Titel: | Hüttenwesen.Neuerungen in der Eisengiesserei. |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 7 |
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Hüttenwesen.Neuerungen in der Eisengiesserei.
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Eisengiesserei.
I. Benutzung von Druckwasser in Giessereien.
Das Zerkleinern der Giessereimasseln war schon seit
langer Zeit eine recht lästige und mühsame Zugabe zum Giessereibetriebe und es hat
nicht an Versuchen gefehlt, diese Arbeit anstatt durch menschliche Kraft durch
mechanische Vorrichtungen vollziehen zu lassen. Schon vor einer Reihe von Jahren
liess Bechern einen Fallhammer von verhältnissmässig
geringem Gewicht, aber mit grosser Fallhöhe, diese Arbeit mechanisch verrichten,
indem er den Fallbär mittels Frictionsriemens, der sich nach Bedarf selbsthätig
auslöste, emporhob. Verschiedener Uebelstände wegen, die sich bei diesem Verfahren
herausstellten, geschieht jedoch das Zerkleinern der Masseln auch heute noch
meistens nach althergebrachter Weise: durch Zerschlagen mit dem Masselhammer in
einer für den Arbeiter oder zweier derselben sehr anstrengenden, zeitraubenden und
kostspieligen Weise.
Mit der Einführung des Druckwassers in den Giessereibetrieb war, da die vielseitige
Verwendbarkeit des Druckwassers zum Heben und Senken z.B. der Formkästen, zum
Zusammenpressen des Formsandes bekannt ist, auch eine Aenderung des Verfahrens zum
Brechen der Masseln angebahnt.
Ein Apparat, der dem Bedürfnisse der Giessereien durchaus zu entsprechen scheint, ist
mit Erfolg von der Firma Bopp und Reuther in Mannheim
ausgeführt worden (Fig.
1 und 2).
Durch die Anwendung desselben im eigenen Giessereibetriebe hat die genannte Firma
den Masselbrecher allmählich so weit ausgebildet, dass er die Arbeit in billiger,
bequemer und gefahrloser Weise verrichtet.
Zur Bedienung des Masselbrechers ist nur ein Mann erforderlich.
Die zu brechende Massel wird in die Oeffnung g am
Gestelle h bis an den Puffer i eingeschoben, wodurch sie auf bestimmte Bruchlänge eingestellt ist;
hierauf wird der Keil so weit vorgeschoben, dass die Massel fest eingespannt ist,
und nun durch Druck auf den Hebel mittels des Fusses das Steuerventil für den
Druckwassereintritt unter dem Kolben geöffnet, so dass letzterer nach oben gepresst
wird. Durch den Hebel C wird nun die Massel in
entsprechender Länge gebrochen und fällt das Bruchstück frei ab. Nach Loslassen des
Hebels C kann das Druckwasser unter dem Kolben wieder
abfliessen, der Kolben sinkt in Folge seines Eigengewichtes und der Hebel geht, vorn
mit Brechbacken e, wieder nach oben, worauf nach
Zurückziehen des Keiles die Massel für weiteren Abbruch vorgeschoben werden
kann.
Die Manipulation ist eine derart einfache, dass jeder Arbeiter sie ohne weiteres
verrichten kann.
Mit dem Apparate können bei Bedienung durch nur einen
Mann in der Stunde bequem 120 Masseln in je vier Stücke, also in 2 Stunden ein
Waggon Masseln von 10000 k Gewicht gebrochen werden.
Textabbildung Bd. 308, S. 8
Masselnbrecher mit Presswasserbetrieb von Bopp und Reuther.
Der Masselbrecher wird am vortheilhaftesten erhöht über dem Roheisenlager derart
angeordnet, dass die Masseln ohne weiteres zum ferneren Gebrauche abgefahren werden
können. Zur Bedienung ist nur erforderlich, dass der Arbeiter mit dem Fusse das
Einströmungsventil für das Druckwasser öffnet. Zur Erleichterung des Vorganges wird
die ganze Vorrichtung auch fahrbar hergestellt und ist auf einem Gleise
verschiebbar, so dass die verschiedenen Eisensorten ohne Schwierigkeit aus einander
gehalten und richtig sortirt werden können. Der zum Betriebe erforderliche
Wasserdruck beträgt 25 bis 80 at, je nach dem zu brechenden Material. Die
Vorrichtung ist unter Nr. 60344 als Gebrauchsmuster geschützt.
Die genannte Firma Bopp und Reuther hat sich die
Einführung des Druckwassers in den Giessereibetrieb auch in anderer Weise
angelegen sein lassen. Ihre Formmaschinen mit hydraulischem Betriebe haben wir
bereits 1895 295 * 125 besprochen. Die Vortheile dieses
Betriebes finden immer mehr Anerkennung, da sie sowohl die Leistungsfähigkeit der
Giesserei als auch die Genauigkeit der Arbeit erhöhen. Auch entfallen die Störungen,
die durch die gegenseitige Unterstützung und Hilfeleistung der Former veranlasst
wurden. Mit Hilfe des Druckwasserbetriebes ist der Former im Stande, ohne fremde
Hilfe seine Arbeiten auszuführen. Noch auffälliger wird der Nutzen des hydraulischen
Betriebes da, wo es sich um die Herstellung von gleichartigen Stücken handelt, also
um Massenproduction. Die zu erzielenden Vortheile sind a. a. O. bereits besprochen
worden.
Die Betriebskosten für die Formpressen sind nur gering, da sie im Verbrauch von
Wasser sehr sparsam sind. Für eine hydraulische Formereieinrichtung von etwa 20
Formpressen beträgt der Kraftverbrauch der Presspumpen nach Angaben von Bopp und Reuther etwa 1,5 . Die hydraulische
Formpresse ohne Wendeplatte (Fig. 3) hat folgende
Einrichtung:
Die Formpresse besteht im Wesentlichen aus dem Presskolben K, den zwei Wagen W, welche zugleich als
Modellplatten oder zum Auflegen der Modelle dienen, und den
Kastenabhebevorrichtungen.
Je nach Grösse der Formkasten wird die Presse von zwei oder vier Arbeitern bedient,
welche abwechselnd die Wagen W mit den mit Sand
gefüllten Formkasten FF1 über den Presskolben K fahren und nach
erfolgter Pressung die fertigen Formen durch die Abhebevorrichtungen vom Modelle
abheben.
Mit einer solchen Presse können in 10 Stunden etwa 160 bis 200 complete Formen fertig
gestellt werden.
Die zur Ausrüstung für hydraulischen Betrieb erforderlichen Accumulatoren sind die
gebräuchlichen Gewichtsaccumulatoren für 25 bis 60 at Druck. Die Grösse der
Betriebsmaschinen ändert sich je nach der für den Betrieb erforderlichen
Wassermenge. Ueber die erforderlichen Grössen der Accumulatoren gibt die genannte
Firma bereitwillig Auskunft und bemerkt, dass die Aufstellung und Inbetriebsetzung
der hydraulischen Formereieinrichtung jeder tüchtige Monteur besorgen kann, dass sie
aber auch diese Arbeiten durch ihre eigenen Monteure besorgen lasse, auch bereit
ist, einen Vorarbeiter des Bestellers in ihren Giessereiwerkstätten so weit
anzulernen, bis er in der Handhabung hinreichende Uebung erlangt hat.
II. Anwendung von Pressluft.
Als ein weiteres Zeichen des Bestrebens, möglichst die Elementarkräfte zum
maschinellen Betriebe heranzuziehen, kann die Anwendung comprimirter Luft in den
Giessereien dienen. Nach der Eisenzeitung kann die
comprimirte Luft zu verschiedentlichem Gebrauch vortheilhaft in den Giessereien
angewandt werden. Man muss sich hierzu trockener Luft bedienen. Der Luftbehälter
muss der Bedeutung der auszuführenden Arbeit entsprechende Abmessungen haben. Als
geringste Grösse nehme man 1,22 m Durchmesser und 2,44 m Höhe und rechne auf einen
Druck von 7 at und ordne ein Manometer, Sicherheitsventil, an. Ein Hahn am Boden
dient zur Entleerung des Wassers und sei mit einem Zuleitungsrohre von mindestens 22
mm Durchmesser versehen. Das Ableitungsrohr ist ganz oben, wo die Luft am trockensten ist,
anzubringen.
Es wird gut sein, wenn jeder Former comprimirte Luft entnehmen kann, deren er sich
anstatt eines Blasebalges und einer Bürste zum Reinigen seiner Form bedienen
wird.
Auch kann man die comprimirte Luft sehr vortheilhaft zum Aufziehen des
Beschickungsmaterials der Cupolöfen und zum Betriebe der Laufkrahne benutzen; ein
Handkrahn kann ebenfalls ökonomisch damit betrieben werden.
Das System des pneumatischen Aufzuges eignet sich vollkommen da, wo es sich darum
handelt, Lasten von 200 bis 4500 k zu heben. Nur ein Dreiwegehahn braucht hierzu
gehandhabt zu werden, die Schnelligkeit des Aufziehens liegt ganz in der Hand des
Arbeiters.
Der Abnehmer der Gusswaaren sieht sehr auf gutes Aussehen derselben und ist geneigt,
Giessereien, die darauf achten, den Vorzug zu geben und für einen Guss von sehr
gutem Aussehen einen höheren Preis zu zahlen. Vor einigen Jahren hat man versucht,
den Guss durch ein Sandstrahlgebläse zu reinigen, indessen nicht mit Erfolg. Dann
wandte man Dampf von 4 at Spannung an, der jedoch den Sand anfeuchtete und dessen
Zurückfliegen dem Arbeiter gefährlich wurde; die Anwendung der comprimirten Luft
ermöglicht, die Gusstücke sehr gut zu reinigen.
So kann namentlich Ornamentenguss leicht und billig gereinigt werden, was früher
viele
Arbeit erforderte.
Textabbildung Bd. 308, S. 9
Fig. 3.Formmaschine mit Betrieb durch Presswasser von Bopp und
Reuther.
Mit Erfolg hat man auch den pneumatischen Meissel benutzt (1890 275 * 268), welcher etwa 7 bis 9 k wiegt und aus Stahl angefertigt
ist.
Häufig kommt es vor, dass grosse und schwere Gussstücke zum Wiederumschmelzen
zerschlagen werden müssen. Ein kleiner pneumatischer tragbarer Bohrer gestattet es
leicht, einige Löcher zu bohren, in welche man Stahlpflöcke setzt, auf die man
schlägt, um das Gusstück zu zertrümmern. In ähnlicher Weise lässt sich die
comprimirte Luft auch zum Zerschlagen der Gussmasseln verwenden; des weiteren zum
Betriebe der Formsandmischmaschinen, Sandmühlen, Putztrommeln und Sortircylinder,
und für manchen anderen Zweck.
Ueber die Verwendung von Pressluft zum Heben beim Giessereibetriebe spricht sich Geo A. True in Industries and
Iron vom 23. October 1896 in anerkennender Weise aus und hält die
Kraftübertragung mittels Pressluft für die bei Giessereien für die geeignetste. Wir
übergehen seine Berechnung der Betriebskosten für die Luftdruckanlage, da diese
sich in jedem Falle nach der Oertlichkeit richten wird. True wendet das Luftdrucksystem in der ausgedehntesten Weise an, in
senkrechten und liegenden Cylindern, mit und ohne Uebersetzung. Besonders hebt er
die Sicherheit gegen Einfrieren hervor, die bei Wasserdruck eine wesentliche Sorge
für den Betrieb bildet. Er empfiehlt einen Luftdruck von 60 bis 100 Pfund als für
die meisten Zwecke geeignet und empfehlenswerth.
III. Das Giessen unter Zuhilfenahme der Luftleere
ist bekannt (1895 295 * 155), doch
wird das Verfahren noch etwas dunkel gehalten.
Ueber ein neues Verfahren für Stahlguss theilt das Patentbureau von Carl Fr. Reichelt in Berlin Folgendes mit: „Der Guss
findet in einem luftleeren Raume statt, in den die Gussformen eingesetzt werden,
bevor man anfängt, die Luft auszupumpen. Aehnliche Kammern umgeben die
eigentliche Gusskammer und sind mit derselben durch Kanäle verbunden, die durch
Ventile geöffnet oder geschlossen werden können. In diesen Kammern wird
ebenfalls Luftleere durch mächtige Luftpumpen hergestellt. Ist alles fertig, um
das geschmolzene Metall in die Gussformen zu leiten, so öffnet man die oben
erwähnten Kanäle; etwa noch in der Gusskammer vorhandene Luft wird abgesaugt und
gleichzeitig läuft die geschmolzene Stahlmasse in die Formen. Da der Guss im
luftleeren Raume stattfindet, entweichen etwaige Gasblasen aus demselben und man
erhält einen vollständig homogenen Guss. Sollen sehr grosse Gusstücke
(Panzerplatten) angefertigt werden, so trifft man noch die Einrichtung, die
Gusstücke im luftleeren Raume einem hohen Drucke auszusetzen, um auf diese Weise
zu verhindern, dass sich durch Zusammenziehung des Gusses beim allmählichen
Erkalten Hohlräume bilden. Man vermeidet dadurch den sogen. verlorenen Kopf, der
bei grossen Gusstücken bis zu 40 Proc. des Gewichtes beträgt.“
Diese Mittheilung ist um nichts durchsichtiger, als die bisherigen Veröffentlichungen
gewesen sind.Ueber die
bemerkenswerthen Giessereihilfsmaschinen von der Badischen Maschinenfabrik in Durlach beabsichtigen wir demnächst
ausführlicher zu berichten.
(Schluss folgt.)