Titel: | Faserstoffe.Neuerungen in der Papierfabrikation. |
Autor: | Alfred Haussner |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 168 |
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Faserstoffe.Neuerungen in der Papierfabrikation.
Von Prof. Alfred
Haussner, Brünn.
(Fortsetzung des Berichtes S. 149 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Neuerungen in der Papierfabrikation.
Eine Frage von besonderer Wichtigkeit für die Holz verarbeitenden Industrien, also
auch für die Holzschleifereien und Zellstoffabriken ist die nach der Verwendung der Holzabfalle. Neuestens sind Nachrichten
in die Oeffentlichkeit gedrungen, dass eine sehr grosse schwedische
Sulfatzellstoffabrik, die Skutskär Cellulosefabrik, nur
für die Verarbeitung von Holzabfällen gegründet worden ist und thatsächlich sehr
schöne Erfolge erzielt hat. Doch ist nach allem kaum daran zu zweifeln, dass dort
die „Schwarten“ des riesigen Sägewerkes verkocht werden, nicht etwa die
Sägespäne. Da ist es aber nicht zu wundern, wenn ein sehr schöner Zellstoff erzielt
wird, weil ja in den Schwarten das jüngere, noch nicht so sehr von den sogen.
„Inkrusten“ behaftete Holz vorliegt, welches wohl für solche Zwecke, wozu
Bretter gewöhnlich verwendet werden, keineswegs, wohl aber in der Zellstoffindustrie
zur Verarbeitung gut geeignet ist und einen, wie die Nachrichten lauten,
ausgezeichneten, der Leinenfaser ähnlichen, und doch weichen und geschmeidigen Stoff
liefert.
Was dagegen die sehr stark zerkleinerten Abfälle, wie Sägespäne z.B., anbelangt, so
sieht es mit einer geeigneten Verwendung derselben noch recht bös aus. Vielfach
bereits vorgeschlagen und in neuester Zeit wieder, unter anderen durch die Patente
von Bergmann (D. R. P. Nr. 65447 und 88014),
aufgenommen ist das Verfahren, die Sägespäne durch trockene Destillation zu
behandeln und einerseits Holzkohle, andererseits Holzessig u. dgl. zu gewinnen. Aber
die erzielte Kohle ist nicht recht brauchbar und der Holzessig kommt zu theuer, weil
viel Wasser aus dem Holze mitgeht. Bergmann hat nun
allerdings vorgeschlagen, aus den Sägespänen Briquettes unter riesigem Drucke zu
pressen, dadurch den Wassergehalt im Holze herabzudrücken und auch eine geeignete
Form für die aus dem Holze zu erzielende Kohle zu gewinnen. Aber vorläufig scheint
es, als ob auch dieses Verfahren in der Praxis noch nicht befriedigt.
Von den für die Zellstoffkochung nothwendigen Stoffen beansprucht der Schwefel,
bezieh. die aus demselben gewonnene schweflige Säure das meiste Interesse. Nachdem
in Folge verschiedenartigster Concurrenz der Preis des in erster Reihe stehenden
sicilianischen Schwefels im Nothjahre 1894 bis auf 55 Lire für 1 t gesunken war, hat
er sich neuerdings wesentlich gehoben und streifte ungefähr Mitte des vorigen Jahres
90 Lire für 1 t. Vermuthlich ist dies einerseits auf die noch im Wachsen begriffene
Sulfitzellstoffindustrie, sowie darauf zurückzuführen, dass ein Syndikat, die Anglo-Sicilian Sulphur Co., Ltd., den europäischen
Schwefelhandel monopolisirt hat, indem diese Gesellschaft sowohl die etwa ¾ des
ganzen Schwefelverbrauches der Erde deckende Production des Schwefels in Sicilien,
sowie auch die Gewinnung des Schwefels nach System Chance (Gewinnung des Schwefels aus Sodarückständen) beherrscht.
An Kiesröstöfen und Schwefelröstöfen finden wir zwei Vorschläge, welche Beachtung
verdienen.
R. Hasenclever empfiehlt in Chem. Ind., Jahrg. 189,5, einen Röstofen, welcher durch die Möglichkeit,
Herde abwechselnd zu benutzen, an die Construction von Müller erinnert (vgl. 1896 300 29).
Durch seine ausserordentliche Einfachheit besticht der Schwefelofen der
Maschinenfabrik H. Füllner in Warmbrunn (vgl. Uhland's technische Rundschau, 1897 V. S. 37). Der Ofen
ist fast ganz aus Gusseisen erzeugt und kommt deshalb, wie auch seiner Einfachheit
halber billig zu stehen, wenn auch der Betrieb wegen der Nothwendigkeit, einen Compressor zu benutzen,
etwas theurer wird. Allerdings liegen dem Berichterstatter keine bestimmten
Betriebsergebnisse vor, aus denen allein ein sicherer Schluss zu ziehen wäre. Wir
erkennen in Fig. 30 und
31 einen Trog a, auf dessen Boden durch die Oeffnung c das Röstgut eingefüllt wird so hoch, dass die
Unterkante des Rohres b noch nicht erreicht wird.
Nachdem man den Schwefel angezündet hat, schliesst man c und lässt durch das Rohr a1 die nothwendige Verbrennungsluft von etwa ¾ at
Ueberdruck eintreten durch die an der Unterseite von a1 befindlichen Oeffnungen. Die durch die
Schwefelverbrennung erzielte schweflige Säure zieht durch das Rohr b ab gegen Schlangenrohre aus Blei, welche von
Kühlwasser umspült werden. Auch die Decke des Ofens wird so, wie es aus der Figur
unmittelbar zu ersehen ist, gekühlt. Mannloch d wird
zum Reinigen des Ofens verwendet. Ein Schwalbenschwanzring e aus Blei dichtet den Deckel ab.
Textabbildung Bd. 308, S. 169
Schwefelofen der Maschinenfabrik Füllner.
Von den Vorschlägen für die Construction von Kochern sei
zuerst jener von Bernhard Serog in Saybusch nach D. R.
P. Nr. 83799 angeführt. Der Kocher soll hiernach (Fig. 32) aus
entsprechend bearbeiteten Steinplatten a0 hergestellt werden, welche wie die Dauben eines
Fasses durch eiserne Reifen r gegen die Wirkung des
inneren Druckes zusammengehalten werden. Gedichtet wird mit Blei oder einem anderen
säurebeständigen Materiale. Die eisernen Deckel c0 sind auch mit Blei verkleidet, so dass nach dem
Anziehen der durch die eisernen, am Steinmateriale gehaltenen Ringe d0 gehenden Schrauben
b0 die Dichtung an
der oberen und unteren Ringfläche erzielt wird.
Textabbildung Bd. 308, S. 169
Kocher von Serog.
Diese Kocherconstruction könnte wirklich auf den ersten Blick bestechen. Wenn man
aber etwas näher darauf eingeht, so erhellt sofort, dass man bei derselben
durchaus nicht auf eine Ersparniss rechnen und das, was der Erfinder in der
Beschreibung für diesen Kocher anführt, „er soll in Folge seiner geringen
Herstellungskosten jeder Papierfabrik die Möglichkeit bieten, sich den Zellstoff
selbst herzustellen“, nicht berechtigt ist. Was unterscheidet diesen Kocher
von jenen, welche heute so vielfach üblich sind und eisernen Mantel mit
Steinauskleidung im Inneren aufweisen? Wenn wir auf das Wesen der Sache eingehen,
gewiss nur das, dass wir hier eiserne Reifen gegen den inneren Druck und in den
anderen Fällen einen zusammenhängenden Mantel haben. In beiden Fällen sind die
Steine nicht in der Lage, wesentlich gegen das Zerspringen in Folge des inneren
Druckes zu wirken; immer muss dies von der Umhüllung, sei es ein Mantel oder seien
es, wie hier, einzelne Reifen, geleistet werden. Wenn das aber festgehalten wird, so
lässt sich einfach zeigen, dass hier bei der Anwendung von Reifen keineswegs an
Materialmenge gespart wird, somit auch die Angabe „kleinere
Herstellungskosten“ nicht begründet ist, von der Längsversteifung ganz
abgesehen. Betrachten wir Fig. 33, worin die Kreislinie ab aus dem
Mittelpunkt o die Umhüllung, sei es ein Reif oder ein
voller Mantel, vorstellt. Die Umfangsspannung in zwei benachbarten, um den ∢ dφ von einander entfernten Punkten eines
Normalschnittes des Cylinders sei in Folge der inneren specifischen Pressung p durch 5 bezeichnet. Dann ist, für diesen Fall ist die
folgende Betrachtung wohl genau genug, in dem Kräfteparallelogramm cedf, wobei ce = cf = s
ist:
\overline{cd}=s\,\times\,d\,\varphi
weil ∢ ced = cfd = dφ ist.
\overline{cd} stellt die durch die Spannungen s veranlasste, nach einwärts gerichtete Kraft vor,
welche der nach aussen gerichteten, durch die innere Pressung zwischen a und b hervorgerufenen
Kraft das Gleichgewicht halten muss. Demgemäss muss auch:
\overline{cd}=p\,\times\,l\,\times\,\frac{d}{2}\,\times\,d\,\varphi
wenn l (Fig. 32) jene Länge des
Cylinders ist, für welche durch die Materialspannungen s das Gleichgewicht hergestellt werden soll, und d den inneren Kocherdurchmesser bedeutet. Nun muss aber für die Spannung
s ein genügend grosser Materialquerschnitt
vorhanden sein, somit, wenn \frakfamily{S} die gestattete,
specifische Beanspruchung des Umhüllungsmateriales ist:
s=s_0\,\times\,l_1\,\times\,\frakfamily{S}.
Dabei ist s0 die Stärke,
l1 die Breite des
Befestigungsringes (Fig.
32). Bei einem vollständigen Mantel wird l1
= l.
Weil nun nach früher \overline{cd}=s\,\times\,d\,\varphi ist, so
wird auch:
\overline{cd}=s\,\times\,d\,\varphi=p\,\times\,l\,\times\,\frac{d}{2}\,\times\,d\,\varphi
oder:
s=p\,\times\,l\,\times\,\frac{d}{2}=s_0\,\times\,l_1\,\times\,\frakfamily{S}
und:
s_0\,\times\,l_1=\frac{p}{\frakfamily{S}}\,\times\,l\,\times\,\frac{d}{2}.
d.h. aber, der Querschnitt (s0 × l1) der Befestigungsringe ist für einen bestimmten
Kocher unter sonst gleichen Umständen constant, es wird also ganz dasselbe
Materialgewicht für die gegen Zerspringen schützende Umhüllung folgen, mag man die Ringe
sehr breit oder schmal oder endlich einen vollständigen Cylinder wählen. Erspart man
aber solcherart durch die Anwendung von Ringen nichts, so ist der gewöhnliche Kocher
mit vollem Mantel der Serog'schen Construction wohl
zweifellos überlegen, um so mehr deshalb, weil feste und dichte Nietungen bei
Blechkochern mehr Vertrauen verdienen, als Schrauben Schlösser o. dgl., welche hier
vermuthlich zum Schliessen der Ringe benutzt werden sollen.
Textabbildung Bd. 308, S. 170
Kocher von Kellner.
Einen interessanten Vorschlag, welcher vieles für sich hat, macht Dr. Carl Kellner in seinem D. R. P. Nr. 93037. Es sollen
die heiklen Heizröhren bei Kochern mit innerer Heizung durch geeignetere,
widerstandsfähigere Heizkörper ersetzt werden, wie sie in Fig. 34 und 36 im unteren Theile des
Kochers liegend angedeutet und mit c beschrieben sind.
Der Kocher ist mit irgend einer säurefesten Auskleidung versehen, auf welcher dann
im unteren Theile die eigenthümlich gestalteten, taschenförmigen, in Fig. 35
herausgezeichneten Heizkörper liegen. Die Heizkörper sind sämmtlich durch kleine ⋃-Rohre a mit einander
verbunden, so dass der durch das Rohr a1 einströmende Heizdampf in alle Heizkörper
eintreten kann. Aehnlich wird dann im unteren Ende der Theile c durch ⊤-Stücke das
Condensationswasser gesammelt und in einen geeignet gelegten Condensationstopf
geführt. Bei dem in Fig.
36 skizzirten, wagerechten Cylinderkocher ist der untere Halbcylinder mit
entsprechend gekrümmten, im Uebrigen ähnlich wie vor gestalteten Heizkörpern belegt.
Ueber das Material derselben ist in der Patentschrift nichts enthalten. Weil es sich
um wärmeabgebende Körper handelt, so liegt der Schluss nahe, dass man Metall dafür
wählt; die Hohlform lässt sich am leichtesten durch Guss erzeugen. Dies
zusammengehalten deutet entweder auf eine ziemlich säurebeständige Bronze, oder
auf Gusseisen, mit Blei umhüllt.
Textabbildung Bd. 308, S. 170
Fig. 37.Drehkocher von Macy.
In eigenthümlicher Weise will Ch. B. Macy in Noblesville
nach dem amerikanischen Patent Nr. 560808 den Heizdampf in einen Drehkocher für
Stroh u. dgl., wo kleinere Dampfspannungen angewendet werden, einführen und den
Abdampf auslassen. Wir bemerken in Fig. 37, dass der
Kugelkocher a durch einen Räder-Schneckentrieb a2 langsam gedreht
wird, während durch den mit mehreren Kanälen a0 versehenen Zapfen d
Dampf durch das Rohr b einströmen und durch c abgehen kann. Zu- und Abströmung sind aber nicht
jederzeit gegen den Kocher zu offen, wie aus der Detailskizze Fig. 38 zu erkennen ist. Nur wenn irgend einer der
Kanäle a0 mit den gegen
den Zapfen zu erweiterten Oeffnungen der Rohre b und
c communicirt, ist durch das Rohr b Einströmung, also von unten her, möglich, während
gegenüber liegend, also auf der oberen Seite, durch das Rohr c gebrauchter Dampf abziehen kann. Für die Vertheilung des Dampfes im
Kocher sorgen vier perforirte Rohre b0 auf Stützen c0, welche sich mit dem Kocher drehen und von welchen
immer je zwei gegenüber und zwar oben bezieh. unten liegende benutzt werden. Der
Dampf wirkt durch diese Einrichtung sozusagen stossweise, in Absätzen, und ist
gezwungen, bevor er abzieht, die Kocherhöhe zu durchströmen. Durch Mannloch r wird der Kocher gefüllt.
Textabbildung Bd. 308, S. 170
Fig. 38.Drehkocher von Macy.
Nach ähnlichen Grundsätzen, wie der Kocher von Macy, ist
jener von Marble D. Keeney in Antioch gebaut. Nur
findet bei letzterem (Amerikanisches Patent Nr. 570641) die Zufuhr des Dampfes durch
den einen Hohlzapfen, die Abfuhr des Dampfes durch den anderen Zapfen statt; es
dürfte bei letzterem ein noch gründlicheres Durchströmen der Kocherfüllung als bei
dem eben vorher beschriebenen stattfinden, während der vorige hübscher durchgebildet
scheint.
(Schluss folgt.)