Titel: | Kraftmaschinen.Neuere Locomotiven. |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 141 |
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Kraftmaschinen.Neuere Locomotiven.
(Schluss des Berichtes S. 121 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuere Locomotiven.
Die österreichischen Staatsbahnen sind nach dem Organ für die
Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1897 S. 202 u. ff., seit dem Jahre 1893
für alle Zuglocomotiven zu ausschliesslicher Anwendung
der Verbundwirkung übergegangen und haben bei dieser Gelegenheit eine Anzahl neuer
Locomotivgattungen eingeführt, über welche kurze Mittheilungen folgen.
Sämmtliche Locomotiven sind unter Leitung des Hofrathes Kargl von dem Inspector C. Gölsdorf entworfen
und mit dessen Anfahrvorrichtung (1894 293 * 26 bezieh.
1895 295 294) versehen.
Die 2/4 gekuppelte Schnellzuglocomotive hat vier
gekuppelte Räder von je 2120 mm Durchmesser und ein vorderes, seitlich nicht
verschiebbares zweiachsiges Drehgestell, dessen Radstand 2700 mm beträgt. Die
Maschinen entsprechen bezüglich ihrer Bauart den gleichartigen Locomotiven der
preussischen Staatsbahnen (1896 299 * 78). Sie
durchfahren Krümmungen von 380 und 475 m Halbmesser im gewöhnlichen Dienste mit
Geschwindigkeiten von 85 und 90 km in der Stunde.
Die 3/5 gekuppelte Tenderlocomotive ist für die im Bau
begriffene Wiener Stadtbahn bestimmt, auf welcher Steigungen von 25 mm und
Krümmungen bis zu 150 m, vereinzelt bis zu 100 m Halbmesser herab vorkommen. Sie hat
daher möglichst geringen festen Achsstand und grösste Einstellbarkeit durch je eine
nach dem Krümmungshalbmesser einstellbare vordere und hintere Adams-Laufachse. Die
Cylinder haben 520 bezieh. 740 mm Durchmesser für 632 mm Hub. Bei Geschwindigkeiten
bis zu 92 km in der Stunde ging die Locomotive auf geraden Strecken noch völlig
ruhig.
Die 3/3 gekuppelte Güterzuglocomotive gewöhnlicher
Bauart mit einem Radstande von nur 3160 m ist für Geschwindigkeiten bis zu 45 km in
der Stunde gebaut. Sie hat Cylinder von 500 bezieh. 740 mm Durchmesser für 632 mm
Hub, 120 qm Heizfläche bei 1,80 qm Rostfläche, einen Kessel von 1350 mm Durchmesser
für 12 at Dampfdruck und ist wie alle neueren Locomotiven der österreichischen
Staatsbahnen mit aussenliegender Heusinger-Steuerung ausgerüstet.
Für Güterzüge und für Personen- und Schnellzüge auf Gebirgsstrecken ist eine ¾
gekuppelte Locomotive mit vorderer Laufachse in
Dienst gestellt. Die Maschine, welche bei den Probefahrten leer Geschwindigkeiten
bis 78 km in der Stunde erreichte, hat Cylinder von 520 bezieh. 740 mm Bohrung für
632 mm Hub, 132 qm Heizfläche, 2,65 qm Rostfläche und einen Kessel von 1350 mm
Durchmesser für 13 at Dampfdruck.
Die 4/5 gekuppelte Gebirgslocomotive hat die grössten
bisher im Gebiete des V. d. E.-V. angewandten Niederdruckcylinder von 800 mm
Bohrung. Die Hochdruckcylinder haben 540 mm Bohrung. Der gemeinschaftliche Hub
beträgt auch hier 632 mm, der gesammte Radstand 6800 mm. Die vordere Adams-Laufachse
ist einstellbar, die zweite Kuppelachse um 22 mm, die letzte um 4 mm nach jeder
Seite verschiebbar, so dass in Krümmungen eine Führung durch die drei vorderen
Spurkränze und möglichst geringe Reibung eintritt. Die Locomotive ist für eine
grösste Geschwindigkeit von 60 km gebaut, hat aber bei den Probefahrten leer 84 km
in der Stunde erreicht. Die beiden ersten Locomotiven dieser Gattung werden zur
Beförderung der bis 200 t schweren Schnellzüge auf der Arlberg-Bahn verwendet und
sind mit Oelfeuerung versehen. Die hier vorkommenden Krümmungen von 200 bis 250 m
Halbmesser durchfahren sie mit 40 bis 45 km Geschwindigkeit in der Stunde.
Mit Ausnahme der 3/3 gekuppelten Güterzuglocomotive haben die Kessel der vorgenannten
Locomotiven zur Vergrösserung des Dampfraumes zwei Dampfdome mit Verbindungsrohr.
Ihre Niederdruckcylinder erhalten um 12 bis 15 Proc. grössere Füllungsgrade als die
zugehörigen Hochdruckcylinder, was zunächst durch versetzte Hebel auf der
Steuerwelle, später durch ungleiche Längen der oberen kurzen Arme der Voreilhebel
erzielt wurde.
Auf der Metropolitan Railway zu London vor kurzem in Dienst gestellte, in den eigenen
Werkstätten der Bahn zu Neasden unter der Leitung des Maschinendirectors T. F. Clark erbaute Tenderlocomotiven mit vier
gekuppelten Rädern, hinterem zweiachsigen Drehgestelle und Innencylindern beschreibt
Engineering vom 5. März 1897, S. 323. Die Maschinen
dienen zum Befördern der schweren Vorortzüge zwischen den Stationen Baker-street und
Aylesbury der genannten Eisenbahn. Sie arbeiten mit einem durchschnittlichen
Verbrauche an Brennmaterial von 12,70 k für 1 Meile (engl.). Wegen des Durchfahrens
zahlreicher Tunnels wird der Exhaustdampf in geeigneten Behältern condensirt. Zur
Speisung des Kessels dienen ein Gresham-Injector und zwei Pumpen. Die angeordnete
Dampfbremse bewirkt in Verbindung mit der selbsthätigen Vacuumbremse des Zuges ein
schnelles Anhalten des letzteren. Nachstehend sind einige Hauptabmessungen der
Locomotiven gegeben.
Durchmesser der Cylinder
432
mm
Kolbenhub
660
mm
Von Mitte zu Mitte Cylinder
724
mm
Durchmesser der Treibräder
1676
mm
„ „ Räder des Drehge-
stelles
1143
mm
Länge des cylindrischen Kessels
3137
mm
Aeusserer Durchmesser des Kessels
1320
mm
Blechstärke
12,7
mm
Arbeitsdruck
11,25
at
Anzahl der Feuerröhren
219
Aeusserer Durchmesser der Feuerröhren
44,4
mm
Heizfläche
der Rohreder Feuerkiste
97,558,88
qmqm
Gesammte Heizfläche
106,43
qm
Rostfläche
1,55
qm
Inhalt der Wasserbehälter
5,45
cbm
Dienstgewicht
52,10
t
Bereits 1896 302 144 haben die von Henschel und Sohn in Cassel erbauten fünffach gekuppelten
Tenderlocomotiven, System Hagans, von etwa 70 t
Dienstgewicht, kurze Erwähnung gefunden. Derartige Locomotiven sind auf
verschiedenen bergigen Nebenbahnen Thüringens, u.a. auf der Strecke
Probstzella-Wallendorf, Triptis-Blankenstein, Plaue-Ritschenhausen, auch auf der
Schwarzathalbahn, welche Steigungen von 20 bis 30 mm und Krümmungen von 180 m
aufweist, in Dienst gestellt.
Wie Engineering vom 8. October 1897, S. 437, berichtet,
sind die drei vorderen Achsen der Locomotive in dem Hauptrahmen, die beiden hinteren
Achsen in einem Drehgestelle gelagert. Der Antrieb der letzteren erfolgt in der 1896
299 * 76 näher beschriebenen Weise.
Die Hauptabmessungen sind folgende:
Durchmesser der Cylinder
520
mm
Kolbenhub
630
mm
Raddurchmesser
1200
mm
Dampfdruck
12
at
Heizfläche der Feuerkiste
8,16
qm
„ „ Rohre
129,05
qm
„ gesammt
137,21
qm
Rostfläche
2,51
qm
Fester Radstand
2680
mm
Gesammter Radstand
6460
mm
Inhalt der Wasserbehälter
4
cbm
„ „ Kohlenbehälter
1,5
cbm
Leergewicht
55
t
Die Lieferungsbedingungen schreiben vor, dass die Locomotiven auf Steigungen von
33 mm und Krümmungen von 180 m ein Traingewicht von 250 t mit 15 km und ein solches
von 110 t mit 30 km Geschwindigkeit, auf Steigungen von 25 mm und Krümmungen von 200
m 270 t mit 15 km bezieh. 160 t mit 30 km Geschwindigkeit und auf Steigungen von 20
mm bei 12,5 km Länge und Krümmungen von 320 m 330 t mit einer Geschwindigkeit von 15
km in der Stunde ziehen. Für die Berechnung der Zugkraft ist ein Reibungscoëfficient
von 0,18 (der Ruhe) bezieh. von 0,15 (der Bewegung) anzunehmen. Mit 7 cbm Wasser und
einem Fassungsraume von 6 cbm für Kohlen sollen die Locomotiven eine Strecke von 20
km zurücklegen können. Der Kessel jeder Locomotive hat 1600 mm Durchmesser und fasst
bei dem niedrigsten Wasserstande 3,8 cbm Wasser. Die übrigen 4 cbm Wasser sind in
einem seitlichen Behälter untergebracht. Angestellte Versuchsfahrten haben ergeben,
dass die Locomotive den Lieferungsbedingungen vollständig Genüge leistet. Sie
beförderte auf Steigungen von 25 mm mit Krümmungen von 200 m Züge von 296 t
Traingewicht mit 17 bis 20 km und solche von 330 t Traingewicht mit 13 km
Geschwindigkeit, ferner auf 12 km langen Steigungen von 20 mm mit Krümmungen von 320
m Züge von 360 t Traingewicht mit 15 km Geschwindigkeit in der Stunde.
Ueber die Locomotiven der zum Befördern schwerer Kohlenzüge von den Gruben bei Sarva
Loento auf Sumatra nach dem Küstenplatze Emmahaven des Indischen Oceans führenden,
etwa 160 km langen Eisenbahn – wovon ungefähr 30 km Zahnstangenbahn mit Steigungen
von 200 bis 140 mm – berichtet Engineering vom 3.
September 1897, S. 281.
Die zwischen den Laufschienen von 1067 mm Spurweite liegende Zahnstange ist nach
System Riggenbach aus zwei ⊐-Eisen gebildet, die durch zwischengenietete Bolzen zusammengehalten werden.
Sie ruht auf gusseisernen Unterlagen, die, wie auch die Laufschienen, von aus Stahl
gefertigten Querschwellen getragen werden.
Textabbildung Bd. 308, S. 142
Fig. 4.Zahnradlocomotive der Maschinenfabrik Esslingen zum Befördern
schwerer Kohlenzüge.
Die Locomotiven arbeiten auf wagerechten Strecken und solchen mit geringen
Steigungen als Reibungsmaschinen, auf Strecken mit bedeutenderen Steigungen, da hier
die Schienenreibung allein zur Fortbewegung des Zuges nicht genügen würde, als
Zahnradmaschinen. Es ist aber nur ein einziger Satz von Cylindern und bewegten
Theilen vorhanden. Die Zahnräder bleiben deshalb in fortwährender Umdrehung,
gleichviel ob sich die Locomotive auf Zahnradstrecken oder auf reinen
Adhäsionsstrecken bewegt.
Die Locomotiven kommen in zwei Arten zur Verwendung.
Die Maschinen der einen Art entsprechen mehr denjenigen europäischer Zahnradbahnen,
abgesehen von einigen Abänderungen, die von Kuntze, dem
früheren Betriebsleiter der den Holländern gehörigen Bahnen auf Sumatra, wegen der
im vorliegenden Falle eigenartigen Verhältnisse angegeben wurden. Es sind, wie in
Fig. 4 dargestellt, auf einer Hilfswelle ein Paar
Zahnräder befestigt, die mit entsprechenden Rädern auf der Hauptzahnrad welle in
Eingriff stehen, welche durch Schraubenbolzen mit dem zwischenliegenden, in die
Zahnstangen greifenden Getriebe verbunden sind. Die Arbeit wird sonach mittelbar auf
das letztere übertragen.
Bei der anderen Art von Locomotiven werden dagegen, um sowohl auf wagerechten
Strecken oder solchen mit geringen Steigungen, wie auch auf den mit Zahnstangen
versehenen Strecken Geschwindigkeiten von 25 km in der Stunde zu erzielen, die
Kolbenbewegungen auf die Hauptzahnradwelle unmittelbar übertragen.
Beide Arten von Locomotiven sind von der Maschinenfabrik
Esslingen in Esslingen erbaut worden.
Die erstgenannten Locomotiven (Fig. 4) haben zwei Paar
Treibräder und eine hintere einstellbare Adams-Laufachse. Ihre Hauptabmessungen sind
folgende:
Durchmesser der Cylinder
340
mm
Kolbenhub
500
mm
Anzahl der minutlichen Umdrehungen
185
Heizflache
der Rohreder Feuerkiste
73,786,64
qmqm
Gesammte Heizfläche
80,42
qm
Rostfläche
1,4
qm
Arbeitsdruck
11
at
Durchmesser der Treibräder
983
mm
„ „ Laufräder
550
mm
Gesammter Radstand
3900
mm
Theilkreisdurchmesser der Zahnräder auf der
Hilfswelle
369
mm
Theilkreisdurchmesser der Zahnräder auf der
Zahnradwelle
820
mm
Theilkreisdurchmesser des
Zahnstangen- getriebes
975
mm
Belastung der vorderen Treibachse
9600
k
„ „ hinteren „
9600
k
„ „ Laufachse
7050
k
Dienstgewicht
26250
k
Inhalt der Wasserbehälter
2200
l
„ „ Kohlenbunker
400
k
Die Cylinder mit oberem Schieberkasten liegen ausserhalb der Rahmen. Die Hilfswelle
wird in der üblichen Weise durch Lenkstangen, welche an Zapfen der an ihren Enden
befestigten kleinen Schwungräder angreifen, von den Kolben in Umdrehungen versetzt.
Die innerhalb der Rahmen liegenden Excenter und Coulissen übertragen ihre Bewegungen
mittels Zwischenhebel auf die Schieberstangen. Es sind vier Bremsvorrichtungen
vorhanden. Zunächst eine gewöhnliche Handbremse, deren Klötze auf die Räder der
vorderen Treibachse wirken, dann eine auf die vorgenannten Schwungräder der
Hilfswelle wirkende Bandbremse, aus zwei mit Holzstücken ausgefütterten
Stahlbändern bestehend, die sich, ebenfalls von Hand angezogen, in eingeschnittene
Umfangsnuthen der Schwungräder legen, ferner eine der letztgenannten ähnliche
Bremse, die auf zwei mit Umfangsnuthen versehene lose Scheiben der vorderen
Treibachse wirkt, zwischen denen ein mit ihnen verschraubtes Zahnradgetriebe von
etwas kleinerem Durchmesser als dasjenige auf der Hauptzahnradwelle sitzt, und
endlich kann das sofortige Anhalten des Zuges im Nothfalle auch durch Umsteuerung
der Schieberbewegung, ohne jedoch Gegendampf geben zu müssen, bewirkt werden. Zu dem
Zwecke wird nach Oeffnen eines besonderen, in die Auspuffleitung eingeschalteten
Ventiles Luft in die Cylinder gesaugt, welche sich beim Zusammendrücken stark
erhitzt und durch einen Wasserstrahl gekühlt wird, um danach, je nach Stellung eines
Regulirventiles, vollständig oder nur zum Theile ins Freie zu entweichen. Die
Cylinder arbeiten jetzt als Luftverdichtungspumpen. Auf diese Weise werden
gewöhnlich auch die Züge auf den Thalfahrten gebremst. Jeder Wagen des Zuges ist im
Uebrigen mit einer Handbremse ausgerüstet.
Genaue Messungen haben ergeben, dass die Abnutzung der Zähne des Hauptzahnrades nur 1
mm für je 8000 km zurückgelegter Fahrt beträgt. Da die Zähne in der Ausführung 20 mm
stärker gehalten sind, als nothwendig ist, werden dieselben erst nach etwa 8 Jahren
grösster Beanspruchung, d.h. wenn die Maschine etwa 160000 km durchlaufen hat, ihre
minimale Stärke erreicht haben. Da aber beobachtet wurde, dass sich die Zähne, wenn
sie neu sind, weit schneller abnutzen, als nachdem sie eine Reihe von Jahren Arbeit
verrichtet haben, ist wahrscheinlich, dass eine Auswechselung des Hauptzahnrades
erst nach etwa 11 Jahren nothwendig sein wird.
Bei der zweiten Art von Zahnradlocomotiven werden die Kolbenbewegungen, wie bereits
bemerkt, nicht erst auf eine Hilfswelle, sondern mittels Lenkstangen, welche an
Zapfen der auf den Enden der Hauptzahnradwelle befestigten kleinen Schwungräder
angreifen, auf diese letztere, von hier, um das volle Gewicht der Maschine auf den
Adhäsionsstrecken auszunutzen, durch Kuppelstangen auf die Treibräder übertragen.
Die Hauptabmessungen der in Fig. 5 dargestellten
Locomotive sind nachstehend gegeben:
Durchmesser der Cylinder
430
mm
Kolbenhub
500
mm
Heizfläche
der Rohreder Feuerkiste
53,66,8
qmqm
Gesammte Heizfläche
60,4
qm
Rostfläche
1,3
qm
Arbeitsdruck
12
at
Durchmesser der Treibräder
983
mm
Radstand
2800
mm
Belastung der Vorderachse
10840
k
„ „ Hinterachse
10770
k
Dienstgewicht
21610
k
Inhalt der Wasserbehälter
1480
l
„ „ Kohlenbunker
250
k
Theilkreisdurchmesser des
Zahnstangen- getriebes
975
mm
Zum Bremsen dient eine gewöhnliche von Hand oder mittels Dampf bewegte Backenbremse,
welche auf die hinteren Treibräder wirkt, ferner eine kräftige Bandbremse, die beim
Anziehen von Hand oder mittels Dampf über die Umfange der genannten Schwungräder
gezogen wird, und schliesslich noch eine Vorrichtung, welche in derselben Weise, wie
bei der vorgenannten Maschine, die Umsteuerung der Maschine bewirkt. Die Nabe des
Zahnstangengetriebes läuft noch in zwei seitlichen Lagern, welche dasselbe bei einem
etwaigen Achsenbruche stützen. Sofern die Bremswirkungen mittels Dampf
hervorgebracht werden, erfolgt das Anziehen der Backen- und Bandbremse
gleichzeitig.
Die Maschinen laufen mit einem Zuge von 50 t Traingewicht (Locomotive nicht
eingeschlossen) auf dem Gefälle von 140 mm mit einer Geschwindigkeit von 24 km in
der Stunde abwärts und ziehen einen Zug von 45 t Traingewicht mit einer
Geschwindigkeit von 18 km in der Stunde aufwärts. Der mittlere Zahnstangendruck ist
rechnerisch zu etwa 3500 bis 4000 k ermittelt worden.
Bei beiden Arten von Locomotiven sitzt das Wasserstandsglas ungefähr in der Mitte des
Kessels.
Eine mittels Druckluft betriebene Locomotive der Hochbahnen in New York beschreibt
The Engineer vom 6. August 1897, S. 137. Der
Druckluftbehälter besteht nach der Erfindung von Robert
Hardie, einem schottischen Ingenieur, aus 37 Mannesmann-Bohren, von je 230
mm Durchmesser und 4730 mm Länge, die wagerecht in einem als Mantel dienenden Kessel
gelagert sind. An dem hinteren Ende des Behälters liegt das Führerhaus mit einem
etwa 230 l Wasser fassenden Erhitzerapparat mit eigener Feuerung. An die vorderen
Enden der Mannesmann-Rohre sind engere Rohrleitungen angeschlossen, die sämmtlich in
ein aufrecht stehendes cylindrisches Sammelgefäss im vorderen Theile des
Kesselmantels ausmünden. Vom Boden desselben führen zwei Hauptleitungen nach den auf
den seitlichen Rahmenblechen befestigten Reducirventilen, von wo aus die Luft durch
äussere Rohre nach dem Erhitzer bezieh. Controlapparat des Führerhauses gelangt. Das
Triebwerk der Locomotive unterscheidet sich von demjenigen einer gewöhnlichen
Locomotive nur dadurch, dass an Stelle der Coulissensteuerung eine vom Kreuzkopfe
jeder Maschinenseite aus bethätigte Meyer'sche
Expansionssteuerung angeordnet ist. Zum Anfahren der Locomotive wird, ohne die für
den normalen Betrieb festgesetzten Füllungen der Cylinder zu ändern, diesen
letzteren Druckluft von etwa 10,5 at Spannung zugeführt, ausserdem noch, zur
Erleichterung des Anfahrens, solche mit einer um etwa ⅓ grösseren Spannung den vor
den Reducirventilen liegenden Leitungen entnommen.
Die Maschine hat vier Treibräder und ein hinteres zweirädriges Truckgestell. Die in
den Behälter mit einer Spannung von etwa 175 at eingeführte Druckluft kann bis auf
etwa 32 at Spannung sinken, ehe eine Wiedererhitzung derselben nothwendig ist.
Textabbildung Bd. 308, S. 144
Fig. 5.Zahnradlocomotive der Maschinenfabrik Esslingen.
Die Maschine legte bei Versuchsfahrten eine Strecke von 72 km in der Stunde zurück.
Sie dient zur Beförderung der Züge von 130 t Traingewicht auf der 7,2 km langen
Strecke der Sixth Avenue Linie, von Rector-street bis 58th-street mit 14
Anhaltepunkten. Zum Bremsen dient eine auf die Treibräder wirkende Luftbremse;
ausserdem ist die Maschine mit einem Luftejector für die Eames-Vacuumbremse des
Zuges versehen. Ihre Hauptabmessungen sind folgende:
Durchmesser der Cylinder
330
mm
Kolbenhub
508
mm
Durchmesser der Treibräder
1067
mm
Radstand „ „
1830
mm
Gesammter Radstand
4115
mm
Belastung der Treibräder
16
t
Dienstgewicht
22
t
In der zur Erzeugung der Druckluft dienenden Kraftstation ist ein Luftcompressor,
System Ingersoll-Sergeant (1897 305 7) für vierstufige Compression mit Cylindern von 540, 230, 178 und 76
mm Durchmesser und 914 mm Hub aufgestellt, der in der Minute 14,2 cbm Luft auf etwa
175 at Spannung verdichtet. Zum Betreiben desselben dient eine
Zwillingsdampfmaschine, System Corliss, von 230
mit Cylindern von 406 mm Durchmesser für 914 mm Hub. Die Druckluft wird in
einem aus einem Satz von Mannesmann-Rohren bestehenden Accumulator von rund 23 cbm
Fassungsraum aufgespeichert. Das Füllen des Druckluftbehälters der Maschine erfolgt
mittels einer beweglichen Metallrohrverbindung in ungefähr 1,5 Minuten.
Ueber Anfahr- und Wechselvorrichtungen bei den Verbundlocomotiven der preussischen
Staatsbahnen hielt Regierungsbaumeister Thuns in der
Versammlung des Vereins deutscher Maschinen-Ingenieure am 25. Mai 1897 einen
Vortrag, der in Glaser's Annalen für Gewerbe und
Bauwesen vom 1. August 1897, S. 41 u. ff., wiedergegeben ist. Demselben
sind nachstehende Mittheilungen über einige, in dem Journal bisher noch nicht
gebrachte Wechselvorrichtungen entnommen, die im Verwaltungsbezirke der preussischen
Staatsbahnen seit dem Jahre 1895 allgemein an Stelle der bisherigen
Anfahrvorrichtungen getreten sind. Sie ermöglichen, dem grossen Cylinder der
Verbundlocomotiven nach Belieben auf längere Dauer
frischen Dampf zuzuführen, während dies mittels der Anfahrvorrichtungen bekanntlich
nur für die Zeit des Anfahrens erreicht werden kann.
Textabbildung Bd. 308, S. 145
Fig. 6.Wechselventil von Jost- v. Borries der Stettiner
Maschinenbauanstalt Vulkan.
Um die Verbundlocomotive in ihrer Wirkungsweise mittels der Wechselvorrichtungen
vorübergehend zur Zwillingsmaschine umwandeln zu können, ist nur nöthig, für diese
Zeit dem im kleinen Cylinder zur Wirkung gelangten Dampfe einen Austritt ins Freie
zu schaffen. Die so eingerichteten Locomotiven besitzen demnach im Gegensatze zu den
Verbundlocomotiven mit Anfahrvorrichtungen, wie die Zwillingslocomotiven,
Auspuffrohre für beide Cylinder. Aufgabe der Wechselventile ist es alsdann einmal,
bei Zwillingswirkung das Ausströmungsrohr des kleinen Cylinders vom Verbinder
abzusperren, dabei ersteres mit dem Auspuffe zu verbinden und die Dampfeinströmung
für den grossen Cylinder zu öffnen, das andere Mal bei Verbundwirkung das
Ausströmungsrohr des kleinen Cylinders vom Auspuffe abzusperren, dabei ersteres nach
dem Verbinder zu öffnen und die Dampfeinströmung nach dem grossen Cylinder zu
schliessen. Hierdurch ist es möglich, die Locomotive beliebig als Zwillings- oder
Verbundmaschine zu benutzen; das Anfahren, sowie die grösste Leistungsfähigkeit auf
Steigungen ist also gesichert. Diesen Wechsel selbsthätig, wie bei der
Anfahrvorrichtung herbeizuführen, ist ausgeschlossen.
Zunächst kamen ausschliesslich die Wechselventile Mallet- v.
Borries'scher Bauart (1896 301 255) zur
Anwendung. Dieselben haben bezüglich ihrer Wirkung beim Anfahren und Wechseln allen
Anforderungen genügt, in Hinsicht ihrer häufigen Reparaturbedürftigkeit jedoch zu
berechtigten Klagen und wiederholten Betriebsstörungen Veranlassung gegeben.
Diesen Mängeln abzuhelfen, versucht die von Jost, einem
Ingenieur der Stettiner Maschinenbauanstalt Vulkan,
angegebene Abänderung der unter dem Namen „Wechselventil von Jost- v. Borries“ versuchsweise an 12 Stück 4/4
gekuppelten Güterzuglocomotiven zur Ausführung gekommenen Vorrichtung.
Wie Fig. 6 erkennen lässt, ist der Kolben k1 beiderseits als
Ventil ausgebildet, dessen Umstellung durch einen Kolben k erfolgt, indem je nach der Stellung eines vom Führerstande aus zu
bewegenden Vierwegehahnes gespannter Kesseldampf auf die eine oder andere Seite
desselben geleitet werden kann. Der Reducirkolben r
sitzt lose auf der Kolbenstange, so dass die spielenden Massen gering gehalten sind.
Derselbe wird bei Verbundstellung durch den auf das vordere Ende der Kolbenstange
aufgeschraubten Bund so weit mitgenommen, dass die runde Oeffnung b abgeschlossen wird; von da ab erfolgt die
Weiterbewegung und schliesslich der Druck auf den Ventilsitz durch den directen
Dampf. Bei Zwillingsstellung stösst der feste Bund der Kolbenstange den
Reducirkolben in die gezeichnete Stellung, in der sein Spiel, eingeleitet durch den
Druck der Verbinderspannung auf die dem Ventilkolben zugekehrte und durch den Druck
des Frischdampfes auf die abgekehrte Seite, eine Reduction des zuströmenden Dampfes
herbeiführt. Um Schläge beim Umstellen zu verhindern, ist an der Dampfauslassöffnung
des Vierwegehahnes eine Schraube derart angeordnet, dass die Durchlassöffnung sich beliebig
verengen lässt. Der Auslassquerschnitt kann also so gewählt werden, dass der
ausströmende Dampf nur langsam entweichen und dementsprechend auch nur eine langsame
Bewegung des Ventilkolbens eintreten kann.
Die von Hand ohne Mitwirkung des Frischdampfes umzustellende Wechsel Vorrichtung von
Dultz, mit der ebenfalls eine Anzahl von
Locomotiven ausgerüstet ist, besteht in einem Schiebergehäuse, dessen drei Kammern
mit den Fig. 7 und 8 bezeichneten Räumen in
Verbindung stehen. Der Schieberraum selbst steht mit der Ausströmung aus dem kleinen
Cylinder in Verbindung. Der vollkommen entlastete Schieber, als Kolbenschieber
ausgeführt, hat zwei Vertheilungskammern, die in den Endstellungen einmal die
Frischdampfleitung mit dem Verbinder und die Ausströmung mit dem Auspuff in
Verbindung setzen, ein andermal die Ausströmung nach dem Verbinder öffnen und die
Frischdampfleitung, sowie den Auspuff absperren. Von der Anwendung eines besonderen
Druckminderventiles für den Frischdampf ist der Einfachheit wegen Abstand genommen
worden.
Textabbildung Bd. 308, S. 146
Wechselvorrichtung von Dultz.
Stellung für die Zwillingswirkung:
Bei b Eintritt des Exhaustdampfes des Hochdruckcylinders; Weg desselben durch c
und d zum Exhaustor; Bei f Eintritt des Frischdampfes; Weg desselben, durch m, k
und i zum Schieberkasten des Niederdruckcylinders; Hochdruck- und
Niederdruckcylinder haben getrennte Exhaustorrohre; Stellung für die
Verbundwirkung: Frischdampf und Exhaustor sind am Apparat abgesperrt; Der
Exhaustdampf des Hochdruckcylinders tritt bei b ein und geht durch k und i zum
Schieberkasten des Niederdruckcylinders; Mit diesem Apparat kann die Locomotive
bei jeder beliebigen Cylinderfüllung als Zwillings- oder Verbundlocomotive
fahren.
Der Querschnitt der Zuleitung ist so gewählt, dass bei den gewöhnlichen
Geschwindigkeiten der Locomotive durch langsames Nachströmen des Dampfes die
Druckminderung eintritt. Der beim langsamen Anfahren etwa auftretende zu hohe Druck
wird durch das auf dem Niederdruckschieberkasten befindliche Sicherheitsventil
unschädlich gemacht. Bis jetzt sind die Berichte über die Bewährung der Vorrichtung
günstig, insbesondere lässt sich die Umstellung von Hand auch bei geöffnetem Regler
leicht ausführen.
Eine weitere versuchsweise Anwendung hat ein von der Hauptwerkstatt Grunewald angegebener Wechselhahn gefunden. Derselbe
besteht aus einem cylindrischen Hahngehäuse, an welches an entgegengesetzten Seiten
die Ausströmung des kleinen Cylinders und das Verbinderrohr, lothrecht hierzu
das Auspuffrohr für den kleinen Cylinder anschliesst. Im oberen Theile des Gehäuses
mündet die Zuleitung für den Frischdampf. Durch einen Umlaufkanal im oberen Theile,
sowie einen lothrechten Kanal, der die Räume über und unter dem Hahnküken verbindet,
ist für ausreichende Entlastung gesorgt. Anfahren und Wechsel sollen mit dieser
Vorrichtung anstandslos erfolgen, doch erfordert die Umstellung, im Gegensatze zu
der vorher besprochenen Wechselvorrichtung, grössere Kraft und ist bei geöffnetem
Regler die Umstellung von Verbund- auf Zwillingswirkung nicht möglich.
Bei den neuesten Beschaffungen kommen noch zwei weitere Wechselvorrichtungen
probeweise zur Anwendung und zwar die Colvin'sche und
die von v. Borries. Bei beiden vermittelt ein hohler
Kolbenschieber die Verbindung zwischen den Dampf-Ein- und Ausströmungen.
Die zahlreichen zur Zeit mit verschiedenen Wechselventilen angestellten Versuche
stellen ein abschliessendes Ergebniss bezüglich ihrer Brauchbarkeit in baldige
Aussicht.
Fr.