Titel: | Die Stahlfassfabrik zu Uxbridge. |
Fundstelle: | Band 308, Jahrgang 1898, S. 191 |
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Die Stahlfassfabrik zu Uxbridge.
Die Stahlfassfabrik zu Uxbridge.
Die Betriebseröffnung dieses Werkes lässt nach dem British
Trade Journal die Fassfabrikation aus Stahl als ausführbar erscheinen. Die
Fabrik arbeitet nach den Patenten Barraclough-Heaton
und es hat langjähriger Mühen bedurft, um das bisher übliche Holzmaterial zu
ersetzen. Die Mängel des Holzes traten hauptsächlich beim Transporte und der
Aufbewahrung vieler Flüssigkeiten, in erster Reihe des Erdöles und anderer Oele und
Stoffe, hervor. Das Holz, eine poröse Masse, wird unter dem Einflüsse mancher
Producte rasch zerstört, wodurch erhebliche Verluste entstehen. Ausserdem werden die
Holzgefässe, obgleich in der Anschaffung billig, durch Unterhaltungskosten in der
That recht theuer. Oft ist es erforderlich, das leere Gefäss mit Dampf zu behandeln,
um es geschmeidig zu machen, den inneren Ueberzug zu reinigen, und die Dauben, Böden
und Reifen zu erneuern. Auch die Zapfen- oder Hahnöffnungen beanspruchen bei den
Holztonnen stete Aufmerksamkeit und die Reparaturkosten verdoppeln in 1 oder 2
Jahren die Anschaffungskosten, hierbei ist die Ausrangirung von Gefässen während
ihrer Herstellung noch nicht einmal berücksichtigt, auch ist es erforderlich, einen
sehr grossen Fassvorrath zu halten. Vor einigen Jahren suchte man die Holzgefässe
durch eiserne und stählerne Trommeln zu ersetzen, aber in Folge ihrer Cylinderform,
die jeder Ausbauchung entbehrte, waren sie schwer zu handhaben. Ihre Herstellung
erforderte schwere ⌶-genietete Metallbleche und, sind sie
auch mit Ringen oder Läufern versehen, so bleiben sie doch unbequem, schwer zu
bewegen und zu magaziniren. Die Constructeure waren stets der Ansicht, dass bei der
Darstellung von Metallfässern die Ausbauchung wesentlich sei. Diese Form rasch und
billig herzustellen, bildet das Wesen der obigen Patente, nach welchen in Uxbridge
gearbeitet wird. Alle Vorgänge der Herstellung, vom Stahlblech bis zum fertigen
Fasse, werden hier durch eine Reihe von sinnreichen und theuren Maschinen und
Apparaten und mit etwa 360 ausgeführt. Die starke hydraulische Presse und
die elektrische Schweissanlage sind höchst bemerkenswerth, denn man verfügt für die
kleinste Operation über die neuesten Werkzeuge. Aber das Hauptstück bildet die
Specialform des Walzwerkes, welches das Stahlblech, aus dem der Fassrumpf
gebildet wird, kalt so lange cylindrisch und bogenförmig bearbeitet, bis die
verlangte Ausbauchung erreicht ist. Dann hat man nur noch zu adjustiren und die
beiden Böden an den Rumpf zu schweissen. Das elektrische Schweissen erfolgt nach Bernardo's Methode, wobei eine Dynamo von 750 Ampère
und 85 Volt die Elektricität liefert. Der Strom ist mit einer Accumulatorbatterie
verbunden, welche, wenn die Schweisser nicht den ganzen Strom brauchen, eine solche
Ladung aufnehmen kann, die jedem Bedürfnisse genügt. Die vom Fasse noch getrennten
Rumpfränder werden dann auf einen Amboss gelegt und man lässt den Strom so lange
hinzutreten, bis der Stahl schmilzt; hierauf schweisst man sie durch ein leichtes
Schmieden zu einer soliden und homogenen Masse zusammen. Auf diese Weise bildet man
einen Rumpf, der in der vortheilhaftesten Richtung nur eine Schweissfuge hat, welche
von einem Boden bis zum anderen geht, und den Verschluss vollständig herstellt. Wird
das Fass gerollt, so berührt diese Längsfuge den Boden nur in Intervallen, da die
Breite des geschweissten Theiles nur einen kleinen Bruchtheil des Rumpfumfanges
ausmacht. Die Schweissung ist nicht allein solid und gut angebracht, Versuche haben
auch erwiesen, dass das Metall durch die Bearbeitung in seinen guten Eigenschaften
und in seiner Reinheit durchaus nicht leidet.
Die folgende Arbeit bildet die Anbringung der Böden oder der beiden Endverschlüsse.
Sie werden aus Stahlblechen, die vorher in Scheibenform ausgeschnitten wurden, mit
einer Specialmaschine kalt ausgestampft; dann bringt man sie unter eine hydraulische
Presse, die in zwei Pressungen zwei Operationen ausführt; die eine stellt
kreisförmige Furchen oder Wellenlinien her, um Festigkeit zu erzeugen, die andere
macht die erforderliche Randleiste zum Anschweissen an das Rumpfende. Hierauf stellt
man im Boden und Rumpf Löcher für die Aufnahme der Verstärkungen und des Hahnes her,
die ebenfalls elektrisch geschweisst werden. Dann schweisst man den Boden an den
Fassrumpf. Um die Fuge möglichst widerstandsfähig zu machen, stellt man sie mit zwei
Stahlreifen her; der eine wird innen am Boden angebracht, der andere aussen um das
Ende des Rumpfumfanges. Auf diese Weise bilden vier Metallstärken die Verbindung:
der äussere Reifen, der Rand des Rumpfes, die Randleiste des Bodens und der innere
Reifen; sie sind alle aus Stahl und bilden, elektrisch zusammengeschmolzen, eine
solide Masse. Es ist unmöglich, eine stärkere Verbindung zu ersinnen und sie vermag
harten Proben zu widerstehen, selbst wiederholten Ver- und Entladungen,
Magazinirungen und Uebereinanderlagerungen. Die grosse Widerstandskraft dieser
Gefässe rührt von der Fassform und daher, dass die Bleche kalt gebogen und
bearbeitet werden. Es gibt sonach bei diesem Verfahren nichts, das der
ursprünglichen Stahlqualität schaden könnte; das Kaltwalzen und Pressen erhöht im
Gegentheil die Dichtigkeit und macht die Oberfläche härter. Auch das Längsschweissen
des Gefässes ist ein Element der Festigkeit und Dauerhaftigkeit. Die
Bodenverbindungen waren bei den anderen Fässern sehr schwach; bei den ausgestampften
Stahlfässern muss das Metall mehrmals geglüht werden und verliert dadurch bedeutend
an Festigkeit und Cohäsion.
Nach dem Bodenanbringen werden die Patentzapfen, die man ebenda fertigt, in
die bereits angeschweissten Verstärkungen eingefügt und nach einer Adjustirung ist
das Fass fertig. Man fertigt dasselbe mit jeder gewünschten Ausbauchung und in
Grössen von 90 bis 900 l und mehr Inhalt. Kürzlich wurden 100 Stück Fässer von 0,9
cbm Inhalt für die englische Admiralität bestellt. Jedes einzelne Gefäss wird mit
grösster Sorgfalt auf seine vollständige Schweissdichtheit geprüft; die Zapfen und
deren Verstärkungen bestehen aus Stahl; diejenige des centralen Spundloches ist im
Inneren angeschweisst, um jeden äusseren Vorsprung zu vermeiden. Man kann den Zapfen
benutzen oder herausziehen und unmittelbar durch einen Hahn ersetzen, der ebenso
dichtet wie der Zapfen. Die Zapfen, die den Handelsansprüchen besonders genügen
sollen, können mit einem besonderen Schlüssel augenblicklich eingesetzt und
herausgenommen werden und das ohne complicirte Arbeit. Sind die Spundlöcher einmal
verschlossen, so sind sie für Oel, Flüssigkeiten, Dampf undurchdringlich, auch bei
unvorsichtiger Behandlung, die so oft vorkommt; bei Transportunfällen werden die
Zapfen nicht verrückt. Die Spunde lassen sich leicht versiegeln und man ist gegen
Defraudation und Verluste aller Art gesichert, was auch für die Zollbehörden seine
Vortheile hat.
Gegenwärtig ist die Fabrik so eingerichtet, dass sie wöchentlich ungefähr 330 Fässer
mittlerer Grösse anfertigt, aber sie kann bedeutend vergrössert werden. An dem Great
Junction Canal günstig gelegen, bezieht sie Kohlen und Rohmaterialien billig; ebenso
leicht ist der Versandt. Auch eine Station der Great Western Railway liegt ziemlich
nahe.
Für Flüssigkeiten, wie Erdöl und andere Oele, für Schmiermittel und Alkohole haben
diese Fässer ganz besondere Vortheile. Die stählernen Erdölbarrels besitzen gleiches
Gewicht, dieselbe Grösse und Form wie die hölzernen und können aus der Entfernung
nicht unterschieden werden; aber der grosse Unterschied zwischen beiden liegt darin,
dass das Stahlfass ungefähr 225 l fasst und das hölzerne nur 180 l. Der Händler
rechnet ganz gut, dass er 20 Proc. erspart, wenn er 9000 l Erdöl in 40 Barrels
anstatt in 50 liefert; er weiss auch, wie lästig und kostspielig es ist, an jedem
Depot eine Böttcherei nöthig zu haben, was er mit Stahlfässern umgeht. Die Stärke
des Stahlbleches kann nach Wunsch beliebig vergrössert werden; die Fässer können
verzinnt, galvanisirt, angestrichen und gefirnisst werden, wie man es haben will.
Die Form, die Grösse, das Gewicht des Fasses ist unveränderlich; ist die Tara einmal
festgestellt, so bleibt sie genau und das ist in vielen Fällen von Wichtigkeit. Das
Holzfass hingegen wird durch Absorption und Imprägnation schwerer und verändert
durch Bodenerneuerung, durch Dauben Wechsel u.s.w. seinen Inhalt. (Nach Echo des Mines.)
Ty.