Titel: | Faserstoffe.Ueber Maschinen zum Weichmachen, Strecken, Entwirren und Glätten von Garnen. |
Autor: | H. Glafey |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 12 |
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Faserstoffe.Ueber
Maschinen zum Weichmachen, Strecken, Entwirren und Glätten von Garnen.
Von H. Glafey,
Regierungsrath, in Berlin.
Mit Abbildungen.
Ueber Maschinen zum Weichmachen, Strecken, Entwirren und Glätten
von Garnen.
Wenn Garne im Strähn geschlichtet und gefärbt werden, so sind sie nachher gewöhnlich
einer Behandlung zu unterwerfen, die den Zweck hat, das überflüssige Appreturmittel
zu entfernen, die Garne weich zu machen, ihnen die erforderliche Länge wieder zu
geben, die einzelnen Fäden von einander zu trennen, also zu entwirren und ihnen auch
Glanz zu verleihen. Die hierzu erforderlichen verschiedenen Arbeitsprocesse werden
je nach Bedarf entweder getrennt von einander ausgeführt oder kommen auch in dieser
oder jener Zusammensetzung gleichzeitig zur Anwendung und dementsprechend sind
auch die zur Durchführung derselben zur Verwendung kommenden mechanischen
Hilfsmittel ausgebildet. In nachstehenden Zeilen sollen die wesentlichen derselben
einer Besprechung unterzogen werden.
Die Fig. 1 bis 5 veranschaulichen Maschinen zum Weichmachen von
Garnen durch Mangeln und Strecken.
Textabbildung Bd. 308, S. 12
Maschine zum Weichmachen von Garnen durch Mangeln und Strecken von
Balster.
Die erste Maschine (Fig.
1 bis 3) ist
eine Erfindung von Joseph Balster in Chemnitz. Das Garn
wird bei derselben zwischen zwei rotirenden und sich während jeder Umdrehung
mehrmals in ihrer Achsenrichtung gegenseitig verschiebenden Walzen unter starkem
Druck hindurchgeleitet und währenddessen durch wiederholtes plötzliches Ausrecken
von Staub befreit und gestreckt. In dem auf dem Gestell a befestigten Lagerbock b sind Wellen c und d gelagert, von
denen die eine durch Kurbel, Riemenscheibe oder auf irgend eine Weise in Drehung
versetzt werden kann, und von denen jede an ihrem vorderen Ende eine Walze e bezieh. f trägt. Diese
Walzen sind entweder auf ihrer Oberfläche geriffelt oder mit grob genarbtem Gummi
überzogen. Auf beiden oder auch nur auf der einen der Wellen stecken die
Flügelscheiben g1g2, die in den am
Lagerbock befestigten, mit Schlitzen versehenen Winkeln h1h2 Führung empfangen und so bei der Drehung der
Walzen ef eine axiale Verschiebung derselben
herbeiführen. Das vordere Lager m der oberen Walze ist
durch eine Zugstange z mit dem Hebel i verbunden und wird durch das an diesem hängende
Gewicht h belastet, also Walze f gegen e gepresst. Einestheils um der Walze
f die nöthige Auf- und Abbewegung zu gestatten,
anderentheils wegen der genauen Einstellung derselben ist das hintere Lager l in Zapfen drehbar mit den verstellbaren Streben n1n2 verbunden. Die zu
bearbeitenden Garnsträhne werden über die mit Scheiben versehene, auf einem im Hebel
p befestigten Stift q
steckende Spule r und über die kegelförmig gestaltete Fortsetzung der
Walze e gelegt. Bei der Drehung der Walzen e und f nimmt das Garn an
derselben Theil, wird von den Riffeln erfasst und in Folge der Verschiebung der
Walzen weich gerieben. Zum Zweck des Ausreckens der Strähne während des Weichmachens
wird der die Spule r tragende Hebel p öfter schnell nach hinten, rechts Fig. 1, gezogen, wodurch
die Fäden gereckt und der durch das Weichmachen gelöste Staub herausgeschlagen
wird.
Textabbildung Bd. 308, S. 13
Fig. 4.Garnmangel der Zittauer Maschinenfabrik und Eisengiesserei.
Die in Fig. 4 veranschaulichte Garnmangel wird von der
Zittauer Maschinenfabrik und Eisengiesserei (früher
Albert Riesler und Co.), Zittau, ausgeführt. Das
Mangeln geschieht bei dieser doppelseitig ausgeführten Maschine zwischen
Stahlgusscylindern und je einer auf diesen rollenden Ahorn- oder Papierwalze. Beide
Organe sind in zwei durch Traversen verbundenen Gestellwänden gelagert, zwischen
denen sich direct auf der Welle der Stahlgusscylinder, Fest- und Losscheibe zum
Antrieb der Mangel befinden. Die Mangelwalzen laufen mit ihren Zapfen in
Schlitzlagern und werden gegen die Stahlgusscylinder durch belastete Hebel
angepresst, die durch Zugstangen mit Stellzeug und Druckhebel zur Wirkung kommen.
Eine untere Rolle dient dazu, den Strähn straff anzuspannen; dieselbe ist an einem
Handhebel angehängt, kann durch denselben nach unten gedrückt und beim Einlegen und
Abnehmen des Strähns bequem gehoben werden. Ein Stellwinkel dient zum leichten Ein-
und Ausbringen des Garns.
Garnmangeln mit drei Walzen werden von den Firmen O. G.
Haubold jun. in Chemnitz und H. B. Arundel in
Manchester ausgeführt. Zwischen zwei Gestellwänden ist die obere Hartgusswalze fest
gelagert und enthält ausserhalb des Gestells die Antriebscheibe. Die untere
Papierwalze ruht in Schlitzlagern und wird durch Gewichtshebel nach oben gegen die
mittlere Papierwalze gepresst, die auf der einen Seite in einem um eine senkrechte
Achse drehbaren Lager ruht, so dass sie zwecks Auswechselns der Garnsträhne von
den beiden übrigen Walzen entfernt werden kann. Das Anspannen des über die mittlere
Walze gelegten Garns erfolgt mit Hilfe einer durch Gewichtshebel belasteten
Spannrolle.
Textabbildung Bd. 308, S. 13
Fig. 5.Garnmangel von Haubold und Arundel.
Damit die mittlere Walze während des Betriebes der Mangel durch den Druck der unteren
Walze nicht ausweichen kann, wird dieselbe auf der Seite, wo sie ausschwingen kann,
durch einen über ihren freien Zapfen fassenden Sperrhaken gehalten. Dieser
Sperrhaken wird bei der Maschine von Arundel
(Englisches Patent Nr. 6882/1884) nach einer gewissen Zahl von Umdrehungen des
Garnsträhns selbsthätig durch eine Ausrückvorrichtung gelöst, welche, wie Fig. 5 erkennen lässt, von der oberen Walze durch ein
Schneckenradgetriebe ihren Antrieb empfängt und gleichzeitig die Spannrolle aushebt
und ein Läutewerk in Bewegung setzt.
Textabbildung Bd. 308, S. 13
Fig. 6.Maschine zum Auflockern und Entwirren der Garnsträhne durch
Stauchung derselben von der Zittauer Maschinenfabrik und Eisengiesserei.
Maschinen, bei denen das Auflockern und Entwirren der Garnsträhne durch
Stauchung derselben herbeigeführt wird, veranschaulichen die Fig. 6 bis 9. Die in der
erstgenannten Figur dargestellte Maschine zeigt eine Ausführungsform, wie sie von
der Zittauer Eisengiesserei und Maschinenfabrik
geliefert wird. Die gewöhnlich mit zwölf und mehr in zwei Reihen angeordneten Spulen
tragen frei hängend die zu behandelnden Garnsträhne und empfangen mit diesen durch
den sie tragenden Balken durch Kurbelscheiben eine Auf- und Niederbewegung.
Gleichzeitig führen die unter einander durch Zahnräder verbundenen Spulen eine
ruckweise Drehbewegung um ihre Achsen aus. Es werden in Folge dessen die Strähne
umgezogen und dabei auf einen unter ihnen vorgesehenen Tisch gestaucht. Die Maschine
nimmt nach Angaben der genannten Firma einen Flächenraum von 3200 × 1200 × 1600 cm
ein.
Textabbildung Bd. 308, S. 14
Maschine zum Auflockern und Entwirren der Garnsträhne durch Stauchung
derselben von Triepcke.
Die in den Fig. 7 bis
9 wiedergegebene
Maschine ist eine Erfindung von Max Triepcke in
Pfersee-Augsburg (D. R. P. Nr. 53050). Eine gleichmässige Behandlung des Materials
soll bei dieser Maschine dadurch herbeigeführt werden, dass die zu Paaren
verbundenen Garnträger bei ihrer Auf- und Abbewegung wechselweise durch je ein
Schaltwerk gedreht werden, und diese Drehbewegung für sämmtliche Garnträger dadurch
gleichzeitig in eine continuirliche umgewandelt wird, dass je zwei Paar von
Garnträgern durch einen Schnurtrieb verbunden sind.
Im Wesentlichen besteht diese Maschine aus der Fundamentplatte a mit den beiden Seitengestellen b, welche mit zwei Stehlagern gekrönt sind, in denen
die Kurbelwelle mit dem ausbalancirten Schwungrad und den beiden Riemenscheiben
(lose und fest) gelagert ist. Mittels dieser Kurbelwelle, welche im Betriebe durch
die feste Riemenscheibe in Drehung versetzt wird, und der Lenkerstange l werden die beiden Gleitbacken g in den Geradführungen c in senkrecht auf
und ab gehende Bewegung versetzt. An diesen Gleitbacken g sind mittels der Traversen t und t1 und der Wellen w und w1 die Rollenpaare r und
r1 über welche das
Garn in Strähnen gelegt wird, gelagert; im Betriebe wird diesen Rollen r und r1, da die Traversen t
und t1 fest mit den
Gleitbacken g verbunden sind, ebenfalls eine senkrechte
auf und ab gehende Bewegung ertheilt. Die lose über die Rollenpaare r und r1 gehängten Garnsträhne werden dadurch auf die
Tische y und y1, welche auf den Federn z ruhen und durch die Führungen x gegen
seitliche Verschiebungen gesichert sind, gestaucht, wodurch sich die Garnsträhne
auflockern und entwirren. Damit nun die Garnsträhne nicht immer nur an einem Punkte
auf die Tische auftreffen, werden die Rollen r und r1 mittels der
Schaltklinken m und der Treibrollen mit Schnurläufen
n in continuirliche Drehbewegung versetzt, was zur
Folge hat, dass die Garnsträhne gleichfalls in Umlauf versetzt werden, und zwar in
der Weise, dass beim Aufschlagen der Garne auf die Tische immer ein neuer Theil
bearbeitet wird.
Wie aus der Zeichnung ersichtlich, sind die Schaltklinken in den Hebeln o und diese in den Wellen w und w1 und
den Unterstützungspunkten p gelagert und werden mittels
Federn in die Schaltzähne der Schalträder k
gedrückt.
Die eine Schaltklinke versetzt die Rollen beim Niedergang, die andere beim Aufgang in
drehende Bewegung, und damit die Drehung eine continuirliche wird, sind die Wellen
w und w1 der Schalträder durch die Schnurläufe n mit einander verbunden.
Durch diese Anordnung wird die Leistungsfähigkeit der Maschine nicht nur gehoben,
sondern es wird auch das Product derselben verbessert, indem jedes Theilchen des Garnes der
Bearbeitung in regelrechter Weise unterworfen wird.
Damit beim Auf- und Abgehen die Garnsträhne sich nicht in der Maschine oder dem
Ständer fangen können, sind die Schutzwände v an den
beiden Tischen y und y1 angebracht.
Cesar Corron in St. Etienne, Frankreich, hat zum
Entwirren und Strecken von Garnsträhnen eine Maschine in Vorschlag gebracht, bei der
die Strähne auf sich langsam drehenden Garnrollen mit Randscheiben hängen und
während ihrer Umlaufbewegung durch eine Schwinge gereckt werden, die aus einem
einarmigen Hebel besteht, der an einem Ende drehbar gelagert ist, am anderen Ende
dagegen eine Rolle trägt, welche in der Ruhelage der Schwinge den Strähn anspannt,
beim Gang der Maschine dagegen diesen plötzlich reckt und somit die einzelnen Fäden
von einander löst und parallel legt. Die hierzu erforderliche Bewegung empfängt die
Schwinge durch einen Daumen, welchen sie anhebt, und eine Gewichtsbelastung, die die
Schwinge nach dem Passiren des Daumens plötzlich nach abwärts bewegt. Je nach der
Höhe der Gewichtsbelastung wird der Schlag ein mehr oder weniger starker und kann so
den verschiedenen Garnsorten angepasst werden.
Eine Maschine zum Schlagen und Strecken gefärbter, gebleichter oder in anderer Weise
behandelter Garnsträhne, bei welcher ebenso wie bei der vorstehend erläuterten
Maschine die Strähne über zwei parallel zu einander liegende Rollen gespannt werden,
von denen die eine Parallelbewegung zur anderen ausführt, bei der jedoch diese
Bewegung zwangläufig erfolgt und die bewegliche Rolle gleichzeitig den Strähn
elastisch anspannt, ist nach dem Deutschen
Wollengewerbe zuerst von der Firma Collier und
Co. in Salford ausgeführt worden. Die zu behandelnden Garnsträhne werden
über die beiden wagerecht angeordneten Garnträger gebracht, deren einer (oberer)
feststeht, während der untere mit Hilfe eines Gleitstückes in dem Gestell der
Maschine senkrecht auf und ab bewegt werden kann.
Das genannte Gleitstück ist zu diesem Zweck mit einer bügelartig gestalteten Feder
ausgestattet, an deren Scheitel ein Lenker sitzt, der mit einer durch Riemenscheibe
in Umdrehung versetzten Kurbelscheibe in Verbindung steht. Die letztere hat einen
Hub von etwa 3 Zoll, ertheilt also dem Gleitstück eine Bewegung von 6 Zoll bei jeder
Umdrehung der Antriebscheibe. Um die Lage der auf diese Weise geschlagenen
Garnsträhnen nach jedem Niedergang des Gleitstückes zu ändern, dreht sich der obere
feststehende Garnträger langsam um seine Achse, und zwar wird diese Drehbewegung
durch ein von der Hauptwelle aus angetriebenes Schneckenradgetriebe
hervorgebracht.
(Fortsetzung folgt.)