Titel: | Elektrotechnik.Elektrische Weichen und Signale. |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 69 |
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Elektrotechnik.Elektrische Weichen und Signale.
(Schluss des Berichtes S. 40 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Elektrische Weichen und Signale.
Elektrische Weichenstellvorrichtung von Max Jüdel und
Comp.
Wenn zum Umstellen von Weichen ein stets nach derselben Richtung umlaufender
Elektromotor zur Anwendung kommen soll, so kann die Bewegung der Weichenzungen nicht
durch die üblichen Zwischentriebwerke (Zahnrad und Stange, Schraube und Mutter,
oscillirende Kurbel) bewirkt werden, sondern es muss vielmehr eine umlaufende
Schubkurbelanordnung oder eine ihr kinematisch gleichwerthige Uebertragungsart in
Anwendung kommen, bei welcher die eine Hälfte der in stets gleichem Drehsinne
durchlaufenen Kreisbahn für die Verschiebung der Weichenzungen in dem einen, die
andere Hälfte für die Rückwärtsbewegung in entgegengesetztem Sinne benutzt wird.
Textabbildung Bd. 308, S. 69
Elektrische Weichenstellvorrichtung von Jüdel und Comp.
Fig. 3 zeigt eine solche
Anordnung für den Fall der Verwendung von Gleichstrom von der Signalbauanstalt Max Jüdel und Comp. (D. R. P. Nr. 90813). Die Leitung
1 geht von der Stromquelle e unmittelbar zum Elektromotor. Die Leitung 2
spaltet sich bei dem Umschalter f in zwei Aeste 21 und 22, die aber bei
offener Stellung dieses Contactes durch einen zwischen sie geschalteten Widerstand
w verbunden sind. Durch den Umschalter g kann abwechselnd der Leitungszweig 21 oder 22 an den zweiten Pol
des Elektromotors gelegt werden.
Vom Elektromotor a wird mittels Zahnräder b die Welle c in Umdrehung
versetzt. Entweder auf einer besonderen Scheibe oder auf der Stirnseite des
Zahnrades selbst ist ein Kurbelzapfen d angebracht, von
dem die Schubstange h zur Weiche führt. Ausserdem ist
auf dieser Fläche eine Nuth i1i2i3i4 in Form von zwei
Kreisbögen von verschiedenen Durchmessern mit ziemlich steilen Uebergangsstellen
angeordnet, welche durch die Hebelanordnung k einen
verstellbaren Einfluss auf den Umschalter g ausübt.
Die gezeichnete Stellung ist die Ruhelage; die linke Weichenzunge liegt an. Der Strom
der Leitung 2 geht von der Stromquelle zum Ausschalter
f in den Contact 22, durch den Widerstand w und in bekannter Weise als geschwächter Controlstrom durch Leitung 21 in den Umschalter
g und so ohne drehende Wirkung zum Pol des
Elektromotors.
Soll eine Verstellung der Weiche herbeigeführt werden, so legt der Wärter den
Umschalter f auf das Contactstück 21 (Fig. 4). Der Strom 2 wählt nun diesen Weg, vermeidet also den Widerstand
w und gelangt so als ungeschwächter Arbeitsstrom an
den Pol des Elektromotors, seine Drehung herbeiführend. Dreht sich hierbei der
Kurbelzapfen d im Sinne des Uhrzeigers, so gelangt er
von d nach d1 in Fig. 4, wobei die
Weichenzungen um die Projection dieses Weges nach rechts geschoben werden. Hierbei
gelangt die Stufe i2
der Nuth an die Führungsrolle l und drückt diese nach
aussen, welche Bewegung durch das Gestänge k so auf den
Umschalter g übertragen wird, dass er sich auf das
Contactstück 22 legt
(Fig. 4). Dadurch
wird der Stromkreis 2 durch den Widerstand w und die Leitung 22 gelegt, so dass nur ein schwacher, keine Drehung
des Motors bewirkender Controlstrom auftritt. Der Motor steht also still.
Für die Rücklegung der Weiche findet durch Umlegen des Umschalters f auf das Contactstück 22 der gleiche Vorgang statt, indem der
Arbeitsstrom nun durch die Leitung 22 zum Pole des Motors gelangt. Dieser letztere dreht
sich wieder im gleichen Sinne wie vorher; da aber der Kurbelzapfen von d1 wieder nach d gelangt, so tritt eine Zurückbewegung der
Weichenzungen und auch wiederum ein Umsteuern des Umschalters g ein.
Diese an sich schon bekannten Anordnungen kann man nun auf folgende Weise für die
beim Aufschneiden der Weiche eintretenden Vorgänge nutzbar machen.
Wird die Weiche aus der Stellung in Fig. 3 aufgeschnitten, so
setzt die Schubstange h die Kurbelscheibe im
umgekehrten Sinne ihrer sonstigen Drehung in Bewegung. Um das zu ermöglichen, sind
als Endstellungen der Kurbel d nicht ihre Todtlagen,
sondern etwas rückwärts verschobene Stellungen gewählt.
Sofort nach Beginn dieser Bewegung drückt die Stufe i4 der kreisförmigen Nuth die Führungsrolle l heraus und stellt so den Umschalter g auf das Contactstück 22, wodurch Arbeitsstrom in den Motor
gelangt und daher sofort ein Zurücklegen der Weichenzungen herbeigeführt wird.
Selbstverständlich wird eine Bewegung der Kurbel durch die Weiche beim Aufschneiden
der letzteren auch ermöglicht, wenn die Endstellung der Kurbel gegen ihre Todtlage
vorwärts statt rückwärts verschoben ist. Es wird dann die Kurbel beim Aufschneiden
in ihrem gewöhnlichen Drehungssinne weitergedreht.
Zu bemerken ist noch, dass wegen der Aussertodtlage der Punkte d und d1 zwischen dem Kurbelzapfen und den Weichenspitzen
ein gewisser Leerlauf vorgesehen sein muss, damit bei Beginn der Drehung von d die Todtlage überwunden werden kann. Ein solcher
lässt sich in dem Gestänge in beliebiger Weise anordnen oder durch das Büssing'sche Hakenweichenschloss gewinnen, das an und
für sich nach Beendigung des Zungenspitzenweges noch einen gewissen Leerlauf des
Gestänges erfordert.
In Fig. 5 ist die gleiche
Einrichtung für den Fall der Verwendung von Drehstrom gezeigt.
Elektrische Freigabevorrichtung in Blockstationen.
Durch diese Blockeinrichtung von Max Jüdel und Comp. in
Braunschweig (D. R. P. Nr. 91598) soll die Mitwirkung des Stellwärters bei der
Zurückgabe der Freigabe an die Station gänzlich ausgeschlossen werden. Zu diesem
Zwecke wird die Stellung des Signalflügels selbst derart mit dem Mechanismus des
Apparates in Zusammenhang gebracht, dass die Freigabe des Stationsapparates von
selbst erfolgt, sobald das betreffende Signal gezogen und in die Ruhestellung
zurückgelegt worden ist. Es sind drei Bedingungen vorhanden, von deren Erfüllung der
Eintritt der Freigabe abhängig sein soll:
1) es muss eine Freigabecontactstange im Stationsapparat verschoben,
2) es muss das betreffende Signal auf Fahrt gezogen,
3) es muss das besagte Signal wieder auf Halt
zurückgelegt worden sein.
Es ist nun die Einrichtung getroffen, dass in einem Stromkreise drei Contacte
vorhanden sind, von denen je einer durch Erfüllung einer der eben genannten
Bedingungen geschlossen wird. Sind alle drei Contacte geschlossen, also alle drei
Bedingungen erfüllt, so erfolgt die Freigabe. Sie unterbleibt, so lange ein einziger
von den drei Contacten des Stromkreises nicht geschlossen ist; diese drei Contacte
sind in Fig. 6 mit k1kk3 und der Stromkreis, in welchem sie liegen, mit II bezeichnet. Ist dieser geschlossen, so wird der
Elektromagnet e erregt, der durch Anziehen seines
Ankers a die Sperrung nh
auslöst und so die Stange qs freigibt.
Es wird vorausgesetzt, dass die Vorrichtung in Verbindung mit elektrischen
Sperrwerken beliebiger Bauart für Signalstellhebel steht, welche durch
Inductionswechselstrom blockirt oder freigegeben werden können. Zu diesem Zwecke
sind Contactschieber d in einer der Anzahl der
gesperrten Signalhebel gleichen Zahl angeordnet, welche bei eintretender
Verschiebung einen Contact schliessen, der zur Entsendung des Freigabestromes dient
in der Weise, dass bei Schluss des einen oder anderen Contactes der zur Lösung der
zugehörigen Sperrung benöthigte Strom an das betreffende Sperrwerk abgegeben
wird.
Textabbildung Bd. 308, S. 70
Fig. 6.Elektrische Freigabevorrichtung in Blockstationen von Jüdel und
Comp.
Diese Contactschieber dienen ferner dazu, eine Verschiebung von in gleicher Zahl
vorhandenen, in ihrer Längsrichtung beweglichen Stangen q
s zu bewirken. Eine solche Stange soll einerseits bei ihrer Verschiebung
eine Verriegelung der anderen Stangen herbeiführen und somit eine Freigabe
feindlicher Signale hindern, andererseits aber auch diese Verriegelung so lange
aufrecht erhalten, bis das betreffende Signal nicht nur gezogen, sondern auch in die
Ruhelage zurückgelegt worden ist.
Die Verriegelung der anderen Stangen mit der Verschiebung der Stange qs erfolgt in bereits bekannter Weise auf mechanischem
oder elektrischem Wege. Damit nun nach erfolgter Verschiebung der Stange qs dieselbe vorläufig in ihrer Lage verharrt, sind
folgende Anordnungen getroffen.
Am hinteren Ende von qs befindet sich eine Oese o, in welcher ein zweiarmiger Hebel h spielt. Bei Benutzung des Drückers d tritt der Hebel h vor
die Nase n des Ankerhebels a, dessen Anker dem Pole eines Elektromagneten e gegenüber steht. Wird nun der Drücker losgelassen, so wird er durch
seine eigene Spiralzugfeder f wieder in die
Anfangsstellung gebracht, die Stange qs jedoch wird
durch den mit ihr in Verbindung stehenden Hebel h,
welcher sich gegen die Nase n legt, so lange am Rückgänge behindert,
bis dem Elektromagneten e Strom zugeführt wird, der ein
Auslösen bewirkt.
Durch die Benutzung des Drückers d und Verschiebung der
Stange qs wird gleichzeitig der in der Ruhelage
unterbrochene Contact k1 geschlossen und ferner durch einen an der Stange q s befestigten Anschlagnocken w der um z drehbare Contacthebel h1 so weit gehoben, dass die Schneide s dieses Hebels über die Nase n1 eines Ankerhebels a1 hinausgeführt wird
und sich auf diese Nase auflegt, wenn der Nocken w sich
an der Zunge b vorbeigeschoben hat. Die Zunge b ist als ein um eine Oese drehbarer Hebel ausgeführt,
der einen gewissen Ausschlag im Sinne des beigezeichneten Pfeiles gestattet, zum
Zweck, bei Rückwärtsführung des Nockens w keinen
Ausschlag des Contacthebels h1 zu veranlassen. Dadurch, dass sich die Schneide s auf die Nase n1 des Ankerhebels a1 auflegt, ist eine Unterbrechung des Contactes k entstanden.
In Zusammenhang mit diesen Theilen steht ein Rückmelder r, welcher die Stellung des Signalarmes wiedergibt. Zur Steuerung dieses
Rückmelders dient der Elektromagnet e1, dessen doppelarmiger Anker gleichzeitig die
Contacte k3 und k4 abwechselnd
unterbricht oder schliesst. Der Signalarmcontact k2 liegt mit dem Elektromagneten e1 und der Batterie b in einem Stromkreise I,
welch letzterer im Stadium der Ruhelage des Signalarmes bei k2 unterbrochen ist. Der Stromkreis II geht von der Batterie b
aus durch den Doppelanker der Elektromagneten e1, den Contact k3, den Elektromagnet e,
den Contact k, den Druckstangencontact k1, welcher in der
Ruhelage unterbrochen ist, und von da zur Batterie zurück. Verfolgt man schliesslich
noch den Verlauf des Stromkreises III, so lässt sich
erkennen, dass derselbe ebenfalls durch den Doppelanker der Elektromagnete e1 den in der Ruhelage
unterbrochenen Contact k4 und den Elektromagneten e2 zurück zur Batterie geht.
Bei der Benutzung des Drückers d findet zunächst eine
neue Unterbrechung des Stromkreises II bei k statt. Wird nun der frei gegebene Signalstellhebel
und damit der Signalarm auf Fahrt gestellt, so wird der
Contact k2 geschlossen
und es findet nun ein Stromschluss im Kreise I statt,
wodurch der Elektromagnet e1 seinen Doppelanker anzieht und der Contact k3 unterbrochen und k4 geschlossen wird. Es entsteht somit ein neuer
Stromschluss im Leitungskreise III, der darin
eingeschaltete Elektromagnet e2 zieht seinen Anker an, lässt dadurch die Schneide
s frei, wodurch der Hebel h1 in seine Ruhelage gestellt und der
Contact k geschlossen wird.
Der Stromkreis II ist nur noch bei k3 unterbrochen. Ein
Stromschluss in diesem Kreise wird erst eintreten, wenn der Signalarm wieder in die
Ruhestellung zurückgeführt und in Folge dessen der Stromkreis I bei k2 unterbrochen, der Anker des Elektromagneten e1 losgelassen und der
Contact k3 geschlossen
wird. Der Leitungsschluss in II bewirkt, dass der darin
eingeschaltete Elektromagnet e seinen Anker anzieht,
der Hebel h dadurch frei wird und ein Zurückschnellen
der Schiene qs unter gleichzeitiger Unterbrechung des
Contactes k1 und Lösung
der vorerwähnten bekannten Verriegelungsorgane der feindlichen Signale gestattet.
Somit ist die Ruhelage wieder hergestellt und es kann jetzt die Benutzung eines
neuen Drückers erfolgen. Für jeden Drücker ist eine besondere, der eben erläuterten
gleiche Einrichtung vorgesehen.
Sicherheitsvorrichtung für
Eisenbahnsignalapparate.
In einer Reihe von Eisenbahnsignalapparaten werden Bewegungsvorgänge durch
elektromagnetische Kräfte vermittelt. So z.B. erfolgt in den Blockapparaten die
Freigabe des Signales durch ein Wechselstromechappement, dessen schwingende
Bewegungen einem gezahnten Sector gestatten, der Schwerkraft oder einer
Federbeeinflussung Folge zu leisten. Solche Apparate haben den Nachtheil, dass die
schwingende Bewegung des Echappementankers von aussen durch böswillige oder
unbeabsichtigte Erschütterungen des ganzen Gehäuses herbeigeführt und so eine
unerlaubte Freigabe des Signales bewirkt werden kann.
Vorliegende Erfindung von Max Jüdel und Comp. in
Braunschweig (D. R. P. Nr. 90139) bietet ein Mittel, einer derartigen unerlaubten
Selbstfreigabe nach Wunsch entweder vorzubeugen oder sie dem überwachenden Beamten
kenntlich zu machen. Es wird zu diesem Zwecke ein schwerer Körper durch geeignete
Unterstützungen in eine solche labile Gleichgewichtslage gebracht, dass er bei
Eintritt einer starken Erschütterung, wie sie zum Bewegen des Echappementankers
erforderlich ist, die Lage, in welcher ein Schwerpunkt soeben noch seine
Unterstützung fand, verlässt und vermöge seines Eigengewichtes in eine neue Lage
gelangt, in welcher er selbst einen Verschluss des das Signal sperrenden Gliedes
bewirkt oder dem überwachenden Beamten von dem Geschehenen Kenntniss gibt.
Textabbildung Bd. 308, S. 71
Sicherheitsvorrichtung für Eisenbahnsignalapparate von Jüdel und Comp.
In Fig. 7 ist a die Verschlusstange eines Blockapparates, b ein Gewichtstück, das an einem zweiarmigen Hebel c sitzt. Das Gelenk d
einerseits und der Anschlag e andererseits stützen das
Gewicht so, dass sein Schwerpunkt nur um ein Geringes gegen den Stützpunkt d in der wagerechten Ebene verschoben ist. Bei
eintretender Erschütterung überschreitet das Gewicht die Gleichgewichtslage und
begibt sich in die punktirte Stellung, in welcher es durch den Stift f aufgehalten wird. In dieser Stellung aber legt sich
das andere Ende des zweiarmigen Hebels c vor einen an
der Verschlusstange a sitzenden Anschlag g und hindert auf diese Weise die letztere am
Hochgehen.
In Fig. 8 ist eine andere
Ausführungsform im Schnitt und in der Seitenansicht dargestellt, bei welcher eine
Kugel b frei gelagert ist, und zwar zwischen drei
Spitzen. Nach Eintritt der unerlaubten Erschütterung nimmt die Kugel die punktirte
Lage ein, in welcher sie sich so zwischen den an der Verschlusstange a sitzenden Anschlag g und
den festen Anschlag h legt, dass ein Hochgehen der
Verschlusstange verhindert ist.
Das sehr geringe Moment der Schwerkraft, welches in der Ruhelage in beiden Fällen die
Kugel in ihrer Lage hält, kann durch eine leichte Feder unterstützt werden. Ebenso kann
naturgemäss die geschilderte Vorrichtung auch dann wirken, wenn an Stelle der das
Fallen der Kugel bewirkenden Schwerkraft eine Federkraft zur Verwendung kommt oder
die Schwerkraft durch eine solche unterstützt wird. Die durch die Kugel bewirkte
Sperrung der Bewegungstheile innerhalb der ganzen Vorrichtung kann natürlich auch an
anderer Stelle, z.B. am Zahnsector, erfolgen.
Rr.