie folgt: 4
Schuss aus 24-cm-Geschütz von 860 k Geschossgewicht = 17396 mt; 54 Schuss aus
15-cm-Schnellkanonen von 2754 k Geschossgewicht = 55728 mt; 90 Schuss aus
8,8-cm-Schnellkanonen von 630 k Geschossgewicht = 7830 mt, was zusammen 148 Schuss
von 4244 k Geschossgewicht und 80954 mt ausmacht. In dieser Aufstellung sind die
Maschinenkanonen und Maschinengewehre weggelassen. Man kann sagen, dass die
Artillerieleistung des neuen Schlachtschiffes um ⅓ grösser ist, als die der Schiffe
der Brandenburgklasse, obwohl seine Wasserverdrängung nur um 1000 t grösser ist.
Dieser Neubau bezeichnet daher in jeder Hinsicht einen bedeutenden Fortschritt in
unserer Kriegsschiffbautechnik. Als Angriffswaffe tritt noch zu der sehr starken
Artillerie die Torpedoarmirung, die aus sechs Lancirrohren für den 45-cm-Torpedo
besteht. Fünf dieser Rohre liegen unter Wasser und sind durch das Panzerdeck
geschützt. Hiervon sind vier Breitseitrohre und ein Bugrohr. Das sechste Heckrohr
liegt über Wasser. Das neue Schlachtschiff erhält eine Besatzung von 655 Mann. Die
Gesammtkosten für den Neubau stellen sich auf rund 20000000 M. Es entfallen hiervon
14120000 M. auf Schiff und Maschinen, 5000000 M. auf die artilleristische Armirung
und 900000 M. auf die Torpedoarmirung. Das Schiff wurde durch Prinz Heinrich Kaiser Wilhelm II. getauft.
Der kürzlich vom Stapel gelassene Panzerkreuzer Ersatz
Leipzig ist der erste wirklich moderne erstklassige Kreuzer, über welchen
die deutsche Marine verfügen wird, ein Schiff gleichzeitig, welches nach Abmessung,
Armirung und Geschwindigkeit den höchsten modernen Anforderungen genügen wird.
Ein moderner Panzerkreuzer unterscheidet sich von einem Panzerschiff der Neuzeit,
welches die höchste Gefechtskraft in Schutz- und Trutzwaffen in sich vereinigen
muss, dadurch, dass bei ihm, der an Grösse dem Panzerschlachtschiff kaum nachsteht,
die Eigenschaften der Geschwindigkeit und des weiten Actionsvermögens, also des
Zurücklegens grösser Strecken unter Dampf, auf Kosten seines Panzerschutzes
besonders ausgebildet sind. Es ist dadurch im Stande, feindliche Kreuzer, die des
Panzerschutzes entbehren, zu bekämpfen und deren Recognoscirungsversuche gegen eine
Schlachtflotte zu vereiteln, mit feindlichen Panzerschiffen ein Feuergefecht zu
führen, da er selbst schwere Schnellfeuerartillerie führt, sich dem wirksamen
Angriff eines ihm überlegenen Panzers aber jederzeit vermöge seiner höheren
Fahrgeschwindigkeit entziehen kann. Für Panzer älterer Construction, die
nothgedrungenermaassen in allen Marinen im Ernstfalle hier und da noch mit
Verwendung finden, ist der moderne Panzerkreuzer in vielen Fällen ein weit
überlegener Gegner. Deutschland hat früher einmal, vor 25 Jahren, einen
Panzerkreuzer besessen, die Hansa. Es war dies ein 1872
vom Stapel gelaufenes Holzschiff, welches mit Panzerung versehen wurde, 3600 t
Deplacement, eine Maschine von 3000 , 12 Seemeilen Fahrgeschwindigkeit, 8
Geschütze in Casematten und 397 Mann Besatzung hatte. Das Schiff führte
vollständige Takelage, konnte also weite Entfernungen ohne Zuhilfenahme seiner
Maschine zurücklegen, und hatte demgemäss, trotz geringen Kohlenvorrathes, einen
grossen Actionsradius. Dies machte das Schiff zur Verwendung auf überseeischen
Stationen sehr geeignet, und es hat ganz vortreffliche Dienste geleistet. Heutzutage
kann eine Macht mit einem solchen Schiffe selbst den unbedeutendsten central- und
südamerikanischen, sowie ostasiatischen Staaten gegenüber nicht mehr mit irgend
welcher Aussicht auf Erfolg auftreten; denn der Gefechtswerth eines solchen Schiffes
ist derart gering, dass er modernen Schiffen kleinerer Art gegenüber, namentlich
wegen der ausserordentlich gestiegenen Leistungsfähigkeit der Artillerie, gar nicht
mehr in Betracht kommt. Alle Staaten, die irgendwo überseeische Interessen zu
vertreten haben könnten, sehen wir daher auch längst im Besitze von Panzerkreuzern,
nur Deutschland machte bisher hierin eine Ausnahme.
Die Länge des gewaltigen Schiffes beträgt 120 m, seine Breite 20,40 m, sein mittlerer
Tiefgang 7,90 m, das Deplacement beläuft sich auf 10650 t. Die Maschinenanlage wird,
wie bei dem Panzerschiff I. Klasse Friedrich der
Grosse, aus drei Viercylindermaschinen mit Wasserrohrkesseln bestehen. Wir
rechnen mit Zuversicht darauf, dass nur deutsche Industrie dabei in Frage kommen
kann. Die Maschinen sollen drei Schrauben treiben, welche dem Schiffe eine
Geschwindigkeit von 19 Knoten in der Stunde bei einer Entwickelung von 13000 bis
14000 verlernen werden. Die ersten Kielplatten zu dem Schiffe wurden am 1.
April 1896 gelegt. Construirt ist Ersatz Leipzig auch
von Dietrich. Der grosse Kohlen- und Theerölvorrath von
1100 t und die grosse Geschwindigkeit von 19 Knoten bei etwa 13500 bis 14000
kennzeichnen das Schiff als Kreuzer; doch wird dasselbe bei dem geringen
Bestände der deutschen Flotte an modernen Schlachtschiffen im Bedarfsfalle auch
einen sehr werthvollen Factor für die Schlachtflotte bilden können. Sein guter
Panzerschutz von 80 bis 200 mm dickem gehärteten Nickelstahl und die schwere
Armirung, die sich in der Hauptsache nur durch die geringere Zahl von
15-cm-Geschützen von derjenigen der neuen Panzerschiffe I. Klasse unterscheidet,
machen Ersatz Leipzig zu einem werthvollen Zuwachse der
Flotte.
Der Kreuzer erhält an Armirungen vier 24-cm-Geschütze auf doppelter Drehscheibe,
sechs 15-cm-Geschütze in gepanzerten Einzelcasematten, sechs 15-cm-Geschütze in
gepanzerten Drehthürmen, zehn 8,8-cm-Geschütze und zehn 3,7-cm-Geschütze, endlich
acht 8-cm-Maschinengewehre. Daneben wird das Schiff eine überaus starke
Torpedoarmirung besitzen. Die Besatzung ist auf 550 Mann bemessen. Bis zum 30. Juli
1897 waren in dem Schiffskörper 2655 t verbaut, darunter Stahlplatten im Gewichte
von 1596000 k, 336593 k Winkelstahle, 197380 k Stahlbalken und 93804 k Nieten. Für
die Holzbeplankung sind bis jetzt 265823 k Teakholz verbaut.
Dieser Panzerkreuzer ist auf den Namen Fürst Bismarck
getauft worden.
Die Verwendung der Dampfturbinen in der Marine hat durch
den erfolgreichen Versuch der Benutzung der Parsons'schen Dampfturbine auf dem Dampfboot Turbinia eine neue Anregung gefunden, deren Tragweite noch nicht zu
übersehen ist (vgl. Dampf, 1897 S. 823; Engineering,
1897 * S. 526; Engineer, 1897 * S. 397; Technische Rundschau, 1897 * S. 261).
Nach einem von Charles A. Parsons, dem Erfinder der
Turbine, in der Institution of Naval architects gehaltenen Vortrage begann man mit
der Construction von Verbund-Dampfturbinen im J. 1885, und zwar baute man zuerst
kleine Turbinen zum Betriebe von Dynamo. Nach und nach fertigte man grössere
Maschinen an, aber bis zum Jahre 1892 war der Dampfverbrauch zu gross, als dass man
dieselben auf Schiffen hätte verwenden können, obgleich sie in Bezug auf Gewicht,
Raumbeanspruchung und Tourenzahl gewöhnlichen Dampfmaschinen überlegen waren. Im J.
1892 wurde eine hochentwickelte, zur Condensation eingerichtete Dampfturbine für die
Cambridge electric Supply Co. construirt, welche
bei einer Prüfung durch Prof. Ewing einen
Dampfverbrauch von 6,84 k für 1 Stunde und 1 i bei einer Dampfspannung von 7 at Ueberdruck aufwies, wenn der Dampf auf
53° C. über Sättigungspunkt erhitzt wurde. Später wurden Verbundturbinen bis zu 900
mit und ohne Condensation construirt, bei denen man den geringen
Dampfverbrauch von 6,34 k für 1 i bei
Verwendung gesättigten Dampfes und 7 at Ueberdruck für Maschinen von 200
und einen noch geringeren Dampfverbrauch bei grösseren Maschinen festgestellt
hat.
Nach missglückten Versuchen wurde die Verbund-Dampfturbine vom Boote entfernt und
durch drei Verbund-Turbinen ersetzt, die direct mit drei Schraubenwellen verkuppelt
sind, und in der Art einer dreifachen Expansionsmaschine arbeiten. Der
Hochdruckmotor befindet sich an der Steuerbordseite, der Mitteldruckmotor an der
Backbordseite und der Niederdruckmotor in der Mitte. Sie sind für eine vollständige
Expansion des Dampfes aufs 100fache entworfen und jede Turbine leistet ungefähr ⅓
der ganzen entwickelten Kraft. Die Dreitheilung des Motors hat sich besonders in
Bezug auf eine gedrängtere Anordnung und ein wirksameres Functioniren der Turbinen
von Vortheil erwiesen. Das Gewicht der Maschinen und die Umdrehungsgeschwindigkeit
erfuhren keine Aenderung. Durch die Dreitheilung war es möglich, die Schrauben und
ihre Wellen von entsprechend geringerer Grösse vorzusehen (wobei jede Schraube auch
nur ein Drittel der früheren Triebkraft benöthigt) und ihre Arbeitsverhältnisse
denjenigen der gewöhnlichen Schiffsschrauben in hohem Grade zu nähern.
Die Vortheile, die, wie man behauptet, sich aus der Verwendung der
Verbund-Dampfturbine auf Schiffen, im Vergleich zu gewöhnlichen Dampfmaschinen
ergehen, sollen durchschlagend sein.
Im December 1896 fanden mehrere Probefahrten auf die gemessene Meile statt, und die
erzielte Maximal-Durchschnittsgeschwindigkeit unter der nöthigen Berücksichtigung
der Fluth betrug 29,6 Knoten in der Stunde, bei einer durchschnittlichen Tourenzahl
von 2550 Umdrehungen in der Minute.
Am 1. April 1897 wurden weitere Versuche vorgenommen. Das Mittel der beiden, in
kurzen Zeiträumen auf einander folgenden Probefahrten ergab eine Geschwindigkeit von
31,01 Knoten in der Stunde; die durchschnittliche Tourenzahl betrug 2100 Umdrehungen
in der Minute; auf der schnellsten Fahrt legte das Schiff 32,61 Knoten in der Stunde
zurück.
Der Dampfverbrauch bei 31,01 Knoten ist ungefähr 11325 k in der Stunde oder 7,18
k für 1 i. Es sei jedoch bemerkt, dass die
Annahme der Triebkraft zu 60 Proc. die Verwendung von Schiffsschrauben der besten
bis jetzt bekannten Form voraussetzt. Wenn diese Schrauben also durch andere mit
höherem Nutzeffect ersetzt werden, was ja möglich, ja sogar wahrscheinlich ist, so
würden sich die Verbrauchsziffern für 1 i
entsprechend besser stellen und auch die Geschwindigkeit des Bootes würde sich
entsprechend erhöhen. Bei einer Geschwindigkeit von 11,4 Knoten ergab sich durch
Messung mit einem Dampfmessapparat ein Dampfverbrauch von 1223 k in der Stunde, was
einem Kohlenverbrauch von etwa 11,14 k für 1 Knoten entspricht.
Textabbildung Bd. 307, S. 248
Triebwerk der Turbinia.
Fig. 3 und 4 geben eine Skizze der
eigenartigen Anordnung des Triebwerkes der Turbinia.
Man erkennt in der Skizze die neuen Propellerschrauben S, welche durch drei Turbinen bethätigt werden.
Textabbildung Bd. 307, S. 248
Fig. 5.Wasserdruckpropeller, System Krafft.
Je drei Schrauben sitzen auf drei Wellen, von denen die mittlere auch von einer
besonderen Turbine angetrieben werden kann und dann den Rückwärtsgang des Schiffes
bewirkt. Die drei Hauptturbinen sind mit einander ebenso verbunden
(Verbund-Turbinen) wie die Cylinder einer Kolben-Verbunddampfmaschine; aus dem
Kessel strömt der Dampf zuerst in die Hochdruckturbine H, dann in die Mitteldruckturbine M und
schliesslich in die Niederdruckturbine N, von denen
jede ihre besondere Schraubenwelle treibt. Auf dem Längenschnitt ist die Lage des
Dampfkessels, des Schornsteines der mit H und N bezeichneten Hoch- und Niederdruckturbine, der mit
S bezeichneten Schrauben auf der Mittelschiffs- und
Steuerbord-Schraubenwelle, sowie des mit St
bezeichneten Steuerruders klar erkennbar. Aus der Querschnittszeichnung ist die Lage
der mit H, M und N
bezeichneten drei Turbinen, welche ganz unter der Wasserlinie liegen, und auch die
Lage der Grelings, auf denen die Bedienungsmannschaft steht, klar ersichtlich. Das
Boot nimmt, sobald die Turbinen angestellt werden, sehr schnell seine grösste
Geschwindigkeit auf und ist fast ebenso schnell durch Ausschaltung der auf den
Vorwärtsgang arbeitenden Turbinen und Einschaltung der zum Rückwärtsgange bestimmten
zum Stillstande zu bringen. Das Steuerruder ist bei der Turbinia auf Backbordseite angebracht, wie aus dem Plane links unten auf
unserem Bilde ersichtlich ist.
Die Dampfturbine Parsons's ist seit Jahren bekannt, sie
lässt hochgespannten Dampf in eine Reihe von Kammern hinter einander einströmen und
in ihnen Schaufelräder in Umdrehung versetzen. Die Expansion des Dampfes findet
dabei stufenweise statt, indem der Druck von einer Kammer zur anderen um den
gleichen Betrag fällt. Die Schaufelräder sind sämmtlich auf derselben Welle
angebracht und drehen sich daher mit gleicher Geschwindigkeit.
Die für Deutschland ertheilten betreffenden Parsons'schen Patente Nr. 33066 und 41479 sind seit 1893 erloschen.
Der Erfolg der Turbinia ist Veranlassung geworden, dass
der Erfinder des gleichfalls erloschenen D. R. P. Nr. 196, Adolf Müller in Coblenz, den Anspruch erhoben hat, dass die Parsons'sche Turbine sich an seine Erfindung anlehne.
Selbstverständlich würde die Richtigkeit dieses Umstandes an der Freude über den
technischen Erfolg einer neuen Sache nichts ändern. Wir weisen darauf hin, dass auch
die Dampfturbine von de Laval, sowie der Daimler'sche Gasumlaufmotor für Schiffstriebzwecke
probeweise Anwendung gefunden haben soll.
Ein Wasserdruckpropeller, System Krafft, wird in der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Maschinenindustrie,
1897 * S. 173, eingehend beschrieben und sei hier mit Bezug auf Fig. 5 und 6
erörtert.
Textabbildung Bd. 307, S. 248
Fig. 6.Wasserdruckpropeller, System Kraft.
1 Dampfmaschine; 2 Pumpwerk; 3
Fester Propeller; 4 Drehbarer Propeller; 5 Steuerpropeller.
Es handelt sich in ähnlicher Weise wie bei den bekannten und vielfach ohne grösseren
Erfolg angewendeten Wasserprallschiffen um den Gedanken, durch Druckpumpen Wasser in
das Fahrwasser zu drücken und durch die Reaction das Fahrzeug anzutreiben.
Auf die Dampfmaschinenwelle ist ein Stirnradgetriebe aufgesetzt, welches gleichzeitig
auf zwei Stirnräder im Verhältniss von 1 : 3 oder 1 : 4 arbeitet; diese Stirnräder
betreiben je eine Druckpumpe, in welche das Wasser durch seitliche, die Schiffswände
durchdringende Saugrohre direct zuläuft, während sämmtliche Pumpen ihr Druckwasser
in ein gemeinschaftliches Druckrohr abgeben, welches in guter Abrundung von den Pumpen
abgehend sich in die Rohre b für die festen Propeller,
in jene c für die drehbaren Propeller und in das
schwache zum Steuer führende Rohr d spaltet. Die festen
Propeller haben die Gestalt von langen coulissenartigen Schlitzen und können durch
Ventile in ihren Zuleitungen b nach Belieben ein- oder
ausgeschaltet werden; die davor liegenden Drehpropeller haben eine Form, im
Wesentlichen darin bestehend, dass auf einen festen, seitlich an den Schiffsrand
befestigten Rohrstutzen mittels Manschettendichtung ein Rohr aufgesetzt ist, welches
die entweder als Schlitz- oder Lochreihe gestalteten Düsenöffnungen enthält; die
Drehachse dieses Rohres ist nach oben hin in eine Stange fortgesetzt, welche durch
Schneckenrad, Schnecke und Handrad in Umdrehung versetzt wird. Dienen diese
drehbaren Propeller schon zur Drehung und Wendung des Schiffes, so soll dies noch
mehr mit dem eigentlichen Steuer d erreicht werden; da
die Strahlen desselben nicht nur in ihrer flössen artigen Wirkung beim Drehen den
Widerstand ergeben, sondern bei einer Stellung im Winkel zur Längsachse auch durch
ihre Reaction einen seitlichen Druck ausüben, so wird die Empfindlichkeit des
Steuers daraus erklärlich.
(Fortsetzung folgt.)