Titel: | Messvorrichtungen.Messmaschinen und Präcisionsmaasstäbe. |
Autor: | Pregél |
Fundstelle: | Band 307, Jahrgang 1898, S. 289 |
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Messvorrichtungen.Messmaschinen und Präcisionsmaasstäbe.
(Schluss des Berichtes S. 265 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Messmaschinen und Präcisionsmaasstäbe.
Die Schraubenspindel der Cornell-Längen-Theilmaschine.
Bei dieser, von Rogers-Ballon in Boston gebauten, für
die Cornell-Universität bestimmten Theilmaschine ist die Schraubenspindel auf einer
Drehbank von Blaisdell nach einem von Prof. Rogers angegebenen Verfahren frei von den Fehlern der
Leitspindel geschnitten.
Mittels einer verschiebbaren Bügellehre (Fig. 22) wird
die Leitspindel (4 Gang auf 1 Zoll) auf die fortschreitenden Gangfehler untersucht
und, nachdem an der vorderen Wangenleiste (Fig. 23 und 24) ein 26 Zoll langer,
in Halbzoll getheilter Genaumaasstab a festgelegt ist,
wird mittels eines am Drehbankschlitten b angeordneten
Mikroskops c die Leitspindel untersucht und die
Abweichungen mittels Mikrometerschraube d (100 Gang auf
1 Zoll und 100theiliger Indexscheibe) auf 1 : 10000 Zoll bestimmt. Diese
±-Abweichungen werden auf einem ebenfalls in 1 : 2 Zoll oberflächlich getheilten
Papierstreifen f Schraubenspindel der an der hinteren
Wangenleiste eingeschrieben und hiermit die fortschreitenden Fehler der Leitspindel
niedergeschrieben, wobei das an der Drehbankspindel aufgesteckte Wechselrad nach
zehn Umdrehungen festgelegt wird, was einer Schlittenverschiebung von 1 : 2 Zoll
oder zwei Umdrehungen der Leitspindel entspricht.
Textabbildung Bd. 307, S. 289
Fig. 22.Schraubenspindel der Cornell-Längen-Theilmaschine.
Nach diesen Aufzeichnungen der Gangabweichungen wird nun beim Gewindeschneiden für
jeden 1 : 2 Zoll Schlittenvorschub die Mikrometerschraube d möglichst gleichmässig, dem ±-Gangfehler der Leitspindel entsprechend,
bethätigt. Weil nun durch diese Mikrometerschraube d
eine Verschiebung des Schneidstahlhalters verknüpft ist, so wird demgemäss der
Gangfehler in einfachster Weise eliminirt. Im geraden Gegensatz zur Waltham-Schraube
wurde diese Schraubenspindel fehlerfrei in 1½ Tagen fertig gestellt. Die zugehörige
zweitheilige Rothgussmutter wurde selbstredend nach gleichem Verfahren geschnitten.
Der grösste Feind der absoluten Genauigkeit einer Schraubenspindel ist und bleibt
die beim Schneiden sich ungleich entwickelnde Wärme, sowohl an der Schnittstelle als
auch in der Reitstockspitze, welche eine unregelmässige Längenänderung des
Werkstückes hervorruft.
Textabbildung Bd. 307, S. 289
Schraubenspindel der Cornell-Längen-Theilmaschine.
Die Cornell-Theilmaschine ist nach Tischhobelmaschinenart ausgeführt, während
ihre Vorgängerin, die Waltham-Theilmaschine, nach Art einer Querhobelmaschine
(Shapingmaschine) ausgebildet ist. In beiden Fällen dienen genau geschliffene
cylindrische Stahlstäbe zur Schlittenführung. Ueberdies liegt ein dritter
cylindrischer Stahlstab, zur Führung des Tisches dienend, winkelrecht zu den beiden
Parallelstäben, auf welchem der Reisserschlitten gleitet.
Textabbildung Bd. 307, S. 289
Schraubenspindel der Cornell-Längen-Theilmaschine.
Zwischen dieser in schräger Ebene lagernden Führungsstange liegt die vorbeschriebene
Schraubenspindel, deren Theilscheiben (Fig. 25) mittels
Elektromagneten geschaltet, deren Schwingungsweite durch einen Gradbogen bemessen
wird, an dem das die Magnete tragende Hebelkreuz spielt. Am Umfang der Theilscheibe
ist ein silbernes, in 100 getheiltes Stahlband gelegt, so dass bei einer
100theiligen Scheibe und einer Schraubenspindel von 20 Gängen auf 1 Zoll eine
Längstheilung von 1 : 20 . 100 = 1 : 2000 Zoll für je eine Umdrehung der schaltenden
Kammscheibe ermöglicht ist, welche den Contact der Magnete und demgemäss den
Vorschub des Reisserschlittens besorgt, während die untere Rolle (Fig. 25) zum Anschlag
des Contacthebels dient. Weil nun das über die Theilscheibe eingestellte
Beobachtungsmikroskop mittels Mikrometerschraube von 1 : 1000 Zoll Gangsteigung und bei
10theiliger Indexscheibe jeden Strichabstand der grossen Theilscheibe beherrscht, so
sind factisch Abweichungen in der Längsmessung von 1 : 2000 . 1000 oder 1 : 2000000
Zoll engl. für jeden Tischhub am Reisserwerkzeug nachweisbar. Dieses besteht aus
einem mittels Schellack in einem stählernen Halter eingekitteten Diamantsplitter
(Fig. 26). (American Machinist, 1895 Bd. 18 Nr. 15 * S. 281.)
Pratt-Whitney's Messmaschine.
Bei der von der Pratt und Whitney Co. in Hartford,
Conn., gebauten Messmaschine wird ein Maasstab aus weichem Stahl gebraucht, in
welchem Pflöckchen aus Iridiumbronze eingesetzt sind, auf welchen, 1 Zoll engl.
abständig, feine Theilstriche eingeritzt sind, die wegen ihrer ausserordentlichen
Feinheit (1 : 10000 mm) nur unter dem mit 75facher Vergrösserung eingerichteten
Mikroskope sichtbar sind. Um nun die Einstellung des Mikroskopes zu erleichtern, ist
neben jedem Theilstrich ein grober, mit freiem Auge bereits sichtbarer Riss gezogen.
Dieser Maasstab ist nun auf einer an der Rückseite der Wange in ⅔ Höhe vorstehenden
Winkelleiste aufgelegt und wird durch das am beweglichen Spindel köpf angebrachte
Mikroskop der ganzen Länge nach (24 Zoll bezieh. 36 Zoll) beherrscht.
Textabbildung Bd. 307, S. 290
Fig. 27.Pratt-Whitney's Messmaschine.
Auf der Bettwange a (Fig.
27)Figur nach Gewerbefleiss, 1895 * S. 16. sitzt
links ein Spindelstock b in fester Lage, in dessen
Spindelbüchse c ein unter Federwirkung stehender
Gleitbolzen d spielt. Um nun den beim Messen
auftretenden Andruck sichtbar nachzuweisen, ist mit dem Gleitbolzen d eine Schelle f
verbunden, welche einen kleinen Stift g trägt, der mit
einem am Spindellager sitzenden festen Stift h in
Uebereinstimmung tritt. Wenn nun zwischen diesen Stiften g und h ein kleiner Messbolzen i in wagerechter Lage eingelegt wird, so bleibt der
Messbolzen so lange in dieser wagerechten Klemmstellung, bis der während des Messens
auftretende Andruck die Federwirkung in etwas entlastet, und der eingeklemmte
Messbolzen aus der wagerechten in die lothrechte Stellung (Fig. 27) abschwingt.
Wird dieses Abschwingen des Messbolzens i als Maass für
den Andruck angenommen, so muss jede Messung als Fehlmessung angesehen werden, bei
welcher der Messbolzen i in Folge zu starken Andruckes
ganz abfällt. Von Böckchen ll getragen, wird der
zu messende Körper m zwischen dem federnden Gleitbolzen
d und dem durch eine Mikrometerschraube
einstellbaren Gleitstift n gespannt. Dieser Gleitbolzen
n ist im Theilkopf o
verschiebbar gelagert und wird mittels der vorerwähnten Schraube mit 50 Gängen auf 1
Zoll durch eine 400theilige Scheibe p verlegt, so dass
Messungen bis 1 : 20000 Zoll oder 1 : 800 mm unmittelbar ermöglicht werden, während
die groben Verschiebungen des Lagerkopfes o durch die
Schraube q zu dem Zwecke zur Ausführung gelangen, um
das Fadenkreuz des Mikroskopes an den starken Nebenstrich des Maasstabes
einzustellen. Der an der Rückseite des Lagerbockes o
geführte Mikroskopschlitten wird durch eine angeklemmte Schiene r mit dem Gleitbolzen n
verbunden und daher von der Mikrometerschraube in o
abhängig gemacht. Dagegen dient zur selbständigen Verlegung des Fadenkreuzes die
Mikrometerschraube s am Mikroskop, sowie zur Belichtung
des Theilstriches am Maasstabe ein Glasprisma vorgesehen ist.
Beim indirecten Messen wird der Messbolzen, das Caliber, zwischen die Gleitstifte d und n eingelegt, hierauf
an dessen Stelle das abzumessende bezieh. das zu vergleichende Stück eingelegt und
aus der Verdrehung der Theilscheibe p die Abweichung
vom Caliber abgelesen, wobei durch das Klemmstück i die
Gleichheit des Andruckes nachgewiesen wird.
Dr. Leman's Comparator.
Das die beiden Beobachtungsgläser, die Mikroskope, tragende Lineal kann als ein
optischer Stangenzirkel bezeichnet werden, mit dem das zwischen den Fäden der beiden
Mikroskope liegende Längenmaass auf einem Strichmaasstab abgelesen werden kann. Ist
nun diese Längenstrecke durch unmittelbares Anvisiren der Endflächen bezieh. der
Kanten eines Endmaasses eines Calibers gefunden worden, so kann die Länge desselben
durch Einheiten des Strichmaasses ausgedrückt, also ein natürliches Maass durch ein
künstliches bemessen werden. Weil aber das unmittelbare Anvisiren von spiegelnden
Körperkanten keine sichere Einstellung gestattet, so bleibt dieses unmittelbare
Messen unsicher und unbestimmt.
Textabbildung Bd. 307, S. 290
Leman's Comparator.
Diesem wird daher ein mittelbares Messverfahren entschieden vorzuziehen sein, indem
man mittels geeigneter Einrichtungen das natürliche Endmaass in ein Strichmaass
umsetzt und dieses erst mit dem Strichmaasstabe vergleicht.
Nach Gewerbefleiss, 1896 * S. 140, besteht diese von Dr.
Leman erdachte Einrichtung eines Comparators aus
einer Keilnuthschiene a (Fig. 28 und 29), in welcher das
Caliber b frei eingelegt ist. Gegen die beiden
Endflächen desselben legen sich zwei in der Keilnuth frei aufliegende Bolzen c und c1 unter der Einwirkung je eines Gewichtshebels d an, welcher auf Platten f lagert. In jedem der beiden Bolzen c sind
zwei konische Zapfen g mit angedrehten Kugelenden von
1,5 mm Durchmesser streng eingepasst. Um nun die Achsenrichtigkeit der Kugeln mit dem Bolzen zu
sichern, wird der Bolzenumfang erst nach dem Einpassen der Kugelzapfen nachgedreht,
wobei die Kugeln als Stützen beim Drehen dienen. Nun ist in einem der beiden Zapfen
g ein Winkelausschnitt vorgesehen und in diesem ein
Platin-Iridiumplättchen h angeschraubt, dessen obere
Fläche genau in der Achsenebene des Zapfens und mithin des Bolzens liegt. Wird nun
das Plättchen des einen Bolzens c mit kurzen
Theilstrichen, und zwar ein Millimeter in Zehntel getheilt, das Plättchen des linken
Bolzens c1 aber mit
fünf halben Millimetern versehen, so können diese Theilstriche durch die
Fensteraussparung des Bolzens mit den beiden Mikroskopen anvisirt werden. Wird nun
der gewonnene Abstand am Strichmaasstab abgelesen, der Messkörper entfernt und
hierauf die Bolzen mit den Kugelzapfen bis zur erfolgten Berührung ihrer Scheitel
zusammengeschoben und, nach Einstellung der Mikroskopfäden auf die früheren
Theilstriche der Zapfenplättchen, der nunmehrige Abstand am Strichmaass abgelesen,
so bestimmt der Unterschied dieser beiden Längenstrecken das absolute Maass des
Calibers. Hauptbedingung für die Richtigkeit des Messverfahrens ist, dass in beiden
Fällen die Zapfenkugeln sich an denselben Punkten berühren, mit denen die Endflächen
des Calibers getroffen worden sind, eine Bedingung, die mit der Achsenrichtigkeit
der Kugeln zusammenhängt, und die mit dem grösseren Kugeldurchmesser leichter
erfüllbar wird. Um aber die volle Kugelform unter dem Mikroskope beurtheilen, um
damit Abweichungen abschätzen zu können, ist ein kleiner Kugelhalbmesser
vortheilhafter.
Die Präcisionsmaasstäbe.
Die genaue Feststellung der Urmaasse, namentlich die Möglichkeit der Vergleichung der
Copien mit den Grundmaassen, hat nicht nur wissenschaftlichen Werth, sondern auch
eine hohe praktische Bedeutung für das maschinentechnische Fach. Es dürfte daher von
allgemeinem Interesse sein, ein Bild über die Methoden der Messungen, sowie der
hierzu verwendeten Einrichtungen und Mitteln zu gewinnen, wobei auf die Arbeit von
Dr. Leman in Gewerbefleiss, 1896 * S. 113, bezieh. M. Wille,
Das metrische Maassystem, Zeitschrift, 1891 Bd. 35 S.
405/435, verwiesen wird.
Bekanntlich wurden der am 20. Mai 1875 abgeschlossenen internationalen
Meterconvention, zu der nebst den Ländern, die bereits früher das metrische
Maassystem eingeführt hatten, u.a. noch die Vereinigten Staaten und Grossbritannien
(1884) gehörten, die Aufgaben gestellt, sowohl die Herstellung und Vergleichung der
für die einzelnen Vertragsstaaten bestimmten Urmaasse (Meter und Kilogramm), sowie
die Auswahl und Aufbewahrung neuer, das Meter und das Kilogramm der Archive
ersetzende internationale Urmaasse, sowie endlich die Vergleichung der
Präcisionsmaasstäbe zu besorgen.
Vor Abschluss der internationalen Meterconvention waren die Vergleichungen der Copien
(Prototype) mit dem Urmeter mit vielen Erschwernissen verknüpft, so dass diese, in
Verbindung mit dem Umstände, dass die Messungen wegen Beschädigungen der Endflächen
des Urmeters nicht als ganz zuverlässig angesehen wurden, u.a. ein Grund der
verzögerten Einführung des Metersystems in anderen Staaten war.
Nebstdem war der im J. 1798 hergestellte Platinurmeterstab, im Querschnitt 25 zu
4,05 mm messend, gegen Verbiegung als zu schwach befunden worden. Das Grundmaass zu
diesem Platinurmeter war die in den Jahren 1735 bis 1743 durch Gradmessung auf dem
Hochland von Quito in Südamerika bestimmte Toise du Pérou, welche bei + 13° R. ihre
gesetzliche, in 6 Fuss = 72 Zoll = 864 Linien getheilte Länge besitzt und ein
Endflächenmaasstab von der in Fig. 30 gezeigten Form ist, in welchem die überragenden Endtheile zum
Schutz der Endflächen dienten. Diese Toise du Pérou wurde 1766 an Stelle der bis
dahin geltenden Toise du Chatelet als Normalmaass Frankreichs festgestellt.
Auf Grund späterer Gradmessungen in den Jahren 1792 und 1793 und bei einer in
Rechnung gesetzten Abplattung der Erde von (1 : 334) wurde der Abstand vom Pol zum
Aequator zu 5130738,62 Toisen berechnet, nach welchem das Meter = 443,295936 Linien
der Toise du Pérou festgesetzt, während die Länge des Secundenpendels zu 440,5593
Linien = 0,993977 m gefunden wurde.
Vom 1. Januar 1872 wurde das Meter gesetzliche Maasseinheit im Deutschen Reich. Als
Urmaass wurde ein Platinmeterstab von 25 zu 5,65 mm Querschnitt festgesetzt, welcher
im J. 1817 von der preussischen Regierung in Paris angekauft war.
Eine in den Jahren 1859 und 1863 vorgenommene Vergleichung dieses preussischen
Urmeters mit dem Archivmeter in Paris ergab, dass das preussische Urmeter bei Null
Grad um 0,00301 mm länger war als das Archivmeter. Dagegen wurde 1859 das
preussische Kilogramm um 12 mg leichter gefunden, als jenes der Archive in Paris.
Beide Urmaasse waren aus reinem Platin gefertigt, während das Platin der
Archivmaasse als nicht ganz rein befunden war, und die deshalb in Flüssigkeitsbäder
nicht getaucht werden durften.
Als Material für Urmaasse ist reines Platin (γ = 21,55)
als zu wenig elastisch, nicht geeignet befunden worden, ausserdem absorbirt dasselbe
sehr stark Wasserstoff.
Weder reines Gold (γ = 19,36), noch Legirungen von
Platin mit Gold sind als Material für die Urmaasse, dagegen Legirungen von annähernd
90 Platin und 10 Iridium als empfehlenswerth gewählt worden.
Zur Anfertigung der Urmaasse für die Länder, welche der internationalen
Meterconvention beigetreten waren, wurde das Platiniridium zu 30 Meterstäben und 40
Urkilogrammen von der Firma Johnson, Matthey und Co. in
London geliefert, nachdem ein erster, 250 k schwerer, von der französischen Section
der Metercommission gelieferter Guss von Platiniridium in Folge fremder
Beimischungen sich als zu leicht, γ = 21,01 im
specifischen Gewicht, ergeben hat, und daher als ungeeignet zurückgewiesen
wurde.
Für die Anfertigung der 40 Stück Urkilogramme wurde ein in dritter Schmelzung
erhaltener, 65 k schwerer Gussblock zu einer Rundstange von 44 mm Durchmesser
ausgewalzt, von der die einzelnen Stücke abgeschnitten wurden. Das fertige
Urkilogramm ist ein Cylinder kleinster Oberfläche, von d
= 39 mm Durchmesser und h = 39 mm Höhe, dessen
Volumen bei Null Grad = 46,403 cc ist. Aus der Reihe der Urkilogramme entfiel auf
das Deutsche Reich durch das Loos die Nr. 22, dessen Gleichung: Urgewicht Nr. 22 = 1
k + 0,053 mg ± 0,002 mg aus 1092 Versuchswägungen ermittelt wurde.
An Stelle des rechteckigen Querschnittes wurde ein X-förmiger, von Tresca vorgeschlagener
Querschnitt für den Meterstab a (Fig. 31 bis 32) gewählt, in dessen
Trogboden, welcher in die neutrale Faserschicht des Stabes fällt, die Theilstriche
eingeritzt sind. In zwei spiegelnd glatt polirten, mit Halbkreisen begrenzten
Flächen b, welche an den Enden des 1020-mm-Stabes sich
befinden, sind je zwei Parallel-Längsstriche (Fig. 33) in 0,2 mm
Abstand geritzt, welche von je drei 0,5 mm abständigen senkrechten Strichen gekreuzt
werden, von denen der mittlere längere Maasstrich 6 : 1000 mm dick ist. Die beiden
etwas dickeren Nebenstriche jedes Feldes erleichtern nicht nur das Aufsuchen des
mittleren Meterstriches mit dem Mikroskop, sondern bestimmen auch die Untertheilung
1 und 0,5 mm eine Strichanordnung, welche bereits im J. 1826 von Kater an einem Meterstabe durchgeführt wurde, und die
für Maasstäbe erster Ordnung empfehlenswerth ist. Bemerkt sei noch, dass das 3,3 k
schwere deutsche Urmeter Nr. 18 eine Querschnittsfläche von 150,9 qmm besitzt und
8138 M. (10173 Frcs.) gekostet hat, während die Kosten des Urkilogramms sich auf
2484 M. (3105 Frcs.) belaufen haben.
Textabbildung Bd. 307, S. 292
Präcisionsmaasstäbe.
Diesem Strichmeter entsprechend soll ein Endflächenmeter mit genau symmetrischem
Stabquerschnitt geliefert werden, weil jedes Urmaass durch zwei Stäbe erst
vollkommen sichergestellt ist.
Jedem Urmeter sind zwei Thermometer aus Jenaer oder Tonnelot'schem Glase beigegeben, eine Glasart, welche in Folge ihrer
chemischen Zusammensetzung nur geringe Aenderungen, Depressionen des Nullpunktes,
also Störungen veranlasst. Da ferner unter allen Stoffen das Volumen des
Wasserstoffes sich proportional der zugeführten Wärmemenge ändert und dies beim
Quecksilber nur annähernd zutrifft, so muss eine Reduction der Angaben des
Quecksilberthermometers auf das Wasserstoffthermometer vorgenommen werden. Da nun
die relative Ausdehnung des Quecksilbers zum Glase zur Temperaturbestimmung dient,
die Ausdehnung des Glases aber von seiner chemischen Zusammensetzung abhängt, so
wird durch die Wahl derselben Glasart (Tonnelot) die
Reductionsrechnung vereinfacht.
Hiernach stellt sich die aus 784 Versuchen abgeleitete Hauptgleichung für das
deutsche Urmaass Nr. 18, wenn μ = (1 : 1000) mm und T Temperatur der internationalen Wasserstoffscala ist,
wie folgt:
Meter Nr. 18 = 1 m – 1,0 μ + 8,642 μ T + 0,001 μ T2 ± 0,2 μ.
Der schlimmste Feind jeder Genaumessung ist die ungleichmässige Vertheilung der
Wärme, welche namentlich durch Strahlung hervorgerufen wird. Wenn z.B. bei 1° C.
Temperatursteigerung der Stahlmeterstab um 11, der Messingstab um 18 Mikron (1
Mikron = 1 : 1000 mm) sich verlängert, so wird eine Genaumessung von Zehntel-Mikron
hinfällig, sobald die Temperaturbestimmung nur auf Zehntel-Grade ausführbar oder
diese nicht ganz zuverlässig ist. Um nun möglichst constante Temperaturen im
Maasstabe zu erhalten, wird diesem ein grösseres Wärmeleitungsvermögen dadurch
gegeben, dass man denselben mit grösseren Metallmassen, die als Unterlage
dienen, in Verbindung bringt.
Bei feinen Messungen werden die Maasstäbe in Tröge eingesetzt, deren Wände aus
Schlangenröhren zusammengebaut sind, durch welche Wasser von constanter Temperatur
fliesst. Diese Tröge werden ausserdem in Holzkästen eingelegt, die mit Filz oder
vernickeltem Papier bedeckt sind, um jede Wärmestrahlung zu verhindern. Durch
stützende Kupferklötzchen wird nun eine innige Berührung des Maasstabes mit der
Trogwand herbeigeführt. Einfacher werden die Verhältnisse, sobald die Anwendung
eines directen Wasserbades zulässig wird, wobei durch beständiges Umrühren die
mittlere Temperatur leichter bestimmbar wird, ein Verfahren, welches bloss bei
Strichmaasstäben aus Edelmetall anwendbar ist, bei Endmaasstäben aber ausgeschlossen
bleibt.
Unter allen Umständen verhält sich ein rippenförmiger, trogartiger Stab wegen seiner
grossen Oberfläche weitaus günstiger gegen Temperaturausgleichungen als ein flacher
Stab.
Zudem hat der gefährliche Querschnitt eines Rippenstabes ein viel grösseres
Trägheitsmoment, als jener eines Flachstabes von gleich grosser Querschnittsfläche,
dementsprechend auch eine bei weitem grössere Festigkeit gegen das Verbiegen. Dass
die äusseren Faserschichten eines auf zwei Stellen unterstützten Meterstabes von 22
mm Geviertquerschnitt ganz bedeutende Längenunterschiede gegenüber der mittleren
Faserschicht zeigen, ist bekannt und es bedarf kaum eines Hinweises, dass die
Auftragung der Theilstriche auf der äusseren Faserschicht ganz unzulässig
erscheint.
Aber selbst dann, wenn die Theilstriche in die neutrale Faserschicht verlegt sind,
ist es durchaus nicht gleichgültig, wie die Vertheilung der beiden
Unterstützungsstellen vorgenommen wird. Findet aber eine Krümmung des Stabes statt,
so sind die beiden Endflächen des Stabes nicht mehr parallel, was bei einem
Endmaasstab noch eine besondere Bedeutung erhält.
Textabbildung Bd. 307, S. 292
Präcisionsmaasstäbe.
Wird der Stahlmeterstab von 22 mm Quadratquerschnitt I. an den Enden (Fig. 34), II. in der
Mitte (Fig. 35) und
III. etwa ein Viertel der Länge (Fig. 36) vom Ende aus
unterstützt, so sind folgende Durchbiegungen in Millimeter und Verkürzungen in
Mikron auf die Länge von 1 m nachgewiesen worden:
DurchbiegungMillimeter
VerkürzungenMikron
I.
0,15
0,055
II.
0,09
0,018
III.
0,01
unmessbar
Unter gleichen Verhältnissen sind bei einem Messingstab die Durchbiegungen etwa
dreimal, die Verkürzungen etwa neunmal so gross, als beim Stahlmeter. Bei
Endmaasstäben, wo die Bestimmungspunkte an den Endflächen so nahe als möglich an den
Rand gelegt und dadurch der Parallelismus der Endflächen controlirt werden kann, ist
auch eine gleichmässige Unterstützung des Meterstabes zulässig, welche oft durch
einen mit Quecksilber gefüllten Trog erhältlich ist, in dem das Stahlmeter
schwimmt.
Bei Maasstäben von 0,5 in Länge verschwindet bei einem Stabe von genügender
Steifigkeit beinahe ganz der Einfluss der Durchbiegung auf die Länge des Maasses,
indem die Längenänderung auf den 8. Theil, die Durchbiegung auf den 16. Theil eines
1 m langen Stabes sich verringert.
Wie bereits erwähnt, erhalten die Strichmaasstäbe erster Ordnung bloss die Endstriche
des Maasses, wobei durch zwei je 0,5 mm abständige Nebenstriche das ganze und halbe
Millimeter bestimmt wird. Da nun diese Prototypstäbe aus Platiniridium bestehen, so
wird ihr Querschnitt bei grösster Steifigkeit möglichst klein zu machen gesucht.
Maasstäbe niederer Ordnung werden aus Stahl oder Messing angefertigt, und das
Hauptmaass in einzelne Abschnitte geordnet und zwar entweder 1 m in 10 Theile, 1 dem
in 10 Theile und das letzte Centimeter in Millimeter oder 1 m in 100 cm und alsdann
jedes zehnte Centimeter in Millimeter getheilt.
An den Ort der Theilung werden in den Stahlstab Einlegepfropfe aus Silber oder
Platiniridium eingesetzt, bei längeren Untertheilungen Langleisten eingeschoben,
während bei Stäben mit durchgehender Feintheilung die Einlageschiene längs des
ganzen Stahlstabes eingesetzt wird. Weil nun die Ausdehnungscoëfficienten beider
Theile verschieden, am grössten zwischen Stahl und Silber bezieh. Stahl und
Platiniridium sind, und am günstigsten sich zwischen Messing- oder Bronzestab und
Silberleiste stellen, so wird eine feste Verbindung beider Theile durch Einlöthen
oder Einwalzen starke Spannungen veranlassen. Bei langen Einsatzleisten werden daher
Reibungsverbindungen den Vorzug verdienen. Auch bei diesen Stäben wird die nur auf
den Einsatzleisten angebrachte Strichtheilung durch ein oder zwei Längsstriche
gequert. Bei Maasstäben niederen Ranges werden die Theilstriche unmittelbar auf den
Stab bis an die Endkante eingeritzt. Messingstäbe werden mit einer schwachen
Versilberung versehen, dagegen beeinträchtigt eine schützende Lackschicht die
Deutlichkeit der Theilung. Die scharfen Ränder der Ritznuth werden durch Abschleifen
verbessert, die Ritznuth selbst durch einen Kitt von gleicher Härte wie das
Stabmaterial ausgefühlt. Trotz des Abschleifens mittels weicher Lindenholzkohle
werden die Ränder der Ritzstriche weder absolut gerade, noch ganz genau parallel zu
einander ausfallen, weil das Ritzwerkzeug dabei, wenn auch minimalen Beschädigungen
und Veränderung in der Schärfe seiner Schneide unterworfen ist. Wenn auch alle
Vorsicht beim Reinigen und Entfernen des Schleifmittels vom Stab angewendet wird, so
ist doch kaum zu vermeiden, dass feine Schmirgelkörner in die Poren des
Stabmaterials eingedrückt sind, welche das Ritzwerk angreifen oder dasselbe von der
Richtung ablenken.
Da nun jeder Ritzstrich eine bestimmte Breite besitzt, so ist es schwer bestimmbar,
in welcher Lage der Faden des Mikroskopes den Ritzstrich deckt, ebenso wie es vorher
bestimmt werden muss, welcher Theil der Ritzstrichlänge zur Beobachtung herangezogen
werden darf. Zu diesem Behufe werden die Theilstriche durch einen oder zwei
Längsstriche durchschnitten, während die Beobachtung in der Weise erfolgt, dass der
Ritzstrich zwischen Parallelfäden im Mikroskope mittelrichtig eingestellt wird, so
dass jede Deckung der Striche durch den Faden des Mikroskopes vermieden wird.
Dr. Leman ersetzt die Theilstriche durch
Kreismarken, indem Platindraht von 0,04 mm Durchmesser bis zu 1 mm Stärke galvanisch
verkupfert wird, und Abschnitte desselben in die vorgebohrten Löcher des Maasstabes
eingetrieben und die Endflächen alsdann sauber abpolirt werden. Der ideelle
Mittelpunkt dieser Platinkreismarken wird durch Abschätzung der Kreissegmente
bestimmt, welche die Parallelfäden im Mikroskope abtrennen, was gegen einen einzigen
Halbirungsfaden entschieden vorzuziehen ist. Ein weiterer Vorzug dieses Maasstabes
gegenüber dem gewöhnlichen Strichmaasstabe liegt darin, dass die Kreismarken gegen
äussere Beschädigungen weit besser geschützt sind, als die Ritzstriche; ein
Nachtheil, dass die Kreismarken nur bei gröberen Eintheilungen anwendbar sind.
Die Vergrösserung der zur Maassbeobachtung verwendeten Mikroskope ist gewöhnlich eine
20- bis 40-, seltener 50fache, wobei eine 4- bis 5fache Vergrösserung in das
Objectiv und eine 8- bis 10fache in das Ocular vertheilt wird.
Textabbildung Bd. 307, S. 293
Fig. 37.Bessel's Fassung des Saphirs
Während bei den feinen Strichmaasstäben das Messen nur durch Beobachtung mittels
Mikroskopes vorgenommen wird, ist bei den Endmaasstäben eine Vergleichung nur durch
Abtasten möglich und eine mechanische Berührung daher unvermeidlich. Um nun bei
Endmaasstäben erster Ordnung jede Beschädigung zu verhindern, werden die Endflächen
aus Edelsteinen angefertigt, Saphire bezieh. Rubine in Goldfassung gebracht und
diese in Einsatzstücke verschraubt. Von Bessel wurde
die in Fig. 37. dargestellte Fassung des Saphirs bei
dem 3 Fuss langen Maasstabe angewendet, welcher das Urmaass für das preussische
Maassystem bildete. In dem quadratischen Stahlstab a
ist die Schraube b eingesetzt, welche dem Saphirkegel
c zum Stützpunkt und zur Druckunterlage dient.
Dieser Stein ist in eine Goldfassung eingesteckt, welche in der Schlusschraube d sitzt. Nach endgültig beendeter Einstellung wird der
äussere Schlüsselrand der Schlusschraube glatt abgefeilt, so dass eine spätere
willkürliche Verlegung des Steines dadurch unmöglich gemacht ist.
In neuerer Zeit werden die Edelsteine mit spitzem Kegel in die Goldfassung
eingenietet, erst nachher auf das genaue Maass zugeschliffen und die kreisförmige
Tastfläche mit höchster Politur versehen. Es ist sogar der Versuch gemacht worden,
durch Spiegelapparate jede körperliche Berührung auszuschliessen, und die
Vergleichung mit dem zu messenden Stück nur durch diese Spiegelwerke auszuführen.
Praktisch bleibt bloss die körperliche Vergleichung in der Messmaschine mittels
geeigneter Fühlkörper, Fühlhebel bezieh. Flüssigkeitssäulen, wodurch ein
gleichmässiger Andruck der Messkörper und Caliber an die Tastflächen der Maschine
gewährleistet wird. Hauptbedingung der Richtigkeit ist neben gleichem Andruck noch
der Parallelismus der Endflächen der Caliber und der Tastflächen. Die Tastkörper der
Maschine können ebenso wohl kugelförmig ausgestaltet sein, alsdann tritt an Stelle
des erforderten Parallelismus der Endflächen die Achsenrichtigkeit der
Kugelcentralen mit der Achse der Mikrometerschraube als Hauptbedingung auf.
Fehlerhaft ist es
in allen Fällen, die Enden der Caliberbolzen ballig zu gestalten. Durch die ballige
Form der Tastflächen wird das Abfangen von Luft zwischen den Berührungsflächen zu
verhindern gesucht, dafür wird aber damit der Vortheil geopfert, auf der
Messmaschine cylindrische Caliberbolzen zu messen.
Pregél.