Titel: | Farbstoffe.Ueber künstlich gefärbte Mineralfarben. |
Autor: | Max Bottler |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 153 |
Download: | XML |
Farbstoffe.Ueber
künstlich gefärbte Mineralfarben.
Von Max
Bottler.
Ueber künstlich gefärbte Mineralfarben.
In neuerer Zeit kommen im Handel nicht selten Mineralfarben vor, welche ihre meist
feurige Färbung auf künstlichem Wege erhalten haben. Ueber die Zusammensetzung
dieser Farben ist man in den Kreisen der Consumenten nur theilweise oder gar nicht
unterrichtet; häufige unliebsame Verwechselungen waren eine Folge dieser
Unkenntniss. Täuschungen hinsichtlich der Natur der künstlich gefärbten
Mineralfarben waren um so eher möglich, als manche derselben unter Bezeichnungen in
den Handel gebracht werden, welche leicht unrichtige Vorstellungen erwecken können.
Abgesehen von einigen kurzen Bemerkungen wurde in der einschlägigen Litteratur über
künstlich gefärbte Mineralfarben nichts veröffentlicht. Im Hinblicke auf die
vorgenannten Verhältnisse erschien es angezeigt, um über die Beschaffenheit dieser
Farben genauen Aufschluss zu erhalten, eine Anzahl derselben einer eingehenden
Prüfung zu unterziehen.
Es wurden zu diesem Zwecke untersucht: Carminette, Zinnoberersatz, Zinnoberroth,
Chromzinnober, Carminzinnober, Granatroth, Purpurlackroth, Samtroth, Purpurroth und
Ocker. Carminette stand in 10 Sorten mit 6 verschiedenen Nuancen und Bezeichnungen,
Zinnoberersatz in 2 Sorten und 2 Nuancen, Zinnoberroth, Chrom- und Carminzinnober in
je 1, Granatroth in 2 Sorten, Purpurlackroth in 3 Sorten und 3 Nuancen, Samtroth in
2 Sorten und 2 Nuancen, Purpurroth in 1 Sorte und Ocker in 6 Sorten und 4 Nuancen
zur Verfügung.
Bezüglich der Abscheidung und Isolirung der künstlichen Farbstoffe dürfte vor allem
zu erwähnen sein, dass die Farben mit destillirtem Wasser und Alkohol (70 Proc.) in
der Kälte und Wärme behandelt wurden. Erhielt man bei der Behandlung mit Wasser eine
gefärbte Flüssigkeit, so wurde dieselbe auf dem Wasserbade zur Trockne verdampft.
Auf den Rückstand liess man sodann Alkohol einwirken und verdampfte, wenn etwas
gelöst wurde, ebenfalls zur Trockne. Ausserdem bediente man sich auch der von PernodBull. de la soc. industr. de Mulhouse, 1859 S.
231. angegebenen und der Lindinger'schenJahresberichte der
chem. Technologie, 1881 S. 449. Methode des Aufstreuens auf
Filtrirpapier und Glasplatten; bei den Azofarbstoffen benutzte man die Eigenschaft
derselben, sich in concentrirter Schwefelsäure mit verschiedener Farbe zu lösen. Es
erschien dies nöthig, da zum Färben meist ein Gemenge von organischen Farbstoffen
Verwendung fand. Die isolirten Farbstoffe wurden in destillirtem Wasser oder in
Alkohol aufgelöst. Die wässerigen Lösungen derselben behandelte man zunächst mit
einigen Tropfen einer Tanninlösung, welche durch Auflösen von 15 g Tannin und 25 g
essigsaurem Natrium in 250 cc destillirtem Wasser bereitet wurde, um zu ermitteln,
ob ein basischer oder saurer künstlicher Farbstoff vorhanden war. Hierauf wurde
mit Salzsäure und Zinkstaub reducirt und mit essigsaurem Natrium neutralisirt und
geprüft, ob sich die ursprüngliche Farbe wieder einstellte. Nachdem man durch diese
allgemeinen Reactionen gefunden hatte, zu welcher Gruppe von künstlichen Farbstoffen
die zum Färben benutzten Stoffe gehörten, wurden die Glieder der Gruppe durch
Specialreactionen ermittelt. Hierbei ergaben sich, da – wie oben schon bemerkt –
öfters Farbstoffmischungen zum Färben dienten, manche Schwierigkeiten; letztere
konnten durch Anwendung der Capillaranalyse grösstentheils behoben werden. In
zweifelhaften Fällen wurden auch Färbeversuche mit Garnsträhnen von Wolle und Seide
unternommen.
A. Carminette. Die Sorte „Carminette gelb“ stellt
ein schweres, feurig rothes Pulver dar, das mit destillirtem Wasser erwärmt eine
rosafarbene Lösung mit schön grüner Fluorescenz liefert, während sich der weitaus
grösste Theil desselben als in, Wasser unlöslich zu Boden setzt. Um den künstlich
zugesetzten Farbstoff zu isoliren, wurde Carminette so lange zuerst mit destillirtem
Wasser und dann mit Alkohol auf dem Wasserbade behandelt, bis dieselbe an diese
Lösungsmittel nichts mehr abgab und man beim Filtriren ein farbloses Filtrat
erhielt. Die Lösung des künstlichen Farbstoffes war stark rosaroth gefärbt und der
unlösliche Rückstand besass eine hell orangerothe Farbe, weniger feurig wie vor
dieser Behandlung. Beim Abdampfen der Farbstofflösung auf dem Wasserbade resultirte
ein rothes Pulver mit hell gelblichgrünem Goldglanz. Nachdem man durch die oben
angeführten allgemeinen Reactionen ermittelt hatte, dass der künstliche Farbstoff
zur Gruppe der Phtaleïne gehörte, wurde das rothe Pulver in destillirtem Wasser
aufgelöst und die erhaltene roth gefärbte und grün fluorescirende Flüssigkeit mit
Salzsäure versetzt; es schieden sich nach kurzem Stehen gelbrothe Flocken aus.
Natronlauge bewirkte in der Lösung keine Veränderung. Man behandelte sodann das
Pulver mit concentrirter Schwefelsäure und erzielte eine gelbe Lösung, in welcher
auf Zusatz von destillirtem Wasser ein gelbrother Niederschlag entstand. Da durch
vorliegende Reactionen erwiesen wurde, dass der zum Färben benutzte Stoff nur
wasserlösliches „Eosin gelblich“ war, ging man zur Prüfung des unlöslichen
Rückstandes über. Letzterer nahm beim Uebergiessen mit Salzsäure unter
Chlorentwickelung eine weisse Farbe an. Die erhaltene weisse krystallinische Masse
war in viel heissem destillirtem Wasser löslich und aus der Lösung krystallisirte
beim Erkalten ein Salz in weissen glänzenden Nadeln. Bei der Behandlung mit
verdünnter Salpetersäure löste sich der rothe Rückstand unter Abscheidung eines
dunkelbraunen amorphen Pulvers. Obwohl durch dieses Verhalten schon erkannt wurde,
dass der unlösliche Theil von Carminette Mennige war, unterzog man denselben dennoch
einer vollständigen Analyse, wodurch erwiesen wurde, dass derselbe thatsächlich nur
aus dieser Bleiverbindung bestand.
„Carminette gelb“ ist mithin Mennige, welche durch „Eosin gelblich“
gefärbt wurde.
Die Sorte „Carminette blau“ war im Aussehen der „Carminette gelb“
ähnlich und verhielt sich auch bei der Behandlung mit destillirtem Wasser und
Weingeist wie diese. Beim Abdampfen der etwas stärker bläulichrosaroth gefärbten
Lösung erhielt man einen aus rothen und schwachbläulichrothen Schüppchen mit gelbgrünem Goldglanze
bestehenden Rückstand. Letzterer wurde mit Wasser, Salzsäure, Natronlauge und
Schwefelsäure – wie Carminette gelb – behandelt, wobei sich im Ganzen dieselben
Reactionen ergaben. Zum Färben war mithin ein blaustichiges, wasserlösliches Eosin
verwendet worden. Der in Wasser unlösliche und schwach dunkler roth wie bei
„Carminette gelb“ gefärbte Theil der Farbe bestand aus Mennige.
„Carminette blau“ ist mithin eine um eine Nuance dunkler (wie bei der
vorigen Sorte) gefärbte Mennige, welche mit blaustichigem „Eosin gelblich“
gefärbt wurde. Die untersuchten übrigen Sorten, welche als „Carminette blauroth,
röthlichgelb, feurigroth, feurigdunkel“ bezeichnet waren, bestanden
sämmtlich aus Mennige, zu deren Färbung wasserlösliches Rose bengale, Eosin BN und
Eosin B (auch in Mischung) benutzt wurden. Es kommen jedenfalls im Handel auch
Carminettesorten vor, zu deren Auffärbung man andere wasserlösliche Alkalisalze der
Phtaleïne, wie Erythrosin (rosenroth, blaustichig), Eosin B (alkohollöslich), Rose
bengale [B] und Phloxin verwendet; die gelbste Nuance entsteht mit „Eosin
gelblich [A]“, dann folgen alkohollösliches Eosin B, wasserlösliches Eosin
B, wasserlösliches Eosin BN, Phloxin und Rose bengale. Letzteres gibt die blaueste
Nuance, wie durch Versuche ermittelt wurde. Durch vorsichtiges Erhitzen von
basischem Bleicarbonat und Färben der erhaltenen lebhaft gefärbten Orangemennige mit
Eosinlösungen gelang es, einige Sorten von Carminette herzustellen. Es wurde zu
diesem Zwecke die Orangemennige allmählich mit der Eosinlösung, in welcher auch
etwas farbloses Dextrin aufgelöst war, durch inniges Zusammenreiben gemengt und dann
die erhaltene Mischung getrocknet. Nachdem alle oben erwähnten Eosine wenig
lichtecht sind, dürfte deren Anwendung zum Färben von Mineralfarben, von denen man
erwartet, dass sie vollkommen luft- und lichtecht dargestellt werden, keineswegs
unbedenklich erscheinen.
B. Zinnoberersatz. Die als „Zinnoberimitation“
oder „Zinnoberersatz bläulich und gelblich“ bezeichneten und dem Zinnober in
den Farben ähnlichen Sorten bestanden beide aus Mennige, welche künstlich gefärbt
wurde. Für „Zinnoberersatzbläulich“ verwendete man sogen. Bleizinnober oder
Bleiroth, eine Mennigesorte, die dem Zinnober bezüglich der Farbe sehr nahe steht;
für „Zinnoberersatz gelblich“ wurde eine gelbere Sorte von Mennige –
Orangemennige – benutzt. Die Abscheidung des zum Färben verwendeten künstlichen
Farbstoffes geschah nach der bei Carminette angeführten Weise. Der erhaltene
Farbstoff war von dunkel bräunlichrother Farbe mit schwach grünlichem Schimmer.
Die Lösung desselben in destillirtem Wasser besass eine kirschrothe Farbe ohne
Fluorescenz, die alkoholische Lösung erschien mehr gelbroth gefärbt mit schwach
grünlichgelber Fluorescenz. In der wässerigen Lösung entstand auf Zusatz von
Tanninlösung kein Niederschlag; es handelte sich mithin um einen sauren Farbstoff.
Die mit Zinkstaub und Salzsäure reducirte wässerige Lösung war farblos und oxydirte
sich nur wenig an der Luft. Die Reactionen zeigten an, dass bei der einen Sorte
Zinnoberersatz behufs Färbung Rose bengale (Phtaleïne) und bei der anderen eine
Mischung von Rose bengale mit etwas Cochenillescharlach 2R benutzt worden war.
Letzteres wurde durch Capillaranalyse ermittelt.
C. Zinnoberroth. Bei der Behandlung dieser Farbe
mit kochendem Wasser und mit Alkohol ergab sich die Anwesenheit eines künstlichen
Farbstoffes durch die Rothfärbung dieser Lösungsmittel. In der kirschrothen Lösung
des isolirten Farbstoffes erzeugte Salzsäure einen gelbbraunen Niederschlag; mit
Natronlauge behandelt, färbte sich die Lösung dunkler, wobei sich eine dunkelgrüne
Fluorescenz zeigte. Von concentrirter Schwefelsäure wurde der Farbstoff mit gelber
Farbe gelöst; beim Erwärmen dieser Lösung trat Bromgeruch auf, Wasser schied aus
derselben einen gelbbraunen Niederschlag aus. Durch diese Reactionen wurde erwiesen,
dass man zum Färben des Zinnobers oder rothen Schwefelquecksilbers, aus welchem die
Farbe bestand, Methyleosin oder Primerose [DH] – Primerose à l'alcool –
verwendete.
D. Chromzinnober. Dieser erwies sich als reines
Chromroth oder krystallinisches basisches Bleichromat.
E. Carminzinnober. Dieser Zinnober besass eine feurig
rothe Farbe; bei der Behandlung mit destillirtem Wasser und Alkohol ergab sich, dass
kein künstlicher Farbstoff zum Auffärben benutzt wurde. Bei der chemischen
Untersuchung fand man, dass diese Sorte aus rothem Schwefelquecksilber bestand,
welchem etwas feines Englischroth – wahrscheinlich erzeugt durch Glühen von
oxalsaurem Eisen – beigemengt war.
F. Granatroth. Sorte α.
Diese Farbe stellte ein feurig rothes, schweres Pulver dar, welches bei der
Behandlung mit destillirtem Wasser und Alkohol (wie oben bemerkt) eine schön rothe,
etwas ins Hellrothe ziehende Flüssigkeit lieferte. Bei dem Verdampfen der wässerigen
Farbstofflösung auf dem Wasserbade erhielt man einen schön roth gefärbten und
schwach grünlichgelb glänzenden Rückstand, der sich in Wasser mit rother und in
Alkohol mit gelbrother Farbe löste. Die alkoholische Lösung des Rückstandes lieferte
beim Verdampfen ein fast scharlachroth gefärbtes Pulver. Bei der Behandlung der
wässerigen Lösung mit Tanninlösung bildete sich kein Niederschlag. Die wässerige
Lösung des sauren Farbstoffes wurde mit Zink und Salzsäure reducirt und mit
Natriumacetat neutralisirt. Auf Papier gegossen, kam die ursprüngliche Farbe nicht
wieder zum Vorschein. Auf Platinblech verbrannte der Farbstoff langsam. Ein Stück
ungeheiztes Baumwollengewebe wurde von der wässerigen Farbstofflösung in der Hitze
gefärbt; die Färbung widerstand einer warmen Seifenlösung nicht. Diese Reactionen
wiesen auf einen Azofarbstoff hin. Die schön rothe wässerige Lösung färbte sich mit
Ammoniak schwach röthlichbraun und mit Schwefelsäure fuchsinroth; beim Verdünnen mit
destillirtem Wasser wurde diese Lösung rein roth. Mit Chlorbarium entstand ein
bräunlichrother Niederschlag, und Chlorcalcium erzeugte nach längerem Stehen einen
rothen Niederschlag. Aus diesen Specialreactionen ergab sich die Anwesenheit von
Coccin. Durch die früher erwähnten Versuche und mit Hilfe von Capillaranalyse gelang
es, zu constatiren, dass Coccin zum Färben der Mineralfarbe Verwendung gefunden
hatte. Der unlösliche Theil der untersuchten Farbe bestand nur aus einer lebhaft
gefärbten Mennige. Granatroth – Sorte α – war mithin
Mennige, welche mit Coccin gefärbt wurde.
Sorte β. Diese Sorte bestand aus Orangemennige, zu deren
Färbung man ein Gemenge von Ponceau benutzte. Aus den Specialreactionen und
Versuchen ergab sich, dass zum grösseren Theile Ponceau 2 R, und 3 R verwendet
wurde. In der Nuance unterschied sich Sorte β nur wenig
von Sorte α.
G. Purpurlackroth Sorte α,
als „Purpurlackroth hell“ bezeichnet, war hell purpurfarben; Sorte β,
„Purpurlackroth mittel“, und Sorte γ,
„Purpurlackroth dunkel“, waren dunkler purpurroth gefärbt. Alle drei Sorten
lösten sich in Salzsäure mit gelber Farbe; die Lösung erschien getrübt. Mit
Natronlauge behandelt, erhielt man violettrothe Lösungen. Beim Glühen hinterliessen
alle drei Farben ziemlich viel Asche. Diese Reactionen wiesen auf eine rothe
Lackfarbe hin. Bei der Untersuchung ergab sich auch, dass diese drei Farben mit
Rothholzextract – durch Fällung der wässerigen, mit Alaun versetzten Extractlösungen
mit Soda – erzeugte Lackfarben darstellten.
H. Purpurroth. Die als „Purpurroth hell“
bezeichnete Sorte war von hell purpurrother Farbe. Mit destillirtem Wasser
behandelt, löste sich besonders in der Wärme etwas mehr von dem künstlichen
Farbstoffe und man erhielt eine bläulichrothe Lösung, welche beim Abdampfen auf dem
Wasserbade einen rothen, grünlich goldglänzenden Rückstand lieferte. Bei der
Behandlung mit Alkohol (70 Proc.) wurde eine dunkelrothe Lösung erzielt, und der
beim Verdampfen derselben erhaltene Rückstand war dunkelroth-braun und besass
grünlichen Metallglanz.
Nachdem man constatirt hatte, dass der zugesetzte Farbstoff basischen Charakter
besass, wurde mit Zink und Salzsäure reducirt und mit Natriumacetat neutralisirt.
Auf Filtrirpapier gebracht, erschien nach der Oxydation die ursprünglich rothe
Färbung wieder. Bei Vornahme der Specialreactionen ergab sich, dass Fuchsin
vorhanden war. „Purpurroth hell“ wurde schliesslich auch als eine Lackfarbe
erkannt, zu deren Herstellung man Rothholzextract mit etwas Fuchsinzusatz verwendet
hatte.
I. Samtroth. Sorte α. Diese
Sorte stellte ein rothbraunes Pulver dar, welches, mit destillirtem Wasser
behandelt, an dieses in der Wärme etwas rothen Farbstoff abgab. Bei der Behandlung
mit Alkohol erhielt man eine schön violettrothe Lösung, während der unlösliche Theil
der Farbe als braunes Pulver zurückblieb. Der bei dem Abdampfen der wässerigen
Farbstofflösung zurückbleibende Rückstand wurde als Anilinroth (Fuchsin) erkannt.
Den in Wasser unlöslichen Theil des künstlich zugesetzten Farbstoffes behandelte man
mit destillirtem Wasser und etwas Natronlauge (5 Proc). Nachdem er sich hierbei
nicht löste, liess man Alkohol (70 Proc.) in der Wärme einwirken, wobei eine nicht
fluorescirende Lösung erhalten wurde. Bei der Behandlung dieser Lösung mit
33procentiger Natronlauge ging die blaue Färbung derselben in Rothbraun über. Die
blaue alkoholische Lösung wurde auf Zusatz von Salzsäure grünlich und durch
Natronlauge bräunlich gefärbt. In Schwefelsäure war der Farbstoff mit
röthlichbrauner Farbe löslich. Aus diesen Reactionen ergab sich, dass der in Alkohol
lösliche Theil des künstlich zugesetzten Farbstoffes spritlösliches Rosanilinblau
(Triphenylrosanilinblau) war. Das in Wasser und Alkohol unlösliche braune Pulver gab
mit Salzsäure behandelt eine gelbe Lösung; durch die Analyse fand man, dass es aus
einem braun gefärbten Eisenoxyd bestand. Samtroth, Sorte α, wurde mithin als Eisenoxyd erkannt, welches man durch ein Gemenge von
Rosanilinblau mit etwas Fuchsin gefärbt hatte. Die Anwesenheit der genannten
künstlichen Farbstoffe ergab sich auch aus den anderen, früher erwähnten
Versuchen.
Sorte β. Diese Farbe erschien um eine Nuance dunkler
braunroth gefärbt wie die vorige. Sie bestand ebenfalls aus einem braunen Eisenoxyd,
das mit rothstichigem Anilinblau (Diphenylrosanilinblau) mit nur wenig Fuchsin
gefärbt worden war.
K. Ocker. Der untersuchte Goldocker oder Satinocker,
welchen man als „goldgelb, lichtgelb, röthlichgelb, feurig dunkel und ganz
dunkel“ bezeichnet hatte, bestand nur aus mineralischen Bestandtheilen.
Nachdem in Consumentenkreisen besonders die Ockersorten als „aufgefärbt“
angesehen werden, dürfte die durch diese Untersuchung einiger Sorten festgestellte
Thatsache ihrer Echtheit deshalb nicht unwichtig erscheinen, weil dieselben von
sechs verschiedenen Firmen bezogen wurden.
Hinsichtlich der zur künstlichen Färbung von Mineralfarben benutzten Eosine ist schon
oben deren geringe Lichtechtheit hervorgehoben worden; Färbungen mit Fuchsin, von
dem man reine Sorten – Diamantfuchsin und Fuchsin mit Blaustich – verwendete,
verblassen am Lichte. Dasselbe ist von dem spritlöslichen Anilinblau
(Rosanilinblau), von welchem auch die rothstichige Sorte zur Anwendung kam, zu
erwähnen. Wenn man wirklich künstliche organische Farbstoffe zum Schönen benutzen
will, so sollten doch lichtechtere gebraucht werden; in letzterer Beziehung würden
die ziemlich lichtechten Rhodamine, dann Methylen- und Meldolablau, die sehr
lichtecht sind, den Vorzug verdienen. Gegen die Verwendung der Ponceau, Coccine und
Scharlache, welche grösstentheils in Bezug auf Lichtechtheit der Cochenille, an
deren Stelle sie getreten sind, nicht nachstehen, lässt sich weniger einwenden.
Nachdem durch vorliegende Untersuchungen erwiesen wurde, dass zur Färbung der
verschiedenen Sorten von Carminette, Samtroth, Purpurroth, Zinnoberroth und
Zinnoberersatz auch solche künstliche organische Farbstoffe Anwendung finden, deren
Verblassen am Lichte leicht eintreten kann, wird man in der Praxis veranlasst sein,
diese Thatsachen entsprechend zu berücksichtigen. Carminette benutzt man häufig, mit
Terpentin und englischem Lack angemacht, als Wagenfarbe, ebenso Zinnoberroth und
Zinnoberersatz. Als Bleifarben dürfen Carminette, Zinnoberersatz und Granatroth zum
Bemalen von Spielwaaren u.s.w. nicht verwendet werden.