Titel: | Regelung dynamotreibender Wasserräder. |
Autor: | Wilh. Müller |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 147 |
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Regelung dynamotreibender Wasserräder.Nach Electrical
World.
Von Wilh. Müller in
Cannstatt.
Mit Abbildung.
Regelung dynamotreibender Wasserräder.
Die rasch zunehmende Ausnutzung von Wassergefällen zur Erzeugung und Uebertragung der
Kraft auf elektrischem Wege hat eine beachtenswerthe Entwickelung der verschiedenen
Arten von Wassermotoren und deren Regelung zur Folge gehabt. Die Aufgabe des Regeins
für solche Zwecke ist eigenartig und schwierig. Während das Regeln von
Dampfmaschinen für elektrische Beleuchtung nach und nach zu annähernder
Vollkommenheit gebracht worden ist, bestehen noch Schwierigkeiten verschiedener Art
bei Wasserkraftmaschinen. Sie liegen einestheils in dem Gewichte der zu bewegenden
Einlassfallen, anderentheils in dem bedeutenden Reibungswiderstände derselben,
welcher durch das Aufschlagwasser verursacht wird. Dieser Umstand macht es
unmöglich, die Bewegung der Fallen unmittelbar durch einen Schwungkraftregulator zu
bewerkstelligen, wie es bei der Dampfmaschine geschieht. Hier muss das
Differentialprincip in passender Weise zur Anwendung kommen.
Wird die Kraft am Ende einer langen geschlossenen Rohrleitung oder am Fusse eines
Turbinenschachtes erzeugt, so erschwert das Trägheitsmoment der sich bewegenden
Wassersäule die Lösung der Aufgabe. Das Schliessen der Zellen z.B. erhöht die
Pressung und somit die durch das noch in Bewegung befindliche Wasser in der
Zuleitungsröhre hervorgerufene Reibung. Im Falle plötzlicher Schliessung der Klappen
wirkt die Wassersäule gleichsam wie ein Wasserhammer und erhöht die Pressung in
empfindlicher Weise. Die Hauptschwierigkeit tritt jedoch dann ein, wenn versucht
wird, solche Wasserräder befriedigend zu regeln, welche Wechselstrommaschinen zu
treiben haben, die neben einander geschaltet sind.
Wenn, was öfters der Fall, eine Wasserersparniss bei der Regelung nicht verlangt
wird, so ist das Problem leicht gelöst. In einem Falle z.B. war bei einer
bestehenden Anlage die Nothwendigkeit des Regulirens gänzlich überflüssig, weil die Belastung
der Dynamomaschine gleichmässig war.
Eine künstliche Belastung wurde eingeschaltet, um auf solche Weise die Summe beider
Belastungen (mögliche und künstliche) stets zu einer Constante zu machen. Eine ganz
ähnliche Methode ist von der Pelton water wheel Co. im
Gebrauche, sobald keine Ursache zur Beschränkung des Wasserverbrauches
vorhanden.
Das Pelton-Rad ist bekanntlich eine Actionsturbine; sinkt die Belastung, so wird das
Rad geregelt, indem man die Mundstücke aus ihrer Stellung bringt und nur einen Theil
des Wasserstrahles auf die Schaufeln wirken lässt. Auf diese Weise kann eine
ausreichende Regelung erzielt werden, der Wasserverbrauch bleibt dabei stets
derselbe, ob das Rad voll belastet ist oder leer läuft.
Ein ähnliches Verfahren kommt zur Anwendung, wenn so viele Seitenschieber geöffnet
werden, als Schieber an der Turbine geschlossen sind. Das Wasser fliesst stets mit
der nämlichen Geschwindigkeit, ungeachtet der Veränderlichkeit der Belastung,
verhindert also die Wirkung des Wasserstosses.
Ein anderes Verfahren, welches dieselben Ergebnisse liefert, ist das Regeln von
Impulsrädern durch Drosselung, zwar nicht unmittelbar an der Austrittsöffnung,
sondern in einiger Entfernung von derselben. Der Theorie von Impulsrädern zufolge
sollte die lineare Geschwindigkeit der Schapfen (Schaufeln bei Pelton-Rädern) bei
der grössten Nutzwirkung die Hälfte von derjenigen des Wasserstrahles an der
Austrittsmündung betragen. Durch Verkleinerung der Austrittsöffnung kann die
abgegebene Kraft mit unbedeutenden Aenderungen der Wirkung vollzogen werden, solange
das Verhältniss von Rad- und Austrittsgeschwindigkeit aus dem Mundstücke praktisch
das gleiche bleibt. Wenn der Zufluss an irgend einer Stelle innerhalb des
Mundstückes jedoch gedrosselt wird, nimmt die Austrittsgeschwindigkeit des
Wasserstrahles ab und mit ihr die Nutzwirkung des Rades. Auf diese Weise kann mit
geringerer Veränderung von verbrauchtem Wasser regulirt werden, als wenn, wie oben
angegeben, die Regelung durch Ablenkung des Strahles geschieht. Mit anderen Worten:
eine Abnahme der Leistung von 50 Proc. wird verursacht durch Verminderung des
Wasserverbrauches von bedeutend weniger als 50 Proc. Bei einer in der Electrical World früher beschriebenen Anlage war für
die Erhöhung der Leistungsfähigkeit bei kleiner Belastung eine Vorrichtung
angebracht, die dem Maschinenwärter ermöglichte, den Motor von Hand und nach
Belieben zu beeinflussen, während gleichzeitig die selbstwirkende, zeitweise
nothwendige Regelung schnell vor sich gehen sollte, die mittels des Schiebers im
Mundstücke den Wasserzufluss drosselt.
Eine andere Regelung für Wasserräder wurde für Motoren ausgedacht, die
multipolargeschaltete Wechselstrommaschinen zu treiben haben. Bei letzteren nämlich
zwingt eine Maschine die andere zu einem genau übereinstimmenden (synchronischen)
Zusammenarbeiten, das Ergebniss an solchen Turbinen ist dasselbe, als wenn sie
gleichsam eine gemeinsame Welle treiben würden.
Wasserradregulatoren arbeiten fast alle nach dem Relaistypus. Sie entnehmen die
Kraft, um die Schützen des Motors zu bewegen, entweder vom Hauptwellenstrange oder
von einem hydraulischen Hilfscylinder, oder aber wird Elektricität angewandt.
Jedenfalls können sie in zwei besondere Klassen eingetheilt werden: 1) in
solche, bei welchen das Relais durch den Schwungkugelregulator bethätigt wird, und
2) in solche, bei denen differential mittels Schwungkugelregulator und
Schieberbewegung regulirt wird. Beistehende Skizze zeigt die Anordnung eines
hydraulischen Relais. Aus derselben ist ersichtlich, dass der Schieber differential
beeinflusst wird, und zwar so, dass, wenn die Belastung steigt, der Regulator fällt,
um den Schieber in der neutralen Stellung zu halten, in Folge dessen muss die
Geschwindigkeit nothwendiger Weise ebenfalls abnehmen und umgekehrt.
Die Wirkungsweise dieser Regulatoren ist also, wie Figur zeigt, ganz ähnlich wie bei
Dampfmaschinenregulatoren; ohne dieses Differentialprincip ist ersichtlich, dass der
Regulator isochronisch wirkt, oder wenn nicht isochronisch, so erhält er wenigstens
die Geschwindigkeit stets zwischen oberer und unterer Grenze und unabhängig von der
Belastung. Die Geschwindigkeit zwischen einer oberen und unteren Grenze hängt
grossentheils von der Reibung des Regulatormechanismus ab; jedoch sinken diese
Grenzen, wenn die Belastung steigt.
Sehr häufig kommt in der Praxis der bemerkenswerthe Fall vor, dass zwei isochronische
Regulatoren zusammen arbeiten. Uebersteigt hierbei die äussere Belastung plus
Nachschleppung der langsameren Maschine bei offener Falle die Kraft der schnelleren
Maschine, so wird die Geschwindigkeit zu einem Punkte herabgedrückt, in welchem der
Regulator der langsameren Maschine zu wirken anfängt. Von diesem Punkte an bis zur
Erreichung der vollen Belastung beider Maschinen wird das Reguliren von der
langsameren Maschine besorgt (die erste Maschine arbeitet mit ganz offenen Fallen).
Dieses Princip kann auch bei mehr als zwei Generatoren angewendet werden.
Textabbildung Bd. 308, S. 147
Regelung dynamotreibender Wasserräder.
a Einlauf; b Auslauf; c Schütze zu;
d Schütze auf.
Nach einem anderen Verfahren zur Erreichung desselben Ergebnisses ordnet man eine
besondere Turbine an, die, um ziemlich gleichmässige Geschwindigkeit zu erreichen,
nicht belastet ist. Die verschiedenen Fallen werden durch entsprechende
Differentialverbindungen und Bewegungsglieder zwischen dieser Turbine und den
bezüglichen Maschinen bewegt. Sind die Regulatoren in Verbindung mit den Fallen bei
entsprechender Oeffnung, so werden sie auch nothwendiger Weise zusammen
arbeiten.